Wenn Kinder anders fühlen - Identität im anderen Geschlecht (eBook)

Ein Ratgeber
eBook Download: EPUB
2024 | 3. Auflage
300 Seiten
Ernst Reinhardt Verlag
978-3-497-61914-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wenn Kinder anders fühlen - Identität im anderen Geschlecht -  Stephanie Brill,  Rachel Pepper
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Ihr sechsjähriger Sohn will im Kleid zur Schule gehen? Ihre kleine Tochter behauptet: 'Ich bin nicht 'sie', ich bin 'er'!' Handelt es sich um eine Entwicklungsphase oder könnte Ihr Kind 'transident' sein, d.h. sich nicht seinem biologischen Geschlecht zugehörig fühlen, sondern einem anderen? Dieses Buch ist ein Ratgeber für Eltern und alle Fachkräfte, die sich mit dem Phänomen der Transidentität von Kindern und Heranwachsenden befassen. Es klärt sachlich und informativ über Transidentität auf und antwortet auf typische Elternfragen wie: Ist mein Erziehungsverhalten schuld? Ist mein Kind krank? Was sage ich Nachbar:innen, Lehrkräften, Verwandten? Besonders wertvoll sind die zahlreichen Tipps für Erziehung und Gestaltung des Alltags - damit sich das Kind in Einklang mit seiner Einzigartigkeit entwickeln kann. Mit der Berücksichtigung des gender-affirmativen Ansatzes trägt die neu bearbeitete 3. Auflage des bewährten Ratgebers der gewandelten Aufmerksamkeit und Sensibilität für das Thema in der Gesellschaft Rechnung.

Stephanie Brill, Hebamme, Gründerin der Organisation "Gender Spectrum Education and Training", Oakland (Kalifornien), begleitet Familien mit transidenten und nichtbinären Kindern und bildet Fachleute auf diesem Gebiet weiter. Rachel Pepper, Oakland (Kalifornien), ist Therapeutin und spezialisiert auf die Begleitung von LGBTQ+-Personen und ihren Familien.

Stephanie Brill, Hebamme, Gründerin der Organisation "Gender Spectrum Education and Training", Oakland (Kalifornien), begleitet Familien mit transidenten und nichtbinären Kindern und bildet Fachleute auf diesem Gebiet weiter. Rachel Pepper, Oakland (Kalifornien), ist Therapeutin und spezialisiert auf die Begleitung von LGBTQ+-Personen und ihren Familien.

Einführung

„Mom, ich habe dir schon so oft gesagt, dass ich ein Mädchen bin, also hör auf, ,er‘ zu mir zu sagen!“

Seit er sprechen konnte, versuchte Alejandro, seinen Eltern klarzumachen, dass er in Wirklichkeit ein Mädchen war. Kaum hatte er laufen gelernt, tappte er zum Kleiderschrank seiner großen Schwester und zog ihre Kleider an. Er band sich Schals und Tücher um den Kopf. Er schminkte sich mit dem Make-up seiner Mutter und lief in ihren Schuhen umher. Mit drei Jahren weinte er sich regelmäßig in den Schlaf und fragte Gott, warum Er einen Fehler gemacht habe. Mit vier Jahren wiederholte er immer noch den obigen Satz, wenn man ihn als Jungen ansprach: „Ich habe schon so oft gesagt, dass ich ein Mädchen bin, also hört auf, ,er‘ zu mir zu sagen!“ – sehr zur Verwunderung seiner Eltern. Als er fünf war, redete er ganz offen davon, dass er sich umbringen wolle, dass er nicht in diese Welt gehöre oder dass er am liebsten verschwände. Zuerst glaubten seine Eltern, es sei nur eine Phase, etwas, das jedes Kind irgendwann durchläuft. Als es jedoch immer so weiterging, vermuteten sie, er sei schwul. Anders konnten sie sich sein Verhalten nicht erklären. Sie suchten Rat beim Kinderarzt, weil sie sich Sorgen um ihren Sohn machten. Der Kinderarzt empfahl ihnen, einen Therapeuten aufzusuchen, und der Therapeut gab ihnen zu verstehen, dass Alejandro möglicherweise transident sei.

Ninas Eltern brauchten ein paar Jahre, bis ihnen auffiel, dass Nina auf die Frage „Bist du ein Junge oder ein Mädchen?“ immer dieselbe Antwort gab. „Ich bin Nina“, sagte sie. Anfangs fanden die Leute es niedlich, doch als sie älter wurde, hatten sie das Gefühl, dass sie sich über sie lustig machte. Außerdem wurden ihre Eltern böse, weil sie ihre Reaktion unhöflich fanden. Nina versuchte, ihnen zu erklären, dass sie sich nicht wie ein Mädchen und nicht wie ein Junge fühlte. Warum war das überhaupt wichtig? Warum konnte sie nicht einfach sie selbst sein? Ihre Eltern erklärten mit Nachdruck, sie sei ein Mädchen, in der Hoffnung, das Thema damit endgültig zu beenden. Leider war es für Nina nicht so einfach. Jedes Mal, wenn sie sich entscheiden musste, ob sie sich im Unterricht zu den Jungen oder zu den Mädchen stellen sollte, litt sie Höllenqualen und konnte kaum den Anweisungen folgen. Schließlich stellte eine einfühlsame Lehrerin die Verbindung her, als Nina begann, sich vor dem Aufstellen in die Hose zu machen und sich in der Garderobe zu verstecken. Ein Kinderpsychiater erwähnte die Möglichkeit, dass sich Nina nichtbinär oder agender fühlte oder genderfluid war.

Kommen Ihnen diese Berichte bekannt vor? Im Laufe der Geschichte hat es immer wieder Kinder gegeben, die die traditionellen Geschlechterkategorien infrage gestellt haben. Erziehungspraktiken und gesellschaftliche Erwartungen führen jedoch oft dazu, dass diese Kinder ihre Identität vor anderen und manchmal sogar vor sich selbst verbergen. Doch die Zeiten ändern sich und der Geschlechtsbegriff wird inzwischen weiter gefasst. Heutzutage lässt es sich kaum noch rechtfertigen, dass man einem Kind vorschreibt, wer es ist oder wer es nicht ist, wenn der Schaden, den das Verleugnen seiner persönlichen Wahrheit anrichtet, derart offensichtlich ist. Immer öfter setzt sich die Erkenntnis durch, dass die engen Grenzen, die wir der Geschlechtsidentität gesetzt haben, in vielerlei Hinsicht willkürlich sind. Zahlreiche wissenschaftliche Studien beschäftigen sich mit der Frage, was angeboren ist und was durch kulturelle Einflüsse geprägt, gefördert und erzwungen wird. Eltern stehen mittlerweile vor der interessanten und bisweilen beängstigenden Aufgabe, Kinder in einer Welt großzuziehen, in der sich das Verständnis von Geschlechtsidentität mit atemberaubender Geschwindigkeit erweitert.

Heute kann man Geschlechtsidentität nicht mehr als ein System mit zwei Kategorien betrachten. Diese Denkweise ist überholt. Wir sind fast alle mit der Idee aufgewachsen – und glauben oft immer noch felsenfest daran –, dass es nur zwei Geschlechter gibt, das männliche und das weibliche. In Wirklichkeit zeigt uns die Geschichte, dass es sich dabei um ein künstliches Konstrukt handelt und dass es weit mehr Geschlechtsvarianten gibt, als wir normalerweise in Betracht ziehen.

Dennoch kann es für Eltern schwierig und beängstigend sein, Kinder ihren natürlichen Neigungen folgen zu lassen, wenn das eine Abweichung von einem vertrauten Weg bedeutet. Als Gender-Spezialist:innen, Forscher:innen, Autor:innen und Eltern sind wir uns bewusst, welchen Schwierigkeiten Mütter und Väter sich bei dem Versuch gegenübersehen, ein transidentes, nichtbinäres oder geschlechtsvariantes Kind in seiner Entwicklung zu unterstützen. Wir wissen auch, dass letztendlich alle Eltern das Beste für ihre Kinder wollen. Wir hoffen, besorgten Familien mit diesem Buch hilfreiche Werkzeuge an die Hand zu geben, wie sie ihre geschlechtsdiversen Kinder so großziehen, dass sie sich in ihrem Körper und in der Welt wohlfühlen.

Wenn wir mit offenen Augen durch die Welt gehen und bereit sind, zu lernen, werden uns Kinder und Jugendliche unweigerlich darauf stoßen, dass Geschlechtsidentität in Wirklichkeit ein weites Spektrum ist. Könnten wir zusehen, wie Kinder sich auf natürliche Weise entfalten, ohne eine bewusste oder unterbewusste äußere Verstärkung der Geschlechtsrollen und -erwartungen, würden wir nicht schlecht staunen. Viele Merkmale, die wir als typisch männlich oder typisch weiblich ansehen, werden als solche vermittelt und erlernt. Tatsächlich sind viele Aspekte von Geschlechtsidentität überhaupt nicht angeboren, sondern gesellschaftlich bedingt. Wie manche Genderaktivist:innen sagen würden: Sie können Ihr Geschlecht im nächsten Textildiscounter kaufen.

Wie also erziehen liebevolle Eltern Kinder mit einer „gesunden Geschlechtsidentität“, wie unterstützen und bestätigen sie sie? Das ist eine komplizierte und oft genug verwirrende Angelegenheit. Mit unserem Buch Wenn Kinder anders fühlen hoffen wir, Ihr Verständnis dessen zu vertiefen, was genau mit Geschlechtsidentität gemeint ist. Wir zeigen auf, was wir alle zur Förderung einer gesunden Geschlechtsidentität bei Kindern tun können, in ihren Herzen und ihren Köpfen, in ihren Familien, ihren Schulen, in ihrem Umfeld. Um Begriffe wie transident, nichtbinär und geschlechtsvariant zu verstehen, müssen wir wissen, was mit Geschlechtsidentität gemeint ist.

Zwei große Schritte sind nötig, um geschlechtsvariante, nichtbinäre und transidente Kinder zu fördern, zu bestätigen und großzuziehen. Als Erstes muss man sich eingehend über den aktuellen Stand der Forschung zum Thema Geschlechtsidentität und Geschlechtsrolle sowie das gegenwärtige Verständnis von Geschlechtsidentität informieren. Dann besteht der nächste Schritt darin, sich von überlieferten Überzeugungen loszumachen, um das Spektrum der Geschlechtsidentität in seiner ganzen wundervollen Vielfalt würdigen zu können. Dieses Lernen und Verlernen ist für alle Eltern wichtig, nicht nur für die Eltern geschlechtsdiverser Kinder.

Wir möchten allen Familien, die sich mit Fragen zur Geschlechtsidentität konfrontiert sehen, versichern, dass sie nicht allein sind. Wir wissen, dass es Tausende anderer Familien gibt, die vor den gleichen Herausforderungen stehen. Allen, die in einem Meer aus Verwirrung unterzugehen drohen, soll dieses Buch als Rettungsfloß dienen und ihnen zeigen, wie sie den Kopf über Wasser halten können. Und denjenigen, die sich in ihrer Rolle als Eltern eines transidenten oder geschlechtsvarianten Kindes bereits sicherer fühlen, gibt das Buch die Bestätigung, dass sie auf dem richtigen Weg sind, und ebnet ihnen hoffentlich den Weg zu neuen Ideen und frischen Perspektiven.

Zu Beginn von Wenn Kinder anders fühlen helfen wir Ihnen herauszufinden, ob Ihr Kind transident oder geschlechtsvariant ist, und machen Sie mit unseren Begriffsdefinitionen vertraut, sodass Sie die in diesem Themenkreis gebräuchlichen Begriffe besser verstehen. Des Weiteren ist am Ende des Buches ein Glossar angefügt. Als Nächstes erkunden wir, wie Sie ein solches Kind erziehen und wie Ihre Familie am besten mit der Welt interagiert. Eine nie dagewesene Fülle aktueller und detaillierter Informationen zeigt Eltern von transidenten Kindern Möglichkeiten auf, durch das Schul- und Gesundheitssystem zu navigieren, und gibt ihnen Hinweise zu Therapien und Hormonen.

Die in diesem Buch zusammengefassten Informationen speisen sich aus drei verschiedenen Quellen.

Erstens fließen in Wenn Kinder anders fühlen die Erfahrungen ein, die wir beide in der jahrelangen Arbeit mit den unterschiedlichsten Familien mit geschlechtsvarianten, nichtbinären und transidenten Kindern und Jugendlichen gesammelt haben. Wir haben beide zu Themen wie transidente Jugendliche, die Entwicklung der Geschlechtsidentität bei jüngeren Kindern...

Erscheint lt. Verlag 8.7.2024
Übersetzer Rita Kloosterziel
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Biologisches Geschlecht • Eltern • Entwicklung Ich-Identität • Erziehung • Familie • gender fluidity • Gender Studies • Geschlecht • Geschlecht respektieren • Geschlechtsangleichung • Geschlechtsdysphorie • Geschlechtsidentität • Geschlechtsspezifische Ausdrucksformen • Geschlechtsvarianz • hormonelle Behandlung • Kinder • Medizinische Maßnahmen • nichtbinäre Kinder • Outing • Persönliche Entscheidung • persönliche Krise des Kindes • Pubertät • Sexualität • Sexuelle Orientierung • soziale Geschlechterrolle • Trans* • Transgender Studies • transidente Kinder • Transidentität
ISBN-10 3-497-61914-0 / 3497619140
ISBN-13 978-3-497-61914-6 / 9783497619146
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