Gelebte Demokratie in Schule und Lehrkräftebildung -

Gelebte Demokratie in Schule und Lehrkräftebildung (eBook)

Grundlagen, Praxisberichte, Rahmenbedingungen
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
190 Seiten
Beltz Juventa (Verlag)
978-3-7799-8289-0 (ISBN)
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Schule als Lebensort nimmt eine Schlüsselfunktion ein, Menschen Werte, Einstellungen, Fähigkeiten, Wissen und kritisches Denken vorzuleben und zu vermitteln, um sie zu befähigen, Gesellschaft verantwortungsvoll mitzugestalten. Die Beiträge des Bandes folgen der Idee, dass Demokratie, Kultur und Bildung zu Formen des Lehrens und Lernens beitragen sowie die Partizipation und eine Kultur des Miteinanders stärken. Der europäische Referenzrahmen »Kompetenzen für eine demokratische Kultur« bildet dabei die gedankliche Grundlage. Vor diesem Hintergrund bietet das Buch Diskussionsräume an, um über Demokratie- und kulturelle Bildung in allen Phasen der Lehrkräftebildung nachzudenken.

Birgit Menzel leitet in der Hessischen Lehrkräfteakademie das Sachgebiet »Qualitätsentwicklung in der Ausbildung / Qualifizierung der Ausbilder_innen«.

Die Expert:innentagung Lehrkräfteausbildung – ein institutionsübergreifendes Netzwerk


Marianne Huttel und Heike Scheika

1Lehrkräftebildung in Deutschland


Ende der 1990er Jahre standen die Schulen und die Lehrer:innenbildung im kritischen Blick der Gesellschaft: TIMMS (Trends in International Mathematics and Science Study), PISA (Programme for International Student Assessment) und weitere Vergleichsstudien ließen unerwartet erhebliche Schwächen des Bildungssystems in Deutschland sichtbar werden (vgl. Schreiber/Zabold 2015, S. 14 ff.). Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) führte um die Jahrtausendwende Studien auch bezogen auf die Lehrerbildung durch, welche im internationalen Vergleich für Deutschland ebenfalls negative Ergebnisse aufzeigten (vgl. ebd., S. 33). Die Kultusministerkonferenz (KMK), die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der Wissenschaftsrat entwickelten Empfehlungen und trafen Festlegungen zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung. Mit den „Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland“ erschien im Jahr 2000 der Abschlussbericht des von der KMK eingesetzten Expertengremiums (Terhart 2000). Die OECD-Studie wies damals auf deutliche Defizite in der Umsetzung von kontinuierlicher Fort- und Weiterbildung für Lehrkräfte als Teil des lebenslangen Lernprozesses hin. Als Ursache wurde das Fehlen von phasenübergreifenden Standards für die Lehrerbildung vermutet (vgl. Döbrich et al. 2004, S. 24). Die Lehrkräftebildung in Deutschland ist in drei Phasen organisiert: Studium, Vorbereitungsdienst sowie berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung. Dass das Lehramtsstudium in drei voneinander getrennten und eher kaum miteinander verzahnten Phasen verläuft, bezeichnen Anselm und Janka als zum „Triadischen Dilemma“ in der Lehrkräftebildung gehörende Segmentierung. Dazu gehören auch die Fragmentierung (Trennung von Fachwissenschaften und Fachdidaktik) sowie die Marginalisierung (Stellenwert des Lehramtsstudiums innerhalb der Universitäten) (vgl. Anselm/Janka 2016, S. 9).

Die Phasen der Lehrkräftebildung haben ein jeweils sehr spezifisches Profil entwickelt, wobei dies durch die Kulturhoheit der Länder noch verstärkt wird. In der ersten Phase der Ausbildung erfolgt die theoretische Grundlegung, basierend auf dem aktuellen Forschungsstand in den gewählten Fachdisziplinen, den Fachdidaktiken und den Bildungswissenschaften, bei der eine Kompetenzentwicklung für das Berufsfeld Schule ermöglicht werden soll. Den Ausbildungsschwerpunkt im Vorbereitungsdienst bildet eine stärkere Theorie-Praxis-Verzahnung. Die Umwidmung theoretischer Grundlagen in Handlungskompetenzen wird angebahnt und unterstützt. Gemeinsam mit den in Schule an Ausbildung Beteiligten wird der Praxiseinstieg begleitet und die Handlungssicherheit bei den Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärtern zielgerichtet gefördert. Ab der Phase des Berufseinstiegs wird das berufliche Weiterlernen ermöglicht, indem systematische Fortbildungsmöglichkeiten angeboten werden. Betrachtet man Lehrkräftebildung als einen übergreifenden berufsbiografischen Entwicklungsprozess wird ein Gesamtkonzept benötigt, in dem sichtbar wird, wie Wissen und Kompetenzen schrittweise erworben werden können. Alle Phasen der Lehrkräftebildung haben einen Beitrag für die Grundlegung des lebenslangen Lernens von Lehrkräften zu leisten, wofür eine kontinuierliche Abstimmung und Kooperation zwischen den Phasen notwendig ist (vgl. Schreiber/Zabold 2015, S. 62 f.). Die Verfasser:innen der „Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland“ kamen damals zur

„Auffassung, daß das Potential, welches in Gestalt dieser Rahmenstruktur zur Verfügung steht, nicht hinreichend und im möglichen Umfang genutzt wird. In der unvollständigen bzw. ausbleibenden Nutzung dieses vorhandenen Entwicklungspotentials sieht die Kommission das entscheidende Defizit. Und genau an diesem Defizit setzt sie an: Statt eines grundsätzlichen Systemwechsels empfiehlt sie eine zielorientierte, breit gefächerte Weiterentwicklung aller Institutionen, Prozesse, Inhalte und Personengruppen. Dies betrifft die Universitäten, den Vorbereitungsdienst sowie insbesondere das Lernen im Beruf als der dritten Phase der Lehrerbildung. Es ist das zentrale Anliegen der Kommission, im Sinne einer Weiterentwicklung des bestehenden institutionellen Rahmens der Lehrerbildung dem Lernen im Beruf eine höhere Bedeutung als bisher zu geben. Dahinter steht die Auffassung, daß Professionalität im Lehrerberuf zuallererst ein berufsbiographisches Entwicklungsproblem ist“ (Radke 1999, S. 40).

Seit der Veröffentlichung von Terharts „Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland“ im Jahr 2000 hat es in der deutschen Lehrerkräftebildung verschiedene Veränderungen gegeben. Eine wichtige Veränderung war u. a. die Einführung gestufter Bachelor- und Masterstudiengänge sowie die Entwicklung von Standards für die Lehrkräfteausbildung. Dadurch sollten die verschiedenen Ausbildungsphasen besser aufeinander abgestimmt und koordiniert werden. Ein weiterer wichtiger Punkt war die Stärkung der Praxisorientierung. An den Universitäten wurden verschiedene Konzepte entwickelt und längere Praxisphasen in das Lehramtsstudium integriert, die einen stärkeren Fokus auf praktische Erfahrungen im Schulalltag ermöglichen sollten. Mit dieser Entwicklung ging jedoch seitdem eine Verkürzung der Ausbildungszeiten in der zweiten Phase einher.

„Das deutsche System des Vorbereitungsdienstes ist in Europa ein Sonderfall. Durch neue Modelle an Universitäten und erweiterte Praxisphasen besteht ein Legitimationsdruck für die zweite Phase“ (Pasternack et al. 2017, S. 176). Der Vorbereitungsdienst zielt auf die pädagogisch-praktische Ausbildung im jeweiligen Lehramt. Mit einer engen Verzahnung von Theorie und Praxis sollen die Lehramtsanwärterinnen und -anwärter zu selbständiger Arbeit in ihrem Lehramt, insbesondere in den Kompetenzbereichen Unterrichten, Erziehen, Beraten, Beurteilen und Innovieren befähigt werden und in der Zeit des Vorbereitungsdienstes in allen schulischen und außerschulischen Bereichen aktiv mitwirken (vgl. TMBJS 2016, § 2).

Im Jahr 2017 veröffentlichte die GEW eine „Debatte zur Qualitätsentwicklung in der Lehrer_innenbildung“ und gab darin „einen umfassenden Überblick über die Struktur der Lehrer_innenbildung im föderalen Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland“ (Pasternack et al., S. 18). Die Autorinnen und Autoren stellen fest, dass die Verbindung von erster und zweiter Phase der Lehrerbildung zu ausgewählten Themen inzwischen etabliert ist, während die Verbindung von zweiter und dritter Phase eher wenig Aufmerksamkeit erfährt und die Verbindung zwischen allen drei Phasen kaum stattfindet: „Die Fort- und Weiterbildung der Lehrer_innen ist insoweit nach wie vor stabil abgekoppelt von den vorherigen Ausbildungsphasen“ (Pasternack et al. 2017, S. 361).

Das institutionsübergreifende Netzwerk Expert:innentagung Lehrkräfteausbildung legt in seiner Arbeit den Fokus genau auf die Verknüpfung der drei Ausbildungsphasen und integriert bewusst auch personell die dritte Phase der Lehrkräftebildung. Die Qualifizierung der Ausbilderinnen und Ausbilder an den Einrichtungen der zweiten Phase gehört zu den Aufgaben, welche sich dieses Netzwerk u. a. zuschreibt. Auf die Bedeutsamkeit von qualitativ hochwertigen und kontinuierlichen „Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für das ausbildende Personal“ weisen u. a. Pasternack et al. hin (ebd., S. 192). Wiernick betont in seiner Dissertation die Bedeutung und die Fähigkeit zur Reflexion über das eigene Unterrichtsverständnis einer Ausbilderin und eines Ausbilders (vgl. Wiernick 2016, S. 16). Auch für Korthagen spielen die Ausbilder:innenpersönlichkeit, die gegenwärtigen Charakteristiken der an...

Erscheint lt. Verlag 19.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
ISBN-10 3-7799-8289-7 / 3779982897
ISBN-13 978-3-7799-8289-0 / 9783779982890
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