Gewinnende Gesprächsführung durch achtsame Sprache -  Indrani Alina Wilms

Gewinnende Gesprächsführung durch achtsame Sprache (eBook)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
136 Seiten
Junfermann (Verlag)
978-3-7495-0561-6 (ISBN)
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Achten wir immer darauf, wie wir etwas sagen? Ist uns bewusst, was unsere Worte auslösen? Etwas positiv Gedachtes, z. B. ein Lob, wird häufig negativ ausgedrückt. Statt: »Das hast du gut gemacht!« heißt es dann: »Das war gar nicht sooo schlecht!« Oder im Kontext Arztbesuch: Ein Zahnarzt, der beruhigend sagt »Sie brauchen keine Angst zu haben« alarmiert mit diesen Worten und bewirkt das Gegenteil, eine Fokussierung auf die Angst. Überhaupt können in Krisensituationen unachtsam gewählte Worte Negativspiralen weiter verstärken. Egal, ob in privaten Kontakten, Bewerbungsgesprächen, Geschäfts- oder Friedensverhandlungen: Wer achtsame Sprache bewusst einsetzen kann, ist klar im Vorteil. Positive Botschaften kommen positiv an und negative Botschaften lassen sich so formulieren, dass sie für die empfangende Person klar und zugleich annehmbar sind. Mithilfe achtsamer Sprache kann man aussichtslose und verloren geglaubte Situationen umkehren und sogar Gegner für sich gewinnen.

Indrani Alina Wilms, Dr., ist Psychologin, Psychotherapeutin, Traumatologin und international renommierte Achtsamkeitsexpertin. Sie ist die erste an der University of Oxford in Achtsamkeitstherapie qualifizierte Deutsche.

Vorwort


Endlich ist es so weit! Erneut darf ich ein Herzenswerk schreiben und damit meinen Leserinnen und Lesern Handwerkzeug für ihren Lebens-Skills-Koffer zugänglich machen. Es geht um nichts Geringeres als um den gezielten Einsatz von Sprache, um damit positiv-psychologischen Einfluss auf kommunikative Prozesse in allen Bereichen menschlichen Zusammenlebens zu nehmen.

Die Idee zu diesem Buch und die Einsicht, dass es dringend nötig ist, kam mir durch jahrelange Beobachtungen in privaten und beruflichen Settings: Bei gesellschaftlichen Anlässen, in privaten Zusammenkünften, in Schulkonferenzen und Fernsehtalkshows konnte ich tagtäglich beobachten, wie unachtsam gewählte Worte sofort konfrontative Gegenwehr oder resignativen Rückzug auslösten. Bei Menschen, die zu einem gemütlichen Grillabend zusammengekommen waren, formierten sich Positionen und spalteten die bis dahin fröhliche Gruppe, nur aufgrund einer beim Wurstwenden unachtsam ausgesprochenen Äußerung.

Ich begann, Achtsamkeits-Gruppentrainings anzubieten, mit besonderem Schwerpunkt auf achtsame Sprache, und zwar im Erfurter Augustinerkloster. Hier war einst Martin Luther zum Priester geweiht worden, und damit bot dieser Ort historisch gesehen ein ideales Umfeld für mein Thema. Schließlich hatte Luther, als sein Leben extrem gefährdet war, die Bibel aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt. Ihm war wichtig, die Texte allen Menschen zugänglich und verständlich zu machen. Auch die Lehren der Achtsamkeit sind nicht nur für eine intellektuelle Elite gedacht, sondern sollen allen Menschen verständlich sein. Deshalb werden viele lebensnahe Metaphern aus dem Alltag aufgegriffen, und achtsame Sprache ist deshalb eine Sprache des einfachen Verstehens.

Im Rahmen meiner Tätigkeit in Therapie, Coaching und Beratung habe ich etliche Erfahrungen machen können, was passiert, wenn Sprache unachtsam verwendet wird. Hierzu einige Beispiele:

Die Bedeutung von Sprache in Therapie und Coaching

Als Paartherapeutin stellen sich mir immer wieder folgende Fragen: Warum geraten verliebte und positiv gebundene Paare irgendwann in völlig unnötige Streitsituationen? Warum ruinieren sie damit ihre Wochenenden oder gar eine komplette Traumreise, auf die beide lange gespart haben? Warum kommt es sogar zu einem Beziehungsabbruch? Die Antwort: Kränkende Worte lösen eine negativpsychologische Spirale aus, die unbewusst und schnell Fahrt aufnimmt. Am Ende sind beide nicht mehr fähig, neutral zu reflektieren und so dem negativen Abwärtssog entgegenzuwirken.

Die Ursache ist meistens ein eigentlich gut gemeintes, jedoch unglücklich und unachtsam formuliertes Anliegen. Oft genügt ein einziges Wort, um in der darauf folgenden Negativkommunikation am Ende zum Beziehungskiller zu werden. Aufgrund vieler Streitigkeiten, die sich immer weiter potenzieren, ist dieses Wort mit vielen negativen Emotionen verbunden und so zum Reizwort geworden. Wenn es fällt, werden damit alle negativen Gefühle vergangener Streitsituationen reaktualisiert.

Auch in anderen beruflichen Situationen als Psychotherapeutin und Coach hat Sprache eine durchgängig tragende Rolle. In der Arbeit mit Eltern geht es beispielsweise darum zu entscheiden, wie positives Feedback am besten ankommt, um Kinder zu motivieren, damit diese selbstsicher an sich und ihr schulisches oder sportliches Ziel glauben. Angehörige persönlichkeitsgestörter Menschen möchten vorrangig lernen, wie sie Provokationen verbal deeskalieren können und emotional leicht erregbare Klienten haben den Wunsch, auch dann sachlich und lösungsorientiert zu kommunizieren und positive Bindungen aufrechtzuerhalten, wenn Wut, Trauer oder Angst sie übermannen.

Im Coaching wollen Arbeitgeber lernen, wie sie ihre Belegschaft im Arbeitskontext optimal motivieren können. Nicht selten zeigt sich, dass gerade in Deutschland bei vielen Menschen noch der althergebrachte Spruch „Nicht geschimpft ist Lob genug!“ persistiert. Entsprechend sparsam loben sie – ihre Kinder wie ihre Mitarbeiter. Meist haben sie selbst wenig Lob erfahren. Aber durch diese Unfähigkeit, effektiv zu loben, verlieren wir motivational all jene Menschen, die den Motor positiven Tuns nicht durch Eigenmotivation anwerfen können oder die nicht zu den paradox Funktionierenden gehören, die gerade durch den Mangel an Lob über sich hinauswachsen. Aber auch Letztere hoffen, irgendwann die vorgehaltene, jedoch unerreichbare Möhre des Lobs genießen zu dürfen.

Die Beobachtung, dass selbst unter meinen freundlichsten psychologischen Kollegen, ja sogar von Achtsamkeitsexperten unachtsame und negative Sprache scheinbar häufiger genutzt wird als achtsame Formulierungen, hat mich sprachlos gemacht. Allerdings nehme ich mich hier keineswegs aus. In Stresssituationen tappe auch ich manchmal in die Falle der unachtsamen Sprache. Wenn ich mich daraus befreit habe, reflektiere ich jedes Mal, wie ich diese Falle künftig frühzeitiger erkennen und weise umgehen kann. Durch diese ständige Reflexion ist bei mir achtlose Sprache inzwischen mehr zur Ausnahme als zu meiner Kommunikationsregel geworden.

Negative Sprache in der Politik

Auch als psychologische Politikberaterin habe ich Erschreckendes in Punkto Sprachgebrauch erlebt. Zum einen erschrak ich darüber, wie unreflektiert Politiker Negativvokabular verwenden. Das konnte ich nicht nur bei Vertretern der neuen Politikergeneration beobachten, sondern auch bei jenen in hohen Positionen und in einem Alter jenseits von 40. Viele von ihnen verlesen Reden, die andere für sie geschrieben haben und denen es an Authentizität und Glaubhaftigkeit fehlen muss, denn das Verlautbarte kommt nicht von innen heraus, ist nicht intrinsisch, wie es nur ein selbst verfasster Text sein könnte. Zum anderen schockierte mich, wie häufig politische Akteure gezielt und vorsätzlich negative Sprache einsetzen, um allein durch Furcht und Abschreckung zu punkten.

In einer nicht veröffentlichten Pilotstudie habe ich aus eigenem Interesse einen Monat lang alle politischen Interviews aufgezeichnet, die von öffentlich-rechtlichen Sendern ausgestrahlt wurden, und diese linguistisch auf positive, neutrale und negative Begrifflichkeiten überprüft. Dabei überwog ganz klar negative Sprache. Der Anteil positiver Sprache lag bei unter 2 Prozent und war maßgeblich auf das Wort „danke“ beschränkt – meist als floskelhafter Abschluss in einer Interviewsituation.

Auch der letzte Auslöser, dieses Buch zu schreiben, kam aus der Politik. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte im Januar 2023 im Europarat eine Rede gehalten und in der anschließenden Diskussion unterlief ihr ein gefährlicher verbaler Fauxpas. Mit vermutlich guter Intention, jedoch historisch unachtsam, appellierte sie an die westlichen Verbündeten, wir würden einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander kämpfen. Offensichtlich war sie sich der Wirkung ihrer Worte, mit denen sie riskierte, Deutschland zur Kriegspartei zu deklarieren, in diesem Moment nicht gewahr.

Wie mit Wut und Ärger umgehen?

Oft fragen Klienten und Coachees: Sollen sie Negatives offen ansprechen oder es besser des lieben Friedens willen tolerieren und in sich hineinfressen? Wird man vielleicht psychisch krank, wenn man die Wut über Negativa in sich verkapselt und sie damit innerlich gegen sich selbst richtet? Andererseits fürchteten viele den Verlust wichtiger sozialer Bindungen, falls sie ihre Missbilligung herauslassen und Konflikthaftes aussprechen.

Gibt es wirklich nur Anger-in (Wut hinein) versus Anger-out (Wut raus)? Neben dieser absolutistischen Schwarz-Weiß- und damit zugleich Lose-Lose-Variante, bei der eine tragische Situation des Verlierens vorprogrammiert ist, gibt es zahlreiche Graunuancen. Leider sind Letztere vielen Menschen – und damit vor dem Coaching auch meinen Coachees – nicht geläufig.

Am Ende eines erfolgreichen Coachings haben die Menschen gelernt, dass es weniger um das Ob und viel mehr um das Wann und das Wie geht. Sie lernen, dass es sehr wohl möglich ist, Negativa anzusprechen, zum passenden Zeitpunkt, dosiert und portioniert, mit Raum für positive Veränderung und vor allem so achtsam formuliert, dass die Botschaft für den Empfänger klar, verständlich und annehmbar ist, ohne Negativreaktionen (Reaktanz) auszulösen.

Zu diesem Buch

In Teil I (Kapitel 1–3) erfährst du Wesentliches über Sprache und ihre Wirkweise. Darauf aufbauend kann es dir gelingen, Sprache gewinnbringender und positiver einzusetzen. Zunächst erkläre ich, wie es dazu gekommen ist, dass wir unachtsam formulieren und welche Konsequenzen es für unsere eigene Psyche hat, im autosuggestiven inneren Dialog negativ mit uns selbst zu kommunizieren. Hierzu gehören die Risiken und Negativspiralen, die hieraus für zwischenmenschliche Kommunikation resultieren. Zahlreiche Beispiele, die mit dem Alltag vieler Leser resonieren werden und die ich im Laufe meiner Praxiszeit als achtsamkeitsbasierte Psychotherapeutin gesammelt habe, verdeutlichen ebenso konkret die Problematik wie aktuelle Beispiele aus politischen Interviews.

In Teil II geht es im vierten Kapitel um die sieben wichtigsten Prinzipien und die sieben gewinnbringenden Strategien achtsamkeitsbasierter Sprache und wie du sie verinnerlichen kannst, so als lerntest du eine neue Fremdsprache: die Sprache der Achtsamkeit. Anschließend geht es darum, diese Prinzipien und Strategien zu vertiefen und sie in konkreten Situationen anzuwenden. Du lernst, ganze Sätze und mögliche Reaktionen auf diverse Herausforderungen zu formulieren. Ebenso lernst du, achtsam zu prognostizieren, wie der Empfänger anders hierauf reagieren wird als es bei einer...

Erscheint lt. Verlag 6.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
ISBN-10 3-7495-0561-6 / 3749505616
ISBN-13 978-3-7495-0561-6 / 9783749505616
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