Mini-Handbuch Resilienz-Coaching -  Bea Engelmann,  Dina Loffing

Mini-Handbuch Resilienz-Coaching (eBook)

Mit einem Beitrag von Volker Biesel. Mit umfangreichen Online-Materialien
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
238 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-407-36917-8 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
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Resilienz ist gerade in Krisenzeiten ein vielgefragtes Thema - auch im Coaching. Bea Engelmann und Dina Loffing erläutern speziell für Coaches, worauf es ankommt, damit Klientinnen und Klienten tatsächlich in ihre Stärke kommen und diese auch nachhaltig erhalten bleibt. Die sieben Stufen der Resilienzleiter: •Selbstbewusstheit •(Selbst-)Akzeptanz •Selbstverantwortung •Selbstmanagement •Optimismus •Coping •Lebensfreude lassen sich gut in den Coachingprozess integrieren. Zu jeder Stufe gibt es zahlreiche Übungen, die zudem - mit weiteren Übungen - in den Online-Materialien enthalten sind. Das »Mini-Handbuch Resilienz-Coaching« ist somit ein komprimierter Leitfaden mit Übungen, Tipps und Konzepten, die Coaches an ihre Coachees weitergeben können. Die gute Übersichtlichkeit der Ausführungen schafft Klarheit.

Bea Engelmann, Dipl.-Psych., arbeitet als freier Coach und als Lehrbeauftragte der Universität Bremen. Sie ist Gründerin des Instituts für Glückspsychologie in Bremen.

Resilienz – die innere Stärke für unser Leben


Elastizität stärken. Die WHO definierte bereits 1948 Gesundheit als einen »Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens«. Für den Teil des psychischen Wohlbefindens spielt unsere Resilienz eine, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle. Resiliente Menschen sind widerstandsfähig (resilire, lat. = abprallen; resilience, engl. = Spannkraft). Sie haben gelernt, in herausfordernden Situationen und Lebensphasen ihr Denken, Fühlen und Handeln positiv anzupassen. Sie sind so »elastisch«, dass sie mit Herausforderungen verschiedenster Art erfolgreich umgehen können und ihr ursprüngliches psychisches Funktionsniveau wiederherstellen können. Bei den Navi SEALs wird Resilienz definiert als Fähigkeit, so schnell wie möglich zur eigenen »Baseline« zurückzukommen (Diviney 2021).

Beim Begriff Resilienz sind Autorinnen und Autoren unterschiedlicher Meinung,

  • ob Resilienz eine primärpräventiv und somit stets zu stärkende Kraft ist (Engelmann/Loffing 2023),

  • ob Resilienzfaktoren notwendig sind, um Veränderungen und Probleme bewältigen zu können (Reivich/Shatté 2003) oder

  • ob sogar nur dann von Resilienz die Rede sein kann, wenn individuelle, soziale oder gesellschaftliche Risikofaktoren, wie etwa ein erhöhtes Depressionsrisiko oder familiäre Gewalt, vorhanden sind (Hammelstein 2006, S. 18).

Selbstverständlich benötigen (und verbrauchen) wir in Krisen mehr Stärke als auf ruhiger See. Wir bezeichnen eine Krise als solche, wenn wir für eine außerordentlich belastende Lebenssituation noch keine geeigneten Bewältigungsstrategien zur Verfügung haben (Sonneck 1997). Dabei können wir zwischen drei Arten von Krisen unterscheiden:

  • traumatische Krise (Auslöser: individuelle Schicksalsschläge, Todesfall, Unfall, schwere Erkrankung …)

  • Lebensveränderungskrise (Auslöser: Pubertät, Hochzeit, Scheidung, Midlife-Crisis …)

  • kollektive Krise (Auslöser: Naturkatastrophen, Krieg, Pandemie …)

Ressourcen erweitern. Nach unserer Auffassung ist und bietet Resilienz sehr viel mehr als den souveränen Umgang mit Krisen. Natürlich ist es in unserem Leben wiederkehrend relevant, wie wir mit Herausforderungen umgehen und ebenso, wie wir uns vor Verletzungen schützen. Doch auch der Blick darauf, wie wir unsere vorhandenen Ressourcen erweitern und aktiv für unser Wohlsein sorgen, erhöht unsere Widerstandskraft. »Wahre Resilienz fördert das Wohlbefinden, ein grundlegendes Gefühl von Glück, Liebe und Frieden« (Hanson 2021, S. 11). In seinem Buch »Das resiliente Gehirn« betont Hanson, dass Wohlbefinden und Resilienz einander ähnlich einer Aufwärtsspirale begünstigen. Dabei ist der Weg zur inneren Stärke ein Weg der Selbsterkenntnis. Zu erkennen, was ich brauche, um mich wohlzufühlen, ist ein Teil dessen. Wie ich akzeptieren kann, was ich bin und nicht bin und wie ich mutig zu mir mit allen meinen Anteilen stehe und für mich eintrete – das alles sind Schritte auf diesem Weg zur Resilienz beziehungsweise auf dem Weg zu sich selbst.

Nun kannst du bereits den ersten Check durchführen. Alle Checks findest du übrigens auch bei den Online-Materialien. Du kannst dafür ebenso ein Notizbuch nutzen und alle deine Reflexionen eintragen.

Übung

Dein Check: Meine Sicht auf Resilienz

Was bedeutet Resilienz für mich?

Wobei spielt Resilienz in meinem Leben eine Rolle? Wann »benötige« ich sie?

Resilienz als Lebenshaltung. Dem Gedanken »Resilienz sei nichts anderes als der Weg zu sich selbst« folgend, ist Resilienz keine Frage von Verhalten, sondern etwas Substanzielles, eine Haltung – dem Leben und in erster Linie sich selbst gegenüber. Dabei ist mit »Haltung« auch der eigene Halt gemeint. Der immer wiederkehrende Auf- und Ausbau unserer eigenen Substanz. Doch um unsere ureigene, echte Substanz zu stärken, müssen wir diese gut kennen. Wir müssen wissen, was unsere Werte, unsere Ziele sind und wo unsere Grenzen liegen. Die Bewusstheit dessen erfordert eine klare Sicht, die der ersten Stufe im Resilienz-Coaching entspricht. Da diese in Krisenzeiten, wenn der Sturm bereits fegt, bei den Coachees meist nicht vorhanden ist, ist es unsere Aufgabe als Coach, präventiv am Fundament zu arbeiten und Raum für einen Dialog zu bieten, wo Begegnung mit sich selbst möglich ist.

Je ruhiger das Wetter und je klarer die Sicht, umso fundamentaler können wir präventiv an Resilienz arbeiten.

Schutz- und Risikofaktoren. Dem Ergebnis der inneren Stärke liegt ein Prozess zugrunde, der fortwährender Fürsorge bedarf. Selbstverständlich entwickeln wir das Fundament unserer inneren Stärke idealerweise, wenn auch meist unbemerkt, bereits in Kindheitstagen. Durch die Erfahrung sozialer Unterstützung aus dem Umfeld, durch tragfähige Beziehungen und verlässliche Bezugspersonen machen wir wichtige Erfahrungen, die in unser Resilienz-Konto einzahlen (Schutzfaktoren). Ungünstige Stressverarbeitungsmuster, kritische Lebensereignisse, Belastungen in Beziehungen und im sozialen Umfeld, ein niedriges Selbstwertgefühl, aber auch genetische Prädispositionen können Risikofaktoren sein. Doch nur ein kleiner Teil der Resilienz scheint vererbbar zu sein. Für uns als Coaches eine gute Nachricht, da Resilienz zum großen Teil aus erlernbaren Strategien besteht.

Resilient ohne Ende? Flexibel, elastisch – also immer erlernbar? Ja. Und: Resilient zu sein und zu bleiben bedeutet Arbeit. Je älter wir werden, desto mehr sind Denk- und Verhaltensmuster fest eingefahren. Auch dann noch ist ein Marathon möglich – halb oder ganz, so wie wir es wollen. Jedoch ist es wahrscheinlich, dass wir mit mehr Training, einigen Rückschlägen und einem höheren Aufwand rechnen dürfen, je nachdem, von wo wir mit unserem Coachee starten.

Haltung coachen. Vonnöten und in einem wirkungsvollen Coaching zentral ist dabei jedoch, die kurzfristigen Erfahrungen neuronal zu platzieren. Erst die positiv genutzte Neuroplastizität, die zielorientierte Veränderung neuronaler Strukturen, geht mit einer wirklichen beziehungsweise potenziell dauerhaften Veränderung einher. Für unser gesetztes Ziel sind Übung und Ausdauer notwendig. Und wir müssen unser Gehirn aktiv miteinbeziehen, um es wie einen Muskel zu trainieren beziehungsweise umzuprogrammieren. Konkrete Möglichkeiten, wie wir dies coachen können, zeigt das Kapitel »Haltung coachen« (s. S.  ff.).

Automatismen erkennen. Manchmal erleben wir in der gemeinsamen Arbeit auch Überraschungen. Immer dann zum Beispiel, wenn wir Ressourcen freilegen, die im langen Tiefschlaf gewesen sind. Dazu können Erfahrungen gehören, wie wir als Jugendlicher mit Stress in...

Erscheint lt. Verlag 20.1.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik Erwachsenenbildung
ISBN-10 3-407-36917-4 / 3407369174
ISBN-13 978-3-407-36917-8 / 9783407369178
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