Kollegiale Beratung (eBook)

Online und offline im Heilsbronner Modell
eBook Download: EPUB
2022 | 3. Auflage
195 Seiten
Vandenhoeck & Ruprecht Unipress (Verlag)
978-3-647-99385-0 (ISBN)

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Kollegiale Beratung -
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Die Kollegiale Beratung ist eine niedrigschwellige, lösungsorientierte Methode der Personal- und Qualitätsentwicklung. Das Buch vermittelt leicht umsetzbare Schritte für die Praxis vor Ort und in digitalen Räumen. Als psychoanalytisch fundierte Methode der Peer-to-Peer-Beratung wird die Kollegiale Beratung nach dem 'Heilsbronner Modell' im Non-Profit- wie im Profit-Bereich praktiziert - sowohl vor Ort als auch online. Der Beratungsprozess im Rahmen einer kleinen Gruppe von gleichberechtigten Kolleg:innen verläuft in zehn Schritten, durch einen Leitfaden strukturiert, interaktiv in verteilten Rollen: als Fallgeber:in, Moderator:in und Berater:innen. Auf externe professionelle Beratungsexpertise wird verzichtet. Das Buch liefert theoretisches und praktisches Grundlagenwissen und lädt zur Umsetzung der Methode in die eigene Praxis ein.

Wolfgang Schindler ist Diplom-Pädagoge, Gruppenanalytiker, Supervisor und Visionssucheleiter. Darüber hinaus lehrt er an der Hochschule München im Online-Studiengang 'Soziale Arbeit' (BASA-online) und ist Inhaber des Coaching- und Supervisionsanbieters minds-on.net. Er ist Vorsitzender des Instituts für Kollegiale Beratung und Onlineberatung e.V.

Wolfgang Schindler ist Diplom-Pädagoge, Gruppenanalytiker, Supervisor und Visionssucheleiter. Darüber hinaus lehrt er an der Hochschule München im Online-Studiengang "Soziale Arbeit" (BASA-online) und ist Inhaber des Coaching- und Supervisionsanbieters minds-on.net. Er ist Vorsitzender des Instituts für Kollegiale Beratung und Onlineberatung e.V.

Zur Einführung

Nach einer gut zwanzigjährigen Inkubationszeit betrat zu Beginn des neuen Jahrtausends eine neue Mitbewerberin den Marktplatz publizierter Beratungsmodelle, die als Peer-to-Peer-Beratung konzipierte Kollegiale Beratung. Der Erfolg dieses Konzeptes mit Wurzeln in emanzipatorischen Aufbrüchen der 1980er Jahre spiegelt sich in der seither gewachsenen Verbreitung in der Personal- und Qualitätsentwicklung des Bildungsbereichs, der Sozialen Arbeit, der Pflege und im Gesundheitswesen.

Und, wie immer, hat der Erfolg viele Väter, in diesem Fall aber auch mehrere durchaus verschiedene und unterscheidbare Kinder und Mütter: Gemeinsames und Trennendes benennt daher der erste Beitrag hier im Buch: »Kollegiale Beratung: Peer-to-Peer-Konzepte im Überblick«. Skizziert wird die Abstammungsgeschichte einer gewachsenen Familie von Beratungsmodellen, die, zunächst überraschend, seit langem auch weit über den Non-Profit-Bereich hinaus Fuß gefasst hat. Exemplarisch schildert dies Axel Gloger in »Gut beraten ohne Berater: Peer-to-Peer-Consulting« – ein Plädoyer aus betriebswirtschaftlicher Management-Perspektive.

Dieser Titel benennt, warum Expert:innen mit therapeutischer und beraterischer, professionell und kostspielig erworbener Kompetenz in der Kollegialen Beratung für sich bestenfalls erst ansatzweise ein Geschäftsmodell entdecken. Solange sie nach einem freien Platz im Stuhlkreis der Kollegialen Beratungsgruppe suchen und überlegen, wie dieser »professioneller« gestaltet werden könne, finden sie nicht den Ort, an dem ihre Professionalität dringend für die Implementierung dieses partizipativen Beratungsmodells gebraucht wird: in den Institutionen.

Der Beitrag »Peer-to-Peer – Professionalisierung des Beratungskonzepts« will dabei Platzanweiser für beide Seiten sein: Expert:innen und Personalverantwortliche in Institutionen. Er lädt damit zugleich zum Fachdiskurs ein, zur professionellen Weiter- und Zusammenarbeit am Beratungsmodell im Rahmen des 2008 begründeten »Instituts für Kollegiale Beratung und Onlineberatung«, das sich der Weiterentwicklung des Heilsbronner Modells verbunden weiß.

Welche Konzepte beim Einzug in die Institutionen längst praktiziert werden, aber auch, welche Stolpersteine dabei umgangen werden sollten, schildert Stefan Scholer. Er berichtet über erfolgreiche, nicht immer mühelose Wege zur Implementation Kollegialer Beratung auf Leitungsebene in der Personalentwicklung der bayerischen Landeshauptstadt München: »Warum Kollegiale Beratung erfolgreich ist und wie sie in Unternehmen etabliert werden kann«. Sein dem zugrundeliegendes, kurz umrissenes systemisches Konzept muss dabei die gleichen Hürden überwinden wie das hier im Buch schwerpunktmäßig entfaltete »Heilsbronner Modell«.

Dieses Modell hat seine Wurzeln im Konzept der sogenannten Balintgruppen, ein psychoanalytisch fundiertes Verfahren, das zunächst in der Aus- und Fortbildung von Ärzt:innen entwickelt wurde. Balintgruppen bieten längst auch anderen Berufsgruppen Wege zum Verstehen und Gestalten des Miteinanders von Kolleg:innen und Klient:innen. Die Grundlagen solch psychoanalytisch fundierter Beratung beruflicher Praxis skizziert Martin Schimkus in »Kollegiale Beratung – Intervision: Psychoanalytisch fundierte Begleitung beruflicher Praxis« und beschreibt damit zugleich eine unverzichtbare Wurzel des Heilsbronner Modells der Kollegialen Beratung.

Es basiert auf Michael Balints Grundannahme, dass die Schilderung eines Falles in der Gegenwart der Fallberatungsgruppe zur Reinszenierung der emotionalen Situation im berichteten Fall führt, sich im aktuellen Erleben von Fallgeber:in wie Berater:innen spiegelt, in Worte gefasst präsent und damit der Bearbeitung und dem Verstehen in der Gruppe zugänglich wird.

Ist eine Selbsterfahrung dieser Art nur unter Leitung eines:einer ausgebildeten Therapeut:in möglich? Gerhard Spangler identifiziert solche Selbsterfahrung als eine der »Säulen« des Heilsbronner Modells. Er benennt aber auch die Grenzen dieser Arbeit in der Peer-to-Peer-Gruppe, in der anstelle eines:einer Therapeut:in eine Moderator:in die Gruppe gleichberechtigter Kolleg:innen anhand eines Leitfadens durch die zehn Schritte des Prozesses der Kollegialen Beratung führt.

Nahezu unverändert sind diese, den Prozess präzise strukturierenden Schritte des Leitfadens auch in der zweiten und nun dritten Auflage des gleichnamigen Buches (2012 und 2022) benannt und begründet. Die hier entfaltete Beschreibung und Anleitung zur Praxis »Das Heilsbronner Modell zur Kollegialen Beratung« hilft, zu verstehen, dass die Begrenzung auf die freie Aussprache als einzige Methode gerade auch dort einen maximalen Freiraum für den Wechsel der Perspektive auf einen Fall eröffnet, wo das eigentliche Ziel der Suche noch im Ungewissen verborgen ist.

Bereits vor der zweite Auflage 2012 wurde das Handlungsmodell in den virtuellen Raum hinein erweitert: Als »Kollegiale Beratung online« verloren die limitierenden Faktoren »Ort« und »Zeit« an Bedeutung. Textbasiert und asynchron konnten nun Beratungsprozesse mit weiterhin praxisrelevanten, als unterstützend erlebten Resultaten stattfinden – zum Erstaunen vieler damals oft noch internet-skeptischer Praktiker:innen. Die Konzeption und die Gestaltung des dafür ab 2005 eröffneten Online-Beratungs- und Tagungshauses »www.kokom.net« erläutert der Beitrag »Beratung online: textbasiert und asynchron«.

Deutlich wird auch, dass die – hier einzigartig vorhandene – Unterstützung des Beratungsprozesses durch die Onlineplattform vor allem dann die (in der Evaluation berichteten) hohen Zufriedenheitswerte der Beteiligten ermöglicht, wenn die im Detail vorgestellten »Tools« verstanden und angemessen genutzt werden. Ob online oder offline: Die Beratungsqualität steigt mit einer qualifizierenden Einführung und Einarbeitung.

»Grundlegende Befunde der Forschung zur Wirksamkeit von Onlineberatung« referiert aus wissenschaftlicher Perspektive Patricia Arnolds Beitrag und umreißt, um was es bei dem weiten Begriff »Onlineberatung« eigentlich geht, welche Formen man unterscheiden kann und vor allem welche Ergebnisse Evaluationen und andere Studien zur Wirkung von Onlineberatung ergeben haben. Ihr differenzierender Blick zeigt, dass die spezifischen Eigenarten computervermittelter Kommunikation möglichst optimal in das jeweilige Onlineberatungssetting eingebunden werden sollten. Das gilt für asynchrone, textbasierte Kommunikation ebenso wie für die aktuell, unter Pandemiebedingungen dominierenden Praxen mit synchroner, videobasierter Onlinekommunikation.

»Reden ist Silber, schreiben ist Gold: Wie Supervision textbasiert und zeitversetzt gelingt« illustriert und analysiert der Beitrag von Brigitte Koch auf Basis ihrer langjährigen Online-Supervisions- und -Coachingpraxis. Von dem dominanten Modell regelmäßiger Termine vor Ort und dazwischenliegendem Alltag unterscheidet diese sich bemerkenswert und wird zugleich Bestandteil dieses Alltags, mit wesentlichen Konsequenzen für die professionelle Praxis von Supervisor:innen. Die Autorin erzählt von einem Lern- und Entwicklungsprozess, einem Weg von der Erfahrung zum Lernen aus Erfahrung, der durch Verschriftlichung nachvollziehbar wird. Dieser Prozess hat seine eigene Zeit und seinen ganz eigenen, ungewöhnlich verlangsamten und entschleunigten Rhythmus.

Ihre Erfahrungen aus Online-Supervision und Online-Coaching passen fast nahtlos zur textbasierten, asynchronen Kollegialen Beratung online auf kokom. net; dort stehen außerdem auch Onlineräume für Coaching und Supervision zur Verfügung und ersparen Berater:innen den erheblichen technischen Aufwand, den eine vertrauliche, datensichere Onlineberatung erfordert.

»Synchron oder asynchron? Kollegiale Beratung online.« Wie bewerten Studierende Kollegiale Beratung als Online-Prozess im Rahmen einer Videokonfererenz? Natalie Huttenlocher-Drachsler hat nach einer erstmaligen textbasierten Beratung mit fünf Kolleginnen einen weiteren Fall beraten, diesmal synchron via Zoom. Ihre Erfahrungen und vergleichenden Einschätzungen dieser für alle Beteiligten unvertrauten Fallberatungsprozesse diskutiert sie in einem ZoomMeeting, publiziert sie als überarbeiteten Film im Netz und verschriftlicht sie hier im Buch. Diese Reflexion verdeutlicht, dass Beratung via Zoom nicht identisch mit dem Setting analog vor Ort ist und dass medienspezifische Eigenarten Beachtung und Gestaltung verlangen, wie sie für die gut erforschte textbasierte Onlinekommunikation schon lange selbstverständlich sind.

Was bleibt, wenn eine Kollegiale Beratung abgeschlossen ist, wenn es keine Möglichkeit gibt, diese Beratungsform als regelmäßige berufliche Hygienemaßnahme zu etablieren? Nur ein »Gut, dass wir darüber gesprochen haben«, wie bisweilen von Fachfremden gemutmaßt wird? Beate Kamps »Dokumentation eines Fallberatungsprozesses« gibt Einblick in eine Fallberatung, die sie als Fallgeberin riskierte und von der sie unter Wahrung der Vertraulichkeit berichtet. Der Blick auf diesen Prozess, fünf Jahre später, bestätigt mit ihrer damaligen Einsicht, dass die Lösung in der ratsuchenden Person selbst liegt, ein Beratungsergebnis mit nachhaltiger Wirkung:...

Erscheint lt. Verlag 14.11.2022
Co-Autor Patricia Arnold, Natalie Huttenlocher-Drachsler, Klaus Buhl, Brigitte Koch, Beate Kamp, Martin Schimkus, Stefan Scholer, Kornelia Schlegel, Axel Gloger
Zusatzinfo mit 16 Abb. und einer Tab.
Verlagsort Göttingen
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik Sozialpädagogik
Schlagworte Bildungswesen • Coaching • face-to-face-Kommunikation • Fallberatung • Gesundheitswesen • Kolleg:innen • non-profit • not-for-profit • Online-Beratung • Peer-to-Peer-Konzept • Personalentwicklung • Qualitätsmanagement • Soziale Arbeit • Supervision
ISBN-10 3-647-99385-9 / 3647993859
ISBN-13 978-3-647-99385-0 / 9783647993850
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