# Schule der Zukunft -  Olaf-Axel Burow

# Schule der Zukunft (eBook)

Sieben Handlungsoptionen. Mit E-Book inside
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
215 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-407-63254-8 (ISBN)
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Die # Schule der Zukunft startet jetzt! Der Modernisierungsrückstand unseres Schulsystems wurde nicht nur durch die Corona-Pandemie sichtbar gemacht, sondern zieht sich schon lange durch die Geschichte der Schule und wird der neuen Wirklichkeit nicht mehr gerecht. Einzelne Elemente zu verändern ist nicht erfolgsversprechend, vielmehr muss das Konzept »Schule« neu aufgezogen werden: Wir benötigen nichts weniger als eine Revolution, das heißt einen grundlegenden und nachhaltig strukturellen Wandel von Schule und Bildung, um zukunftsfähig zu sein. Olaf-Axel Burow analysiert in diesem Buch Zukunftstrends von Bildung und Schule und liefert sieben Handlungsoptionen, die Orientierung für die # Schule der Zukunft bieten. Dabei geht es darum, bisher ungenutzte Möglichkeitsräume konkret sichtbar zu machen und zu nutzen. Schule als offener, kreativer Raum mit zeitgemäßen Lehr-/Lernformaten soll Schüler_innen dabei unterstützen, ihre Zukunft eigenständig und selbstbestimmt zu gestalten. Die Chance, daran mitwirken zu können, sollten wir nicht versäumen. Aus dem Inhalt: • Im Epochenbruch - ein kurzer Rückblick in die Zukunft • Sieben Handlungsoptionen für die Schule der Zukunft • Das Ende der Normalität

IIm Epochenbruch – ein persönlicher Rückblick in die Zukunft


Was ist schon in Zeiten rasanten Wandels und wachsender Ungewissheit »normal«? Meine Geburt an einem Donnerstag im Juli des Jahres 1951 – wenn man den Auskünften meiner Mutter glauben darf – war es jedenfalls nicht: Vor einem Publikum angehender Mediziner demonstrierte ein Professor seinen Studiosi, wie eine normabweichende Geburt bewältigt werden konnte: Offenbar lag ich von Beginn an quer.

»Schulen wandeln sich langsamer als Kirchen«


Mein Glück war nur, dass ich bei meinem Schuleintritt auf eine verständnisvolle Grundschullehrerin traf, die meine fortwährende Normabweichung – ich störte permanent den Unterricht, weil er mich langweilte – in der Kopfnote meines Zeugnisses der dritten Klasse nicht mit einem Tadel versah, sondern ganz im Gegenteil verständnisvoll und positiv bewertete: »Olaf ist ein mitteilungsbedürftiges Kind«.

Frau Hülsdell – nicht von ungefähr weiß ich noch ihren Namen – verfügte offenbar über jene Qualitäten, die ich viele Jahre später als Kennzeichen der »Positiven Pädagogik« (Burow 2011/2021) beschreiben sollte, einer Pädagogik, die auf Lernfreude, Wohlbefinden und Spitzenleistung abzielt. Leider sollte sich diese aufgeschlossene Lehrkraft auf meinem weiteren Schulweg als Ausnahme erweisen. »Buele, buele, komm nach vorn, krisch zwoa Tatzen« begrüßte mich Herr Erdmann in breitestem und für mich schwer verständlichem Schwäbisch. Er war der Rektor einer baden-württembergischen Grundschule, an die ich nach dem Bau der Mauer am 13. August 1961 und der sich kurz darauf anschließenden Flucht meiner Eltern aus dem eingemauerten Berlin gewechselt war. Eben noch hatte ich John F. Kennedys mitreißende Rede verfolgen können, die in dem – mit amerikanischem Akzent gesprochenen – Satz »Ick bin een Beliner« gipfelte, jetzt aber hatte es mich als auf seine Geburtsstadt stolzen »Berliner Pimpf« in die Provinz verschlagen, wo ich den rustikalen pädagogischen Bemühungen meines Grundschulrektors ausgeliefert war. Mein Mitteilungsbedürfnis kam hier weniger gut an: Herr Erdmann forderte mich auf, Zeige- und Mittelfinger auszustrecken, woraufhin er zu meiner Verblüffung und meinem Erschrecken vor versammelter Klasse mit einem Rohrstock ausholte und zweimal derb zuschlug. Ich bin mir heute sicher, dass diese frühen Konfrontationen mit extrem unterschiedlichen Lehrer*innenhaltungen mein anhaltendes Interesse an der Entwicklung einer »Positiven Pädagogik« schon im Grundschulalter befeuerte.

Wer jetzt meint, das seien Berichte aus längst vergangener Zeit, der irrt. 1987 wurde körperliche Züchtigung an britischen Schulen verboten und in Nordirland sogar erst 2003 (Focus Online 2011). Und nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts »YouGov« für das Bildungsmagazin »Times Educational Supplement« sprachen sich noch 2014 49 Prozent der befragten Eltern dafür aus, in Fällen besonderer Disziplinlosigkeit Rohrstock oder gar Ohrfeigen einzusetzen. Schulkinder vor die Türe zu schicken oder Strafarbeiten zu verteilen, begrüßte eine Mehrheit.

Ich hoffe, dass diese Einstellung nicht »normal« ist und dass eine entsprechende Umfrage in Deutschland heute ganz anders ausfallen wird. Andererseits belegen Untersuchungen zur Einstellung gegenüber unterschiedlichen pädagogischen Fragen, wie schwierig es ist, einmal eingeführte »Normen«, die tief in den mentalen Modellen von Eltern und auch Lehrenden sowie in der Tradition von Schule verankert sind, zu ändern. So hält zum Beispiel noch immer eine Mehrzahl von Eltern und Lehrkräften das Sitzenbleiben für eine sinnvolle pädagogische Maßnahme, obwohl Untersuchungen längst deren schädliche Folgen belegt haben: Es zerstört den Glauben an sich selbst bzw. Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und führt nur in seltenen Fällen zum erwünschten Erfolg. Ein solches Beharrungsvermögen trotz wissenschaftlicher Erkenntnisse verurteilte der norwegische Schulentwicklungspionier Per Dalin schon in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts, wobei er ein Zitat des Stanford Professors Richard Gross (1991) übersetzte und auf europäische Verhältnisse übertrug: »Schulen wandeln sich langsamer als Kirchen«.

Morgendämmerung


Offenbar hatte es der August, der Monat des Mauerbaus, in sich. Denn nicht nur jener schicksalhafte Sonntag im Jahr 1961 sollte mein Leben prägen – als existenziell entscheidender erwies sich im Nachhinein ein anderer Augusttag: Nur durch eine technische Verzögerung war sechs Jahre vor meiner Geburt Berlin knapp dem Atominferno entgangen. Stattdessen wurde Hiroshima mit einem Höllenfeuer ausgelöscht – wenige Sekunden, nachdem Colonel Paul Tibbets, der Commander der »Enola Gay«, am Montag, den 6. August 1945, den Auslöseknopf gedrückt und damit die erste Atombombe abgeworfen hatte.

Erst im Verlauf der sechziger Jahre wurde mir klar, welches Glück meine Generation erfuhr, die zwar in das »Zeitalter der Extreme« geworfen wurde – so die Charakterisierung des britischen Historikers Eric Hobsbawm (1998) – aber diese Extreme nicht am eigenen Leib erfahren musste. Stattdessen durften wir, aufgewachsen zwischen Trümmern, teilhaben an dem einzigartigen Aufstieg der kapitalistischen Wirtschaftswunderwelt im prosperierenden Nachkriegsdeutschland. Die glitzernde Fassade verhinderte den Durchbruch zur Erkenntnis, dass wir mitten in einem sich stetig zuspitzenden Epochenbruch aufwuchsen, der darin bestand, dass sich die nun allmählich ausbildende »Normalität« schon bald in immer mehr Bereichen als dysfunktional erweisen und sogar die Zukunft des Lebens auf unserem Planeten bedrohen sollte.

Anders als damals verfügen wir heute nicht nur über wissenschaftlich fundierte Prognosen über mögliche Segnungen, aber auch die fatalen Wirkungen unseres für »normal« gehaltenen Wirtschaftswunderlebensstils, sondern es haben sich für letzteres auch beunruhigende Bezeichnungen entwickelt. So fällt mein Geburtsjahr nach heutiger Erkenntnis fast deckungsgleich zusammen mit dem Übergang vom Holozän zum »späten« Anthropozän, dem Zeitalter, von dem an der Mensch zum wichtigsten Einflussfaktor bei der Entwicklung der Biosphäre aufstieg. Paul Crutzen, Nobelpreisträger für Chemie und Entdecker des Ozonlochs, hatte diese Bezeichnung 2002 in einem bahnbrechenden Artikel der Zeitschrift »Nature« unter dem Titel »Geology of Mankind« vorgeschlagen. Dort stellte er seine Forschungsergebnisse zur Bedrohung des Lebens durch die Erhöhung der atmosphärischen Konzentration von Treibhausgasen dar und hatte damit als erster wissenschaftlich begründet, dass der Mensch durch seine Aktivitäten zum stärksten Treiber für die Zerstörung der Erde geworden ist.

Angesichts der sich im Hintergrund zuspitzenden Bedrohungslagen, die – zumindest was die Atomkriegsgefahr, zunehmend aber auch das ökologische Desaster betrifft – durchaus absehbar waren, wäre es schon vor Jahrzehnten an der Zeit gewesen, darüber nachzudenken, wie eine Bildung aussehen könnte, die geeignet wäre, um Heranwachsende angesichts des rasanten Wandels mit den notwendigen Zukunftskompetenzen auszustatten. Als ich 1973 mein Pädagogikstudium an der PH Berlin aufnahm, waren wir zwar nur umrisshaft über Bedrohungslagen und Zukunftsherausforderungen informiert worden, doch war bei vielen Studierenden und Lehrenden angesichts eines sinnentleerten Konsumkapitalismus, fixierter Herrschaftsstrukturen und Rollenmodelle, der unzureichend aufgearbeiteten Nazivergangenheit, des Vietnamkrieges und vielem mehr Gesellschaftskritik angesagt und der Wunsch nach einem anderen Gesellschaftsmodell zu spüren. In einer kurzen Phase des Aufbruchs suchten wir deshalb begeistert nach neuen Konzepten, wurden aber – was nicht nur den Bildungsbereich betrifft – allzu bald desillusioniert, denn Tradition schlug Zukunft.

Wie auch die Nachzeichnung zentraler Stationen meiner Schüler- und Pädagogenbiografie zeigen wird, handelt es sich bei dieser unzureichenden Zukunftsorientierung um ein altes Problem: Es ist tief in der Tradition der öffentlichen Schule verankert.

Obwohl es, beginnend beim Übergang in das 20. Jahrhundert – insbesondere aus reformpädagogischer Perspektive (Flitner 2010) – vielfältige Versuche, Schule neu zu erfinden, gab, wurden die meisten dieser wichtigen Impulse nur selten oder unzureichend in der öffentlichen Schule umgesetzt: Eine Tendenz, die sich auch bei der Nutzung fortgeschrittener Technologien bis heute fortsetzt.

Erinnerungen an die Zukunft


Zwar wusste ich, als ich 1963 auf das humanistische Gymnasium wechselte, nichts von der Vielfalt...

Erscheint lt. Verlag 19.1.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
ISBN-10 3-407-63254-1 / 3407632541
ISBN-13 978-3-407-63254-8 / 9783407632548
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