Wage zu träumen! (eBook)

Mit Zuversicht aus der Krise
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
192 Seiten
Kösel (Verlag)
978-3-641-27750-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wage zu träumen! -  Papst Franziskus
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Mit offenem Herzen die Welt verändern
Für Papst Franziskus gibt es kein Zurück zur Normalität vor der Corona-Pandemie. Sie hat die großen gesellschaftlichen Probleme wie ein Brennglas verdeutlicht: wirtschaftliche Ungleichheit, Existenzängste und Sorgen um die Gesundheit bestimmen unseren Alltag. Franziskus zeigt Auswege auf und schildert mit großer Offenheit, wie ihn selbst drei persönliche Krisen zu einem Besseren verändert haben. Sein Credo lautet: Mit offenem Herzen und Blick für die Armen können wir die Welt verbessern! Eine Offenbarung für alle, die auf der Suche nach dem Sinn des Lebens sind und einen Weg aus der aktuellen Krise gehen wollen.

Papst Franziskus (Jorge Mario Bergoglio SJ), geb. am 17. Dezember 1936 in Buenos Aires, wurde am 13. März 2013 zum 266. Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt. Er ist der erste Jesuit und der erste Lateinamerikaner auf dem Stuhl Petri. Zuvor war er Erzbischof von Buenos Aires (1998-2013). Seine Bücher sind internationale Bestseller, zuletzt »Der Name Gottes ist Barmherzigkeit« (2016), »Vater unser« (2018), »Ich glaube« und »Wage zu träumen« (beide 2020) sowie »Ich wünsche dir ein Lächeln« (2022).

Vorwort

Ich sehe diese Zeit als eine Stunde der Wahrheit. Ich denke daran, was Jesus zu Petrus sagt: der Teufel verlange, dass er ihn »wie Weizen sieben« dürfe (lukas 22,31). In eine Krise zu geraten bedeutet, gesiebt zu werden. Die eigenen Kategorien und Denkweisen werden erschüttert, deine Prioritäten und dein Lebensstil werden herausgefordert. Du überschreitest eine Schwelle, entweder durch deine eigene Entscheidung oder zwangsweise, denn es gibt Krisen wie die, durch die wir gerade gehen, die du nicht vermeiden kannst.

Die Frage ist, ob du diese Krise überstehst und wenn ja, wie. Die Grundregel einer jeden Krise ist, dass du nicht genau so herauskommst, wie du hineingegangen bist. Wenn du sie überstehst, dann gehst du besser oder schlechter aus ihr hervor, aber bleibst nicht derselbe.

Wir erleben eine Zeit der Prüfung. Um solche Prüfungen zu beschreiben, spricht die Bibel davon, »durch ein Feuer zu gehen«, wie in einem Brennofen, der die Arbeit des Töpfers prüft (Sirach 27,5). Es ist so, dass wir alle im Leben geprüft werden. Auf diese Weise wachsen wir.

In den Prüfungen des Lebens offenbarst du dein eigenes Herz: wie stabil es ist, wie barmherzig, wie groß oder wie klein. Normale Zeiten sind wie formale Veranstaltungen: Man muss sich selbst niemals zeigen. Du lächelst, du sagst die richtigen Dinge, und du überstehst das alles unbeschadet, ohne jemals zeigen zu müssen, wer du wirklich bist. Wenn du aber in einer Krise bist, ist es das genaue Gegenteil. Du musst wählen. Und in deiner Wahl zeigst du dein Herz.

Denk daran, was in der Geschichte passiert. Wenn das Herz der Menschen geprüft wird, wird ihnen bewusst, was sie niedergehalten hat. Andererseits spüren sie auch die Anwesenheit des Herrn, der treu ist und der den Schrei Seines Volkes hört. Die darauf folgende Begegnung lässt eine neue Zukunft anbrechen.

Denk daran, was wir während der Covid-19-Krise erlebt haben. Alle diese Märtyrer: Frauen und Männer, die ihr Leben im Dienst an den Bedürftigsten hingegeben haben. Denk an Menschen im Gesundheitsdienst, die Ärztinnen und Ärzte, die Pflegerinnen und Pfleger, oder auch an die Geistlichen und an alle, die andere in ihrem Leiden beigestanden haben. Unter den notwendigen Vorsichtsmaßnahmen versuchten sie, anderen Unterstützung und Trost zu bieten. Sie legten Zeugnis ab für Nähe und Zärtlichkeit. Tragischerweise starben viele von ihnen. Um ihr Zeugnis und das Leiden so vieler zu ehren, müssen wir eine Zukunft aufbauen, indem wir den Wegen folgen, welche sie für uns ausgeleuchtet haben.

Aber – und ich sage das mit Schmerz und Scham – denken wir auch an die Wucherer, die Kredithaie, die an den Türen verzweifelter Menschen aufgetaucht sind. Wenn sie ihre Hände reichen, dann um Kredite anzubieten, die niemals zurückgezahlt werden können, sondern die jene für immer verschulden, welche sie aufnehmen. Solche Kreditgeber spekulieren auf dem Rücken des Leidens anderer.

In Krisen bekommst du beides, Gutes und Schlechtes. Menschen zeigen sich, wie sie wirklich sind. Einige verausgaben sich im Dienst an den Bedürftigen, während andere sich an der Not von Menschen bereichern. Einige brechen auf, um anderen zu begegnen – auf neue und kreative Weisen, ohne ihre Häuser zu verlassen –, während andere sich in ihre Rüstung zurückziehen. Unsere Herzen zeigen sich.

Es sind nicht nur einzelne Menschen, die geprüft werden, sondern auch ganze Völker. Denk an die Regierungen, die während der Pandemie Entscheidungen treffen mussten. Was ist wichtiger, sich um Menschen zu kümmern oder das Finanzsystem am Laufen zu halten? Kümmern wir uns um die Menschen oder opfern wir sie, der Börse zuliebe? Halten wir die Wohlstandsmaschine an, wissend, dass einige Menschen leiden werden, um so Leben zu retten? In einigen Fällen haben Regierungen versucht, vor allem die Wirtschaft zu schützen, vielleicht weil sie das Ausmaß der Krankheit nicht begriffen oder weil ihnen die Mittel fehlten. Diese Regierungen haben ihrer Bevölkerung schwere Hypotheken aufgebürdet. Die Krise hat gezeigt, welche Prioritäten die Regierenden hatten, ihre Werte wurden aufgedeckt.

In einer Krise besteht immer die Versuchung des Rückzugs. Natürlich gibt es immer Zeiten, in denen wir uns aus taktischen Gründen zurückziehen müssen – wie die Schrift sagt: »In deine Zelte, Israel!« (1 Könige 12,16) –, aber es gibt Situationen im Leben, in denen es weder richtig noch menschlich ist, so zu handeln. Jesus verdeutlicht das in seinem berühmten Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Wenn der Levit und der Priester von einem Mann weggehen, der blutend und von den Dieben geschlagen an der Straße liegt, dann machen sie einen »zweckmäßigen« Rückzug. Damit meine ich, dass sie ihren eigenen Platz in der Gesellschaft – ihre Rolle, ihren Status – bewahren wollen, wenn sie in eine Krise geraten, in der sie geprüft werden.

In einer Krise wird unser Funktionalismus erschüttert und wir müssen unsere Rollen und Gewohnheiten verändern, um aus der Krise als bessere Menschen hervorzugehen. Eine Krise verlangt immer, dass unser ganzes Selbst präsent ist. Du kannst dich nicht zurückziehen, dich in alte Wege und Rollen flüchten. Denke an den Samariter: Er hält an, kommt näher, betritt die Welt des verwundeten Mannes, wirft sich selbst in diese Situation hinein, in das Leiden des anderen, und schafft so eine neue Zukunft.

In einer Krise wie der Samariter zu handeln bedeutet, sich von dem, was ich sehe, berühren zu lassen, wissend, dass das Leiden mich verändern wird. Wir Christen nennen das das Kreuz aufnehmen und annehmen. Das Kreuz anzunehmen, in der Zuversicht, dass das Kommende neues Leben sein wird, gibt uns den Mut, das Wehklagen und den Blick zurück aufzugeben. So können wir aufbrechen, anderen dienen und so Veränderung geschehen lassen, die nur durch Mitgefühl und Dienst am Menschen entstehen kann.

Manche reagieren auf Leiden in der Krise mit einem Achselzucken. Sie sagen: »Gott hat die Welt halt so geschaffen, so ist sie nun einmal.« Aber solch eine Antwort sieht Gottes Schöpfung fälschlicherweise als statisch, während sie in Wirklichkeit ein dynamischer Prozess ist. Die Welt wird ständig erschaffen. Paulus sagt im Römerbrief (8,22), dass die Schöpfung seufzt und in Geburtswehen liegt. Gott will die Welt mit uns als Partner fortwährend hervorbringen. Er hat uns von Anfang an eingeladen, uns ihm anzuschließen, in friedlichen Zeiten und in Zeiten der Krise – zu jeder Zeit. Es ist ja nicht so, dass uns die Sache eingepackt und versiegelt übergeben worden wäre: »Hier, das ist die Welt für euch.«

Im Schöpfungsbericht der Genesis befiehlt Gott Adam und Eva, fruchtbar zu sein. Die Menschheit hat den Auftrag, die Schöpfung zu verwandeln, aufzubauen und sich untertan zu machen in dem positiven Sinn, aus ihr und mit ihr zu erschaffen. Was kommen wird, hängt nicht von einem unsichtbaren Mechanismus ab, einer Zukunft, in der die Menschheit ein passiver Beobachter wäre. Nein, wir sind Akteure, wir sind – wenn ich das Wort etwas dehnen darf – Mit-Schöpfer. Als der Herr uns auftrug, hinauszugehen und uns zu mehren, die Erde uns untertan zu machen, sagte er: Seid die Schöpfer eurer Zukunft!

Aus der Krise können wir besser oder schlechter hervorgehen. Wir können rückwärtsgleiten oder wir können etwas Neues schaffen. Was wir jetzt brauchen, ist die Chance, uns zu verändern, Raum für das zu schaffen, was jetzt nottut. Es ist wie bei Gott, der zu Jesaja sagt: Komm, lass uns darüber reden. Wenn du bereit bist, zu hören, dann werden wir eine große Zukunft haben. Aber wenn du dich weigerst, zu hören, dann wirst du durch das Schwert gefressen (Jesaja 1,18–20).

Es gibt so viele Schwerter, die uns zu fressen drohen.

Die Covid-Krise mag besonders erscheinen, weil sie fast die gesamte Menschheit betrifft. Aber sie ist nur insofern etwas Besonderes, als sie sichtbar ist. Es gibt tausend andere Krisen, die genauso schlimm sind, aber weit genug von vielen von uns weg, sodass wir so tun können, als ob es sie gar nicht gäbe. Denk zum Beispiel an die Kriege überall in der Welt, an Waffenherstellung und -handel, an die Hunderttausende von Flüchtlingen, auf der Flucht vor Armut und Klimawandel, denk an den Hunger und die Chancenlosigkeit, an den Klimawandel. Diese Dramen mögen uns fern erscheinen, als Teil der täglichen Nachrichten, die uns leider nicht dazu bewegen können, unsere Ansichten und Prioritäten zu ändern. Aber wie die Covid-Krise betreffen sie die gesamte Menschheit.

Schau nur auf die Zahlen, was eine Nation für Waffen ausgibt, und dir gefriert das Blut in den Adern. Dann vergleiche diese Zahlen mit der UNICEF-Statistik darüber, wie viele Kinder keine Schulbildung haben und hungrig zu Bett gehen müssen, dann merkst du, wer den Preis für den Waffenhandel zahlt. In den ersten vier Monaten diesen Jahres sind 3,7 Millionen Menschen an Hunger gestorben. Und wie viele sind durch Kriege gestorben? Die Ausgaben für Waffen zerstören die Menschheit. Sie sind ein schwerwiegender Coronavirus, aber weil seine Opfer vor uns verborgen sind, sprechen wir nicht darüber.

Vielen ähnlich verborgen ist die Zerstörung der Natur. Wir dachten, dass es uns nicht betrifft, weil es woanders passiert. Aber plötzlich sehen wir es, wir verstehen es: Ein Boot überquert zum ersten Mal den Nordpol und wir erkennen, dass die fernen Überschwemmungen und Waldbrände Teil der einen Krise sind, die uns alle...

Erscheint lt. Verlag 4.12.2020
Sprache deutsch
Original-Titel Let us dream
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Armut • Corona • Covid-19 • Donald Trump • eBooks • Enzyklika • Existenzangst • Fratelli tutti • Fundamentalismus • Geschwisterlichkeit • Globale Krise • Nationalismus • Radikalisierung • Vatikan • Wirtschaftskrise
ISBN-10 3-641-27750-7 / 3641277507
ISBN-13 978-3-641-27750-5 / 9783641277505
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