Zappelphilipp, Trotzkopf & Co. (eBook)

Herausforderndem Verhalten von Kindern begegnen
eBook Download: EPUB
2020 | 3. Auflage
176 Seiten
Vandenhoeck & Ruprecht Unipress (Verlag)
978-3-647-99962-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zappelphilipp, Trotzkopf & Co. -  Brita Schirmer
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In jeder Gruppe gibt es Kinder, die die Fachkräfte durch ihr Verhalten, wie z.B. großen Bewegungsdrang, Aggression oder Abgrenzung von anderen Kindern, stärker herausfordern als andere. Wie kann man sie in den pädagogischen Alltag einbinden und förderliche Rahmenbedingungen für ihre Entwicklung schaffen, ohne dass diese Herausforderung eine Überforderung wird? Von der Darstellung der jeweiligen Verhaltensmuster bei Kindern mit auffällig aggressivem Verhalten, ADHS und Autismus-Spektrum-Störung ausgehend, stellt die Autorin sehr praxisbezogen die nötigen entwicklungsfördernden Rahmenbedingungen dar. Es werden konkrete und leicht umsetzbare Möglichkeiten des Umgangs mit herausforderndem Verhalten aufgezeigt. Dieses Wissen hilft letztlich nicht nur dem Kind. Aktives, konzeptgeleitetes Verhalten reduziert auch die Arbeitsbelastung der Fachkräfte, die sich als erfolgreich und wirkungsvoll in ihrer Arbeit erleben können. Jetzt in 3., überarbeiteter Auflage!

Dr. Brita Schirmer ist ausgebildete Dipl.-Lehrerin an Sonderschulen und war 20 Jahre in der Schule tätig. Seit vielen Jahren arbeitet sie als Fachbuchautorin und Dozentin mit dem Lieblingsthema Autismus. Ihr beruflicher Alltag kennt keine Langeweile: Sie hält Vorträge, führt Fortbildungen und Fallberatungen an ganz unterschiedlichen Einrichtungen im gesamten deutschsprachigen Raum durch oder ist in der Ausbildung von Kinder- und Jugendpsychotherapeuten und Lehrerkräften tätig. Sie hat sieben Bücher geschrieben und viele Artikel. Daneben hat sie eine große Familie und reist leidenschaftlich gern.

Dr. Brita Schirmer ist ausgebildete Dipl.-Lehrerin an Sonderschulen und war 20 Jahre in der Schule tätig. Seit vielen Jahren arbeitet sie als Fachbuchautorin und Dozentin mit dem Lieblingsthema Autismus. Ihr beruflicher Alltag kennt keine Langeweile: Sie hält Vorträge, führt Fortbildungen und Fallberatungen an ganz unterschiedlichen Einrichtungen im gesamten deutschsprachigen Raum durch oder ist in der Ausbildung von Kinder- und Jugendpsychotherapeuten und Lehrerkräften tätig. Sie hat sieben Bücher geschrieben und viele Artikel. Daneben hat sie eine große Familie und reist leidenschaftlich gern.

Trotzkopf: Kinder mit aggressivem Verhalten

1. Was kann ich beobachten?

Das Kind wird schnell wütend

Einige Kinder werden bei den geringsten Anlässen sehr wütend. Sie attackieren dann unkontrolliert andere Kinder und Erwachsene oder zerstören Gegenstände. Manchmal werfen sie sich auf den Boden, schreien laut oder sie beschimpfen Kinder und Erzieherinnen.

In diesem Zustand kann man diese Kinder oft nicht ansprechen und auch nicht anfassen. Diese Situationen können ausgelöst werden, wenn die Erzieherin sie zu etwas auffordert (»Setz dich an den Tisch, wir wollen essen!«) oder ihnen etwas gefällt, was andere Kinder gerade benutzen, und sie es haben wollen, ihnen das jedoch versagt wird. Diese Zustände können auch entstehen, wenn eine angenehme Situation unterbrochen wird, weil die Eltern das Kind beispielsweise abholen wollen.

Scheinbar grundlose Angriffe

Andere Kinder scheinen ohne Grund und ohne eigene starke Emotionen andere Kinder anzugreifen und zu ärgern. Sie zerstören deren Bauwerke, schubsen sie auf dem Spielplatz oder erkämpfen sich beispielsweise rücksichtslos den Platz auf der Schaukel.

Belastungen der anderen Kinder und Erzieherinnen

Wer Aggressionen ausgesetzt ist, leidet unter Stress. Das gilt auch, wenn die Aggression von einem Kleinkind ausgeht. Viele Erzieherinnen sind auf den Umgang mit schwierigen Kindern und aggressivem Verhalten durch ihre Ausbildung nicht ausreichend vorbereitet. Sie erleben sich als wenig kompetent in ihrer Arbeit, immer wieder entgleitet ihnen das Kind oder die Situation. Andere fühlen sich auf diese Herausforderung vorbereitet, leiden aber langfristig unter dem hohen Stress, dem sie ausgesetzt sind.

Kinder mit auffälligem Verhalten, die sich nur schwer in die Gruppe integrieren lassen und diese stören, erfordern mehr Aufmerksamkeit als die anderen Kinder. Sie ziehen damit Aufmerksamkeit und Energien von den Erzieherinnen ab, die der Leitung und Kontrolle der ganzen Gruppe dienen sollte.

Auch die Kinder werden durch das abweichende Verhalten einiger Gruppenmitglieder belastet. Einzelne Kinder fürchten sich vor Kindern, die aggressivsind. Sie suchen räumliche und folglich auch emotionale Distanz zu ihnen und akzeptieren sie nicht als Partner.

Folgen für die Kinder selbst

Kinder im Kindergarten sind in einer sozialen Gemeinschaft. Es ist notwendig, dass sie die Regeln erlernen und einhalten, die hier gelten oder gesetzt werden.

Mit Regeln sind nicht nur die von den Erwachsenen aufgestellten gemeint, sondern auch die, die die Kinder für ihr Verhalten untereinander etablieren. Kinder müssen die Regeln also erst einmal kennen und dann auch einhalten, um nicht aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden.

Häufiges Übertreten von Regeln hat für die aggressiven Kinder selbst oft negative Folgen: Selbstgefährdungen, Erschwerungen des Lernens und der Entwicklung sowie langfristig soziale Isolation können aus diesem Verhalten resultieren. Die aggressiven Kinder werden nicht als Spielpartner gewählt, andere Kinder wollen sie beispielsweise nicht an der Hand halten, wenn die Kindergruppe einen Spaziergang unternimmt und sie werden nicht zu Kindergeburtstagen eingeladen.

Meist werden sie nur von den Kindern akzeptiert, die ähnliche Verhaltensmuster zeigen. Zu denen fühlen sie sich hingezogen, denn deren Verhaltensmodelle bestätigen sie in dem, was sie selbst tun und die fürchten sich nicht vor ihren Aggressionen.

2. Was muss ich wissen?

»Nichts errät ein Mensch so schnell wie die innere Unsicherheit eines anderen und fällt darüber her wie eine Katze über einen krabbelnden Käfer« (Musil 1970, S. 1352).

Oft ist es nicht nur das aggressive Verhalten eines Kindes, das für Erzieherinnen allein mit größten Anstrengungen oder gar nicht auszuhalten ist. Besonders schwierig wird es, wenn sie die Ursache für die Aggressionen nicht erkennen und verstehen können. Das führt nicht selten zu einer großen Unsicherheit. Diese Unsicherheit der Erzieherin macht auch das Kind unsicher und zeigt sich oft in seinem Verhalten.

Die Einstellung der Bezugspersonen zu den Kindern ändert sich grundlegend, wenn sie eine Ursache für ungewöhnliches Verhalten kennen (Delacato 1985, S. 107). Je plausibler die Erklärungen für das Verhalten eines Menschen sind und je sinnhafter sie dem Außenstehenden erscheinen, umso weniger wird er sich von dem konkreten Verhalten gestört und verunsichert fühlen.

Es wird außerdem leichter, aggressives Verhalten zu ertragen, wenn man grundsätzlich davon ausgeht, dass das Verhalten in einem ursächlichen Zusammenhang zu verstehen ist. Man weiß dann, dass man es beeinflussen kann. Wenn man Wege findet, zu agieren, statt auf ein Verhalten immer nur zu reagieren, gibt dies Sicherheit im Umgang mit dem entsprechenden Kind. Die Sicherheit reduziert die Angst und den Stress. Das kann dem aggressiv handelnden Kind ebenfalls mehr Sicherheit und Orientierung geben. Manchmal hilft allein das schon. Dies kann man gelegentlich beobachten, wenn das Kind sich bei einer noch unsicheren Berufsanfängerin viel auffälliger verhält als bei einer erfahrenen Kollegin. Die erfahrene Kollegin ist haltgebend »wie ein Fels in der Brandung«. Das hilft dem Kind, sein Verhalten zu steuern.

Was sind Aggressionen?

Paul schlägt Celine und macht dabei ein wütendes Gesicht. Das kleine Mädchen hatte sein Lego-Haus umgeworfen. »Ich beobachte dieses aggressive Verhalten mit Sorgen«, sagt die Mutter. Der Vater winkt ab: »Er ist eben ein richtiger Junge!«

Wer von beiden hat recht? Ist Pauls Verhalten eine Aggression oder ein ganz normales Verhalten oder gar beides?

Bereits mit der Verhaltenseinschätzung beginnen die Probleme. Nicht immer sind sich alle Menschen in der Bewertung des Verhaltens eines Kindes einig. Es ist nicht einfach, zu entscheiden, was Aggressionen sind und was nicht.

Das hat damit zu tun, dass es kein aggressives Verhalten an sich gibt, sondern es erst durch die Bewertung als solches verstanden wird. Vielfach, aber eben nicht immer, sind sich alle Beobachter einig.

Der Begriff der Aggression ist also ein Konstrukt, das auf der Interpretation von Verhalten beruht. Urteile über die Angemessenheit des Verhaltens, aber auch über die Absichten des Handelnden spielen dabei eine Rolle. So wird jemand, der auf einen Konflikt reagiert, als weniger aggressiv wahrgenommen als jemand, der einen Konflikt beginnt.

Auch in der Literatur findet man zur Klärung der Frage wenig Hilfe, denn teilweise wird die Aggression in der Literatur nicht deutlich von anderen auffälligen Verhaltensweisen abgegrenzt (Essau, Conradt 2004).

Der Begriff Aggression stammt vom lateinischen Verb aggredere (= hinzutreten, herantreten, hinzukommen) und bedeutet später kriegerischer Angriff. Das Adjektiv aggressiv wurde im 19. Jahrhundert gebildet und hat die Bedeutung von angriffslustig, herausfordernd (Drosdowski, Grebe, Köster et al. 1963, S. 14). Gegenwärtig fasst man unter der Bezeichnung Aggression unterschiedlichste Verhaltensweisen zusammen. Dabei gibt es zwei Standpunkte:

1.Der erste geht von dem lateinischen Verb aggredere aus und definiert die Aggression unter dem Aspekt der gerichteten Aktivität. Die ist nicht unbedingt negativ oder zerstörerisch. Hier wird Aggressivität als eine Aktivität verstanden, die auch alle positiven, das Leben gestaltenden Aktivitäten beinhaltet (Steiner 1985, S. 8 f.) Der Begriff der Aggression ist damit aber auch beliebig ausdehnbar. Für die Arbeit mit Kindern mit herausforderndem Verhalten ist er wenig hilfreich.

2.Vertreter des zweiten Standpunktes hingegen verbinden den Begriff der Aggression in einem viel engeren Sinne mit der Schädigung einer Person oder eines Gegenstandes. Auch bei den Vertretern dieses Standpunktes gibt es wieder zwei verschiedene Auffassungen.

•Nach der ersten fasst man solche Verhaltensweisen als aggressiv auf, die von einer Absicht zur Schädigung geleitet sind.

•Der zweiten Auffassung folgend nennt man das Verhalten eine Aggression, das faktisch einen Organismus schädigt, unabhängig, ob dies nun beabsichtigt war oder nicht (Werbik 1971, S. 233).

Doch wie will man die Absicht eines Kindes sicher feststellen? Außerdem: Indem man dem Kind eine Intention seines Verhaltens unterstellt, geht man zugleich davon aus, dass es Alternativen, Kontrollmöglichkeiten und ggf. die Möglichkeit der Unterlassung seines Handelns hat und deshalb auch zwangsläufig für sein Verhalten verantwortlich ist. Bei Kindern muss dies jedoch keinesfalls zutreffen.

In diesem Buch wird deshalb der zweiten Auffassung gefolgt und es werden im Weiteren unter dem Begriff der Aggression alle Handlungen zusammengefasst, die als Beleidigung, Bedrohung, Herabsetzung oder Demütigung eines oder mehrerer anderer Menschen bzw. die Beschädigung, Verletzung oder Zerstörung von Lebewesen oder Gegenständen interpretiert werden, unabhängig davon, ob dies vom Kind beabsichtigt war oder nicht.

Normale Aggressionen?

Aggressiv zu sein ist ein Gefühl, das den meisten Menschen bekannt sein dürfte. Wie man sich aber dann verhält, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Aggressionen sind nur eine Möglichkeit.

Ein Verhaltensforscher konnte nachweisen, dass Kinder, ohne zuvor entsprechend angewiesen worden zu sein, von selbst Aggressionen benutzen, um ihren sozialen Handlungsspielraum auszutesten (Eibl-Eibesfeldt 2000, S. 212). Man findet Aggressionen...

Erscheint lt. Verlag 17.2.2020
Zusatzinfo Mit 4 Abb.
Verlagsort Göttingen
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik Vorschulpädagogik
Schlagworte Autismus-Spektrum-Störung • Trotzphase • Verhaltensauffälligkeiten
ISBN-10 3-647-99962-8 / 3647999628
ISBN-13 978-3-647-99962-3 / 9783647999623
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