Mutig, nicht perfekt (eBook)

Warum Jungen scheitern dürfen und Mädchen alles richtig machen müssen
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
222 Seiten
DuMont Buchverlag
978-3-8321-7051-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mutig, nicht perfekt -  Reshma Saujani
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Der Druck, perfekt zu sein, ist der Feind von Mädchen weltweit! Reshma Saujani kandidierte 2010 für einen Platz im US-Kongress. Schon lange hatte sie sich gewünscht, ein politisches Amt zu bekleiden, jedoch nie den Mut aufgebracht, sich zur Wahl zu stellen. Dann wagte sie den Schritt und scheiterte. Ihre Kandidatur endete in einer grandiosen Niederlage - und mit einer kathartischen Erfahrung: Egal wie peinlich und unangenehm ihr Scheitern war, das Leben ging weiter. Seit ihrer Kindheit hatte sie nichts anderes getan als Risiken zu vermeiden. Nun wurde ihr klar, wie sehr die Angst sie eingeschränkt hatte und wie typisch ihre Vermeidungstaktik für Frauen war. Deshalb möchte sie mit diesem Buch allen Frauen Mut machen, die Angst vor dem Scheitern zu überwinden. »Ich liebe dieses Buch! Eine zeitgemäße Botschaft für Mädchen und Frauen jeden Alters: Perfektion ist nicht nur unmöglich, sondern, schlimmer noch, heimtückisch.« ANGELA DUCKWORTH, AUTORIN UND PROFESSORIN FÜR PSYCHOLOGIE

Reshma Saujani ist Gründerin und CEO von Girls Who Code, einer gemeinnützigen Organisation, die daran arbeitet, die Gendergap im Bereich des Programmierens zu schließen. Saujani war die erste indisch-amerikanische Frau, die für den U.S. Kongress kandidierte. Sie ist die Autorin des New York Times Bestsellers >Girls Who Code<. Auch ihr Buch >Mutig, nicht perfekt<, zu dessen Thema sie einen TED-Talk hielt, wurde in den USA zum Bestseller. Reshma Saujani lebt mit ihrer Familie in New York.

Einleitung


Das Undenkbare wagen


Im Jahr 2010 tat ich etwas eigentlich Undenkbares. Im Alter von dreiunddreißig Jahren kandidierte ich für den US-amerikanischen Kongress, ohne je vorher ein gewähltes Amt innegehabt zu haben. Obwohl ich schon mit dreizehn davon geträumt hatte, in die Politik zu gehen und echte Veränderungen zu erreichen, hatte ich mich bis dahin immer von Politik ferngehalten. Ich hatte einen äußerst anstrengenden Job in einer großen Investmentfirma, hoch dotiert und sehr prestigeträchtig, den ich verabscheute und nur deshalb nicht kündigte, weil ich glaubte, bestimmten Erwartungen entsprechen zu müssen. Abends und wann immer ich am Wochenende Zeit fand, arbeitete ich als Fundraiser und Organisatorin; das war sinnvoll, und ich konnte etwas damit bewegen, aber tief in meinem Herzen wollte ich mehr Einfluss nehmen können und Größeres erreichen. In meinem Job wurde ich von Tag zu Tag unglücklicher und verzweifelter, und irgendwann war mir klar, dass sich sofort etwas ändern musste.

In den politischen Kreisen New Yorks munkelte man, dass die amtierende Kongressabgeordnete nach achtzehn Jahren ihr Amt niederlegen und für den Senat kandidieren würde. Das war meine Chance. Ich traf mich mit ein paar einflussreichen Leuten, fragte sie nach ihrer Meinung, und sie alle ermunterten mich begeistert, es zu versuchen. Ich wusste, wie man Gelder beschafft, ich hatte ein gutes politisches Konzept, und mein biografischer Hintergrund war interessant. Zwar hatte ich keine eigene Erfahrung mit politischen Ämtern, aber alles andere war da. Zum ersten Mal seit ewiger Zeit brannte ich wieder für etwas. Endlich war es so weit, ich lebte meinen Traum, ich war nicht mehr aufzuhalten.

Und dann beschloss die Kongressabgeordnete, ihren Sitz doch nicht aufzugeben, was bedeutete, dass ich gegen sie kandidieren musste, wenn ich das Amt wollte. Und all die Menschen, die mich vorher unterstützt und ermuntert hatten, erklärten nun, mein Vorhaben sei zum Scheitern verurteilt. Die Gegenkandidatin war eine gestandene Politikerin mit Einfluss und Macht, und nach Ansicht der Leute hatte ich nicht die geringste Chance gegen sie. Ich verlor nicht nur die Unterstützung der weiblichen Parteielite – mehr noch, man teilte mir unverblümt mit, ich sei nicht an der Reihe und solle mich wieder zurückziehen.

Aber zu diesem Zeitpunkt war ich bereits viel zu sehr involviert, um aufzugeben. Das Amt schien mir zum Greifen nah. Ich wollte es viel zu sehr, um einen Rückzieher zu machen. Sie können mir glauben, immer wieder dachte ich: Ich bin doch wahnsinnig. Und dennoch blieb ich dran. Ich wusste einfach, ich würde es für den Rest meines Lebens bereuen, wenn ich diese Chance nicht ergriffe.

Überraschenderweise – und außer mir waren noch eine Menge anderer Leute erstaunt – bekam mein Wahlkampf viel Aufmerksamkeit. Ich war eine junge Aufsteigerin mit südasiatischen Wurzeln, ohne Erfahrung mit öffentlichen Ämtern, aber die Menschen hörten mir zu, und die Wahlkampfspenden flossen. Selbst der New York Observer und die Daily News waren mir wohlgesonnen. Aus zaghafter Hoffnung wurde Siegesgewissheit, nachdem auf den Titelseiten dieser überregionalen Tageszeitungen über mich berichtet worden war und der Nachrichtensender CNBC meinen Wahlkampf zum spannendsten des Landes erklärt hatte.

Aber als es ernst wurde, zeigte sich, dass die Wähler*innen an meiner fehlenden Erfahrung doch mehr Anstoß nahmen als erwartet. Ich verlor nicht nur, sondern ich wurde vernichtend geschlagen, mit 19 Prozent der Stimmen gegenüber den 81 Prozent meiner Gegenkandidatin.

Bemerkenswert an dieser Geschichte ist nicht, dass ich für den Kongress kandidierte. Oder wie vernichtend und spektakulär ich schließlich verlor, nicht einmal wie ich mich nach dieser öffentlichen und demütigenden Niederlage wieder aufrappelte. Was diese Geschichte erzählenswert macht, ist die Tatsache, dass ich im Alter von dreiunddreißig Jahren mit meiner Kandidatur für ein öffentliches Amt tatsächlich zum ersten Mal in meinem ganzen Erwachsenenleben etwas wirklich Mutiges getan hatte.

Wer meinen Werdegang bis zu diesem Zeitpunkt anschaute – Yale Law School, danach eine Reihe prestigeträchtiger Jobs in großen Unternehmen –, hielt mich wahrscheinlich für eine unerschrockene Karrierefrau. Aber Karriere zu machen bedeutet nicht notwendigerweise, dass man auch unerschrocken ist. Mich trieb der Wunsch nach einem perfekten Lebenslauf auf die Yale Law School (trotz sage und schreibe dreier Ablehnungen), nicht etwa mein Mut. Es waren weder eine echte Leidenschaft für Jura oder für das Big Business, was mich motiviert hatte, einen Job bei einer der erfolgreichsten Anwaltskanzleien und später in einer der führenden Firmen für Vermögensverwaltung anzustreben. Ich tat es meinem einst aus Indien eingewanderten Vater zuliebe, um die Träume, die er für mich hatte, zu erfüllen. Schon als kleines Mädchen wollte ich immer die Beste sein. Was ich auch tat, es ging mir immer darum, klug und kompetent zu wirken und auf diese Weise Jobs zu bekommen, die mich ebenfalls klug und kompetent erscheinen ließen. Jedes Mal entschied ich mich wieder für einen weiteren Schritt in Richtung »perfektes Ich«, weil ich glaubte, auf diese Weise auch mein Leben zu perfektionieren.

Vielleicht sieht es von außen betrachtet anders aus, aber bis dahin war keine meiner Lebensentscheidungen wirklich mutig gewesen, und zwar deshalb, weil nie wirklich etwas auf dem Spiel gestanden hatte.

Doch jetzt verließ ich zum ersten Mal in meinem Leben den vorgezeichneten Weg, um etwas zu tun, was mir persönlich wirklich wichtig war. Zum allerersten Mal hatte ich ein Ziel vor Augen, von dem ich nicht 100 Prozent sicher war, dass ich es erreichen würde. Die Gefahr bestand, dass ich, falls ich scheiterte, weit mehr verlieren würde als nur eine Wahl. Mein Ansehen, mein Ruf standen auf dem Spiel – und mein Selbstvertrauen. Das hier könnte mir einen richtigen Schlag versetzen. Würde ich mich davon je wieder erholen?

Nicht nur ich habe mein Erwachsenenleben damit verbracht, mich nur um solche Aufträge zu bemühen oder solche Positionen anzustreben, von denen ich wusste, dass ich sie problemlos meistern würde. Die meisten Frauen stellen sich nur Aufgaben, von denen sie sicher wissen, dass sie sie bewältigen werden, und wagen sich nur selten ins Ungewisse. Das höre ich wieder und wieder von Frauen, denen ich auf meinen Reisen durchs Land begegne, egal welcher ethnischen Gruppe sie angehören, wie alt sie sind oder welchen finanziellen Hintergrund sie haben. Da war die vierundzwanzigjährige Hundebetreuerin, mit der ich bei Starbucks ins Gespräch kam, die eine großartige Idee hatte, um ihren Service völlig umzukrempeln. Doch sie ließ es bleiben, weil sie sich nicht vorstellen konnte, das hinzukriegen, sie habe »es nicht so mit Zahlen«. Oder die achtundfünfzigjährige Zeitungsredakteurin, neben der ich bei einer Benefizveranstaltung saß, die mir erzählte, dass sie völlig ausgebrannt und unglücklich sei, aber ihren Job nicht aufgeben wolle, obwohl sie es sich finanziell erlauben könne. Warum nicht? Sie zuckte mit den Achseln: »Weil es das ist, worin ich gut bin.« Das gleiche Verhaltensmuster beobachte ich auch als Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation Girls Who Code (GWC; dt.: Mädchen, die programmieren) bei unseren jungen weiblichen Angestellten, die sich nicht für Projekte in Bereichen melden, in denen sie noch keine Erfahrungen gesammelt haben, während die Männer, ohne zu zögern, unbekanntes Terrain betreten und sich keinen Deut darum scheren, dass sie versagen oder sich lächerlich machen könnten.

Es gibt einen Grund, dass wir Frauen uns so fühlen und uns so verhalten. Und er hat nichts mit Biologie zu tun, sondern ausschließlich mit unserer Konditionierung. Mädchen werden von klein auf dazu erzogen, keine Risiken einzugehen. Wir sollen zur Freude unserer Eltern und Lehrer nach Bestnoten streben. Am Klettergerüst sollen wir uns nicht zu hoch hinaufwagen, weil wir sonst fallen und uns wehtun könnten. Wir sollen still sitzen und artig sein, hübsch aussehen, liebenswürdig und beliebt sein. Es ist durchaus gut gemeint, wenn Eltern und Lehrer*innen unsere Interessen so lenken, dass wir glänzen können, und wenn sie uns von Aktivitäten fernhalten, die uns nicht so liegen. Sie wollen uns Enttäuschungen und mittelmäßige Noten ersparen. Meist geschieht das in bester Absicht. Niemand will, dass sich die eigene Tochter verletzt, dass sie enttäuscht wird oder entmutigt. Eine Luftpolsterfolie aus Liebe und Fürsorge umschließt uns wie ein Kokon. Daher merkt auch niemand, dass wir auf diese Weise nicht lernen, Risiken einzugehen und später im Leben unsere Träume zu verfolgen.

Jungen dagegen bekommen etwas ganz anderes beigebracht. Sie sollen Dinge erforschen, richtig rangehen, hoch schaukeln und sich an der Kletterwand bis ganz nach oben trauen – und sie dürfen ruhig auch einmal herunterfallen. Sie werden dazu ermutigt, Neues zu wagen, Geräte und Werkzeuge auszuprobieren und nach einer Niederlage einfach wieder aufzustehen und weiterzumachen. Von klein auf lernen Jungen, Risiken einzugehen. Untersuchungen belegen, dass ihnen mehr Freiheit gelassen wird, um Dinge auszuprobieren, und dass sie – mit deutlich weniger Vorgaben und Hilfestellung durch die Eltern – zu riskanteren körperlichen Aktivitäten ermuntert werden. Wenn Jungen dann im Teenageralter jemanden um ein Date bitten oder als junge Erwachsene über eine Gehaltserhöhung verhandeln, sind sie bereits regelrecht darin geübt, ein Risiko nach dem anderen einzugehen – und meistens durch...

Erscheint lt. Verlag 18.8.2020
Übersetzer Susanne Rudloff
Sprache deutsch
Original-Titel ›Brave, not perfect. Fear Less, Fail More and Live Bolder‹
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Persönlichkeitsstörungen
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Beruflicher Aufstieg • berufstätige Frauen • Bewerbung • Codieren • Durchsetzungsvermögen • Emanzipation • erlerntes Verhalten • Erwartungen • Erwartungsdruck • falsche bescheidenheit • Feminismus • Frauenforschung • Frauen im Beruf • Frauen in Führungspositionen • Frauen und Wirtschaft • Gender • Gendergap • girls who code • Hochstapler-Syndrom • imposter-syndrom • internationaler Weltfrauentag • IT-Branche • Jobeinstieg • Karrierefrauen • Karriereratgeber • Karrieretipps für Frauen • Kindheit • mädchen fördern • marshall plan for moms • Migrationshintergrund • Mut • mutige Frauen • Perkfetionismus überwinden • Persönliches Wachstum • Politik • Programmieren • Risikobereitschaft • scheitern lernen • Selbstbewusstsein • Selbstvertrauen • Selbstzweifel • souvärenes auftreten • Sozialer Aufstieg • Sozialisierung • Starke Frauen • unterschiede in der erziehung • USA • Versagensängste • Weltfrauentag • Wirtschaft
ISBN-10 3-8321-7051-0 / 3832170510
ISBN-13 978-3-8321-7051-6 / 9783832170516
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