Die Welt ist noch zu retten (eBook)

Konsum reduzieren, Lebensqualität gewinnen, die Klimabilanz verbessern - Für unsere Kinder: Sinneswandel statt Klimawandel
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
224 Seiten
Ludwig (Verlag)
978-3-641-26420-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Welt ist noch zu retten -  Carina Wohlleben
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Gemeinsam sind wir stark, so Carina Wohllebens Credo. Voller Optimismus und ohne zu belehren, zeigt sie Wege auf, wie wir die Liebe zur Natur wiederentdecken und den Kampf gegen den Klimawandel aufnehmen können. Dabei spricht sie sowohl globale Themen an wie Fleischproduktion und Tierhaltung, industriellen Ackerbau und Forstwirtschaft, die wachsende Weltbevölkerung und den schwelenden Konflikt zwischen Alt und Jung, erzählt aber auch sehr persönlich von ihrem Leben und dem stetigen Drahtseilakt, Umweltschutz und Alltag zu vereinbaren. Die Erkenntnis, dass man allein durch den Verzicht auf tierische Produkte seinen ökologischen Fußabdruck um 25 Prozent reduzieren kann, hat Carina Wohlleben veranlasst, sich vegan zu ernähren. Anhand vieler konkreter Beispiele führt sie vor Augen, weshalb es lohnt, sich für eine lebenswerte Zukunft zu engagieren, und dass wir gute Chancen haben, die Welt Stück für Stück zum Positiven zu verändern. Überzeugend, zuversichtlich, motivierend!

Carina Wohlleben, geboren 1991 in Adenau (Eifel), studierte Geografie sowie Naturschutz und Landschaftsökologie in Bonn und ist seit 2017 Teilhaberin der von ihrem Vater gegründeten Waldakademie. Im Jahr 2021 schloss sie eine Weiterbildung zur veganen Ernährungsberaterin ab und bietet seither neben Ernährungsberatungen auch vegane Kochkurse und Onlinekurse an. Ihre Erfahrungen und Rezepte teilt sie mit einer wachsenden Zahl an Followern auf Instagram (@vegan.wohl.leben), zudem ist sie Mitgründerin der veganen Onlineplattform Herbivora. Carina Wohlleben lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern im Sauerland.

Mein Weg in die tierfreie Ernährung

Den Großteil meines Lebens habe ich Fleisch, Milchprodukte und Eier konsumiert, so wie es auch momentan noch die meisten Menschen tun. Schätzungen zufolge essen knapp 80 Prozent der Weltbevölkerung Fleisch, wobei diese Zahl mit zunehmendem Wohlstand ärmerer Länder steigen wird.1 Wie die meisten Menschen bin auch ich mit dem Konsum tierischer Produkte aufgewachsen. Es war einfach Teil meiner alltäglichen Ernährung, zu der die Haferflocken mit Milch am Morgen ebenso gehörten wie die Mortadella auf dem Schulbrot, aus der ich mir immer zuerst die Pistazien rausgepult habe. Mir war seit meiner frühen Kindheit klar, was es bedeutet, Fleisch zu essen: Ein Tier muss sterben. Doch trotz des Wissens um diese Konsequenz konnte ich die nur kurz aufflackernden Bilder in meinem Kopf gut verdrängen.

Als ich sechs Wochen alt war, zogen meine Eltern und ich von einer Kleinstadt, in der wir eine kleine Mietwohnung im Souterrain bewohnt hatten, in ein gemütliches Forsthaus. Das Haus liegt in der Eifel, mitten im Grünen, umgeben von Wiesen und Wald. Das, was für meinen zwei Jahre jüngeren Bruder und mich paradiesisch war, war der riesengroße Garten, der das Häuschen umgibt. Wir waren fast täglich draußen. Im Garten stehen viele große Bäume, die zum Klettern einluden, und es ließ sich herrlich Verstecken spielen, besonders an unserem Lieblingsbaum. Die Douglasie hatte bodentiefe, dichte Äste, und so konnten wir bis ganz nach oben in die Krone klettern. Leider wurde sie irgendwann zugunsten des Baus einer Überlandleitung gefällt.

Der Vorgänger meines Vaters hatte auf dem Grundstück eine Weihnachtsbaumkultur angelegt, und die verbliebenen Tannen waren mittlerweile hoch gewachsen. Wiesenfläche gab es kaum, denn auch neben den groß gewordenen Weihnachtsbäumen war alles sehr verwildert. So verbrachten meine Eltern ihre Freizeit meist im Garten und richteten ihn ein wenig her. Ein großer Teil blieb jedoch immer noch verwildert, was nicht auf die Bequemlichkeit, sondern auf die ökologische Einstellung meiner Eltern zurückzuführen war. Vor und hinter dem Haus waren Wildwiesen, die mein Vater nie mähte. Auf ihnen wuchsen die unterschiedlichsten Gräser, Wildkräuter und Blumen und boten ein wahres Paradies für Insekten. Gerade im Sommer war es eine wunderbare Blütenpracht, mit Margeriten und den leuchtend purpurfarbenen Waldweidenröschen. Die lockten so manches Reh auf unser Grundstück, das an ihnen knabbern wollte.

Im Garten war jedoch nicht nur Platz für die Tiere, sondern auch für uns. Meine Eltern hatten einen großen Gemüsegarten angelegt, der von einem hübschen Holzzaun begrenzt wurde. Jeden Zaunpfahl hatte mein Vater eigenhändig mit der Motorsäge angespitzt und danach meiner Mutter noch eine kleine Holzbank gebaut, auf der wir Kinder häufig saßen, während sie ihrer Lieblingsbeschäftigung nachging: stundenlanges, höchst akribisches Unkrautjäten. Im Sommer konnten wir frisches Obst und Gemüse ernten. Die Johannisbeersträucher und Erdbeerpflanzen luden zum Naschen ein, und täglich gab es Salat und frische Zucchini. Bohnen und Kohl mussten geerntet und verarbeitet werden. Die Kartoffeln wurden im Herbst, wenn ihr Grün verwelkt war, ausgemacht, und wir Kinder halfen eifrig mit. Es machte einen Heidenspaß, in der Erde zu wühlen und sich davon überraschen zu lassen, wer wohl die größte Kartoffel hervorholen würde.

Die Kartoffeln wurden ebenso wie die Pastinaken im feuchten Keller des aus den 1930er-Jahren stammenden Hauses eingelagert. Dort hielten sie sich für viele Wochen, und der Vorrat war meist so groß, dass wir nur selten Kartoffeln im Supermarkt kaufen mussten. Um das restliche Gemüse für längere Zeit haltbar zu machen und auch im Winter noch davon zehren zu können, weckte meine Mutter vieles ein. Die Gläser wurden säuberlich beschriftet und ebenso wie die Kartoffeln in unserem Keller gelagert.

War der Winter vorüber und die frühjährliche Aussaat stand an, zeichnete meine Mutter detaillierte Beetpläne, die sie liebevoll mit Buntstiften ausmalte. So konnte man genau sehen, was sie wo und wann gepflanzt hatte. Doch meine Eltern bauten nicht nur Obst und Gemüse an, sondern hielten auch Tiere – und das nicht nur, weil sie so schön anzuschauen waren und man sie streicheln konnte. Nein, nachdem sie in unserem Garten und auf den umliegenden Wiesen ein schönes Leben geführt hatten, wurden sie geschlachtet. Am Schlachttag gingen meine Eltern mit einem Bolzenschussgerät bewaffnet in den Stall oder auf die Wiese. Während die Tiere zum letzten Mal ihre Leibspeise zu fressen bekamen, wurde ihrem Leben ein rasches Ende gesetzt.

Mein Bruder und ich durften nie mit ansehen, wie die Tiere getötet wurden. Erst als sie bereits kopfüber an den Schlachthaken im Türrahmen unseres Schuppens hingen, rief uns unsere Mutter, und wir durften nach draußen kommen. Oft versuchten wir einen Blick durch das kleine Bürofenster meines Vaters hinaus auf das Geschehen zu erhaschen – glücklicherweise immer vergebens. Wenn alles vorbei war, schnappten wir uns unsere Kinderstühlchen und setzten uns vor die geöffnete Schuppentür. Ab diesem Zeitpunkt konnten wir beobachten, wie unser Vater den Tieren das Fell über die Ohren zog und anschließend ihre Innereien herausnahm. Waren sie küchenfertig, nahm unsere Mutter das, was von den Tieren noch übrig geblieben war, mit ins Haus. Dort wusch sie das Fleisch ab, um es anschließend weiterzuverarbeiten. Das Fleisch der Kaninchen packte sie direkt in Gefrierbeutel, die sie mit dem Schlachtdatum und dem Gewicht der Tiere beschriftete, bevor sie in der großen Gefriertruhe in unserem Keller gelagert wurden. In einem Jahr wurde sogar das weiche Fell der niedlichen Tiere verwertet. Mein Vater versuchte sich am Gerben und nähte aus den Kaninchenfellen eine wärmende Mütze. Das Fleisch der Ziegen und Schafe verarbeiteten wir zu Hackfleisch, oder mein Vater stellte daraus selbst geräucherte Würstchen her. Dafür hatte er einen Räucherschrank angeschafft, der in unserem Schuppen stand und während des Räucherns einen herrlichen Duft verströmte.

Ein besonderer Leckerbissen war der Kaninchenbraten meiner Mutter. Zunächst kochte sie das Tier in einer Brühe mit Suppengrün. So hatten wir als Vorspeise immer eine kräftige Kaninchensuppe. Ein Highlight für uns Kinder – wenn ich jetzt darüber nachdenke, klingt es wirklich makaber – waren die Nieren des Kaninchens, die meine Mutter als Suppeneinlage mitkochte. Für jedes Kind gab es eine. Nachdem das Kaninchen in der Suppe gar gekocht war, kam es in den Backofen, wo es richtig schön knusprig wurde. Für meinen Bruder und mich gab es jeweils eine Keule, von der wir das Fleisch abknabbern konnten.

Regelmäßig bekamen wir Kinder Besuch von unseren Schulfreunden oder den Kindern aus dem Dorf. Auch mit ihnen spielten wir oft im Garten, und ganz besonders gerne verbrachten wir Zeit bei unseren Tieren. Entweder hockten wir uns mit etwas Löwenzahn in den großen Kaninchenstall, oder wir gingen zu den Ziegen auf die Weide. Besonders schön war es, wenn die Tiere gerade Junge bekommen hatten, doch irgendwann kam meist eine Frage auf, deren Beantwortung mir unangenehm war: »Was macht ihr denn mit den Kaninchen und Ziegen, wenn sie groß sind?« Wenn ich meinen Freunden, die übrigens alle Fleisch aßen, schließlich erzählte, was den Tieren eines Tages blühte, kam es mir immer vor wie eine Art Beichte, und der Gedanke an ihre möglichen Reaktionen bereitete mir Unbehagen. Dieses Unbehagen hatte ich zu Recht, denn in den meisten Fällen waren die Kinder zutiefst bestürzt – die Kaninchen und Ziegen sind doch so niedlich, wie kann man es nur übers Herz bringen, sie zu schlachten, geschweige denn anschließend zu essen.

Als Kind verstand ich das nicht. Bei den anderen gab es zu Hause doch auch Leberwurstbrote und Bratwürste vom Grill, und mir wurde durch ihre Reaktionen vermittelt, dass meine Familie herzlos sein musste, weil sie Tiere schlachtete. Tiere, die ein wunderschönes Leben hatten und die nie eingepfercht in winzigen Ställen vor sich hin vegetieren mussten. Tiere, die mit ihren Artgenossen in ihren sozialen Strukturen leben durften, die tierärztliche Hilfe bekamen, wenn sie krank wurden, und die keine Qualen leiden mussten, wenn sie geschlachtet wurden.

Inzwischen hat sich meine Einstellung zum Töten von Tieren grundsätzlich verändert, doch lange Zeit machte es mir zumindest bei den Kaninchen nicht das Geringste aus zu wissen, dass sie irgendwann als Braten auf unseren Tellern landen würden. Ich stellte beim Essen den Bezug zum Tier nicht her. Ich machte mir keine Gedanken darüber, dass das, was auf meinem Teller lag, vor ein paar Tagen noch fröhlich über die Weide gesprungen war. Doch das änderte sich irgendwann. Gerade zu den Ziegen baute ich eine sehr enge Beziehung auf. Jeder, der schon einmal Ziegen gehalten hat, weiß, dass sie sehr zahm und anhänglich werden, fast schon wie Hunde.

Unsere Lieblingsziege Schwänli, die uns insgesamt fast 16 Jahre lang begleitet hat, war außergewöhnlich anhänglich. Die Ziegenweide liegt etwa 200 Meter entfernt auf der anderen Straßenseite. Wenn sie von Weitem sah, wie wir uns auf den Weg zu der kleinen Herde machten, rannte sie den Hügel auf der Weide herunter zu ihren Unterständen. Da sie die ranghöchste Ziege war, taten es ihr alle anderen gleich, und ihr Rennen wurde von dem lauten Bimmeln der Glöckchen um ihren Hals begleitet. Sobald wir auf der Weide angekommen und über den Zaun geklettert waren, wurden wir von Schwänli begrüßt, die uns nicht mehr von der Seite wich. Auch duldete sie es nicht, wenn wir mal eine andere...

Erscheint lt. Verlag 19.4.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Cowspiracy Dokumentarfilm • eBooks • Fridays For Future • Greta Thunberg • Klimakrise • Klimaschutz • Klimawandel • leben ohne Plastik • Luisa Neubauer • nachhaltig leben • Natürlich Leben • plastikfrei leben • vegetarisch ernähren • verpackungsfrei leben • Verzicht auf Tierprodukte • Zero Waste
ISBN-10 3-641-26420-0 / 3641264200
ISBN-13 978-3-641-26420-8 / 9783641264208
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