Das soziale Band
Mit Beiträgen u.a. von Ulrich Bröckling, Marcel Hénaff, Frank Hillebrandt, Isabell Lorey, Dirk Quadflieg, Juliane Spitta und Gesa Ziemer.
Vom "sozialen Band" spricht man in Alltags- und Wissenschaftssprache gerne, wenn es darum geht, eine Krise des Sozialen zu diagnostizieren. Was aber ist das soziale Band? Zwischen wem ist es wie geknüpft? Und wann droht es zu reißen? Das Buch arbeitet erstmals systematisch und interdisziplinär diesen sozialtheoretischen Grundbegriff auf.
Mit Beiträgen u.a. von Ulrich Bröckling, Marcel Hénaff, Frank Hillebrandt, Isabell Lorey, Dirk Quadflieg, Juliane Spitta und Gesa Ziemer.
Thomas Bedorf ist Professor am Institut für Philosophie der FernUniversität in Hagen und derzeit Präsident der Deutschen Gesellschaft für phänomenologische Forschung. Steffen Herrmann, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der FernUniversität Hagen.
Inhalt
Vorwort9
Das Gewebe des Sozialen. Geschichte und Gegenwart des sozialen Bandes11
Thomas Bedorf und Steffen Herrmann
I.Webarten
Das soziale Band, das politisches Band: Allianz, Gewalt, Anerkennung51
Marcel Hénaff
Konnektivität und Zusammenhalt. Von den zwei Soziologien des sozialen Bandes72
Lars Gertenbach
Sich geben. Zur Negativität des sozialen Bandes96
Dirk Quadflieg
Agonale Vergemeinschaftung. Normative Grundlagen des Gabentausches nach Marcel Mauss120
Steffen Herrmann
II.Zerreißproben
Wer denkt asozial? Von Aristoteles zu Hobbes143
Frank Ruda
Von den Regimen der Prekarisierung zur Cuidadanía.
Für ein sorgegeleitetes Verständnis des sozialen Bandes164
Isabell Lorey
Would be a good idea. Das soziale Band in Europa zwischen Krise und beredtem Schweigen183
Juliane Spitta
Was ist das soziale Band der Demokratie?
Eine demokratische Kritik der Produktion des prekären Lebens203
Sofia Näsström und Sara Kalm
III.Unauflöslichkeit
Agonistische Demokratietheorien und das "Band der Teilung". Bemerkungen zur Theorie des Bürgerkriegs im Anschluss an Nicole Loraux233
Oliver Marchart
Ökonomische Praxis. Zur überraschenden Verbindlichkeit des Tauschens262
Frank Hillebrandt
Die Unauflöslichkeit des sozialen Bandes293
Thomas Bedorf
Das Band der Affekte. Relationalität in Spinozas immanenter Ontologie der Menge311
Kerstin Andermann
IV. Vollzugswirklichkeiten
Das Paradox des sozialen Bandes. Psychoanalytische Perspektiven335
Michael Schmid
Das Band des Sozialen und der Bann des Anderen.
Grundfiguren des Sozialen bei Émile Durkheim und Judith Butler360
Florian Heßdörfer
Performing urban citizenship. Komplizenschaft als soziale Praxis von Kollektivbildung377
Gesa Ziemer
Andere Bänder. Ein metaphorologischer Kommentar392
Ulrich Bröckling
Autorinnen und Autoren403
Vorwort
Der Begriff des "sozialen Bandes" dient in vielen sozialwissenschaftlichen Disziplinen dazu, eine grundlegende Form der Verbundenheit zwischen Subjekten deutlich zu machen. Dabei ist die Existenz einer solchen sozialen Verbundenheit keine Selbstverständlichkeit, sondern wird als Resultat komplexer historischer Vergemeinschaftungsprozesse verstanden. Mit der Wende zum 21. Jahrhundert scheinen sich dabei traditionelle gesellschaftliche Ressourcen der sozialen Bindung zunehmend erschöpft zu haben. Die dafür angeführten Gründe sind zahlreich: in der flexibilisierten Berufswelt die zunehmende Unsicherheit der sogenannten Erwerbsbiographien; das Wohlstandsgefälle zwischen Arm und Reich bzw. präziser zwischen Arbeitsplatzbesitzenden und Arbeitslosen oder prekär Beschäftigten; in der politischen Arena zurückgehende Verankerung einer demokratischen Kultur, um die Prozesse der politischen Willensbildung mit Leben zu füllen; im Hinblick auf die Kultur die Tatsache, dass alle kulturellen Erzeugnisse aufgrund ihrer Warenförmigkeit einen Sinnverlust erlitten haben und die interkulturelle Integration stets prekär bleibt; oder schließlich im Hinblick auf religiöse Sinnstiftungssysteme die durch die Privatisierung des Glaubens mangelnde Hanlungsorientierung in einer säkularisierten Gesellschaft. Der dadurch ausgelöste Wandlungsprozess wird von vielen gesellschaftlichen Akteuren als ein Verlust an sozialem Zusammenhalt erfahren. Vielfach wird daher die Frage gestellt, ob und wenn ja welche neuen Formen der sozialen Bindung an die Stelle der alten treten können. Ist Gemeinschaftlichkeit in einer (post-)modernen Welt überhaupt noch möglich? Unter welchen Bedingungen lassen sich Pluralität und Solidarität miteinander vereinbaren? Oder ist mit der Globalisierung und der mit ihr einhergehenden Individualisierung die Idee der sozialen Zusammengehörigkeit selbst zum Anachronismus geworden?
Um diese Fragen zu beantworten verfolgt der vorliegende Band drei Zielsetzungen: Das grundlagentheoretische Vorhaben besteht in einer Klärung, Ausdifferenzierung und Systematisierung unterschiedlicher Konzeptionen des sozialen Bandes; das zeitdiagnostische Vorhaben zielt auf eine Untersuchung gegenwärtiger Erosionen von sozialen Bindungen und das explorative Vorhaben auf die Aufdeckung und Sichtbarmachung von alternativen Formen der Sozialintegration. Um diese Ziele zu erreichen, haben wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Bereichen (Philosophie, Soziologie, Politologie, Ethnologie, Kulturwissenschaften) eingeladen. Der Großteil der hier publizierten Beiträge geht dabei auf Vorträge und Diskussionen zurück, die auf einer Tagung im März 2015 an der FernUniversität in Hagen stattgefunden haben. Diese wurden um weitere Beiträge ergänzt.
Die Herausgeber haben für die Verwirklichung ihres Vorhabens nicht nur der FernUniversität für die Förderung der Tagung und der Drucklegung, sondern auch allen Mitarbeitenden am Lehrgebiet Philosophie III zu danken, deren weit überdurchschnittliches Engagement Tagung und Publikation möglich gemacht haben: Dennis Claussen, Christoph Düchting, Selin Gerlek und Christoph Manfred Müller. Ein besonderer Dank gilt Selin Gerlek und Philipp Zimmermann für die Erarbeitung der Übersetzungen sowie Sarah Kissler für ihre Sorgfalt und ihren Scharfblick bei der redaktionellen Fertigstellung des Manuskripts. Den Autorinnen und Autoren dürfen wir schließlich für ihre Bereitschaft zum interdisziplinären Dialog danken.
Thomas Bedorf und Steffen Herrmann
Hagen, im Juni 2016
Das Gewebe des Sozialen. Geschichte und Gegenwart des sozialen Bandes
Thomas Bedorf und Steffen Herrmann
Ein Band soll zusammenhalten, was auseinanderzufallen droht. Das sorgsame Binden kann dabei schnell ins zwanghafte Einschnüren übergehen, woran sich zeigt, dass das, was zusammengebunden werden soll, nicht immer zusammengebunden werden will. Auf eben diese Weise verhält es sic
Erscheinungsdatum | 05.09.2016 |
---|---|
Co-Autor | Kerstin Andermann, Thomas Bedorf, Ulrich Bröckling, Lars Gertenbach, Florian Heßdörfer, Marcel Hénaff, Steffen Herrmann, Frank Hillebrandt, Isabell Lorey, Sofia Näsström, Dirk Quadflieg, Frank Ruda, Michael Schmid, Juliane Spitta |
Verlagsort | Frankfurt |
Sprache | deutsch |
Maße | 140 x 215 mm |
Gewicht | 511 g |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Soziologie ► Allgemeines / Lexika |
Sozialwissenschaften ► Soziologie ► Allgemeine Soziologie | |
Schlagworte | Anerkennung • Integration • Sozialität • Soziologie • Soziologie / Theorie • Zusammenhalt |
ISBN-10 | 3-593-50631-9 / 3593506319 |
ISBN-13 | 978-3-593-50631-9 / 9783593506319 |
Zustand | Neuware |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
aus dem Bereich