Reli für Jungs (eBook)

Didaktische Impulse für einen jungengerechten Religionsunterricht
eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
112 Seiten
Vandenhoeck und Ruprecht (Verlag)
978-3-647-99626-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Reli für Jungs -  Andreas Obenauer
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Reli für Jungs ist schwierig. Diese Überzeugung ist weit verbreitet. Beim Fortbildungen höre ich immer wieder die Frage: Wie kann ich die Jungs packen? Was kann ich tun, damit sich die Jungs mehr für den Religionsunterricht interessieren? Bei Unterrichtsbesuchen beobachte ich in allen Schularten immer wieder Klassen mit engagierten und interessierten Mädchen - und mit Jungen, die sich entweder langweilen oder stören.Das Buch ist aus dieser Praxiserfahrung heraus entstanden. Es zeigt Wege auf, wie der Religionsunterricht für Jungen interessanter werden kann.Dazu beschreibt es zunächst in einem kurzen Durchgang durch die pädagogische Diskussion unterschiedliche Zugänge zum Phänomen 'Jungen und Schule' (Kapitel 2). In einem zweiten kurzen Durchgang stellt es dar, welche Zugänge zum Thema 'Mann sein' in der Theologie aktuell diskutiert werden (Kapitel 3). Beide Durchgänge münden in didaktische Überlegungen zu einem jungengerechten Religionsunterricht, der im Rahmen einer Pädagogik der Vielfalt verortet wird (Kapitel 4).Die anschließenden Praxiskapitel zu jungengerechten Themen (Kapitel 5) und Methoden (Kapitel 6) werden aus den Ergebnissen der vorangehenden Kapitel entwickelt. Sie bilden mit ca. zwei Dritteln des Gesamtumfangs den Schwerpunkt des Buches und enthalten konkrete, direkt umsetzbare Ideen für den Religionsunterricht der Grundschule und der Sekundarstufe I. An einem Unterrichtsbaustein wird exemplarisch konkretisiert, wie Themenfelder und Methoden sich in einer Unterrichtssequenz miteinander verbinden lassen (Kapitel 7: Lernstraße zum Thema 'Typisch Jungs'). Abschließend wird noch einmal die Frage beleuchtet, wie ein Religionsunterricht gestaltet werden kann, der Jungen und Mädchen fördert (Kapitel 8).Das Buch richtet sich an Religionslehrerinnen und Religionslehrer, die gendersensibel unterrichten möchten und Anregungen suchen, wie sie die Jungen in ihren Klassen gezielt fördern und für den Religionsunterricht begeistern können.

Pfarrer Dr. Andreas Obenauer ist Schuldekan in Pforzheim und Referent bei Fortbildungen zu religionspädagogischen Themen.

Pfarrer Dr. Andreas Obenauer ist Schuldekan in Pforzheim und Referent bei Fortbildungen zu religionspädagogischen Themen.

5. Was Jungs interessiert: Themen

Religion wird von Schülern vielfach als »Mädchenfach« angesehen. Und auch bei denen, die Religion unterrichten, gilt es als schwierig, Jungen für die Inhalte des Religionsunterrichts zu begeistern. Das ist insofern höchst erstaunlich, da das Christentum über die Jahrhunderte hinweg sehr stark männlich dominiert war und auch heute noch vielfach ist. Während man für einen mädchengerechten Religionsunterricht lange suchen muss, um passende Identifikationsfiguren in der Bibel und in der Kirchengeschichte zu finden, gibt es für Jungs Vorbilder in Hülle und Fülle! Die Bibel ist voll von Männergestalten, mit denen Jungen sich identifizieren und an denen sie lernen können. Auch die Geschichte der Kirche ist vielfach von Männern geprägt und gestaltet worden und bietet daher zahlreiche Anknüpfungspunkte für Jungen.

Im folgenden Kapitel wird skizziert, welche Themen und Inhalte Jungen den Zugang zum Religionsunterricht erleichtern. Dazu werden zunächst exemplarisch einige Männergestalten aus Bibel und Kirchengeschichte vorgestellt, die sich für religiöse Lernprozesse mit Jungen besonders eignen. Anschließend wird bedacht, wie das Reden von Gott mit Jungen gelingen kann. Dabei wird auch die häufig gestellte Frage diskutiert, ob Jungen andere Bilder von Gott brauchen als Mädchen. Schließlich werden exemplarisch einige weitere Themenfelder benannt, die hilfreich sein können, um Jungen den Zugang zu Fragen des christlichen Glaubens zu erleichtern.

Davor ist jedoch zunächst zu klären, ob und inwiefern es überhaupt spezielle Jungen-Themen im Religionsunterricht braucht.

5.1 Spezielle Jungen-Themen in einem Religionsunterricht der Vielfalt?

Ein Religionsunterricht, der sich der Pädagogik der Vielfalt verpflichtet weiß, hat zum Ziel, Jungen eine Vielfalt an möglichen männlichen Rollenbildern vorzustellen und sie dabei zu unterstützen ihren individuellen Lebensentwurf zu finden und verantwortlich zu leben. Dieselbe Zielsetzung gilt umgekehrt für Mädchen und die Vielfalt an weiblichen Rollenbildern.

Wenn der Religionsunterricht also die Aufgabe hat, Jungen und Mädchen in Auseinandersetzung mit der biblischen Tradition dazu anzuleiten zu einem geklärten und verantwortlichen Verständnis ihrer eigenen Geschlechterrolle zu gelangen, dann ist es unumgänglich die Geschlechterperspektive in die Auswahl der Themen und Inhalte mit einzubringen. Im Blick auf einen jungengerechten Unterricht bedeutet das: Jungen müssen immer wieder die Gelegenheit haben, ihre Geschlechterrolle zu reflektieren und sich mit unterschiedlichen männlichen Rollenbildern probeweise zu identifizieren. So kann der Religionsunterricht einen Beitrag dazu leisten, dass Jungen sich zu Männern entwickeln, die ihre Geschlechterrolle verantwortlich ausfüllen.

Um dies zu erreichen, ist insbesondere eine Auseinandersetzung mit biblischen Männergestalten und mit Männern aus der Geschichte der Kirche hilfreich. Wo es organisatorisch möglich ist, kann es sinnvoll sein, für solche Unterrichtseinheiten Mädchen und Jungen zu trennen, etwa im Rahmen einer ökumenischen Kooperation, sodass Mädchen zeitgleich an biblischen und kirchengeschichtlichen Frauengestalten lernen können. Im Blick auf die gesellschaftlichen Zusammenhänge, in die Jungen und Mädchen hineinwachsen und in denen vorherrschende Rollenverständnisse immer auch Auswirkungen auf das jeweils andere Geschlecht haben, ist es jedoch wichtig, dass Jungen und Mädchen auch immer wieder gemeinsam darüber nachdenken, wie Männer- und Frauenrollen verantwortlich ausgefüllt werden können. Nur so können Jungen und Mädchen angeleitet werden, gemeinsam nach tragfähigen Männer- und Frauenbildern zu suchen, die beiden Geschlechtern Freiheit in der Gestaltung des eigenen Lebensentwurfs und gleichberechtigte Teilhabe an gesellschaftlichen Chancen und Ressourcen ermöglichen.

Ein jungenspezifischer Zugang zu den Themen des Religionsunterrichts ist aber noch aus einem weiteren Grund wichtig. Wenn es stimmt, dass Jungen, die mit klassischen Rollenvorstellungen in den Religionsunterricht kommen, sich mit den Themen des Religionsunterrichts schwer tun und ihn als »Mädchenfach« empfinden, dann ist es wichtig ihnen Zugänge zu den Inhalten des Religionsunterrichts zu ermöglichen, die an klassische männliche Rollenbilder und an klassische Jungen-Stärken anknüpfen – ohne ihnen dauerhaft und exklusiv verhaftet zu bleiben. Dies führt zu einer Erweiterung des Themenspektrums im Religionsunterricht, die sowohl die christliche Tradition als auch die religiöse Landschaft in einer größeren Breite wahrnimmt. Exemplarisch wird dies in den folgenden Abschnitten an einigen Themenfeldern dargestellt.1

5.2 Männergestalten in Bibel und Kirchengeschichte2

Die Beschäftigung mit biblischen Männergestalten ist ein zentraler Inhalt für jungengerechten Religionsunterricht. Hier begegnen Jungen Männern, die Erfahrungen mit Gott machen, die ihr Leben gestalten, Herausforderungen angehen, immer wieder auch scheitern, Beziehungen zu anderen Menschen gestalten und nicht zuletzt mit Schuld und Versagen umgehen müssen. Diese Männer haben Eigenschaften, die heute als typisch männlich gelten, aber auch solche, auf die genau das Gegenteil zutrifft. Aus der Fülle der biblischen Männergestalten seien nur einige wenige kurz in ihrer Bedeutung für Jungen (und Mädchen) heute skizziert:

Die Geschichte von Jakob und seinem Zwillingsbruder Esau (Gen 25–35) ist von Anfang an eine Konkurrenzgeschichte.3 Die Konkurrenz beginnt schon bei der Geburt, mit dem Gerangel der Brüder, bei dem jeder als Erster das Licht der Welt erblicken möchte. Sie setzt sich fort im Streit um das Erstgeburtsrecht, das sich Jakob mit List ergaunert, indem er die Notlage seines Bruders ausnutzt. Sie gipfelt schließlich darin, dass sich Jakob den Segen seines Vaters auf dem Sterbebett erschleicht. Die Rivalität der Brüder korrespondiert mit dem Verhalten der Eltern, die selbst jeweils einen der Söhne bevorzugen: Rebekka Jakob und Isaak Esau.

Jakob versucht sich den Segen mit unlauteren Mitteln zu erschleichen und scheint sich mit dieser Absicht zunächst durchzusetzen. Schnell zeigt sich jedoch, dass sein Verhalten alles andere als Segen mit sich bringt: Esau ist wütend und möchte seinen Bruder umbringen. Jakob muss fliehen, die Familie zerbricht.

Man kann den Fortgang der Geschichte als einen Weg der Reifung lesen, den Jakob durchläuft. Dieser Weg beginnt mit einer Gottesbegegnung an der Himmelsleiter und mit der Segenszusage Gottes. Dann erlebt Jakob selbst am eigenen Leib, wie es ist um sein Recht betrogen zu werden. In der Begegnung mit seinem Schwiegervater Laban kehren sich die Rollen um. Jakob wird zum Opfer von List und Trug. Als es ihm schließlich gelingt sich aus der Umklammerung Labans zu befreien, will er mit seiner Familie und seinem Vermögen zurück nach Hause. Er weiß, dass er sich dann seinem Bruder Esau und damit zugleich seiner Vergangenheit stellen muss. Er tut dies, wohl wissend, dass der Ausgang ungewiss ist und dass er über die Reaktion seines Bruders nicht verfügen kann. In der Nacht vor der Begegnung mit Esau ringt Jakob mit Gott. Er ringt Gott, der ihm als Angreifer begegnet, buchstäblich den Segen ab. Der neue Name den er erhält, ist äußeres Zeichen dafür, dass Jakob ein anderer geworden ist. Verwandelt geht er auf Esau zu, kann auf Machtansprüche verzichten, ist bereit sich unterzuordnen. Die Versöhnung gelingt. Beide, Jakob wie Esau, lassen sich gegenseitig Raum zum Leben.

In Jakob begegnen die Schüler einem Mann, der rücksichtslos seine eigene Vormachtstellung aufbauen und sichern will und dem dazu jedes Mittel recht ist. Sie hören von einer Familienkonstellation, die solche Intrigen befördert, und sie erfahren, welche negativen Folgen Jakobs Dominanzstreben für ihn selbst und für andere hat. Sie begleiten Jakob auf seinem Läuterungsweg, können miterleben, wie der Betrüger zum Betrogenen wird, wie er den Mut fasst sich seiner Vergangenheit zu stellen und wie Gott ihn dafür segnet. Sie erleben schließlich, wie Versöhnung gelingen kann und wie tödliche Konkurrenz sich wandelt in ein geklärtes Miteinander, bei dem jeder Raum zum Leben beanspruchen kann und zugleich auch dem anderen diesen Raum zugesteht.

Die Geschichte von Josef (Gen 37–50) ist eine vielschichtige Familiengeschichte, die sich unmittelbar an die Jakobserzählung anschließt. Auch hier stehen am Anfang Neid und Zwietracht unter Geschwistern: Josef, der zweitjüngste von zwölf Brüdern, ist der Liebling seines Vaters Jakob. Er wird verwöhnt und bekommt vom Vater ein besonders schönes Gewand geschenkt. Erregt schon dies den Neid der Brüder, trägt Josef selbst durch sein Verhalten kräftig dazu bei, seine Geschwister gegen sich aufzubringen: Er erzählt von seinen Träumen, in denen er deutlich als ihr Herrscher dargestellt wird. Die Wut der Brüder führt dazu, dass sie sich bei nächster Gelegenheit Josefs entledigen, wobei die Brüder in ihren Plänen unterschiedlich radikal sind und sich schließlich darauf einigen Josef als Sklaven nach...

Erscheint lt. Verlag 13.8.2014
Zusatzinfo mit umfangreichem digitalen Zusatzmaterial
Verlagsort Göttingen
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Unterrichtsvorbereitung Sekundarstufe I
Sozialwissenschaften Pädagogik
Schlagworte Didaktik • Gender • Methodik • Religionspädagogik • Religionspädagogik/Unterricht • Religionsunterricht • Religionsunterricht/Sek. I • Religionsunterricht /Unterrichtsmaterial
ISBN-10 3-647-99626-2 / 3647996262
ISBN-13 978-3-647-99626-4 / 9783647996264
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