Medienbildung heute: Eine Bestandsaufnahme aus ideologiekritischer Perspektive
Diplomica Verlag
978-3-95850-585-8 (ISBN)
Textprobe:
Kapitel 3.2, Amerikanisierung der Medien: Die Art der Entäußerung des amerikanischen Lebens [...] ließe sich bezeichnen als ein universaler Sieg der Aufklärung im Sinne des gesamteuropäischen Aufklärungsprozesses (ADORNO f: 10).
Geht es um eine alltägliche Medienverdammung und eine Kritik an den Medieninhalten, sowie eine moralische oder vermeintlich intellektuelle Verurteilung von besonders trivial und plump empfundener Fernsehshows, ist oftmals von einer Amerikanisierung der Kultur die Rede. Hinter dieser Feststellung ist in erster Linie keine Kritik, sondern ein in Europa nach wie vor weit verbreitetes antiamerikanisches Ressentiment zu erkennen. Der hauptsächlich negativ konnotierte Begriff der Amerikanisierung bezeichnet die phantasierte amerikanische Kulturlosigkeit und suggeriert einen Prozess der Herrschaft von materieller Rationalität und die Zerstörung des Gemeinschaftssinnes durch globalisierte Massenkultur und Kommerz. Die kulturpessimistische Angst vor Traditionsverlust macht Amerika zum Symbol der Gefahren einer ungebändigten Moderne (vgl. MARKOVITS: 118-154). In der Ideologie des Antiamerikanismus gelten die USA als Metapher für eine unheimliche, unfassbare Bedrohung. Auf den Amerikanismus werden alle Ängste vor Zersetzung, Orientierungsverlust, Selbstentfremdung und Selbstauflösung projiziert, die den modernen Menschen plagen, seit er die vermeintliche Harmonie der Stammes- oder Ständegemeinschaft verlassen hat. Amerika ist das Symbol eines Aufbruchs ins Ungewisse. Es ist eine Projektionsfläche für die Selbstzweifel, von denen die Moderne auf ihrer Reise ohne Wiederkehr immer wieder befallen wird (HERZINGER/STEIN: 23).
Die Projektion der negativen Seiten von Globalisierung und Kapitalismus auf die universalistische Zivilgesellschaft der USA als Sinnbild der Moderne verbinden nicht nur die gegenseitigen politischen Spektren, sondern auch die gesellschaftspolitische Mitte, die mit einer Abgrenzung gegenüber den Vereinigten Staaten eine gesamteuropäische Identität stiften will. Allen voran erweist sich hier der Kommunikationswissenschaftler Jürgen Habermas als Verfechter eines avantgardistischen Kerneuropas .
Wenn von Seiten der europäischen Linken eine gerechte, d.h. etatistische Variante des Kapitalismus gefordert wird, konkretisiert sich dies oftmals in der Negation Amerikas als eines nur am Gewinn des Einzelnen orientierten Gegenmodells zu einer an gewissenhaften Werten der Gemeinschaft orientierten Kultur. Kultur ist wieder das geworden, was es in der Tradition deutscher Zivilisationskritik seit der politischen Romantik lange Zeit gewesen ist: ein Kampfschrei gegen den westlichen Liberalismus (HERZINGER/STEIN: 58).
Nicht Kapital und Äquivalententausch, die den Kern der bürgerlichen Gesellschafts- und Herrschaftsformen ausmachen, werden einer Kritik unterzogen. Es geht einzig darum, das imaginiert feindliche und als Bedrohung der eigenen Gemeinschaft wahrgenommene amerikanische Kapital und alles damit Assoziierte anzugreifen, um die verschiedenen zu bewahrenden Kulturen mit ihren Eigenheiten vor dem amerikanischen Kulturimperialismus zu schützen (vgl. MARKOVITS: 118 ff.). Statt zu sagen, die Ereignisse betreffen das kapitalistische System als Ganzes, konzentriert man sich auf ein paar Banker und Spekulanten, denen bestimmte Eigenschaften wie geldgierig oder können den Hals nicht voll kriegen zugeschrieben werden. Eigenschaften, die auch zum Kern antisemitischen Denkens gehören und die der Debatte, sicher nicht mehrheitlich, aber in einigen Fällen, eine antijüdische Richtung geben könnten. Ich denke, dass momentan die Kritik an den USA dominiert. Allerdings ist der Weg vom Antiamerikanismus zum Antisemitismus oft nicht weit (BERGMANN).
Der Amerikanismus , als Negativfolie für die industrielle und kommerzielle Moderne, suggeriert Schreckensbilder einer aufkommenden Massengesellschaft, die einer Herrschaft menschenfeindlicher Rationalisierung und alle Individualitä
Sprache | deutsch |
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Maße | 155 x 220 mm |
Gewicht | 156 g |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Kommunikation / Medien ► Allgemeines / Lexika |
Sozialwissenschaften ► Kommunikation / Medien ► Medienwissenschaft | |
Schlagworte | Bildungstheorie • Frankfurter Schule • Kritische Theorie • Medienerziehung • Medienkompetenz • Medienkritik |
ISBN-10 | 3-95850-585-6 / 3958505856 |
ISBN-13 | 978-3-95850-585-8 / 9783958505858 |
Zustand | Neuware |
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