P!NK (eBook)
211 Seiten
Hannibal (Verlag)
978-3-85445-337-6 (ISBN)
„Für mich ist das witzig. Die Leute dokumentieren alles, was ich jetzt anstelle, und denken, dass ich eine abgedrehte, verrückte und durchgeknallte … was auch immer bin. Im Vergleich zu früher bin ich aber wirklich zahm.“
Pink war nicht immer Pink, oder genauer gesagt: P!nk, die frühreife, elektrisierende R’n’B-Diva, die sich in eine provozierende, sexuell aggressive, weltweit berühmte Shock-Pop-Rockerin mit unnachgiebiger Haltung verwandelte. Eine Frau, die ihre Wut über dümmliche Girlies und George W. Bushs unrühmliche Kriegstreiberei herausschreit und über Masturbation singt. Ein Star, dessen Gesicht von den Medien stets mit einem mysteriösen, angedeuteten Lächeln gezeigt wird oder deren Lippen sich zum Schreien, Knurren oder zu einem mürrischen Ausdruck verzerren.
Die zweifache Grammy-Gewinnerin, die Millionen Platten verkauft, singt, Songs schreibt (und manchmal auch schauspielert), wurde als Alecia Beth Moore am 8. September 1979 in Doylestown, Pennsylvania, geboren. Ihren Spitznamen bekam sie schon früh, obwohl die Berichte zu seinem Ursprung variieren. Möglicherweise lässt sich der Name auf einen krassen Zwischenfall in ihrer Kindheit zurückführen, bei dem sie sich in einem Ferienlager nackt auszog und dann vor Scham „pink“ anlief. Die Sängerin deutete auch an, dass der Name auf Mr. Pink zurückgeht, einer Figur aus Reservoir Dogs von Quentin Tarantino, einem ihrer Lieblingsfilme. Vielleicht bezieht sich Pink aber auch nur auf die Tönung, mit der sie sich, seitdem sie zehn war, regelmäßig die Haare färbt.
Was auch immer der Wahrheit entsprechen mag – P!nk hat sich durchgesetzt und niemand spricht sie heute noch mit ihrem bürgerlichen Namen an. Wenn dann doch Fremde einmal den Namen fallen lassen, schreckt sie zurück, fast so, als wolle sie nicht mehr an das Mädchen erinnert werden, das sie einmal gewesen ist.
Doylestown, wo die Familie Moore – Pink, ihre Mutter Judy Moore (geborene Kugel), ihr Vater James Moore Jr. und ihr älterer Bruder Jason – lebte, war ein kleines Städtchen, 35 Meilen nördlich von Philadelphia gelegen, das nur knapp 10.000 Einwohner hatte, von denen ein Großteil zur Arbeiterklasse gehörte. Dort besuchte Pink die Kutz Elementary School, die Lenape Middle School und schließlich die Central Bucks West High School. Sie fiel immer auf, stach aus der Menge hervor. Die burschikose Musikerin, die auf Guns N’ Roses stand, erinnert sich daran, dass sie schon von frühester Jugend an provozierte: „[Ich] hatte mein Haar grün gefärbt und meine Klamotten verkehrt herum angezogen, nur um beim Betreten eines Raumes die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.“ Sie beschreibt ihre „Sippe“ als „die normale, durchschnittliche, absolut fertige und kaputte Familie“. Ein bezeichnender Hinweis auf ihre Kindheit und Jugend findet sich in dem vernichtenden Text der sicherlich auf autobiografischen Erlebnissen beruhenden Hit-Single „Family Portrait“ (2002). Sie singt darüber, dass ihre Mutter immer weinte und der Vater immer schrie – ein Szenario, das ihr das Gefühl gab, als würde sie „während des Dritten Weltkriegs aufwachsen“. Ihre Eltern bekämpften sich unbarmherzig – ohne jegliche Nachsicht. Obwohl ihre Kindheit, so wie sie auf dem Album M!ssundaztood (2001) beschrieben wird, durch und durch schrecklich war, sind doch auch einige schöne Erinnerungen aus dieser Zeit geblieben. „Das Campen! Mit meinem Bruder durch den Wald zu laufen! Dort gab es eine zehn Meter tiefe Grube, in die man durch den Schlamm herunterrutschen konnte, was wir auch gemacht haben. Wir sind vor Lachen fast gestorben – das hat so viel Spaß gebracht.“
Über die Jahre hat sie sich aber mit ihren Eltern, deren Vorfahren aus Irland, Deutschland und Litauen stammten, ausgesöhnt – einer Mutter jüdischer Herkunft, die als Krankenschwester in der Notaufnahme Dienst tat, und ihrem katholischen Vater, einem Vietnam-Veteranen, der sich zum Chef einer Versicherungsgesellschaft hocharbeitete. Mittlerweile weiß sie auch einige positive Dinge zu berichten – zumindest manchmal …
„Ich war viele Jahre lang sehr wütend“, erklärte sie einem Reporter 2006. Heute sind Pink und ihre Mutter „unzertrennlich“, aber während ihrer Jugend „kam sie einfach nicht mit mir klar. Jetzt kommen wir gut miteinander aus, aber damals war das verdammt hart. Ein Großteil der Wut, die ich mit meinen Songs ausdrücke, kommt von der Traurigkeit, die ich als Kind erlebte.“
Der verheerende Einfluss, den die Scheidung der Eltern auf die schüchterne, sensible und verletzliche Pink im Alter von neun Jahren hatte, ist nicht zu leugnen. Wie sie sich erinnert, war das genau der Zeitpunkt, an dem ihr Leben aus dem Ruder lief.
„Die Beziehung zu meinen Eltern ist heute besser als jemals zuvor“, gibt sie zu, ohne den Nachsatz zu vergessen, dass „jeder von seinen Eltern psychisch missbraucht wird. Ist es nicht genau das, was bei Eltern vermutet wird? Ich wollte [aber] nicht, dass mein Vater uns verlässt, und so stritt ich mich mit meiner Mutter.“
„[Es begann] im Alter von neun Jahren“, bestätigt sie den Zeitpunkt des Beginns ihrer aufmüpfigen Jugendjahre. „Ich bin froh, dass alles schon so früh anfing, denn jetzt bin ich entspannt und mit mir im Reinen.“
Ihre Teenagerzeit war aber alles andere als entspannt. Während dieser Phase lebte sie bei jedem Bekannten, der ihr Unterschlupf bot. Sie sah dabei zu, wie ihre Freunde das Leben mit Alkohol und Drogen verschwendeten und an sich vorbeiziehen ließen. Eines Nachts wurde sie sogar mit einer Waffe bedroht, konnte die Situation aber entschärfen und ins Lächerliche ziehen, indem sie dem Angreifer klar machte, dass er einen starken Mundgeruch hatte!
Nach der Trennung der Eltern zog Pink zuerst bei ihrer Mutter ein, danach bei ihrem Vater. Eine Zeit lang lebte sie mal hier, mal dort. Ihre Mutter hatte schwer zu kämpfen, um die zunehmend aufsässiger werdende Tochter zu bändigen. Wann Pink mit dem Rauchen anfing, ist nicht sicher, aber Berichten zufolge ging es mit den Zigaretten schon mit neun Jahren los, gefolgt von Marihuana mit zehneinhalb. Sicher ist aber, dass sie im Alter von zwölf mit den „bösen Jungs“ aus der Nachbarschaft abhing und schon bald, nachdem sie die Schule verlassen hatte, ihren Körper mit Tattoos und Piercings verzierte und harte Drogen auszutesten begann.
Mit 14 wurde der rebellierende Teenager, der ernsthaft die Meinung vertrat, dass es Kindern ab elf Jahren erlaubt sein sollte, mit Ecstasy zu experimentieren, von ihrer Mutter zu einem Therapeuten geschleppt. Sie erzählte ihm „allen möglichen abgedrehten Scheiß. Wenn er mich fragte, was ich an dem Tag so gemacht hatte, antwortete ich: ‚Oh, ich habe mir vorgestellt, eine Flasche zu zertrümmern und mit einer Scherbe dem Lehrer die Kehle aufzuschlitzen.‘“
Mitten in der Pubertät hatte sich Pink zu einem sogenannten „wandelnden Pulverfass“ entwickelt. Ihre Persönlichkeit vereinte unterschiedliche Tendenzen – eine beängstigende Unreife gepaart mit einem ungewöhnlichen, frühreifen Verhalten. Das ging sogar so weit, dass sie sich in der örtlichen Bibliothek informierte, wie viele verbotene Rauschmittel man konsumieren konnte, ohne sich dabei umzubringen.
Leider konnte dieses vernunftorientierte Verhalten sie nicht davon abhalten, mit 16 den selbstzerstörerischen Weg fast bis an sein Ende zu gehen. An Thanksgiving 1995, zwei Jahre nach dem durch eine Überdosis verursachten Tod des Schauspielers River Phoenix vor dem Viper Room in Hollywood, schlich sich Pink in einen Nachtclub in Philadelphia. Ganz offensichtlich hatte sie nicht nur Bier getrunken und Marihuana geraucht, sondern auch verschiedene andere Drogen eingeworfen – Crystal Meth, Ketamin, Angel Dust, Ecstasy, Kokain – und Distickstoffmonoxid eingeatmet, besser bekannt als Lachgas. Danach schluckte Pink LSD, Mengen an LSD. Plötzlich verfärbten sich ihre Lippen blau. Sie legte sich auf den Boden und stellte sich darauf ein, dass ihre letzte Stunde auf Erden geschlagen hatte.
Das grundlegende Problem bestand darin, dass ihr gesamtes Umfeld aus Drogenabhängigen bestand. Alle Freunde waren, wie Pink unverblümt erzählt, „auch absolut abgefuckt“. Für Kids ihres Alters stellte der Konsum toxischer Substanzen ein völlig normales Gebaren dar. Sogar der Tod einiger Bekannter, verursacht durch anhaltenden Drogenmissbrauch, konnte sie nicht davon abhalten, einfach weiterzumachen.
„Mein Leben war der totale Wahnsinn“, erzählte sie 2006 der Journalistin Caroline Graham, „aber ich habe niemals an den Tod gedacht – obwohl ich zu den Beerdigungen von drei Freunden ging, die alle an einer Überdosis Heroin gestorben waren … Ich musste mit ansehen, wie sie an Drogen verreckten. Auf einem Friedhof zu stehen, zu sehen, wie der Sarg deines Freundes in das Grab hinabgelassen wird – man sollte meinen, dass das eine heilsame Wirkung hat und dich von Drogen abhält, aber das funktionierte nie.“
Letztendlich hatten die Geschehnisse dieser schicksalhaften Nacht im November 1995 aber doch ihre Auswirkungen, denn glücklich darüber, überlebt zu haben, schwor sie, fortan die Finger von Drogen zu lassen und clean zu werden. „Ich ging nicht in eine Entzugsklinik oder zu den Anonymen Drogensüchtigen. Ich habe einfach damit aufgehört, denn mein Leben als Sängerin lag mir am Herzen. Das ist ein Job, bei dem eine starke Selbstkontrolle sehr wichtig...
Erscheint lt. Verlag | 20.12.2010 |
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Übersetzer | Alan Tepper |
Verlagsort | Innsbruck |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Carey Hart • Paul Lester • Pink • PINK - Zwei Gesichter |
ISBN-10 | 3-85445-337-X / 385445337X |
ISBN-13 | 978-3-85445-337-6 / 9783854453376 |
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