Mensch im Stress (eBook)
415 Seiten
Spektrum Akademischer Verlag
978-3-8274-1556-1 (ISBN)
"Stress im Visier der Wissenschaft - Wirkungsketten, Gesundheitsrisiken, Stabilisierungsstrategien
Stress erleben wir immer wieder - als Kind, Jugendlicher, Erwachsener und alter Mensch: seien es kurze Momente von Angst oder langfristige Belastungen in der Familie, am Arbeitsplatz oder durch Krankheit. Kurzer kontrollierbarer Stress kann stimulieren, intensive traumatische Ereignisse und Dauerstress verursachen dagegen oftmals psychische und physische Erkrankungen wie etwa Schlaflosigkeit, Depressionen, Angststörungen, chronische Entzündungen oder Arteriosklerose. Unsere Gesundheit wird zudem gefährdet durch Stressoren, die direkt unsere Zellen und Gewebe schädigen: Umweltgifte, Strahlen, Sauerstoffradikale, Bakterien und Viren.
Der Mensch wehrt sich gegen die psychosozialen und physischen Stressoren mit zahlreichen effektiven Strategien, die er zum Teil in der Evolution erworben hat und die sowohl der subjektiven psychischen Verarbeitung wie der neuronalen, zellulären und molekularen Bewältigung von Stress dienen. Diese Stabilisierungsstrategien auf allen organischen Ebenen werden im vorliegenden Buch ebenso ausführlich beschrieben wie die gesundheitlichen Risiken, die sich einstellen, wenn bei starkem Stress die Schutzmechanismen versagen. Der disziplinübergreifende Ansatz geht dabei vom subjektiven Erleben von Stress aus und analysiert anschließend die stressinduzierten Prozesse im Nerven-, Hormon- und Immunsystem sowie auf der Ebene von Zellen und Molekülen.
Dieses breit angelegte interdisziplinäre Fachbuch wendet sich in erster Linie an Mediziner, Biologen, Pharmakologen und Gesundheitswissenschaftler wie auch an Psychologen, Psychotherapeuten und Psychoanalytiker sowie an Studenten dieser Disziplinen. Es versucht aber zugleich, die überaus komplexe Thematik durch kurze Überblicke auch für interessierte Laien zu erschließen.
Die Autoren
Ludger Rensing ist Professor emeritus für Zellbiologie an der Universität Bremen. Er promovierte und habilitierte sich für das Fach Zoologie an der Universität Göttingen und arbeitete mehrere Jahre in den USA (Princeton, Harvard). Seine Arbeitsgebiete sind die Regulation von Stressgenen und Stressproteinen sowie die molekularen Mechanismen der ""inneren Uhr"". Rensing ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen und mehrerer Bücher sowie Herausgeber der Zeitschrift Chronobiology International.
Michael Koch ist Professor für Neuropharmakologie an der Universität Bremen. Nach der Promotion war er zunächst wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Tierphysiologie der Universität Tübingen, wo er sich - nach Studien- und Forschungsaufenthalten an der University of Cambridge (England) - 1996 auch habilitierte (im Fach Tierphysiologie). Anschließend forschte er als Heisenberg-Stipendiat der DFG. Seine Arbeitsgebiete sind die Neuro- und Verhaltenspharmakologie sowie Tiermodelle neuropsychiatrischer Störungen (Stress, Sucht, Schizophrenie). Koch ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen und Buchbeiträge sowie Mitglied des Herausgebergremiums von Psychopharmacology.
Bernhard Rippe ist promovierter Diplom-Psychologe, Psychoanalytiker (DGPT) und Psychologischer Psychotherapeut. Er arbeitet in einer eigenen Praxis für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Bremen und ist als Dozent, Lehr- und Kontrollanalytiker am Psychoanalytischen Institut Bremen tätig. Rippe ist Autor verschiedener Veröffentichungen zu Fragen der Krisen- und Konfliktverarbeitung, zur psychoanalytischen Ausbildung sowie zu Transformationsprozessen individueller und kollektiver Erfahrungen.
Volkhard Rippe ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Humangenetik an der Universität Bremen. Seine Arbeitsgebiet sind die genetischen Ursachen der Entstehung von Tumoren. Rippe ist Autor mehrerer Veröffentlichungen insbesondere zur Entstehung von Schilddrüsentumoren."
Inhaltsverzeichnis 6
Vorwort der Autoren 8
Danksagung 10
1 Einführung 12
1.1 Stress bedeutet Belastung, Störung und Gefährdung des Organismus 15
1.2 Klassifizierung von Stressoren nach Wahrnehmungsebenen und Herkunft 18
1.3 Adaptive Bedeutung der Stressreaktionen für die Stabilisierung des Organismus 19
1.4 Subjektives Erleben von Stress 26
1.5 Gesundheitsrisiken bei 28
1.5 Gesundheitsrisiken bei Langzeitstress 28
1.6 Coping-Strategien und therapeutische Ansätze 29
2 Was macht uns Stress? 32
2.1 Psychosozialer und intrapsychischer Stress während der verschiedenen Entwicklungsphasen des Menschen 32
2.2 Systemische und zelluläre Belastungen 51
3 Psychischer Stress 60
3.1 Das Stresserleben in der sprachlichen Mitteilung 61
3.2 Die introspektive Wahrnehmung des Erlebens 62
3.3 Die empathische Wahrnehmung des Erlebens 64
3.4 Die psychoanalytische Metapsychologie – wie kann sie ein Stresserleben erfassen? 65
3.5 Erleben und Struktur – die motivationalen und emotionalen Komponenten 71
4 Neurobiologische Grundlagen von Stressreaktionen 84
4.1 Neurophysiologische, neurochemische und neuroanatomische Grundlagen von Stress 86
4.2 Sekundäre neurobiologische Stressreaktionen, die der akuten Wirkung von Stress folgen 119
4.3 Neuropathologische und psychiatrische Folgen von Stress 126
Fazit 132
5 Die zentrale Rolle des neuroendokrinen Systems bei der Übermittlung von Stresssignalen 134
5.1 Vermittlung von schnellen Stressreaktionen durch das sympathische Nervensystem und Adrenalinausschütung 140
5.2 Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse 158
5.3 Arginin-Vasopressin (AVP) und seine Wirkungen auf Blutvolumen und Blutdruck 172
5.4 Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) 174
5.5 Aktivierung der Schilddrüsenachse bei Kälteschock und anderen Stressoren 177
5.6 Die Wachstumshormonachse und Somatostatin 181
5.7 Kontrolle des Nahrungsflusses und Störungen durch Nahrungsmangel und -überangebot 184
5.8 Das neuroendokrine System als Netzwerk 193
6 Zellulärer Stress und die Stabilisierungssysteme der Zelle 198
6.1 Oxidativer Stress der Zelle und seine Folgen für Altern und Krankheit 203
6.2 Sauerstoff-, Nährstoff- und ATP-Mangel – der zelluläre Umgang mit der Energiekrise 220
6.3 Osmotischer Stress 226
6.4 Temperaturstress und mechanische Beanspruchung 227
6.5 Zelluläre Schäden und funktionelle Störungen durch toxische Metalle 230
6.6 DNA-Schäden durch ultraviolette und ionisierende Strahlen sowie durch gentoxische Agentien 235
6.7 Schutz von Zellen durch Stressproteine 243
6.8 Wirkung von Stressoren und Cytokinen auf Proteinkinasen und Transkriptionsfaktoren 249
7 Das Immunsystem und seine Störungen durch psychosozialen Stress 260
7.1 Präventive angeboren Abwehr 264
7.2 Erworbene (adaptive) Abwehr 274
7.3 Die Abwehr gegen Viren 277
7.4 Psychosoziale Stresswirkungen auf das Immunsystem und seine Abwehrfunktionen (Psychoneuroimmunologie) 281
8 Stress und Gesundheitsrisiken 294
8.1 Angst- und Depressionszustände 297
8.2 Schlafstörungen als eines der häufigsten stressinduzierten Symptome 311
8.3 Chronischer Stress und Herz-Kreislauf-Erkrankungen 315
8.4 Erkrankungen im Zusammenhang mit stressinduzierten chronischen Entzündungsprozessen und erhöhter ROS-/RNS-Produktion 334
8.5 Stress und Krebs 344
9 Mensch im Stress – ein Überblick 358
Welche Formen von Stressoren gibt es? 358
Wie nimmt der Mensch Stressoren wahr und wie verarbeitet er Stress? 360
Welche Bedeutung kommt dem psychischen Erleben von Stress zu? 361
Was geschieht neurobiologisch bei Stress? 361
Welche hormonellen Reaktionen setzt Stress in Gang? 362
Wie reagiert das Immunsystem auf Stress? 362
Was bedeutet Stress auf zellulärer Ebene? 363
Welche Folgerungen ergeben sich aus dem Wechselspiel von Körper und Psyche für die therapeutische Stressbewältigung? 363
Wie gehen wir mit Stress um – und wie lassen sich Stressbelastungen reduzieren? 363
Welche Krankheiten können als Stressfolgen auftreten, und wie behandelt man sie? 364
Welche gesundheitspolitische Herausforderung stellt Stress dar? 365
Literatur 366
Glossar 400
Abkürzungen 405
2 Was macht uns Stress? (S. 21-22)
Wie schon in Kapitel 1 diskutiert, ist eine grobe Einteilung der Stressoren, die „uns Stress machen"", nach den Wahrnehmungsebenen (psychisch/neuronal oder physisch/zellulär) sowie nach der Herkunft (exogen oder endogen) möglich, aber mit zahlreichen überlappungen verbunden. In den folgenden Unterkapiteln haben wir uns in etwa an diese Klassifizierung gehalten und beginnen mit einer übersicht über psychosoziale und intrapsychische Stressoren (Abschnitt 2.1). Anschließend umreißen wir eine Reihe von körperlichen (systemischen) Belastungen und von physikalischen, chemischen und biologischen Stressoren (Abschnitt 2.2). In den dann folgenden Kapiteln 3 bis 8 werden Beispiele aus dem hier kurz skizzierten Spektrum von Stresssituationen vertieft dargestellt.
2.1 Psychosozialer und intrapsychischer Stress während der verschiedenen Entwicklungsphasen des Menschen
Psychosoziale Stressoren, Stressempfindungen und Stressreaktionen verändern sich in den verschiedenen Lebensabschnitten des Menschen. Ein Säugling empfindet andere Situationen als bedrohlich und belastend als ein Erwachsener und reagiert darauf auch anders. Schreien oder Abwenden ist bei ihm eine der wenigen Möglichkeiten der Verhaltensreaktion auf Stress, während erwachseneMenschen über ein großes Spektrum von Stressreaktionen (coping) verfü- gen, wozu neben verschiedenen Verhaltensweisen zahlreiche mentale, verbale und somatische Verarbeitungsmöglichkeiten gehören.
Die sozialen Beziehungen verändern sich ebenfalls drastisch. Im Säuglingsalter und in der Kindheit sind es wesentlich die Eltern und Geschwister, im Jugendalter, der Pubertät und der Adoleszenz darüber hinaus Freunde, Spielund Klassenkameraden und die erweiterte Familie. Als psychosoziale Stressoren stehen in diesen Entwicklungsphasen Konflikte mit den Familienangehörigen, vor allem mit Mutter und Vater, im Vordergrund, später auch Konflikte in der Schule, Identifizierung mit der peer group und gegebenenfalls Konflikte mit der Akzeptanz in dieser Gruppe. Traumatische Erfahrungen sowie täglicher geringfügiger Stress in diesen Entwicklungsphasen sind in Kombination mit der genetischen Disposition und den sich entwickelnden Coping-Strategien (Rückzug oder aktive Auseinandersetzung) oft ausschlaggebend für psychosomatische Symptome im Erwachsenenalter.
Imfrühen Erwachsenenalter treten psychosoziale Konflikte in den Interaktionen mit Freunden und Sexualpartnern auf. Zudem können auch Berufsentscheidungen und erste Erfahrungen im Berufsleben psychische Belastungen mit sich bringen. Im Leben des Erwachsenen stehen zum einen der Arbeitsplatzstress, zum anderen bei Ehegemeinschaften oder Lebenspartnerschaften die Konflikte mit Partner und Kindern im Vordergrund. Bei Frauen ist die Doppelbelastung von Beruf und Familie ein häufiger psychosozialer Stressor. Darüber hinaus gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede in der Art der Stressoren, etwa in Form von Diskriminierung der Frauen im Beruf, in den subjektiven Empfindungen in der Stressverarbeitung sowie in unterschiedlichen Coping-Strategien. Für Frauen und Männer kommen vor allem in Krisensituationen existenzielle ängste vor Krankheit oder Tod und Fragen nach dem Sinn des Lebens hinzu (Yalom 1989). Diese ängste verstärken sich imAlter. Darüber hinaus findet oft eine soziale Isolierung insbesondere nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben statt. Belastende Gefühle wie Trauer um den Verlust des Lebenspartners, Gefühle der Hilflosigkeit bei der Pflege von nahen Angehörigen während Krankheit oder Demenz sowie Gefühle von Wut und Neid bei eigener Krankheit und Behinderung führen zu Niedergeschlagenheit und Depressionszuständen (Abb. 2.1)."
Erscheint lt. Verlag | 1.1.2005 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
Sozialwissenschaften ► Pädagogik | |
ISBN-10 | 3-8274-1556-X / 382741556X |
ISBN-13 | 978-3-8274-1556-1 / 9783827415561 |
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