Selbstbewusst bedürfnisorientiert! (eBook)

Wie du Vorurteilen, Widerständen und Erziehungsmythen begegnest, während du dein Kind liebevoll begleitest
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
192 Seiten
Humboldt (Verlag)
978-3-8426-1749-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Selbstbewusst bedürfnisorientiert! -  Michele Liussi
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Braucht es wirklich ein Buch darüber, dass Kinder bedürfnis- und bindungsorientiert aufwachsen sollten, dass Eltern sie gewaltfrei, auf Augenhöhe und zugewandt begleiten? Ja, unbedingt! Denn Eltern, die diesen Erziehungsstil verfolgen, werden noch immer mit Vorurteilen und kritischen Kommentaren konfrontiert. Michèle Liussi erklärt, woher diese Widerstände kommen und wie Mütter und Väter ihnen begegnen können. Sie liefert Faktenchecks zu typischen Klischees und zeigt, warum bedürfnisorientierte Erziehung nichts mit Verwöhnen, Grenzenlosigkeit oder Auf-der-Nase-Herumtanzen zu tun hat. So können Eltern ihr Kind liebevoll begleiten und selbstbewusst für es eintreten - in der Partnerschaft, den Betreuungseinrichtungen und der Gesellschaft.

Michèle Liussi ist Psychologin und Familienbegleiterin bei den 'Frühen Hilfen', Mutter eines Sohnes und lebt in Tirol. Sie unterstützt Frauen, die als Mutter unter starken (psychischen) Belastungen leiden. Zusätzlich berät sie Eltern zu konkreten Erziehungsproblemen und rund um eine gute Eltern-Kind-Bindung. Sie ist eine der Macherinnen des Podcasts 'Mamafürsorge'.

Michèle Liussi ist Psychologin und Familienbegleiterin bei den „Frühen Hilfen“, Mutter eines Sohnes und lebt in Tirol. Sie unterstützt Frauen, die als Mutter unter starken (psychischen) Belastungen leiden. Zusätzlich berät sie Eltern zu konkreten Erziehungsproblemen und rund um eine gute Eltern-Kind-Bindung. Sie ist eine der Macherinnen des Podcasts „Mamafürsorge“.

DIE AUFARBEITUNG: SCHATTEN DER VERGANGENHEIT


Die Vergangenheit ist ein Teil von uns und den Menschen, mit denen wir jeden Tag zu tun haben. Sie haftet an uns, beeinflusst, was wir denken und fühlen und durch welche Brille wir die Welt und unser Umfeld betrachten. Sie ist ein maßgeblicher Teil von uns: vom allgemeinen Wertesystem bis hin zu den kleinsten impulsartigen Reaktionen. Um uns selbst als Eltern und den Widerstand, der uns auf unserem Weg entgegenschlägt, besser zu verstehen, ist es hilfreich und notwendig, sich dieser Vergangenheit und damit auch der eigenen Geschichte bewusst zu werden.

Der Blick zurück


Wir verstehen unser Heute besser, wenn wir unser Damals verstehen. Denn unser Heute – wie wir fühlen, denken, reagieren, uns binden, kommunizieren oder einfach leben – ist beeinflusst davon, was Eltern und Bezugspersonen uns vorgelebt haben, wie sie uns behandelt haben, wie sie uns die Welt erklärt haben. Also wie wir aufgewachsen sind. „Eltern prägen ihre Kinder durch ihr gesamtes Verhalten, durch ihre Einstellungen, Überzeugungen und Aktivitäten, aber auch durch ihr Erziehungsverhalten und speziell durch ihren Erziehungsstil.“ (Bründel & Hürrelmann, 2017, S.77) Um aber zu verstehen, wie wir erziehen und erzogen wurden, müssen wir noch ein paar Generationen zurückgehen. Denn die Art und Weise, wie unsere Eltern mit uns umgegangen sind, ist nicht unabhängig davon, wie deren Eltern sie erzogen und behandelt haben.

Nun werde ich die Geschichte nicht bis in die Antike aufrollen, obwohl das sicherlich spannend wäre. Aber es lohnt sich, die letzten knapp 100 Jahre einer kurzen Betrachtung zu unterziehen. Denn damit umreißen wir vier bis fünf wichtige Generationen: die (Ur-)Urgroßeltern unserer Kinder, ihre (Ur-)Großeltern, uns selbst und unsere Kinder. Außerdem fließen dann auch die Prägung durch zwei Weltkriege, eine aus pädagogischer Sicht fehlende Kriegsbewältigung und die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen der Nachkriegszeit in unsere Betrachtung ein, ohne die ein umfassendes Verständnis nicht möglich ist. All das sind wichtige Aspekte der Geschichte der Erziehung.

Unser Rückblick startet in einer Zeit größter Not, rund um den zweiten Weltkrieg und in den Jahren unmittelbar danach. Angetrieben von der nationalsozialistischen Ideologie beherrschte die autoritäre Erziehung, geprägt von Disziplin, Gehorsam und einem strikten Machtgefälle, die Kinderzimmer und die Lebenswelt der Jugendlichen. „Bolschewismus wie Nationalsozialismus waren jeweils Erziehungsdiktaturen, in denen versucht wurde, die nachwachsende Generation auf das System zu verpflichten und keine Alternativen zuzulassen.“ (Oelkers, 2013, S. 7) Man mag sich gar nicht ausmalen, wie sich Eltern, Jugendliche und Kinder in dieser Zeit, in der Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung und kritisches Denken unterdrückt wurden, gefühlt haben. „Weil ich es sage!“ war nicht einfach ein Satz. Es war ein unverrückbares Gesetz.

Für die Umsetzung dieser Erziehungsziele, also dem Anpassen des eigenen Kindes an die gesellschaftlichen Erwartungen, war zu dieser Zeit die Verwendung von körperlicher und psychischer Gewalt ein probates Mittel. Erst ab den 1950ern wurde in Deutschland ein Rückgang körperlicher Gewalt in der Erziehung verzeichnet (Wetzels, 1997). Das Recht auf gewaltfreie Erziehung kam erst viel später.

Um es auf den Punkt zu bringen: Unsere Urgroßelterngeneration war nicht selten auf vielfache Weise traumatisiert, eine verwundete Generation, die ihrerseits wieder zu Eltern wurde. Unsere autoritäre Vergangenheit war geprägt von klaren Regeln, starren Hierarchien und dem festen Glauben daran, dass Autorität nur durch Strenge und Gehorsam durchsetzbar ist. Die Regeln waren klar, die Strafen noch „klarer“. Gehorsam wurde erzwungen, für individuelle Persönlichkeitsentwicklung blieb kein Platz. „Warte, bis dein Vater nach Hause kommt …“ flößte Furcht ein statt Respekt oder gar Freude.

Die Nachkriegszeit brachte Demokratie ins Land und einen demokratischeren Erziehungsstil in die Familien. Wirtschaftliche Krisen und Wiederaufbau verhinderten jedoch eine Aufarbeitung der Kriegswunden bezogen auf Kindheit und Erziehung. Nicht einmal in der pädagogischen Literatur dieser Zeit findet sich ein Hinweis auf Kriegsbewältigung. Dieses Kapitel der Geschichte wollte man, verständlicherweise, hinter sich lassen und den Neubeginn feiern. In diese Zeit der beginnenden politischen Auseinandersetzung mit autoritären Haltungen wurden die (Ur-)Großeltern unserer Kinder geboren. Sie ging jedoch nur langsam und mit regionalen Unterschieden voran. Daher ist überaus wahrscheinlich, dass ein Großteil der (Ur-)Großeltern ebenfalls noch mit autoritären Erziehungsmaßnahmen sozialisiert wurde.

DAS GESPRÄCH SUCHEN

Leben die eigenen Großeltern und/oder Eltern noch, lohnt es sich, mit ihnen über ihre Kindheit zu sprechen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was sie erlebt haben und wie sie groß geworden sind. Das kann anlassbezogen geschehen, wie zum Beispiel „Mir ist aufgefallen, dass es dich wundert, wenn ich so oder so mit meinem Kind umgehe. Wie war das bei dir? Wie hast du das als Kind erlebt?“ oder ganz allgemein mit den Fragen „Was hat dich geprägt? Wie gingen deine Eltern mit Fehlern um? Welche Regeln gab es eigentlich bei euch zu Hause?“ Solche und ähnliche Fragen können eine Einladung für einen offenen, wertfreien Austausch sein, der dann zu tieferem gegenseitigen Verständnis führt.

Die Spuren dieser Vergangenheit sind nicht zu übersehen, denn viele von uns haben selbst noch erlebt, wie autoritäre Erziehung zwar kurzfristig Gehorsam erzeugte, doch langfristig einen Schatten auf die emotionale Entwicklung warf. Unsere Eltern und wir selbst lernten, uns anzupassen, nicht selbstständig zu denken und nicht gesund mit unseren Gefühlen umzugehen. Die Konsequenzen reichen bis heute, wenn wir Gefühle unterdrücken, bis sie explosionsartig aus uns hervorbrechen. Wenn wir Frauen unsere Grenzen ein ums andere Mal überschreiten und mit Füßen treten lassen, weil wir zur Fügsamkeit und sozialen Anpassung erzogen wurden. Wenn Väter ihre Söhne nicht umarmen können, weil sie es selbst nicht gelernt haben und sich das für sie falsch anfühlt. Wenn wir Schwierigkeiten haben, Entscheidungen zu treffen, weil wir als Kind so gut wie kein Mitbestimmungsrecht hatten und gar nicht wissen, was wir selbst eigentlich wollen.

Der Blick auf diese Spuren der Vergangenheit ist frustrierend, besonders wenn du heute weißt, wie es besser gehen kann. Wenn du siehst, in welchen Momenten falsch mit dir umgegangen wurde. Das macht bisweilen wütend, manches braucht vielleicht sogar eine individuelle Aufarbeitung oder ein klärendes Gespräch. Gleichzeitig kann es ein kleiner Trost sein, dass sich die Zeiten (wenn auch langsam) ändern und es unsere eigenen Kinder schon anders erfahren dürfen.

In den letzten Jahrzehnten wurden individuelle Rechte und Freiheiten wichtiger, Kinderrechte gewannen an Bedeutung und wurden schließlich sogar ins Gesetz aufgenommen. Ein Wendepunkt in der Erziehung, nicht nur im privaten, sondern auch im institutionellen Umfeld! Dass der angestoßene Wandel jedoch noch voll im Gange ist, betonte Unicef in seiner Kampagne #NiemalsGewalt und nennt Zahlen: Weltweit erfahren drei von vier Kindern zwischen zwei und vier Jahren körperliche oder psychische Gewalt durch ihre Eltern oder andere Erziehende (Unicef, 2017). Und das, obwohl fast alle Staaten der Erde die UN-Konvention über die Rechte des Kindes anerkannt haben. Wie es um die Einstellung zu körperlichen Formen der Erziehungsgewalt in Deutschland und Österreich bestellt ist, kannst du im Vorwort noch mal nachlesen.

Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass wir uns weiterhin auf die Förderung von Kinderrechten und einen respektvollen Umgang mit Kindern konzentrieren. Eltern, Erzieher*innen und Lehrer*innen müssen sich bewusst sein, dass erzieherische Gewalt nicht nur unmoralisch, sondern auch gesetzlich verboten ist. Es liegt in unserer Verantwortung, sicherzustellen, dass Kinder in einer Umgebung aufwachsen, die ihre körperliche und emotionale Sicherheit gewährleistet. Wir müssen dafür sorgen, dass alle Kinder die Chance haben, in einer Umgebung aufzuwachsen, die ihre Entwicklung fördert und ihre Rechte respektiert. Nur so können wir gewährleisten, dass die nächsten Generationen in einer besseren Welt aufwachsen, in der die Rechte und Bedürfnisse von Kindern anerkannt und geschützt werden.

Autoritäre Erziehung – da kommen wir her


Eine ungefähre Vorstellung davon, was diese Erziehungsform, die das Leben der vorherigen Generationen bestimmt hat, ausmacht, hast du vermutlich. Vielleicht hast du Formen davon sogar selbst erlebt. Für unsere Aufarbeitung der Vergangenheit ist es jedoch wertvoll, uns in die Denkweise vergangener Generationen hineinzuversetzen. In einer Zeit, in der soziale Strukturen oft hierarchisch und autoritär geprägt waren, spiegelte sich diese Dynamik auch im Familienleben wider.

Autoritäre Erziehung in einer ausgeprägten Form ist ein...

Erscheint lt. Verlag 26.9.2024
Verlagsort Hannover
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
Schlagworte Bedürfnisorientierte Erziehung • bindungsorientierte Erziehung • Eltern-Kind-Beziehung • Elternratgeber • Erziehen auf Augenhöhe • Erziehen ohne Schimpfen • Familienleben • Familie und Erziehungshandbücher • Gespräche mit Kindern • Gesprächsführung • gewaltfreie Kommunikation mit Kindern • Inke Hummel • Nicola Schmidt • nora imlau • Selbstbewusstein stärken • Selbstvertrauen • Spiele mit Kindern
ISBN-10 3-8426-1749-6 / 3842617496
ISBN-13 978-3-8426-1749-0 / 9783842617490
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