Sologlück -  Elisabeth Knoblauch

Sologlück (eBook)

Empowerment für Alleinerziehende
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
223 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-407-86819-0 (ISBN)
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Solomutter sein kann großes Glück bedeuten. Elisabeth Knoblauch schreibt ein unterhaltsames, tiefgründiges Buch und wagt dabei einen neuen Blick, der Soloerziehende nicht als Opfer sieht, sondern als Handelnde, nicht verzagt, sondern mutig. Berührend und offen stellt sie die positiven Seiten des Alleinerziehendseins dar, ohne die finanziellen, psychischen und sozialen Belastungen zu verschweigen. Sie beschreibt dabei auch Mütter, die ihre Unabhängigkeit schätzen gelernt haben und deren Kinder weitgehend befreit sind von den Konflikten einer unglücklichen Elternbeziehung. Ein Bonuskapitel ist alleinerziehenden Vätern und ihrer Perspektive gewidmet. Zugleich sucht Elisabeth Knoblauch nach den Bedingungen, die Ein-Eltern-Familien gelingen lassen, und macht damit sowohl Menschen Mut, die überlegen, sich zu trennen, als auch solchen, die über die Gründung einer Ein-Eltern-Familie nachdenken.

Elisabeth Knoblauch ist Diplom-Politologin, freie Autorin und arbeitet als Assistentin im Ressort Politikressort der ZEIT. Sie ist Mutter dreier Kinder und seit vielen Jahren alleinerziehend. Geboren in Dresden, verbrachte sie ihre Schulzeit in Thüringen und im Schwarzwald und lebte in den USA und der Schweiz. Sie studierte Politikwissenschaften mit Schwerpunkt Naher Osten in Mainz, Damaskus und Hamburg, wo sie mit ihrer Familie lebt.

Kapitel 1

Die Kraft des Alleinseins


Plötzlich allein: Zu Beginn der Phase des Alleinerziehens ist das Gefühl von Gemeinsamkeit keines, das sich häufig einstellt. Im Gegenteil. Sind die Kinder klein, wurde man vom Partner oder der Partnerin verlassen oder hat sich getrennt, muss man vielleicht nach einer neuen Wohnung suchen, eine Arbeit aufnehmen, das Leben neu arrangieren. Diese Etappe ist zweifellos eine, in der man sich allein fühlt. Oftmals überfordert. Den Herausforderungen nicht gewachsen. In der gleichen Zeit, in der man seine eigenen Emotionen verarbeiten muss, die Angst vor dem, was kommen mag, und den Verlust dessen, was man hatte, gilt es, die Emotionen des Kindes oder der Kinder aufzufangen. Es ist eine Zeit, die viel Kraft kostet. Eine Zeit, die im wahrsten Sinne des Wortes prekär ist, vom französischen précaire: unsicher, schwankend, widerruflich. Alles steht vermeintlich kopf.

Vielleicht ist diese Phase des Lebens, diese Phase des Umbruchs, des Chaos, des Neufindens genau jene, die die Gesellschaft auch später – wenn sich die Dinge wieder beruhigt, eine neue Form angenommen haben – oft von Alleinerziehenden zeichnet: überfordert, allein, ausgegrenzt. In dieser Phase entstehen Bilder und Mythen, die Alleinerziehenden auch später immer wieder begegnen. Mit Kindern, die außer Rand und Band sind. In einer Situation, die keine Ordnung vermittelt, keine Basis für ein gutes Leben. Eine aufgelöste Lage, die voller Neuanfänge, voller neuer Wege ist, die beschritten werden müssen.

Aber: Es handelt sich dabei um eine Ausnahmesituation, in der sich Alleinerziehende nach einer Trennung befinden, besonders, wenn das Kind oder die Kinder recht klein sind. Es ist keine Situation, die anhalten muss. Ein Netzwerk aus Freunden, Familie und Beratungsstellen kann in dieser Phase helfen, in der man sich unsicher und überfordert fühlt. In der alles zu viel zu sein scheint: die eigenen Emotionen und die der Kinder, die Vorstellungen und Ängste über die Zukunft, der schmerzvolle Blick auf das, was man sich erhofft hatte – und auch die Geschichten und Gerüchte, die man gehört hat, von verarmten, vereinsamten Alleinerziehenden. Es hilft, sich dagegen zu wappnen und zu stärken. Indem man sich austauscht, indem man mutig neue Wege einschlägt.

Plötzlich allein: Es ist ein Lebensabschnitt, in dem fast jede und jeder Alleinerziehende lernt, auf eigenen Füßen zu stehen. Lernen muss, dass da niemand ist, an den man sich vermeintlich lehnen kann. Eine Phase, in der man ständig das Gefühl hat, nicht zu genügen. Irgendetwas zu vergessen. Irgendetwas nicht zu schaffen. Man ist verletzt, man sucht nach sich selbst. Und auch wenn man in der Beziehung zu der Erkenntnis gelangt ist, dass man lieber allein sein möchte, schützt das nicht vor dem Schmerz der Trennung. Man muss ihn trotzdem durchlaufen, auch wenn man alles schon für sich geklärt hat.

Im Rückblick gibt es fast in jeder Paarbeziehung Dinge, die man mit einer rosaroten Brille betrachten kann. Momente, die einem plötzlich so wichtig und schön erscheinen. In denen man Gemeinsamkeit geteilt hat. Und sei es nur, zusammen auf dem Sofa gesessen zu haben. Für eine Zeit lang war man mit einer anderen Person sehr eng verbunden. Und selbst wenn man sich im vollen Bewusstsein trennt und überzeugt ist von der Entscheidung, so entsteht durch eine Trennung meist auch ein körperlicher Schmerz. Der eigene Körper vermisst den anderen Körper. Dem er so nahe war. Dessen Körpernischen und Falten er kannte, dessen Umarmung Vertrauen schenkte, Sicherheit. Eine Trennung hinterlässt eine leere Stelle. Eine leere Stelle, die neu gefüllt werden muss, eine Wunde, die verheilen muss. Das braucht Zeit.

Als die britische Autorin und Künstlerin Hannah Black sich nach ihrer Trennung zwingen musste, überhaupt zu essen, schrieb sie, ihr sei in den Monaten danach klar geworden, dass sie mit ihrem Partner ein besseres Paar geworden war, als sie es sich überhaupt hatte vorstellen können. »Ich war so erfolgreich ein Paar geworden, dass ich vergessen hatte, wie man eine Person ist.«1

Das Netz, das uns trägt


Mein Mann und ich haben viele Jahre lang versucht, ein Paar zu bleiben, eine Familie. Doch manchmal reicht die Gemeinsamkeit, die man hat, nicht aus, um einen durch die herausfordernde Zeit der Kindererziehung zu tragen. Nach zehn gemeinsamen Jahren und drei Kindern trennten wir uns, trennte ich mich von ihm. Da waren unsere Zwillingssöhne gerade in die Schule gekommen, unsere Tochter besuchte die 3. Klasse der Grundschule. Ich habe mich mehr oder weniger bewusst dafür entschieden, es allein – solo – zu wagen. Und auch wenn zum Zeitpunkt der Trennung noch nicht klar war, dass daraus auch ein großes Glück erwachsen konnte, so fühlte sich die Trennung für mich richtig an. Obwohl es eine Zeit war, in der vermeintlich alles kopf stand.

Nach einer Weile läuft das Leben wieder geordneter. Gelangt in neue, andere Bahnen. Ist die Phase der Ausnahmesituation vorüber. Und damit auch die Zeit, in der man sich wirklich allein fühlte. Denn es dauert meist nicht lange, da lernt man Mütter und Väter in ähnlichen Situationen kennen. Findet Zeit und Muße für gemeinsame Unternehmungen. Für Urlaube. Für Feste. Für den Austausch. Der Begriff Familie wird gedehnt und gestreckt, bis er Freundinnen und Freunde, mit und ohne Kinder, alleinerziehend oder in einer Paarbeziehung, mit einbezieht.

Schon vor unserer Trennung hatte ich viele Alleinerziehende in meinem Bekanntenkreis, nun verstärkten sich die Kontakte. Wir befanden uns in ähnlichen Situationen, kannten viele der Sorgen und Nöte. Der Austausch bestärkte und führte dazu, dass wir uns nicht mehr als vollständig alleinerziehend verstanden. Es gab Frauen (und einige Männer) in ähnlichen Konstellationen. Woraus sich ein neues Netz wob. Es ist wahr, dass man ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen. Und vielleicht gibt es dieses Dorf, wenn man nur genau hinschaut. Vielleicht gibt es dieses Dorf immer: in Form von Freunden und Erzieherinnen, in Form von anderen Müttern, Vätern und Kindern – nicht nur auf dem Spielplatz. In Form von Lehrerinnen und Bademeistern, in Form von Nachbarn und Großeltern, Tanten, Onkeln, Schwägerinnen, Patentanten und -onkeln, in Form von Trainern und Ballettlehrerinnen. Bald spielen die Freunde der Kinder und deren Familien eine immer größere Rolle. Vielleicht ist es eine Illusion zu glauben, man würde sein Kind allein erziehen. Auch in einer Großstadt wie Hamburg.

Und auch wenn man alleinerziehend ist, ist der Vater der Kinder in den seltensten Fällen vollständig verschwunden. Manche Väter kümmern sich an jedem zweiten Wochenende um die Kinder. Manche häufiger. Manche reisen mit ihren Kindern in den Urlaub – was dazu führen kann, dass manche Kinder Alleinerziehender viel mehr im Urlaub sind als ihre Freunde mit ungetrennten Eltern. Manche Eltern finden nach einer Trennung auf neuer Basis wieder zusammen. Sind befreundet. Manchmal sogar – wenn es sie denn gibt – mit den neuen Partnerinnen oder Partnern. Manche Väter springen ein, wenn jemand krank ist.

Dieses Netz, das sich nach der Trennung neu bildet, ist ungemein wichtig. Nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Mütter und Väter. Denn es schützt vor Einsamkeit. Einem, wie der Autor Daniel Schreiber in seinem Buch Allein schreibt, »ernst zu nehmenden seelischen Schmerz, der mit einem eklatanten Bedeutungs- und Selbstwertverlust einhergeht, mit Empfindungen von Scham, Schuld und Verzweiflung«.2 Zu wissen, dass im Notfall jemand da ist, der einspringen kann, und sollte dieser Fall auch nie eintreffen, vermittelt Sicherheit. Denn auch wenn man ein großes Netzwerk hat und auch wenn man sich von der Illusion getrennt hat, sein Kind allein zu erziehen, bleibt doch die Verantwortung. Das Gefühl, am Ende, wenn es drauf ankommt, selbst die Verantwortung zu tragen. Niemand kann einem den Gang zur Schule abnehmen, wenn das Kind Mist gebaut hat und man mit der Lehrperson sprechen muss. Niemand anders als man selbst ist konstant dafür zuständig, dass eine warme, gesunde Mahlzeit auf den Tisch kommt. Niemand anders als man selbst kann ein Kind bei einer Krankheit oder ...

Erscheint lt. Verlag 17.7.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
ISBN-10 3-407-86819-7 / 3407868197
ISBN-13 978-3-407-86819-0 / 9783407868190
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