Kundalini Yoga für werdende Mütter (eBook)
280 Seiten
Arkana (Verlag)
978-3-641-37030-5 (ISBN)
Gurmukh Kaur Khalsa ist interantional bekannte Lehrerin des Kundalini-Yoga, wie es von Yogi Bhajan gelehrt wurde, und eine Pionierin auf dem Gebiet des vorgeburtlichen Yoga. Sie ist Mitbegründerin und Leiterin des Golden Bridge Yoga Center in Los Angeles sowie Autorin. Seit mehr als 40 Jahren unterrichtet sie Yoga, bildet Yoga-Lehrer*innen aus und ist durch ihre besondere Art, Yoga zu praktizieren und zu lehren, weltweit populär geworden.
EINFÜHRUNG
„White-Shell-Woman, she moves …,
Before her all is beautiful,
she moves,
Behind her all is beautiful,
she moves.“
Lied der Navajo-Indianer
Ich bin seit mehr als dreißig Jahren Yoga- und Meditationslehrerin und bin stetig Zeugin davon, wie die unglaubliche Kraft dieser uralten Wissenschaft es vermag, die Seele zu erheben und Körper und Geist zu heilen. Yoga heißt wörtlich „anjochen“ oder „zusammenbringen“ und es bedeutet, dass du dich selbst mit dem Unendlichen verbindest. Verbundenheit ist die Essenz des Yoga und nirgendwo trifft dies mehr zu als während der Schwangerschaft, wenn dein Leben in jeder Hinsicht mit dem deines Babys verbunden ist.
Woche für Woche strömen Hunderte von Frauen und Familien ins Golden Bridge, unsem Yogazentrum in Los Angeles, um die prä- und postnatalen Yogakurse und die Geburtsvorbereitungskurse zu besuchen. Die Mütter und Väter kommen primär, weil sie etwas für eine gute und gesunde Schwangerschaft tun möchten. Was mich dann jedoch immer wieder zum Schmunzeln bringt, ist, wenn es den Teilnehmenden langsam dämmert, dass es bei der Geburtsvorbereitung eigentlich darum geht, sich auf ihr restliches Leben in der Elternrolle vorzubereiten. Yoga ist ein Zustand der Empfänglichkeit, in dem wir lernen und dauerhaft Veränderungen umsetzen können.
Ein Kind zu bekommen ist eine wunderschöne Art von Alchemie, also eine Form der Umwandlung. Was diese Seele dir gibt und was du dieser Seele gibst, wird dich für immer verwandeln. Schwangere Frauen zu unterrichten ist ohne Übertreibung meine allergrößte Leidenschaft im Leben. Ein Kind zu bekommen ist wie ein gelebtes Gebet und einfach eine erstaunliche Gnade. Die Kraft von uns Frauen, neues Leben in unserem Körper entstehen zu lassen, ist fast zu groß, um es zu begreifen. In der heutigen Kultur wird zu oft vergessen, dass es ein heiliges Wunder ist. Diese wichtige Lektion habe ich vor langer Zeit von einem jungen Mädchen namens Mary gelernt.
Als Kind war Mary ruhig und hatte eine ziemlich große Vorstellungskraft. Sie konnte stundenlang am Fenster sitzen und dabei träumen, einfach hinausschauen oder mit ihren Püppchen spielen. Wegen ihres zurückhaltenden Wesens wurde sie in der Familie „Mary-Sit-and-Do-Nothing“ genannt; ein Spitzname, der ihr das Gefühl gab, eine Enttäuschung für sie zu sein. Sie war zudem davon überzeugt, dass sie nicht besonders schlau war und dass irgendetwas mit ihr nicht stimmen konnte, denn sie kannte niemanden sonst, der einfach nur gern ruhig dasaß. Sie wuchs im Amerika der 40er- und 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts auf, als Tatkräftigkeit mit Erfolg gleichgesetzt wurde. Niemand aus ihrem kleinen Städtchen in Illinois hatte das Wort „meditieren“ auch nur gehört.
Anfang 1960 – Mary war noch ein Teenager – verschrieb man ihrer Schwester Diätpillen. Das wurde damals routinemäßig als Abnehmhilfe von Ärzten verschrieben. Was ihr Arzt allerdings nicht sagte, war, dass es sich bei dem Medikament um süchtig machendes Amphetamin handelte. Als Marys Schwester ihr vorschlug, die Pillen auch zu nehmen, weil man davon „richtig Energie“ bekam, stimmte sie glücklich zu, und schon bald wurde auch ihr ein Rezept ausgestellt. Mithilfe der Pillen rasten ihre Gedanken förmlich, ihr Gewicht sank und tatsächlich wurde sie von einer geradezu frenetischen Energie erfüllt. „Wow! Ab jetzt bin ich „Mary-Do-Everything!“ freute sie sich. Endlich konnte sie den Wunschtraum der Eltern von ihr als einem produktiven Mädchen erfüllen. Sie konnte sein wie die anderen.
Schon bald war Mary abhängig von dieser Droge. Obwohl das Wort „Sucht“ zu dieser Zeit im amerikanischen Sprachgebrauch nicht vorkam, war ihr klar, dass sie keinen Tag ohne die Pillen durchstehen konnte. Sie behielt diese Erkenntnis für sich. Mit wem konnte sie denn auch wirklich darüber sprechen? Sie kannte jedenfalls niemanden.
Mit neunzehn Jahren verließ Mary ihre kleine Stadt in Illinois in Richtung Kalifornien, um an der San Francisco State University zu studieren. Die Apotheken dort akzeptierten keine Medikamentenrezepte aus anderen Bundesstaaten. Zuerst geriet sie in Panik, doch dann war ihr plötzlich ganz klar, dass sie damit aufhören musste. Und das tat sie. Fast ein Jahr lang dauerte der Entzug, bei dem sie sich fortwährend schwach und apathisch fühlte. Nachts plagten sie Alpträume.
Irgendwann lernte Mary einen Mann kennen und verliebte sich in ihn. Er war Doktorand und rund 12 Jahre älter als sie. Sie sah in ihm einen weiseren, verlässlichen Mann, von dem sie hoffte, dass er den Platz ihres Vaters einnehmen könne. Der Vater war erst wenige Monate zuvor einem langen und schmerzhaften Krebsleiden erlegen.
Als sie merkte, dass sie schwanger war, wusste Mary nicht, was sie tun sollte. Sie war 21 Jahre alt. Als sie ihre erzkonservative Familie anrief, um ihnen mitzuteilen, dass sie schwanger sei, war das eine belastende und demütigende Erfahrung; sie hatte das Gefühl, in den Augen ihrer Familie versagt zu haben.
Obwohl weder sie noch ihr Freund sich bereit für eine Ehe fühlten, waren beide davon überzeugt, keine andere Wahl zu haben. Abtreibung war illegal und eine unverheiratete Mutter war ein gesellschaftliches No-Go. Es war eine leidvolle, verwirrende Zeit, doch trotz allem war sie auch beschwingt bei der Aussicht auf das neue Leben, das in ihr wuchs.
In den Gelben Seiten von San Francisco fand sie einen Frauenarzt ganz in der Nähe ihrer Wohnung. Sie hatte sich vorgenommen, ihn zu mögen und ihm zu vertrauen, doch sie konnte es nicht. Er gehörte zu der Art von Ärzten, die nicht einmal Guten Tag sagen, wenn sie ins Sprechzimmer kommen; außerdem gab er völlig unsensible Kommentare von sich wie: „Wenn Sie noch mehr zunehmen, werden Sie nicht mal mehr durch die Tür des Kreissaals passen!“ Sie fühlte sich gedemütigt. Ohne ihre Diätpillen hatte sie nicht mehr dieses falsche, von Drogen erzeugte Selbstwertgefühl, ganz zu schweigen von der gesteigerten Energie oder dem Gefühl der Unschlagbarkeit. Sie war mitten in einer Abwärtsspirale, fühlte sich fett und hässlich, und der Arzt schien ihre Überzeugungen auch noch zu bestätigen.
Immer wenn Mary von diesen Praxisbesuchen nach Hause kam, konnte sie nicht aufhören zu weinen. Sie erzählte ihrem Ehemann, wie sehr sie sich vor diesem Arzt fürchtete. Dennoch kam keinem der beiden in den Sinn, sich einen anderen Arzt zu suchen. Es war fast so, als sei er ein Gott, dem man sich nicht zu widersetzen wagte. Mit versteinerter Miene marschierte sie also weiterhin jede Woche in diese Praxis und fühlte sich in jeder Hinsicht wie eine totale Versagerin.
Am 4. November 1964 – während der Wahlen, bei denen Jerry Brown als Gouverneur von Kalifornien antrat – begannen Marys Wehen. Man schob sie mit dem Rollstuhl in den Kreissaal; ihr Mann musste draußen bleiben. Im Kreissaal dröhnte die ganze Zeit über ein Fernseher, weil das Personal nicht die Wahlergebnisse verpassen wollte. Mary wurde rücklings auf das Entbindungsbett gelegt, die Füße in Haltebügeln fixiert.
Ohne ein weiteres Wort der Erklärung und ohne um Erlaubnis zu fragen, gab der Anästhesist ihr eine Spritze mit einer großen, sehr langen Nadel in den Rücken. Erst Jahre später erfuhr sie, dass man ihr ohne ihre Einwilligung eine PDA verpasst hatte.
Als sie in den Wehen lag, war es einzig der Anästhesist, der ihr Fragen stellte und ihre Hand hielt. Sie hatte das Gefühl, er war der Einzige, der sich überhaupt um sie kümmerte. Erst viele Jahre später dämmerte ihr, dass er nur deshalb das Gespräch gesucht hat, um abschätzen zu können, ob die Betäubung ihre Wirkung tat. Niemals würde sie seine Hand auf ihrer vergessen, weil es das einzig Wirkliche in einem sonst kalten und lieblosen Raum war. Die Wände waren schlammgrün gestrichen, und sie konnte kaum ein Gesicht über sich erkennen, weil alle wie gebannt auf den Bildschirm starrten, der unter der Decke befestigt war. Niemand wollte die neuesten Hochrechnungen verpassen. Die Gespräche des Personals drehten sich um die Wahlen und wer sie wohl gewinnen würde. Und unter dem Geräuschteppich aus politischem Smalltalk lag Mary und betete um Hilfe, um etwas Trost, um die Gewissheit, dass alles gut werden würde. Doch nichts davon. Und so kam ihr Baby auf die Welt.
Mary war zu naiv, zu unwissend und ängstlich, um zu verlangen, dass man endlich auf ihre Bedürfnisse einging. Tatsächlich wusste sie nicht einmal, welche Bedürfnisse sie überhaupt hatte – so weit war sie von ihrer eigenen Gefühlswelt entfernt. Von Yoga, Geburtsvorbereitungskursen oder Schwangerschaftsratgebern hatte sie noch nie etwas gehört. Schließlich wurde sie bewusstlos und bekam nicht mehr mit, wie das Kind, ein kleiner Junge, aus ihr herausgezogen wurde.
Nach dem damals üblichen Krankenhausaufenthalt von drei Tagen machte sich Mary bereit, mit ihrem Sohn – einem rund dreieinhalb Kilo schweren Jungen namens Shannon Danuele – nach Hause zu gehen. Obwohl sie von niemandem dazu angehalten oder gar bestärkt wurde, hatte sie angefangen, ihm die Brust zu geben. Das Krankenhauspersonal stellte ihr Fläschchen und Milchpulver zur Verfügung, aber tief in ihrem Herzen wusste sie, dass es das Beste war, den Jungen zu stillen, auch weil ihre Mutter sie selbst als Baby gestillt hatte.
Und eine...
Erscheint lt. Verlag | 1.7.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Entspannung / Meditation / Yoga |
Schlagworte | 2024 • eBooks • Eltern • geschwängert • Gesundheit • guter hoffnung • Neuerscheinung • Ratgeber • Schwanger • Schwangerschaft • Schwangerschaftsbuch • schwanger werden • Yoga |
ISBN-10 | 3-641-37030-2 / 3641370302 |
ISBN-13 | 978-3-641-37030-5 / 9783641370305 |
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