Der Jahreskreis (eBook)
224 Seiten
Arkana (Verlag)
978-3-641-37040-4 (ISBN)
Die Politikwissenschaftlerin und Journalistin Martina Kaiser beschäftigt sich schon lange intensiv mit Spiritualität, wobei ihr Schwerpunkt auf naturreligiösen Überlieferungen liegt. Ihr besonderes Interesse gilt den inneren und äußeren Vorgängen und den Zyklen in der Natur.
VORWORT
Und ist nicht die Zeit wie die Liebe,
ungeteilt und ungezügelt?
Doch wenn ihr in eurem Denken die
Zeit in Jahreszeiten messen müsst,
lasst jede Jahreszeit all die anderen umfassen.
Und lasst das Heute die Vergangenheit
mit Erinnerung umschlingen
und die Zukunft mit Sehnsucht.
AUS: KHALIL GIBRAN, „DER PROPHET“
Sieht und spürt man, wie sich unsere Welt gerade entwickelt, dann scheint Veränderung das zentrale Merkmal zu sein. Es bleibt uns kaum Zeit, Luft zu holen, ständig gibt es neue technische Entwicklungen, die Natur verändert sich spürbar durch den Klimawandel, und auch das Bewusstsein vieler Menschen in unserer Welt verändert sich. Und wir sind mittendrin, bewegen uns durch diese manchmal herausfordernde, interessante und großartige Zeit und sind damit konfrontiert, uns immer wieder neu zu verorten und zu erfinden: Wo stehe ich jetzt? Wo will ich hin? Wie will ich leben? Was macht mich glücklich? Diese Fragen müssen wir beantworten in einem Umfeld, in dem sich alte Gewissheiten und feste Strukturen immer mehr auflösen. Keine einfache Aufgabe.
Obwohl sich die Natur um uns ebenso im Wandel befindet wie unsere Gesellschaft, suchen viele Menschen wieder Anbindung an die lebende, atmende Welt, die uns umgibt. Der Grundgedanke dieses Buches ist es, dass „Natur“ nichts ist, das außerhalb von uns stattfindet. Wir selbst sind Teil der Natur und sie ist Teil von uns. Früher waren wir Menschen abhängig von der Natur, sie zu verstehen hieß zu überleben. Heute ist es die Natur, die von uns geschützt werden muss, weil wir sie vollständig unseren Bedürfnissen unterworfen haben. Wir fühlen alle, dass wir ein neues Gleichgewicht brauchen. Denn tief in jeder Zelle wissen wir, dass wir verbunden sind mit allem, was uns umgibt.
In den Rhythmen der Natur finden wir immer wiederkehrende Mechanismen, die am Ende zu einem neuen Gleichgewicht führen. So war es schon immer. Die Rhythmen sind Stabilität in Veränderung. Im verlässlichen Auf- und Abstieg der Sonne im Verlauf eines Jahres und in den Jahreszeiten erleben wir ein Pendel, das hin und her schwingt, jedes Jahr wieder – und doch immer anders und neu. Zugleich sind die Kreisläufe in der Natur ein Spiegelbild unseres eigenen Daseins mit all seinen Chancen, Herausforderungen und Notwendigkeiten. Entstehen, wachsen und wieder vergehen, helle Zeiten werden abgelöst von dunklen Zeiten, das erleben wir jedes Jahr neu in der Natur. Und auch in uns wechseln unglückliche Zeiten voll Frustration, Angst oder Trauer mit freudigen Phasen voll Kraft, Lebendigkeit und Zuversicht. Während das Pendel hin und her schwingt, wachsen wir und verändern uns. Wie die Jahreszeiten wiederholt es sich – und ist immer wieder neu. Nichts hält ewig. Alles fließt. Und das ist genau richtig so.
Die Natur ist unser Spiegel, in den wir hineinblicken. Wenn zum Beispiel im Frühling die Natur um uns nach der Winterruhe wieder erwacht, können wir das auch in uns spüren und ganz bewusst nutzen. Diese Energie des Keimens, des sanften Neu-Werdens, die Dynamik des Aufbruchs kann in unser eigenes Leben fließen. Wenn sich im Sommer die Pflanzen- und Tierwelt entfaltet, wachsen wir bewusst mit. Und wenn sich im Herbst das Leben wieder zurückzieht, üben wir uns im Loslassen, im Rückzug, um dann im Winter in unsere eigene Innenwelt einzutauchen. So erleben wir uns wieder als ein Teil der Natur, wir verstehen die Rhythmen besser, in uns und um uns herum. Und es wird leichter, sie und uns zu lieben und ein neues Gleichgewicht zu finden. Veränderung ist für die Natur kein Problem, es ist ihr Wesen. Und unseres damit auch. Wenn wir in den Spiegel der Natur sehen, dürfen wir die Angst vor dem Wandel loslassen und darauf vertrauen, dass sich alles neu finden wird. Denn das hat es immer getan.
Natur ist Sinnlichkeit. Ist es nicht ein wundervolles Privileg, das Leben mit allen Sinnen wahrzunehmen? Einzutauchen in die Elemente: die Wärme und das Licht eines Feuers wahrnehmen, Meerwasser auf der Haut spüren, Blütendüfte in der Nase riechen, lehmige Erde mit den Händen bearbeiten. Über die Sinne erleben wir die Welt und tauchen in sie ein, sie sind der ausgleichende Gegenpol zur Welt des Denkens und der Medien. Über die Sinne kommen wir an, jetzt, in diesem Moment, in der einzigen Wirklichkeit, die es gibt.
Sinnliches und Übersinnliches. Rituale sind ein Weg, um sich sinnlich mit der Natur zu verbinden. Zugleich erkennen wir in einem Ritual an, dass die von unseren Sinnen erlebte Welt nur ein Teil dessen ist, was existiert. Rituale verweisen auf eine Wahrheit, die größer und weiser ist, als sie in der eingeschränkten menschlichen Perspektive erkannt werden kann, eine Quelle, die in der Natur ihren materiellen Ausdruck findet. Gleichgültig, welche Bilder wir dafür verwenden, Gott, Göttin, Seele, Spirit, die eine Quelle, das eine Sein. Sie stehen für die Ahnung, dass uns mehr ausmacht als unser Menschsein und dass unsere Reise, wenn sie auf der Erde beendet wird, uns wieder zu unserem „Höheren Selbst“ zurückführt. Ich für meinen Teil gehe davon aus, dass alles in uns ist, Gott, Göttin, Seele, Spirit, Natur. Aber nimm dir die Freiheit, deine eigenen Bilder dessen zu verwenden, was für dich heilig ist.
Rituale selbst gestalten. Im Ritual begeben wir uns bewusst in einen Raum, in dem die sinnliche und die übersinnliche Welt zusammengebracht werden. Im Buch werden Rituale vorgeschlagen, aber sie dienen nur als Ideengeber. Selbst Rituale zu erfinden, macht noch mehr Spaß und ist stark in der Wirkung. Deshalb gebe ich hier ein paar Hinweise zu Ritualabläufen, die sich im Laufe der Zeit als hilfreich erwiesen haben.
Rituale markieren Übergänge. Übergänge heißt: Das Alte vergeht gerade, das Neue ist noch nicht da. Ein Ritual gibt in dieser Situation eine bewusst gewählte neue Richtung. Übergänge im Lebensverlauf wie Geburt, Erwachsenwerden usw. können mit Ritualen gefeiert werden. Man kann aber alle Veränderungen im Leben mit einem Ritual begleiten, die man bewusst gestalten will. Will ich z. B. etwas Neues in die Welt bringen, treffe ich zuerst eine Entscheidung. Ich beantworte die Frage: Was ist es genau, das ich will? Damit richte ich meine Energie neu aus. Denn Energie folgt Bewusstsein, das ist ein Gesetz und die Grundlage der Arbeit mit Ritualen.
Rituale bringen Bewusstsein in Form. Ich bekräftige meine Entscheidung mit einem Ritual, mit einer symbolischen Handlung, die meine Entscheidung buchstäblich „verkörpert“. Indem ich im Ritual z. B. etwas aus Lehm forme, einen Samen einpflanze oder ein neues Lied dichte, gebe ich meiner Entscheidung, etwas Neues hereinzubringen, Form und Realität. Damit bleibt meine Intention, das Ziel des Rituals, nicht nur eine theoretische Idee in meinem Kopf, sondern wird in Realität umgesetzt. Im rituellen Raum gewinnt die symbolische Handlung eine besondere Dynamik und bewirkt auf mehreren Ebenen gleichzeitig eine Wandlung, körperlich, seelisch und geistig. In Ritualen sprechen wir unser inneres Kind an, dessen Kreativität und spielerische Kraft sich mit unserem denkenden, erwachsenen Ich und jener „höheren“ Weisheit verbindet, die ebenfalls zu uns gehört. Und das setzt die Energien frei, die die gewünschte Veränderung bewirken. Alle Energie richtet sich danach aus, meine Entscheidung zu unterstützen. Rituale sind eine Methode, um die eigene Realität bewusst zu gestalten.
Wie Rituale ablaufen können. Jedes Ritual benötigt zuerst eine Intention, ein Ziel. Was will ich, warum mache ich das Ritual? Was ist mir wichtig in dieser Situation? Dann suche ich eine symbolische Handlung aus, die mein Ziel abbildet, die Spaß macht und mit allen Sinnen, mit Fühlen, mit Denken und mit höherer Weisheit erlebt werden kann. Es braucht also eine gewisse Vorbereitung, um den Ablauf zu gewährleisten.
Dann führt man das Ritual so durch, dass es sich gut anfühlt. Man erschafft einen eigenen Raum, der den realen Alltag mit der symbolischen, spirituellen Ebene verbindet. Das kann aufwändig geschehen mit Abschreiten, Markieren, oder damit, einen Kreis von Teelichtern, Steinen oder Blumen auszulegen. Es kann aber auch einfach ein gedachter Raum sein, ein geistiger Kreis, den ich mir vorstelle. Der Ritualraum schützt, liegt zwischen den Welten und verbindet diese.
In diesen Raum lade ich dann jene Kräfte ein, die mich unterstützen: Die vier Elemente, die vier Himmelsrichtungen, die den Kreis verorten, Göttinnen und Götter, Heilige und Engel, Schutzgeister, Spirit, Gott oder einfach meine eigene, höhere Weisheit, meine Seele, jenen Teil von mir, der mit seiner Liebe den menschlichen Teil von mir begleitet. Wir verbinden die Welten und erkennen an, dass wir mit vielen Ebenen verbunden sind, egal, wie wir sie nennen.
Gut ist es, sich dann kurz Zeit zu nehmen, um ganz bei sich selbst zu sein. Bewusst atmen, sich spüren, das Herz öffnen, im Hier und Jetzt ankommen. Sich das Ziel des Rituals bewusst machen.
Und dann kann es losgehen. Lass dein inneres Kind spielen. Je mehr Sinne einbezogen sind, je stärker du den Sinn des Rituals fühlen kannst, desto stärker ist hinterher die Wirkung. Der Verstand bringt nicht genug Energie mit, die...
Erscheint lt. Verlag | 1.7.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Esoterik / Spiritualität |
Schlagworte | 2024 • eBooks • Neuerscheinung • Schamanismus • spirituelle Bücher |
ISBN-10 | 3-641-37040-X / 364137040X |
ISBN-13 | 978-3-641-37040-4 / 9783641370404 |
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Größe: 13,3 MB
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