Judo (eBook)
224 Seiten
Meyer & Meyer (Verlag)
978-3-8403-3872-4 (ISBN)
Martin Zackor hat bereits als Kind seine Leidenschaft fürs Judo entdeckt und betreibt den Sport seit ca. 35 Jahren. Mittlerweile besitzt er den 4. Dan sowie diverse Trainer-Lizenzen. Außerdem ist er seit einigen Jahren ständiger Mitarbeiter des 'Judo Magazin'. Neben Judo ist er passionierter Marathon-Läufer und Langdistanz-Triathlet. Hauptberuflich arbeitet er als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei in Frankfurt am Main.
Martin Zackor hat bereits als Kind seine Leidenschaft fürs Judo entdeckt und betreibt den Sport seit ca. 35 Jahren. Mittlerweile besitzt er den 4. Dan sowie diverse Trainer-Lizenzen. Außerdem ist er seit einigen Jahren ständiger Mitarbeiter des "Judo Magazin". Neben Judo ist er passionierter Marathon-Läufer und Langdistanz-Triathlet. Hauptberuflich arbeitet er als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei in Frankfurt am Main.
★ KAPITEL C ★
JUDO-WERTE
I.GESCHICHTLICHER HINTERGRUND DER JUDO-WERTE
Die heutigen Judo-Werte weisen grobe Parallelen mit dem Ehrenkodex der Samurai (Bushido) auf. Wie bereits zur historischen Entwicklung des Kodokan-Judo erläutert, umfasst der Oberbegriff Budo neben Judo verschiedene weitere japanische Kampfkünste18.
Bushido („Weg des Kriegers“, , kombiniert aus den Kanji „bu“ und „shi“ ((professioneller) Krieger) sowie „do“ (Weg, Prinzip)) bezeichnet allgemein nicht nur das Repertoire an Techniken, sondern auch, als philosophisches Prinzip, die Selbstverwirklichung. Im weiteren Sinne handelt es sich um einen Ehrenkodex der Samurai, der in gewisser Weise mit den ritterlichen Tugenden des Mittelalters vergleichbar ist.
Um den Bushido zu verstehen, ist es erforderlich, sich seine historische Entwicklung zu vergegenwärtigen: In der Kamakura-Ära (, 1185 bis 1333) hatten die Samurai ihre Bräuche und Regeln noch nicht kodifiziert. 1616 erwähnte eine Chronik der militärischen Erfolge des Takeda-Stammes erstmals diesen Begriff. Seine moderne Bedeutung als Ehrenkodex der Samurai erlangte der Bushido jedoch erst im 20. Jahrhundert.
Prägend für die frühere Samurai-Kultur war die Ehre, auf der die gemeinsame Identität der Samurai beruhte. Dem entsprechend entwickelten sich Regeln, die die Beziehungen der Samurai untereinander und zu anderen Bevölkerungsschichten bestimmten. Die sieben Tugenden des Bushido waren Ehre (Meiyo, ), Etikette/Höflichkeit (Rei, ), Aufrichtigkeit (Gi, ), Mut (Yu, ), Wahrhaftigkeit (Makoto, ), Pflichtbewusstsein (Chugi, ) und Menschlichkeit (Jin, ). Das Streben nach Ehre beziehungsweise das Vermeiden von Schande war untrennbar mit Heldenmut und Tapferkeit verbunden – bis hin zur rituellen Selbsttötung (Seppuku, ).
Selbst Isao Inokuma (, 1938 bis 2001), der erste Judo-Olympiasieger im Schwergewicht 1964 in Tokyo, beging 2001 Seppuku, als Tokai Construction , deren Vorstandsvorsitzender er war, in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet.
Allerdings waren diese Regeln nicht auf militärische Aspekte beschränkt, vielmehr galt es, ein Gleichgewicht zwischen militärischen und kulturellen Idealen zu erreichen: Man erwartete von einem Samurai, dass er sowohl Meister des Kampfes als auch der Künste war. Dieser Exzellenzanspruch an moderne Budoka ist prinzipiell derselbe – körperliche und geistige Stärke, eine umfassende, leidenschaftliche und freundliche Persönlichkeit sowie ein hohes Maß an Wahrnehmung und Einsichtsfähigkeit. Alleinige physische Stärke entspricht nicht dem Ideal, weil die Ausbildung des Kriegers ein Gleichgewicht verlangt. Spirituelle, technische und intellektuelle Kultivierung werden nicht als separate Teile angesehen, sondern als Komponenten eines gemeinsamen Ganzen. Daher überrascht es nicht, dass es in der japanischen Kultur viele (intellektuelle) Wege („do“) gibt, um etwas zu studieren (wie zum Beispiel auch Ikebana/Kado, Sado oder Shodo (Kalligraphie, ).
Das „Buch der fünf Ringe“ (Gorin no Sho, ), das eine prägende Veröffentlichung und damit eine frühe „Kodifizierung“ des Bushido ist,“ stammt von Miyamoto Musashi (, 1584 bis 1645), der es 1645 vollendete. Musashi war ein Ronin (herrenloser Samurai, ), der unter anderem für seinen Kampfstil mit zwei Schwertern bekannt war – aber in seinem späteren Leben auch ein Philosoph. In seinem Buch, das fünf Kapitel umfasst („Erde“, „Wasser“, „Feuer“, „Wind“ und „Leere“), betont Mu-sashi, dass es sich bei Bushido um eine lebenslange Aufgabe handele, die umfassend und nicht allein auf Kriegsführung bezogen zu verstehen sei. Zwar sieht er Bushido – verglichen mit anderen „Do“ nicht als überlegen an, für Musashi steht der Sieg im Bushido aber über allen anderen Zielen.
„Hagakure“ (übersetzt: „Hinter den Blättern“, ) schrieb Tsunetomo Yamamoto (, 1659 bis 1719), ebenfalls ein Samurai, der später ein Zen-Mönch wurde, 1716. Es besteht aus ungefähr 1.300 Aphorismen bzw. Aufzeichnungen, die in elf Kapiteln zusammengefasst sind und sich im Wesentlichen mit den Menschen, der Geschichte und der Kultur des Saga-Stammes beschäftigt. Das Leitmotiv des „Hagakure“ ist das der absoluten Loyalität bis hin zum Bereitsein zu sterben (im Rahmen der Pflichterfüllung), der „Weg des Kriegers“ offenbart sich hier im Sterben.
Dieses Verständnis der Selbstaufopferung passte gut in das Verständnis vieler Japaner Anfang des 20. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg. Daher verwundert es nicht, dass Kamikaze-Piloten („Göttlicher Wind“, ), häufig eine Taschenbuchausgabe des „Hagakure“ dabeihatten, als sie zu ihren Suizid-Missionen aufbrachen.
Allerdings kann die Faszination vom Tod auch als lebensbejahend interpretiert werden: Wer so lebt, als könne er jeden Moment sterben, wird jede Sekunde seines Lebens wertschätzen und sinnvoll einsetzen.
Am Ende des 19. Jahrhunderts breitete sich in Japan ein starker Nationalismus aus. Japan hatte im Ersten Japanisch-Chinesischen Krieg (Nisshin senso, , 25. Juli 1894 bis 17. April 1895) das Kaiserreich China in Korea besiegt. Zehn Jahre später besiegte Japan das Russische Kaiserreich im Russisch-Japanischen Krieg (8. Februar 1904 bis 5. September 1905). Wiederum war der Einfluss auf Korea Kriegsgrund. Zuvor hatte Japan eine Wehrpflicht eingeführt und sowohl Heer als auch Marine modernisiert – als Vorbilder dienten die preußische Armee sowie die Royal Navy des Vereinigten Königreichs. Diese Entwicklung bestärkte das japanische Selbstbewusstsein und imperialistische Strömungen in der japanischen Gesellschaft. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Japan zu einer beherrschenden Militärmacht in Ostasien.
Durch den damaligen Nationalismus in Japan erstarkte auch Sumo zum „Nationalsport“. In Deutschland gehörten die Sumotori als Untergruppe lange Zeit dem DJB an. Im Amateurbereich kommen viele Sumotori ursprünglich vom Judo.
1899 erschien Inazo Nitobes (, 1862 bis 1933) Buch „Bushido: Die Seele Japans“ (zuerst auf Englisch („Bushido: The Soul of Japan“), anschließend auf Japanisch), das schnell zu einem Bestseller wurde und scheinbar Erklärungen für die Erfolge Japans präsentierte.
Nitobe stammte aus einer Samurai-Familie, sein Vater unterrichtete unter anderem Ju-Jutsu. Er war sehr gebildet, nach einer (internationalen) Karriere als Beamter und Professor wurde Nitobe schließlich Vizegeneralsekretär des Völkerbundes. In „Bushido“ beschreibt er sieben Tugenden (Gerechtigkeit, Höflichkeit, Mut, Ehre, Menschlichkeit, Aufrichtigkeit und Loyalität) als moralisches Rückgrat Japans. Da Nitobe (zunächst) für eine westliche Leserschaft schrieb und ihm Völkerverständigung wichtig war, verglich er diese Tugenden mit den Idealen des mittelalterlichen Rittertums und des Christentums. Ebenso flossen Bezüge zur westlichen Philosophie und Literatur ein. Das Buch prägt bis heute das westliche Verständnis des Bushido, obwohl Nitobe kein Historiker war und wohl eher seine eigene (internationale) Interpretation des Bushido entwarf. Insoweit dürfte es von Vorteil gewesen sein, worauf Nitobe auch hinweist, dass die Regeln des Bushido nicht kodifiziert waren, sondern von einer Generation an die nächste im Rahmen der Erziehung weitergegeben wurden.
Das Portrait Nitobes befand sich auf der Vorderseite der 5.000-Yen-Banknoten (D-Serie), die zwischen November 1984 und Oktober 2004 ausgegeben wurden.
Nachdem es in Japan veröffentlicht worden war, führte es dort ebenfalls zu einem starken Interesse an den Kampfkünsten – sowohl in Schulen, bei der Polizei und Armee als auch in privaten Dojo. In demselben Jahr hatte der Butokukai, der Großjapanische Kampfkünste-verband (Dainippon Butokukai ), das Butokuden errichtet. Dieser Verband mit Sitz in Kyoto war 1895 gegründet worden, um im Auftrag der Regierung die einzelnen Kampfkunstschulen unter einem Dach zu vereinen und einheitliche Standards zu schaffen, gleichzeitig aber auch das Budo-Erbe gegenüber modernen Einflüssen zu verteidigen.
Wegen der engen Verbindung zur Kaiserfamilie ernannte der Butokukai wichtige Personen des öffentlichen Lebens zu Verwaltungsratsmitgliedern. Innerhalb des ersten Jahrzehnts stieg die Anzahl der Mitglieder von 1.800 auf über eine Million. Dies zeigt den erheblichen Einfluss der Kampfkünste (beziehungsweise des Butokukai) auf die damalige japanische Gesellschaft. Jigoro Kano gehörte ebenfalls dem Steuerungskomitee des Butokukai an und war für dessen Jujutsu-Abteilung zuständig. 1899 wurde Kano Präsident des Butokukai; Hajime Isogai (( —, 1871 bis 1947, Mitbegründer des Kosen-Judo sowie einer den wenigen Träger des zehnten Dan) war dort ebenfalls als Kodokan-Lehrer tätig.
Nachdem Japan seine Kriege sowohl gegen China als auch gegen Russland gewonnen hatte, förderte vor allem Tetsujiro Inoue (, 1856 bis 1944), ein Philosophie-Professor in Tokyo, intellektuell die...
Erscheint lt. Verlag | 11.3.2024 |
---|---|
Verlagsort | Aachen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport ► Kampfsport / Selbstverteidigung |
Schlagworte | DJB • Events • Japan • Judo • Judoka • Kampfkunst • Kampftechnik • Olympia • Olympische Spiele • Regeln • Selbstverteidigung • Wettkämpfe |
ISBN-10 | 3-8403-3872-7 / 3840338727 |
ISBN-13 | 978-3-8403-3872-4 / 9783840338724 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 7,3 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich