Schachmentaltraining (eBook)

1. Warum Mentaltraining im Schach wichtig ist

Was erfolgreiche Schachspieler gemeinsam haben, ist ihre Art zu denken und noch viel wichtiger, effizient zu trainieren und sich auf eine Partie vorzubereiten. Die vielen namenhaften Großmeister im Schach zeichnen sich durch ein starkes Selbstvertrauen aus. Sie haben Zuversicht in Ihr Können, Mut, auch einmal etwas Ungewöhnliches zu wagen und natürlich verfügen Sie über eine hohe Selbstdisziplin, gepaart mit entsprechender Zielstrebigkeit. Das ist das Ziel der Weiterentwicklung: Zu dem zu werden, der Sie sein wollen oder auch:

„Der beste Schachspieler, der in Ihnen steckt.“

Alle diese Punkte lassen sich unter dem Dachbegriff „mentale Stärke“ vereinen. Was heißt das? Wie kann man das umsetzen, besonders diejenigen unter uns, die Hobby- und Freizeitspieler sind und mehr wollen? Oder Sie sind ein guter Vereinsspieler, möchten in der Mannschaft besser werden und mal an Brett 1 spielen? Genau das werde ich in den folgenden Kapiteln erklären, damit Sie es für sich nutzen können. Wer herausgefunden hat, wie er vollen Zugang zu seinem spielerischen Potenzial und seinen persönlichen Ressourcen bekommt, wird sein Ziel vor allen anderen erreichen und, wenn er seine Fähig- und Fertigkeiten gezielt einsetzt, mehr Partien im Schach gewinnen als verlieren.

Um das Ziel zu erreichen, der beste Schachspieler zu werden, der in einem steckt (das gilt für alle, egal, welches Level) gibt es ein paar Voraussetzungen:

• Selbstmanagement
• Effizienz und Leistungsbereitschaft
• Zielstrebigkeit

Wer diese Punkte in sich vereint, ist der Schachkonkurrenz weit voraus. Das Schöne ist: Diese Erfordernisse kann jeder und jede lernen und anwenden, unabhängig davon, ob man „nur“ Hobby- und Freizeitspieler oder schon weiter ist. Wichtig ist, den entsprechenden Willen zu haben, das zu tun, was nötig ist, um an das Ziel zu kommen, das man sich gesteckt hat. Genau das ist es, was den meisten Schachspielern fehlt:

• Der Wille, das zu tun, was nötig ist, und den Willen zu haben, mehr leisten zu wollen.

Wenn Sie Ihre mentalen Stärken entwickeln wollen, bedeutet das, Ihr persönliches Leistungspotenzial auszuschöpfen, ungeachtet aller Widrigkeiten. Schöpfen Sie ihr Potenzial im Moment voll aus und geben Sie wirklich alles, was Sie können? Oder ist das nur manchmal so? Was fehlt Ihnen, um es immer zu tun? Ist es die Motivation, ein effizientes Training, fehlende Ressourcen?

Wer, wenn nicht Sie, kann diese Frage am besten selbst beantworten!

Jeder von uns hat mentale Stärke und wir nutzen sie in nahezu allen Lebensbereichen. Wir setzen Sie bei der Arbeit, im Familienalltag oder eben im Sport ein, um die verschiedensten Ziele zu erreichen oder Aufgaben erledigt zu bekommen. Unabhängig von Alter, Ausbildung, Herkunft und aller bereits vorhandenen Fertigkeiten, sind Sie fähig, weit über das hinauszugehen, was Sie aktuell selbst für möglich halten. Und das ist kein billiges Werbeversprechen, sondern Sie sind dazu in der Lage, sich mental zu Leistungen zu motivieren, die Sie vorher nicht für möglich gehalten hätten. Meistens wachsen Menschen über sich hinaus, wenn Sie in Lebensgefahr sind und leisten Übermenschliches. Um mentale Stärke im Schach zu erreichen, müssen Sie sich nicht extra in Lebensgefahr begeben, sondern nur eine andere Haltung einnehmen. Eine, die Sie beflügelt, mehr in sich zu investieren als gewöhnlich. Effizienz, Fokus und Motivation sorgen dann für entsprechende Ergebnisse.

Mit einfachen mentalen Techniken lässt sich das eigene Leistungsvermögen im Schach steigern, besonders auch dann, wenn’s drauf ankommt. Mehr Selbstvertrauen in schwierigen Partien, beispielsweise um eine Verluststellung noch zu drehen, weil man das Selbstbewusstsein hat und nicht als Verlierer aus der Partie herausgehen will.

Mentale Stärke heißt auch, Resilienz aufzubauen, Widerstand zu leisten und es dem Gegner so schwer wie möglich zu machen. Er soll Ihre Abwehr nicht durchbrechen können, damit am Ende wenigstens ein glückliches Remis dabei herauskommt (spielerisches Können natürlich vorausgesetzt).

Mentale Stärke allein gewinnt keine Schachpartie aber im Zusammenspiel mit dem eigenen Können und dem mentalen Widerwillen zu verlieren, schon.

Ein kleiner Merksatz für Sie:

• Mentaltraining ist ein bewusstes Training zur Verbesserung sportlicher, geistiger und emotionaler Techniken, um Sie als Sportler zu unterstützen und Ihre maximale Leistungsstärke abzurufen, wenn Sie sie brauchen.

Mentales Training besteht nicht nur aus geistigen Übungen, sondern auch aus praktischen Handlungsübungen. Dafür fließt eine genaue Analyse Ihrer Vorbereitung ein und natürlich Ihre Erfahrung aus allen Ihrer bereits gespielten Schachpartien aus der Vergangenheit. Schwerpunkt sind in diesem Fall die geistigen und emotionalen Momente innerhalb einer Partie und das, was sich daraus für Ihr Spiel entwickelt hat. Daraus ergeben sich effiziente Trainingseinheiten, damit Sie bewusst Einfluss auf Ihre Gedanken und Emotionen nehmen können, um eine bessere Leistung in kommenden Partien abzurufen.

Das ist das Ziel von Schachmentaltraining für uns alle, die Schach spielen. Einmal mehr aufstehen als hinfallen. Genau das bedeutet es, an seiner mentalen Stärke zu arbeiten, mit der Sie Ihr inneres Feuer schüren, Ihre Motivation behalten und Ihre Ziele erreichen können.

Das Wichtigste in diesem Zusammenhang sind wie gesagt Sie! Mentale Stärke baut sich nicht auf Knopfdruck auf; sie ist die Summe vieler Faktoren, und sie ist ein Prozess. Wenn Sie nicht bereit sind, das zu tun, was nötig ist, und nicht bereit sind, Neues zu lernen, Altes zu verändern und neue Verhaltensmuster und Perspektiven einzunehmen, wird der beste Trainer oder Coach der Welt Sie nicht zu dem Erfolg führen können, den Sie anstreben.

Bitte seien Sie sich klar darüber, dass Ihnen die folgenden Kapitel nur helfen können, Ihr Schachspiel zu verbessern, wenn Sie bereit sind, Neues auszuprobieren und es auch ein zweites Mal zu versuchen, wenn es nicht auf Anhieb klappt. Der Weg ist das Ziel: Veränderungen sind immer ein Prozess, neue Blickwinkel brauchen Zeit und es kann mehrere Wochen dauern, bis Sie bemerken, dass sich etwas ändert bzw. verbessert. Unter Druck und Stress kann es auch passieren, dass Sie in alte Verhaltensmuster zurückfallen und ein Rückschritt droht. Wir sind alle nicht gegen den Misserfolg gefeit, selbst Großmeister können fallen. Aber sie stehen wieder auf und starten neu. Lernen wir davon!

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, hier gleich vier wesentliche Punkte anzusprechen, die für Ihr Mentaltraining von hohem Nutzen sind:

1. Den Fokus schärfen, um die Essenz zu finden: Sie richten Ihre Energie auf eine einzige Aufgabe und legen den Fokus auf das Wesentliche in Ihrem Training bzw. Spiel. Sie selbst oder mit der Anleitung durch einen Coach identifizieren Ihre Stärken und stärken sie.

Gleichzeitig erkennen Sie Ihre Schwächen – und schwächen sie. Sie fangen an, sich bewusst Zeit für Ihr Training zu nehmen und halten sich in dieser Zeit von allen Ablenkungen fern. Die Fokussierung wird nicht nur Ihre Lerneffizienz steigern, sondern auch dabei helfen, in kurzer Zeit bessere Ergebnisse zu erzielen.

2. Achtsamkeit in Entscheidungen einfließen lassen: Führen Sie das Training bewusst und mit Präzision aus. Nehmen Sie sich Zeit, um Informationen zu den Partien zu analysieren, und erstellen Sie handschriftliche Notizen. Ein Trainingshandbuch ist dabei sehr nützlich, um nicht nur über Ihr Training zu reflektieren, sondern auch, um Ihre Fortschritte zu dokumentieren. Wo standen Sie in Ihren Spielen vor einem Monat? Was hat sich verbessert? Wieviel DWZ ist dazugekommen? Das alles sind die Auswirkungen Ihrer Entscheidungen im Training und im Spiel. Es hilft Ihnen (und gegebenenfalls Ihrem Coach), um zu sehen, wo Sie stehen. Feedback ist entscheidend!

3. Stressbewältigung und innere Balance: Die Bedeutung von mentaler und emotionaler Stabilität ist nicht nur im Leben von entscheidender Bedeutung, sondern natürlich auch in jeder Schachpartie. Stress führt zu falschen Handlungsentscheidungen; Wut und Zorn zu übereilten Zügen, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Es ist wichtig, herauszufinden, was für ein emotionaler Spieler Sie sind, um den Geist zu beruhigen und ein gesundes Fundament zu haben, auf das Sie sich im Spiel verlassen können und nichts ins Wanken gerät.

4. Authentisches Spiel: Authentisches Spiel heißt, Sie spielen nach Ihrem Charakter und fühlen sich wohl in der eigenen Haut. Spielen Sie Eröffnungen, die zu Ihrem Spielstil passen, mit denen Sie sich heimisch und sicher fühlen. Spielen Sie nichts, was Sie nicht vertreten können. Ein Angriffsspieler wird nun mal kein vollwertiger Defensivspieler. Das heißt nicht, dass ein Angriff sofort ausgeführt werden muss, sondern vielleicht ein spielerischer Zeitzünder eingebaut wird und eine Figur erst noch in die rechte Linie geschoben werden muss, bevor es zur Attacke geht....