Der Faszien-Code (eBook)
272 Seiten
Riva Verlag
978-3-7453-2298-9 (ISBN)
Robert Schleip ist promovierter Humanbiologe, Diplom-Psychologe und der führende Faszienforscher Deutschlands. Er ist der Direktor der Fascia Research Group der TU München und Mitinitiator aller internationalen Faszienkongresse seit 2007. Außerdem ist er Autor zahlreicher Fachartikel, Publikationen und Bücher, darunter der Bestseller »Faszien-Fitness«. Heike Oellerich ist Personal Coachin und Trainerin für Gesundheitssport. Die Faszienenthusiastin ist Gründerin von FASZIO®, wo sie Aus- und Fortbildungen zu Faszientraining, -yoga und -therapie leitet. Sie ist außerdem wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Fascia Illustration Research Group und erfolgreiche Autorin zahlreicher Fitnessratgeber und Artikel. Miriam Wessels ist Sportwissenschaftlerin, Ausbilderin für Yogalehrer*innen und -therapeut*innen, Heilpraktikerin und Faszientherapeutin. Ihrer Leidenschaft für das Thema Faszien geht die Gründerin von FASZIO® als Ausbilderin sowie als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fascia Illustration Research Group nach. Zudem ist sie erfolgreiche Autorin zahlreicher Fitnessratgeber und Artikel.
Robert Schleip ist promovierter Humanbiologe, Diplom-Psychologe und der führende Faszienforscher Deutschlands. Er ist der Direktor der Fascia Research Group der TU München und Mitinitiator aller internationalen Faszienkongresse seit 2007. Außerdem ist er Autor zahlreicher Fachartikel, Publikationen und Bücher, darunter der Bestseller »Faszien-Fitness«. Heike Oellerich ist Personal Coachin und Trainerin für Gesundheitssport. Die Faszienenthusiastin ist Gründerin von FASZIO®, wo sie Aus- und Fortbildungen zu Faszientraining, -yoga und -therapie leitet. Sie ist außerdem wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Fascia Illustration Research Group und erfolgreiche Autorin zahlreicher Fitnessratgeber und Artikel. Miriam Wessels ist Sportwissenschaftlerin, Ausbilderin für Yogalehrer*innen und -therapeut*innen, Heilpraktikerin und Faszientherapeutin. Ihrer Leidenschaft für das Thema Faszien geht die Gründerin von FASZIO® als Ausbilderin sowie als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fascia Illustration Research Group nach. Zudem ist sie erfolgreiche Autorin zahlreicher Fitnessratgeber und Artikel.
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Elfe oder Wikinger – DIE ZWEI BINDEGEWEBSTYPEN UND IHRE MERKMALE
Die Evolution macht es möglich
Diverse Anpassungsmerkmale in der Genetik sind das Ergebnis jahrtausendalter Erfahrungen und Traditionen, die es den Menschen ermöglichen, in sehr unterschiedlichen, teils extremen Klimazonen zu leben. Sie sind ein Beweis für die menschliche Anpassungsfähigkeit und das Potenzial, in verschiedenen Umgebungen zu überleben.
Ein wissenschaftlicher Ausflug in die Geschichte
Die Vermutung, dass es bei uns Menschen ein genetisches Spektrum an unterschiedlich ausgeprägten Spezialisierungen für das Ausmaß an allgemeiner Gelenkbeweglichkeit gibt – und dass dieses von extrem beweglich und instabil am einen Ende des Spektrums bis zu extrem stabil und unbeweglich am anderen Ende reicht –, ist nicht neu. Relativ neu und bisher auch nur primär in Fachkreisen bekannt ist die Hypothese, dass diese unterschiedlichen Ausprägungen mit funktionellen Anpassungsvorgängen unserer Vorfahren an ihre unterschiedlichen klimatischen Lebensbedingungen zusammenhängen. Dieser Rückschluss wurde 2007 erstmals von dem spanischen Rheumatologen Alfonse T. Masi und dem holländischen Bewegungswissenschaftler Andry Vleeming ausführlicher vorgestellt.
Körperbau
Als Hinweis dafür trugen Masi und Vleeming eine ganze Reihe von klugen Beobachtungen zusammen: Bevölkerungen, die sich seit vielen Generationen an das Leben im arktischen Klima angepasst haben, weisen tendenziell einen breiteren Rumpf und kürzere Gliedmaßen auf, im Gegensatz zu Menschen in tropischen Zonen, die sich eher durch längere Gliedmaßen und eine vergleichsweise große Körperoberfläche kennzeichnen. Die jeweilige Anpassung ermöglicht eine verstärkte Speicherung beziehungsweise Abkühlung der Körpertemperatur. Es liegt nahe, dass ein gedrungener Körperbau tendenziell weniger zu einer allgemeinen Überbeweglichkeit der Gelenke neigt, als dies bei einem filigranen, schlanken Menschen mit langen Gliedmaßen, langem Hals und ausgeprägter Taille der Fall ist.
Muskelenergie
Zudem führten die beiden Forscher an, dass eine höhere Steifigkeit des muskulären Gewebes im arktischen Klima den Vorteil mit sich bringen könnte, dass einfache Alltagsbewegungen mit einem erhöhten Bewegungs- und Reibungswiderstand verbunden sind, was für die Erzeugung von ausreichender Körperwärme – auch ohne sportliche Sprünge und Kniebeugen – im kalten Klima durchaus nützlich sein könnte. Im tropischen Klima ist es von Vorteil, bei Alltagstätigkeiten möglichst wenig Muskelenergie aufzubringen und damit einen unnötigen Temperaturanstieg des Körpers zu vermeiden.
Spezifische Eiweißstruktur
Alfonse T. Masi und Andry Vleeming berichteten von klaren Hinweisen, dass sich eine spezifische Eiweißstruktur auf Zelloberflächen (mit dem Namen HLA-B27) genetisch bedingt auffallend häufig bei Menschen in kälteren Klimazonen findet. Dieser Faktor ist besonders häufig bei der Versteifungskrankheit Morbus Bechterew zu finden (siehe Seite 130), die ihrerseits wesentlich häufiger im arktischen als im tropischen Klima verbreitet ist.
Ebenfalls konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Menschen mit dieser Versteifungspathologie auffallend selten zu einer Skoliose im jugendlichen Wachstumsalter (idiopathische juvenile Skoliose) neigen. Das gilt auch umgekehrt: Menschen mit einer jugendlichen Skoliose sind quasi »immunisiert« dagegen, später noch eine Bechterew-Versteifung zu entwickeln. Das trifft sich mit der Beobachtung, dass die sogenannte Wikinger-Hand (Morbus Dupuytren) wesentlich häufiger in skandinavischen Ländern als im Mittelmeerraum, in Südostasien oder in Afrika zu finden ist. So weit die, wie wir meinen, sehr überzeugenden Hinweise der beiden Forscher.
Evolutionäre Medizin
Natürlich sollte dieses Erklärungsmodell nicht zu einem vorschnellen und vereinfachenden Schubladendenken verführen. Sicherlich spielen neben diesen evolutionär-klimatischen Spezialisierungen auch noch eine Reihe zusätzlicher Faktoren eine Rolle, die sowohl über die Genetik als auch über den individuellen Lebensstil die allgemeinen motorischen Fähigkeiten des Körpers beeinflussen.
Das grundlegende Modell passt jedoch sehr gut zu einem ebenso modernen Konzept in den Gesundheitswissenschaften, das unter dem Namen »evolutionäre Medizin« zunehmende Verbreitung findet. Dieses besagt, dass es sich bei vielen Unterschiedlichkeiten an körperlichen Eigenschaften bei uns Menschen um eine sinnvolle Variation der Evolution handelt, sodass manche mehr auf spezifische Umweltbedingungen vorbereitet sind und ein anderer Teil mehr auf andere Herausforderungen. Eines der ersten Male, dass dieses allgemeine Prinzip entdeckt wurde, war bei der Erforschung der sogenannten Sichelzellanämie, einer genetisch bedingten Störung der roten Blutkörperchen, die diese darin behindert, ausreichend Sauerstoff zu binden. Ursprünglich hatten die Mediziner das als eine eindeutige Dysfunktion der Gesundheit betrachtet. Dann fiel ihnen jedoch wider Erwarten auf, dass diese Anomalie besonders häufig in afrikanischen Ländern zu finden ist, in denen die von einer Stechmücke übertragene Malariainfektion die größte gesundheitliche Bedrohung der Bevölkerung darstellt. Die überraschende Erkenntnis: Menschen mit dieser Anomalie werden besonders selten von den Mücken gestochen und haben deshalb in diesen Regionen eine wesentlich höhere Überlebenswahrscheinlichkeit.
Später wurde ein ähnlicher Vorteil bei Menschen mit Farbenblindheit entdeckt. Diese Menschen mögen zwar etwas länger brauchen, um im Dschungel am lichten Tag eine reife von einer unreifen Frucht zu unterscheiden, dennoch können sie abends im Dunkeln tendenziell kleinere Helligkeitsunterschiede und Schattenbildungen erkennen. Einen solch begabten Späher unter sich zu haben kann für den ganzen Stamm zu einer rechtzeitigen Warnreaktion und damit einer größeren Überlebenschance beitragen.
Spezialisierung statt Manko
Anstatt sich darauf zu fixieren, das eigene Abweichen vom durchschnittlichen Mittelmaß an körperlichen Eigenschaften zu beklagen, lautet der Vorschlag der evolutionären Medizin, herauszufinden, ob dies nicht als eine besondere Spezialisierung zu verstehen ist, die mit wichtigen Vorteilen für bestimmte Lebensbedingungen verbunden ist. Und wie bei allem in der Evolution gilt auch hier: »Everything has a trade-off«, das heißt: »Alles in der Evolution ist ein Kompromiss, alles hat seinen Preis.« Selbst der größte Vorteil geht, genau betrachtet, mit ein paar relativen Nachteilen in anderen Aspekten einher.
Wenn du daher das nächste Mal einen besonders steifen Menschen siehst, der im Yogaunterricht auf dem Boden sitzend die Beine nicht weiter als 30 Grad auseinanderspreizen kann – oder wenn du selbst davon betroffen bist –, dann solltest du weniger darüber nachdenken, was dieser Mensch für eine psychische oder körperliche »Störung« hat und womit er »das verdient hat«, sondern du könntest das als eine besondere Form einer funktionellen Spezialisierung bewundern. Auch mit dem weitsichtigen Hintergedanken, dass es nicht auszuschließen ist, dass du selbst bei veränderten Lebensumständen, wie etwa in einem arktischen Klima, dir zukünftig eine solche Eigenschaft im eigenen Körper wünschen könntest und dir dann womöglich gerne von den funktionellen Gewebeeigenschaften dieser Person »eine Scheibe abschneiden« würdest.
Talent und Herausforderung
Es kann auch sein, dass die betroffene Person einmal den Wunsch verspürt, zusätzlich zu ihrer genetisch favorisierten Stabilität noch etwas beweglicher zu werden, zum Beispiel, wenn man mit den eigenen Kindern auf Bäumen herumklettern möchte, ohne dass diese bei jedem dritten Ast behilflich sein müssen. Oder wenn eine hyperbewegliche Elfe in der Schwangerschaft eine so bewegliche Gelenkverbindung der Wirbelsäule mit dem Becken entwickelt, dass dies bei ihr mit häufigen Rückenschmerzen beim längeren Sitzen einhergeht und sie sich daher gerne eine Prise Wikingerstabilität für diesen Bereich wünscht.
Dann geht es nicht darum, eine Krankheit zu heilen oder sich für eine andere Dysfunktion im Nachteil zu sehen, sondern um eine funktionelle Ergänzung. Wir sehen dieses Buch daher als freundliche Einladung an uns alle, Frieden mit unserer jeweiligen evolutionären Spezialisierung zu schließen und, egal, ob du nun Elfe oder Wikinger oder etwas dazwischen bist, mit den hier vorgestellten Übungen und Empfehlungen das Beste daraus zu machen und körperlich und psychisch zu wachsen.
Elfen-Typ: Evolutionsmerkmale und Eigenschaften
Die von uns im Folgenden beschriebenen Eigenschaften auf der psychischen, sozialen sowie physiologischen Ebene der beiden Bindegewebstypen beruhen in zahlreichen Aspekten primär auf unserer klinischen Erfahrung, haben also eine hohe Übereinstimmung im beruflichen und privaten Alltag von uns drei Autoren gezeigt. Dennoch sollten sie nur als relativ häufige Tendenzen verstanden werden, von denen es selbstverständlich auch zahlreiche Ausnahmen gibt.
Der Elfen-Typ hat sich genetisch perfekt in seiner tropischen Umwelt eingefunden, indem er Eigenschaften ausprägte, die sein Überleben sicherten. Aufgrund der besonders dehnfähigen und weichen Strukturen konnten sich Elfen durch das Dickicht schlängeln. Mit ihrer anmutigen und flexiblen Art, sich zu bewegen, waren sie flink und geräuschlos im Dschungel unterwegs. Durch ihr fragiles Wesen und eine 360-Grad-Wahrnehmung waren sie in der Lage, Gefahr frühzeitig zu spüren und ihr auszuweichen. Lange...
Erscheint lt. Verlag | 18.2.2024 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport ► Fitness / Aerobic / Bodybuilding |
Schlagworte | Atmung • Becken • Dehnen • Entspannung • Faszienball • Faszienrolle • Fibromyalgie • Fuß • Geschmeidigkeit • Gesund leben • lösen • Massage • Prävention • Regeneration • Rolle • Rücken • Schmerzen • Stärken • Straffen • Therapie • Training • Übungen • Verklebung • Wirbelsäule • Yoga • zu Hause |
ISBN-10 | 3-7453-2298-3 / 3745322983 |
ISBN-13 | 978-3-7453-2298-9 / 9783745322989 |
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Größe: 99,3 MB
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