Warum Frauen den besseren Fußball spielen (eBook)
272 Seiten
Edel Sports - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-98588-062-1 (ISBN)
Nia Künzer, geboren 1980 in Botswana, begann ihre Fußballkarriere bei Eintracht Wetzlar. 1997 gab sie ihr Debüt in der Nationalmannschaft. Bei der Weltmeisterschaft 2003 erzielte sie im Finale das Golden Goal, das zum Tor des Jahres gewählt wurde. Seit 2006 ist die siebenmalige Deutsche Meisterin und Pokalsiegerin und dreimalige Uefa-Cup-Siegerin Frauenfußball-Expertin der ARD.
Nia Künzer, geboren 1980 in Botswana, begann ihre Fußballkarriere bei Eintracht Wetzlar. 1997 gab sie ihr Debüt in der Nationalmannschaft. Bei der Weltmeisterschaft 2003 erzielte sie im Finale das Golden Goal, das zum Tor des Jahres gewählt wurde. Seit 2006 ist die siebenmalige Deutsche Meisterin und Pokalsiegerin und dreimalige Uefa-Cup-Siegerin Frauenfußball-Expertin der ARD. Bernd Schmelzer, geboren 1965 in Dortmund, kommentiert seit 1995 Frauenfußballspiele für die ARD, so auch die WM-Endspiele 2011 und 2019 und die EM-Endspiele 2013 und 2022, letzteres vor einer TV-Rekordkulisse von 18 Mio. Zuschauern.
DER GRUNDGEDANKE
Tatsächlich der bessere Fußball?
Frauenfußball, was ist das eigentlich ganz genau? Google liefert zu dem Stichwort ungefähr 4 820 000 Ergebnisse binnen 0,44 Sekunden. Wikipedia beschreibt ihn als „die Sportart Fußball, wenn sie nur von Frauen ausgeübt wird. Das Regelwerk unterscheidet sich nach anfänglichen Abweichungen inzwischen nicht mehr von dem im ‚Männerfußball‘. Der Frauenfußball galt zeitweilig als unangemessen und in vielen Staaten kämpft er noch immer um gesellschaftliche Anerkennung.“ Auch und gerade in Deutschland war das nicht anders. 1955 verbot der DFB den Frauenfußball. Begründung damals: aus Sorge um das weibliche Wohl und die Aufrechterhaltung der Moral. Wir kommen später noch darauf zu sprechen.
Insgesamt leben in Deutschland übrigens rund 42 Millionen Frauen, damit etwa eine Million mehr als Männer. Während die durchschnittliche Lebenserwartung der Frauen hierzulande bei 83,4 Jahren liegt, sind dies bei den Männern 78,6 Jahre. Es gibt also mehr Frauen, und sie leben auch noch länger als die Männer. Das sind bereits erste wichtige Indikatoren, warum die Rolle der Frau im Fußball möglicherweise häufig falsch gesehen wird. Oder warum die Bedürfnisse der Frauen nicht adäquat berücksichtigt werden. Oder ist das zu weit hergeholt? Was denken Sie? Bevor Sie das Buch weglegen, geben Sie ihm eine Chance. Am Ende kommt es womöglich ganz anders, als Sie denken.
Frauenfußball ist der bessere Fußball, behaupten wir im Titel dieses Buches. Der ehrlichere. Der Fußball, in dem der Sport im Vordergrund steht. Ohne dieses ganze Brimborium, diesen Finanzwahnsinn, bei dem es teilweise ja schon in den Milliardenbereich geht. Ohne diesen Größenwahn von bestimmten Personen, die einfach völlig die Bodenhaftung verloren haben. Die glauben, übers Wasser gehen zu können, und sich so immer weiter von den Fans entfernen. Das ist doch alles nicht mehr normal, denken mittlerweile selbst die Treuesten der Treuen. Wenn man die Zeitung aufschlägt, Radio hört, im Netz surft oder einen Bericht im Fernsehen anschaut, schlägt einem viel zu bald vor allem eines entgegen: Gier, Neid und Charakterlosigkeit. Das sind die Themen, die uns aus den Schlagzeilen anspringen. Und der Sport? Na ja, nebenbei natürlich auch. Aber fast schon an zweiter Stelle, überspitzt formuliert.
Stellen wir uns folgendes Gespräch vor:
„Hallo, Nia, wo erwische ich dich gerade? Am hauseigenen Pool deiner Finca oder bist du gerade in deinem Sportwagen unterwegs?“
„Haha, ich sitze im Büro hinter meinem Schreibtisch und arbeite.“
„Du arbeitest? Als Weltmeisterin? Du hast doch damals, 2003, das Golden Goal erzielt?“
„Ja, stimmt. Damals habe ich übrigens auch gearbeitet bzw. studiert. Einziger Unterschied: Ich war nebenbei noch Nationalspielerin. Aber auch diese Jahre habe ich genossen. Ich arbeite gerne.“
„Gab es denn keine Prämien, keine gut dotierten Werbeverträge, von denen du hättest leben können?“
Spätestens hier ist dieser ausgedachte Dialog an einem Punkt angelangt, an dem es etwas zu klären gilt. Obwohl wir das permanente Vergleichen mit den Männern in unserem Buch vermeiden wollen, dieser eine Vergleich muss sein. Denn das Geld ist einer der gravierendsten Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfußball. Fakt ist: Frauen verdienen einen Bruchteil von dem, was beim anderen Geschlecht bezahlt wird. Ein Grundgehalt gibt es in der Bundesliga bis heute nicht, weder für Frauen noch für Männer, aber die Dimensionen sind völlig andere. Selbstverständlich üben Spielerinnen, die bei Topclubs unter Vertrag stehen, daneben keinen zweiten Beruf aus. Aber die Regel ist das nicht. Andere Länder sind da weiter. Viel weiter. Ein Equal Pay, wie es Bundeskanzler Olaf Scholz kurz nach der Europameisterschaft für die deutschen Nationalmannschaften forderte, ist auf absehbare Zeit allerdings nicht einmal in den kühnsten Träumen denkbar. Kommen wir zurück zu unserem Gespräch.
„Warum hast du dich überhaupt für den Fußball entschieden, Nia? Bei solchen Aussichten?“
„Aus Begeisterung für den Sport. Das soziale Miteinander hat mir gefallen. Ich habe das gemeinsame Erlebnis von Siegen und Niederlagen genossen und das Reisen mit meinen Freunden, später Freundinnen. Es war wie eine nicht enden wollende Klassenfahrt. Und dazu noch sportlich aktiv sein! Das war einfach großartig.“
„Aber ohne adäquates Auskommen? Ohne entsprechende Aufmerksamkeit, es sei denn bei Großveranstaltungen wie Weltmeisterschaften, Europameisterschaften oder Olympischen Spielen?“
„Der Sport hat meinem Leben eine Struktur gegeben. Das prägt mich bis heute. Wir haben uns immer als Team präsentiert, waren füreinander da, das war ganz wichtig. Eine Team zu sein, das habe ich beim Fußball gelernt und geschätzt. Der Berufswunsch Fußballerin ist bei den wenigsten das Ziel, wenn sie sich für diese Sportart entscheiden. Die Gründe sind andere, zum Beispiel die genannten. – Aber jetzt mal zu dir, Bernd: Warum kommentierst du so gerne Frauenfußball? Und das schon seit fast 30 Jahren?“
„Na, wegen der 20 Millionen Zuschauer beim EM-Finale! Nein, das war ja eine absolute Ausnahme. Grundsätzlich ist es wie bei dir: weil es Spaß macht! Tolle Menschen, angenehmes Miteinander, ob bei uns im Team oder in der Zusammenarbeit mit der Nationalmannschaft oder den Vereinen. Respektvoll-vertraulich. Das empfinde ich als außergewöhnlich.“
„Und du wirst nicht schief angeschaut, nach dem Motto: Ach, der überträgt ja nur Frauenfußball? Für die Männer hat es wohl nicht gereicht …?“
„Doch, diese Stimmen gibt es auch. Aber sie sind nicht die Regel. Inzwischen ist Frauenfußball voll akzeptiert. Und zwar von allen. Ein gutes Zeichen, finde ich. Und es war längst überfällig.“
Was wir damit sagen wollen: Für uns ist der Fußball der Frauen die Mutter des Fußballs. Weniger Kommerz. Weniger Hype. Mehr Familie. Mehr fürs Herz. Aber vor allem mehr Sport an sich! Ehrlich, leidenschaftlich. Klingt nach Provokation? Soll es ruhig. Warum denn auch nicht? Wir haben in den vergangenen Jahren alles erlebt: Mitleid, Bedauern, Achselzucken, zu guter Letzt Begeisterung bis hin zu Verehrung. Die ganze Palette. Komplett schwarz, aber auch leuchtend weiß. Wir haben zig Diskussionen geführt. Und jetzt liefern wir die ultimativen Argumente für diesen wunderschönen Fußball. Damit auch die und der Letzte begreifen, was Sache ist.
Während der EM 2022 kommentierte Lena Oberdorf, 20-jährige Spielerin des VfL Wolfsburg, die Diskussion um ihren Sport mit den Worten: „Frauenfußball, Männerfußball. Es ist ein Fußball!“ Bei der Verleihung des Deutschen Fußball-Kulturpreises 2022 wurde dieser Satz als Fußball-Spruch des Jahres mit 5000 Euro prämiert, die einem gemeinnützigen Zweck zugutekamen. Auf Platz zwei landeten die Fans des SV Werder Bremen mit einem Transparent, das sie beim DFB-Pokalspiel gegen den FC Schalke 04 zeigten: „Choreo fällt heute aus, haben das Geld beim Aufstieg versoffen!“ Dritter wurde Ex-Nationalspieler und Weltmeister Toni Kroos mit: „Ed Sheeran hat etwas geschafft, was ich selten gesehen habe: dass die Leute nach einem Event auf Schalke glücklich nach Hause gegangen sind aus dem Stadion.“ Oberdorf schlägt Kroos – man stelle sich diese Schlagzeile vor. Sei’s drum. Auch in diesem Wettbewerb hat sich der Fußball der Frauen jetzt mal so richtig durchgesetzt. Sie merken: Es tut sich was im Land!
Liebe auf den ersten Blick
Nia
„Sie soll bitte wiederkommen.“ Ich erinnere mich noch genau an die Worte meines ersten Trainers. Das Besondere daran: Ich war damals erst fünf Jahre alt, ein sehr bewegungsaffines Mädchen, und spielte bei den Jungs mit. Teams für Mädchen waren in dieser Zeit kaum zu finden. Der Trainer kam also zu meinen Eltern und sagte, die kleine Nia möge bitte wiederkommen, denn sie habe Talent. Das hat sich mir eingeprägt. Fußball war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Und so fühlt es sich heute noch an. Krass, irgendwie.
Es gibt aber weitere Momente, die durchaus in diese Kategorie passen. 1996 habe ich mit meinen Eltern bei den Olympischen Spielen in Atlanta das Frauenturnier verfolgt. Wir waren mit dem Wohnmobil unterwegs in den USA. Für mich als 16-Jährige war es unfassbar beeindruckend, welchen Hype es um die US-Amerikanerinnen gab, etwa um Mia Hamm. Die hat die Massen elektrisiert. Das war eine regelrechte Hysterie. Das ganze Stadion hat ihren Namen geschrien. Die USA gewannen damals übrigens die Goldmedaille – und das nicht zum letzten Mal. Frauenfußball und Mädchen bzw. junge Frauen, das ist in den USA mehr als nur Liebe auf den ersten Blick. Das ist etwas sehr Spezielles. In den Jahren danach habe ich genau das des Öfteren wieder erlebt. Immer im Zusammenhang mit den USA. Die Bedeutung des Frauenfußballs ist dort extrem hoch. Ich werde später darauf zurückkommen. Aber just in diesen Wochen um das olympische Fußballturnier herum, da ist mir erst so richtig klar geworden, was in meiner geliebten Sportart alles möglich sein kann.
Ein weiteres Schlüsselerlebnis war mein Wechsel zur SG Praunheim 1997. Ich war 17 und hatte noch andere Optionen, auch der TSV Siegen und der FSV Frankfurt damals Topmannschaften – waren an mir interessiert. Doch dann hatte ich ein Gespräch mit Monika Staab, der damaligen Trainerin in Praunheim. Eine absolute Fachfrau, eine Pionierin; sie genoss einen exzellenten Ruf, und das absolut zu Recht. Monika Staab überzeugte mich. Sie gab mir das unglaublich gute Gefühl, etwas bewegen, etwas aufbauen zu können....
Erscheint lt. Verlag | 3.6.2023 |
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Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sport ► Ballsport ► Fußball |
Schlagworte | ARD • Buch • Debatte • DFB • EM • EM Frauen • Equal Pay • Equal Play • Feminismus • Frauen-fussball • Frauenfußball • Frauen-Nationalmannschaft • Fußball • Fußball-Buch • Fußballerin-nen • Fußball-spielerin • Geschenk-Buch • Gleichberechtigung • Leistungs-sport • Nachwuchsförderung • Nina Kunzer • Play • Sportler-in • WM |
ISBN-10 | 3-98588-062-X / 398588062X |
ISBN-13 | 978-3-98588-062-1 / 9783985880621 |
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