Tödliche Hitze (eBook)
192 Seiten
Quadriga (Verlag)
978-3-7517-4854-4 (ISBN)
Der Klimawandel ist da und mit ihm immer öfter unerträglich heiße Temperaturen. Den meisten Menschen ist kaum bewusst, dass unser Körper nur in einem sehr engen Temperaturbereich von 37°C optimal funktioniert. Schon bei einer Erhöhung um 0,5°C nimmt die kognitive Leistungsfähigkeit ab. Ab 39°C droht der Hitzekollaps oder sogar ein lebensbedrohlicher Hitzeschlag. Welche Maßnahmen können im Vorfeld einer Hitzewelle persönlich und institutionell ergriffen werden, um hitzebedingte Erkrankungen zu vermeiden? Wie reagiert der Körper auf Hitzestress? Warum stirbt man daran? Wer wird davon betroffen sein? Wen gilt es besonders zu schützen? Der Autor zeigt in seinem Buch, wie wir uns auf die nächsten 'Jahrhundertsommer' besser vorbereiten können, um gesund zu bleiben.
<p>Hanns-Christian Gunga ist Geologe, Paläontologe und Mediziner am Institut für Physiologie der Charité in Berlin sowie einer der weltweit renommiertesten Experten für Weltraumedizin und extreme Umwelten Er hat an zahlreichen Raumfahrtmissionen, sowie nationalen als auch internationalen Studien zum Thema Klimawandel und Gesundheit mitgewirkt. Seine Forschungsarbeiten führten ihn u.a. nach Südamerika, Asien und Afrika.</p>
Gesundheit und Hitze
Sternbild des Hundes und Hitzewellen – wie gehören die zusammen? Hot car deaths – eine besondere Art zu sterben? Rhabdomyolyse, klingt nicht gut – ist es auch nicht. Crush-Syndrom ebenso. ArbSchG – sollte man kennen.
Hitzebedingte Erkrankungen
Als Folge hoher Sonneneinstrahlung und erhöhter Umgebungstemperaturen können Sonnenbrände, Hitzekrämpfe, Hitzekollaps, Hitzeerschöpfung und ein Hitzschlag auftreten. Ein Sonnenbrand wird durch zu starke ultraviolette Strahlung (UV-Strahlung) bei Aufenthalt im Freien ausgelöst. Je nach Tages- und Jahreszeit sowie nach geografischer Lage fällt die UV-Strahlung, der wir ausgesetzt sind, unterschiedlich stark aus. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es unterschiedliche Arten von UV-Strahlung gibt. Bei der UV-A-Strahlung handelt es sich um eine energiearme, langwellige Strahlung, die tiefer ins Gewebe eindringen kann. UV-B-Strahlen sind hingegen kurzwellige, energiereichere Strahlen. Die UV-C-Strahlung schließlich ist eine sehr energiereiche Strahlung, die jedoch normalerweise in den oberen Atmosphärenschichten ausgefiltert wird und daher glücklicherweise unseren Körper gar nicht erreicht. Die UV-A- und UV-B-Strahlungen hingegen gelangen in unseren Körper und beeinflussen dort die Gewebezellen in Haut und Augen. Die UV-A-Strahlung, die tiefer in die Haut eindringt, verursacht eine Verdunkelung des Hautfarbstoffs Melanin. Dieses Melanin wird von speziellen Zellen, den Melanozyten, gebildet. Es hat die Fähigkeit, ultraviolette Strahlen zu absorbieren und damit die Haut vor schädlichen Auswirkungen zu schützen. Die Zellen finden sich verstreut in der unteren Schicht der Epidermis. Der jeweilige Hautton des Menschen hängt jedoch nicht von der Anzahl dieser Melanozyten ab, sondern davon, wie viel Melanin diese produzieren und wie dieses Melanin in den Zellen verteilt ist. Diese Faktoren wiederum sind genetisch vorgegeben. Menschen, die in äquatorialen Bereichen beheimatet sind oder in den Hochgebirgen dieser Erde leben, weisen naturgemäß eine stärkere Aktivität der Melanozyten auf und damit eine dunklere Hautfarbe als Menschen aus anderen, lichtärmeren Regionen.
Aber auch dieser natürliche Schutz hat seine Grenzen. Eine zu starke UV-Strahlung kann zu Sonnenbrand, Pigmentstörungen der Haut, Faltenbildung bis hin zu Hautkrebs führen. Deshalb ist es wichtig, längere Aufenthalte in der prallen Sonne zu vermeiden, beziehungsweise sich und insbesondere Kinder und Babys, die besonders anfällig sind, ausreichend zu schützen.
Vor dem Aufenthalt im Freien an sonnigen Tagen sollte an lichtausgesetzten Hautstellen (Gesicht, Hände, Oberkörper) Sonnencreme aufgetragen werden, die einen ausreichend hohen Lichtschutzfaktor (über 30) aufweist. Am Meer und im Gebirge ist die Belastung mit UV-Strahlung größer und erfordert unter Umständen noch höhere Lichtschutzfaktoren (über 50). Ferner sollte lange Kleidung, die die Haut vor Sonneneinstrahlung schützt, sowie eine Kopfbedeckung getragen werden. Zusätzlich sind die Augen durch eine Sonnenbrille zu schützen, die über einen ausreichenden UV-Schutz verfügt. Wetterdienste geben im Netz Auskunft über den aktuellen örtlichen UV-Index, und je höher dieser Wert ist, desto höher ist das Sonnenbrandrisiko. Dieser UV-Index ist ein Maßstab für die Intensität der UV-Strahlung und dient als Orientierungshilfe für die Einschätzung der gesundheitlichen Risiken durch UV-Strahlung. Er wird der Anschaulichkeit halber in verschiedene Gefahrenbereiche eingeteilt: gering 1–2, mittel 3–5, hoch 6–7, sehr hoch 8–10 und extrem 11+. Dem UV-Gefahrenindex sind in Anlehnung an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO geeignete Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit zugeordnet wie Aufenthaltsdauer, Art der Bekleidung, Auftragen von Sonnenschutzcremes beim Aufenthalt im Freien. Ab einem UV-Index über zwei sind diese Schutzmaßnahmen zunehmend erforderlich. Bei einem Index ab acht sollte man sich trotz Schutzmaßnahmen in der Mittagszeit möglichst nicht im Freien aufhalten und falls dies nicht möglich ist, unbedingt Schatten suchen. Wie lange sich ein Mensch ohne Schutz in der Sonne aufhalten kann, hängt vom Hauttyp ab, der wie oben bereits erläutert genetisch festgelegt ist. Grob lassen sich vier verschiedene Grundtypen unterscheiden, die sich in der Empfindlichkeit für UV-Strahlung stark unterscheiden. Hauttyp I ist der keltische Typ. Dieser ist gekennzeichnet durch meist rote Haare und eine helle Haut, hat immer Sommersprossen, wird eigentlich nicht braun und kann sich maximal zehn Minuten ohne Schutz im Freien der direkten Sonneneinstrahlung aussetzen. Der Hauttyp II ist der nordeuropäische Typ. Er hat blond-braune Haare, eine helle Augenfarbe, meist Sommersprossen und bräunt langsam. Er kann sich ohne Schutz 10 bis 20 Minuten der Sonne aussetzen. Hauttyp III ist der Mischtyp mit braunen Haaren und vorwiegend brauner Augenfarbe. Er kann sich 20 bis 30 Minuten in der Sonne aufhalten. Der Hauttyp IV ist dann der südländisch wirkende Mensch mit bräunlicher Haut, der nie Sommersprossen aufweist. Dieser Hauttyp kann sich mehr als 30 Minuten ohne Schutz der Sonne aussetzen. Insbesondere für die Hauttypen I und II gilt: Ohne Schutzmaßnahmen werden sich die ersten Symptome eines Sonnenbrandes drei bis fünf Stunden nach der Exposition deutlich bemerkbar machen. Die vom Sonnenbrand betroffenen Hautstellen röten sich und fühlen sich jetzt heiß an. Die Haut kann leicht geschwollen sein, spannen, schmerzen, jucken und brennen. Bei einem sehr starken Sonnenbrand kommt es zu einer Blasenbildung auf der Haut. Weitere Begleitsymptome können Kopfschmerzen, Fieber und Übelkeit mit Erbrechen sein.
Der Heilungsprozess hängt von der Schwere des Sonnenbrandes ab. Leichte Sonnenbrände heilen in etwa einer Woche ab, schwere Sonnenbrände brauchen dafür länger. Dies bedeutet: Ein Sonnenbrand am ersten Urlaubstag kann den Betroffenen über den ganzen Reisezeitraum von zwei Wochen verfolgen. Und nicht nur das. Jeder Sonnenbrand im Laufe eines Lebens erhöht das Risiko, 20 bis 30 Jahre später an Hautkrebs zu erkranken, im schlimmsten Fall den schwarzen Hautkrebs, das maligne Melanom.
An dieser Stelle seien ein paar Anmerkungen zu Solarien, auch Sonnenbänke genannt, erlaubt. Die physikalischen Gemeinsamkeiten von Sonne und Solarium hinsichtlich der UV-Strahlung sind, dass beide alle drei UV-Strahlungen, UV-A, UV-B und UV-C, produzieren, wobei Letztere bekanntlich durch die Atmosphäre abgeschirmt wird, was bei Solarien durch spezielle Strahlungsfilter erreicht wird. Was die UV-A- und die UV-B-Strahlungen betrifft, ist Sonne und Solarien gemeinsam, dass beide Strahlungen eine Bräune oder einen Sonnenbrand hervorrufen können, die Hautalterung durch sie beschleunigt wird und beide Strahlungstypen das Hautkrebsrisiko erhöhen. Allerdings gibt es in Bezug auf die UV-Strahlung auch einige wichtige Unterschiede zwischen natürlicher Sonne und Solarium. Da ist zunächst die Bestrahlungsstärke. In Solarien ist die Bestrahlungsstärke konstant, während die Bestrahlungsstärke der Sonne im Tagesverlauf, abhängig von den Jahreszeiten und dem geografischen Breitengrad, schwankt. Ferner ist das Verhältnis von UV-A-Strahlung zu UV-B-Strahlung anders als bei natürlicher Sonneneinstrahlung, was sich biologisch verschieden auswirkt. Die sonnenbrandwirksame Stärke der Bestrahlung durch die UV-Strahler in einem Solarium orientiert sich an der sogenannten Referenzsonne, und diese – das wissen die meisten Menschen nicht – entspricht immerhin der Sonneneinstrahlung mittags am Äquator, bei wolkenlosem Himmel auf Höhe des Meeresspiegels. Die UV-Schutzverordnung des Gesetzgebers hat die sonnenbrandwirksame UV-Strahlung dieser Referenzsonne als Obergrenze für die zulässige Bestrahlungsstärke in Solarien festgesetzt. Dies bedeutet praktisch, dass die Summe der sonnenbrandwirksamen UV-A- und UV-B-Strahlung in Deutschland in Solarien 0,3 Watt pro Quadratmeter (W/qm) nicht überschreiten darf. Übertragen auf den UV-Index entspricht dies immerhin einem Index von 12. Im Vergleich zwischen natürlicher Sonnenstrahlung und Solarium ist jetzt aber zu berücksichtigen, dass das Verhältnis von UV-A zu UV-B in den beiden Strahlungsquellen verschieden ist. Daraus ergibt sich die unterschiedliche biologische Wirksamkeit. Es ist also nicht dasselbe, unter der Sonnenbank oder unter der Sonne zu liegen, auch wenn beide maximal mit 0,3 W/qm sonnenbrandwirksamer Bestrahlungsstärke strahlen. So hat die Referenzsonne einen UV-A-Anteil von 0,11 W/qm und einen UV-B-Anteil von 0,19 W/qm. Sogenannte Tiefenbräuner für Langzeiteffekte in Solarien haben aber einen wesentlich höheren UV-A-Anteil von 0,2 W/qm und einen UV-B-Anteil von 0,1 W/qm. Turbobräuner für kurzzeitige Effekte weisen mit 0,25 W/qm einen noch höheren UV-A-Anteil und mit UV-B-Wert von 0,05 W/qm einen sehr niedrigen Strahlungsanteil auf. Jetzt wird auch verständlich, warum Solarien so schnelle Bräunungseffekte erzielen. Diese technischen Anlagen sind aber sowohl kurzfristig – Sonnenbrandgefahr – als auch langfristig – möglicherweise erhöhtes Risiko für Hautkrebs – für die Gesundheit nicht unbedenklich.
Hitzeerschöpfung
Bei schwerer körperlicher Arbeit, hohen Umgebungstemperaturen von über 27 °C und hoher relativer Luftfeuchtigkeit können die Flüssigkeitsverluste durch Schwitzen leicht mehrere Liter pro Tag betragen. Mit dem Schweiß kommt es zu Elektrolytverlusten, insbesondere von Natrium, Chlor, Magnesium, Kalium und Calcium Na+, Cl–, Mg2+, K+ und Ca2+. Das Trinken von elektrolytarmem Wasser verstärkt den Abfall der extrazellulären Ionenkonzentrationen weiter. Durch den Verlust von Natrium und Magnesium können...
Erscheint lt. Verlag | 30.6.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | Abkühlung • Afrika • Bedrohung • Dürre • Durst • Ernährung • Flüssigkeit • Gehirn • Gesundheit • Gesundheitsrisiko • Hautschutz • heiß • Herzerkrankungen • Hitzekollaps • Hitzeschlag • Hitzetote • Hitzewelle • Hitzewellen • Katastrophe • Kinder • Klimawandel • Kognitiv • Körperfunktion • Krankenhaus • Land • Planet • Schatten • Schutz • Schwitzen • Senioren • Sonne • Sonnencreme • Sonnenhut • Stadt • Sterbefälle • Temperaturen • Verbrennung • Vorerkrankung • Wasser • Zusammenbruch |
ISBN-10 | 3-7517-4854-7 / 3751748547 |
ISBN-13 | 978-3-7517-4854-4 / 9783751748544 |
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