Kluge Kids haben ihren eigenen Kopf (eBook)

Wie Sie Ihren Kindern Sicherheit und kritisches Denken mit auf den Weg geben. Sicher mit Medien umgehen lernen. Der ultimative Eltern-Ratgeber

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
352 Seiten
mvg Verlag
978-3-96121-896-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kluge Kids haben ihren eigenen Kopf -  Julie Bogart
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Kinder und Jugendliche sind heute ständig online und bestens vernetzt. Am laufenden Band prasseln ungefiltert Informationen auf sie ein. Dabei stehen sie unter anderem vor der enormen Herausforderung, Nachrichten von Meinungen zu unterscheiden und Vorurteile oder Fake News zu entlarven. Viele Eltern stellen sich dabei die Frage, wie sie ihren Kindern am besten helfen können, sicher durch den Informationsdschungel zu navigieren. Die erfahrene Pädagogin Julie Bogart weiß: In unserem digitalen Zeitalter ist es wichtiger denn je, zu verstehen, wie wir von außen beeinflusst werden und warum kritisches Denken so entscheidend ist. Anhand zahlreicher konkreter Tipps und Übungen für jedes Alter zeigt Julie Bogart Ihnen, wie Sie Ihre Kinder dabei begleiten, zu selbstbewussten und kritisch denkenden Persönlichkeiten zu werden.

Julie Bogart hat eine reiche Erfahrung beim Thema Bildung: Sie ist Mutter von fünf inzwischen erwachsenen Kindern, die sie siebzehn Jahre lang selbst unterrichtet hat. Als Gründerin von Brave Learner Home coacht und unterrichtet sie Eltern im Homeschooling. Darüber hinaus lehrte sie als außerordentliche Professorin Theologie an der privaten Xavier University in Cincinnati/USA.

Julie Bogart hat eine reiche Erfahrung beim Thema Bildung: Sie ist Mutter von fünf inzwischen erwachsenen Kindern, die sie siebzehn Jahre lang selbst unterrichtet hat. Als Gründerin von Brave Learner Home coacht und unterrichtet sie Eltern im Homeschooling. Darüber hinaus lehrte sie als außerordentliche Professorin Theologie an der privaten Xavier University in Cincinnati/USA.

Kapitel 1


Wer sagt das?


Ich hielt den Kopf des dreijährigen Noah unter das fließende Wasser, um die Seife abzuspülen. Als er auftauchte, prustete er das Wasser aus und rief: »Erzähl mir noch mal die Geschichte von den drei kleinen Schweinchen!« Ich gehorchte, wie ich es schon Dutzende Male zuvor getan hatte. Noah stimmte in den bekannten Refrain des Wolfs ein: »Ich werde husten und prusten und dir dein Haus zusammenpusten!« Noah sprach die Worte nicht einfach nur aus. Er saugte einen kräftigen Luftzug ein und blies seinen hustenden-prustenden, wasserdurchtränkten Atem auf imaginäre Häuser aus Stroh, Holz und Ziegeln. Wir lachten und lachten.

Monate später stieß ich in der Bibliothek auf ein neues Buch, von dem ich dachte, dass es meinem Kind, das von den drei kleinen Schweinchen besessen war, gefallen würde. Es hieß The True Story of the 3 Little Pigs und stammte von Jon Scieszka. Wir setzten uns zusammen auf die Couch und ich las es laut vor. Noahs Augen weiteten sich vor Freude – die Perspektive des Wolfes! Dieser bedauernswerte Wolf wollte sich einfach nur ein bisschen Zucker von seinen Nachbarn, den Schweinen, borgen, um seiner Großmutter einen Geburtstagskuchen zu backen. Was für ein netter Kerl! Der arme Herr Wolf litt an einer schlimmen Erkältung. Sein Niesen brachte die ersten beiden Häuser zum Einsturz und tötete dabei versehentlich die Schweine, die darin lebten. Weil der Wolf so vernünftig war, fand er es unerträglich, den ganzen Schinken verkommen zu lassen, also fraß er die Schweine auf. Als der Wolf beim Ziegelhaus ankam, hatte das dritte Schweinchen den Wolf bereits bei der Polizei wegen seiner Missetaten angezeigt. Herr Wolf wurde zu Unrecht für seine Verbrechen verurteilt und für zehn Jahrtausende ins Gefängnis gesteckt. Der Wolf erklärte die Ungerechtigkeit seiner Situation von seiner Gefängniszelle aus in einem letzten Appell an die Leser: »So sieht es aus. Das ist die wahre Geschichte. Ich wurde reingelegt.«

Noah war von dem Buch fasziniert. Er glaubte nicht, dass das Buch tatsächlich die wahre Geschichte der drei kleinen Schweinchen erzählte. Vielmehr wurde ihm durch die Lektüre dieser Version des Märchens bewusst, dass es eine andere Perspektive geben könnte. Noahs intuitive Fähigkeit, der Darstellung des Wolfs gegenüber misstrauisch zu sein, trug dazu bei, dass das Lesen des Buches so reizvoll war. Bis zu diesem Moment hatte Noah sich automatisch mit den allwissenden Erzählern in allen Märchen identifiziert. Es hatte nie einen Grund gegeben, den Wahrheitsgehalt einer Geschichte infrage zu stellen – bis er die Version des Wolfs hörte.

Noah war, ohne es so benennen zu können, über das literarische Mittel des »unzuverlässigen Erzählers« gestolpert. Ein unzuverlässiger Erzähler entspricht dem ursprünglichen, nicht selbstkritischen Denker. Die defensive, eigennützige Art und Weise, in der der Wolf seine Geschichte erzählt, verrät den Lesern, dass der Wolf sein kritisches Denkvermögen nicht einsetzt. Stattdessen führt er eine eigennützige Verteidigung vor, um seine Missetaten zu verschleiern, indem er die Fakten verdunkelt und sie so umformt, dass sie zu seiner Unschuldserklärung passen. Der Wolf als unzuverlässiger Erzähler war Noahs erste Berührung mit der Überprüfung des Blickwinkels einer Geschichte, die wir lesen. Scieszka inszeniert die Ach-ich-armer-Kerl-Geschichte des Wolfs mit Humor. Der Leser spürt die Absurdität. Aber woher wissen wir, dass wir tatsächlich einen Text aus der Perspektive eines unzuverlässigen Erzählers lesen? Woran erkennen wir, die Leser, die narzisstische Sichtweise des Wolfs?

Wir sind bei der grundlegenden Frage des Lernens angelangt. Woher wissen wir, welcher Autoritätsquelle wir vertrauen können? Welche Sichtweise historischer Ereignisse ist zum Beispiel richtig? Wie erkennen wir einen Verschwörungstheoretiker im Gegensatz zu einem Whistleblower? Wie prüfen wir, ob unsere gewählten Vertreter die Wahrheit sagen oder egozentrisch lügen? Welche wissenschaftlichen Theorien sind zuverlässig? Welche sind eine Täuschung? Welches mathematische Verfahren ist in einem bestimmten Kontext das richtige? Die Lektüre welcher Romane sollte zur Allgemeinbildung gehören? Wie bestimmen wir, welche Bücher aus dem Klassikerkanon gestrichen werden sollten?

In dem Moment, in dem man sich selbst die Erlaubnis gibt, sich auf diesen Weg zu begeben, überschlagen sich die Fragen regelrecht. Welche Regierungspolitik lässt die Menschen aufblühen? Welche führt zu Menschenrechtsverletzungen? Wie bewerten wir die Inhalte der Religion? Welche Maßstäbe legen wir an die Behauptungen an? Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, wir stellen jedes Mal Fragen, wenn wir etwas lesen, hören oder über etwas nachdenken. Bei der Erziehung unserer Kinder ist es verlockend, zu denken, dass wir die Wahrheit finden und sie ihnen dann beibringen können. Doch wer entscheidet, was diese Wahrheit ist?

Jeder Themenbereich kann als eine Vielzahl von Geschichten verstanden werden, die von den unterschiedlichsten Erzählern (Experten, Kommentatoren, Künstlern, Wissenschaftlern, Augenzeugen, Lügnern, Gläubigen, Opfern, Gewinnern) erzählt werden. Und jeder einzelne dieser Geschichtenerzähler hat einen bestimmten Blickwinkel. Eine Möglichkeit, über jedes Thema nachzudenken – egal, ob es uns durch ein Buch, einen Film, ein Theaterstück, eine Legende, einen Mythos, eine Datenangabe, ein Gedicht, eine Statistik, eine Praxis, eine Theorie, eine Doktrin oder einen Nachrichtenbericht vermittelt wird –, besteht darin, zu fragen: »Wer erzählt die Geschichte?« Als ich meine Tanten und meine Mutter bat, die Geschichte des Liebeslebens ihrer Eltern zu erzählen, hörte ich mehrere Versionen der Ereignisse. Wodurch wird eine ihrer Interpretationen glaubwürdig? Das ist der springende Punkt bei dieser Reise des kritischen Denkens. Vielleicht haben Sie schon einmal das Gefühl gehabt, dass jemand ohne die nötige Erfahrung und Autorität Ihre Geschichte erzählt, und das auch noch schlecht. Denken Sie an die klassische geschlechtsstereotype Situation: Ein Arzt versucht, einer Frau zu erklären, wie sie mit den Unannehmlichkeiten von Schwangerschaft und Geburt umgehen soll. Die meisten Frauen reagieren zu Recht wie die Figur Rachel aus der Sitcom Friends: »Kein Uterus, keine Meinung!« Das entspricht ungefähr dem, was ich meine. Die Geschichtenerzähler sind wichtig. Jede Sichtweise beruht auf einem Datensatz, der für diesen Erzähler spezifisch ist. Wir bewerten die Zuverlässigkeit dieses Erzählers automatisch, gefiltert durch zahllose Kontrollmechanismen, die für uns oft nicht sichtbar sind.

Bildung ist kein Spaziergang durch neutrale Informationen, die man sich für eine Prüfung aneignet. Es geht um die Fähigkeit, die Geschichtenerzähler zu erkennen, Quellen zu bewerten, Perspektiven zu hinterfragen und die Nützlichkeit eines Standpunkts zu einem bestimmten Zeitpunkt zu bestimmen. Die Interpretationen historischer Ereignisse, der Literatur, wissenschaftlicher Entdeckungen und vieler anderer Dinge ändern sich von Generation zu Generation, von Jahr zu Jahr, manchmal sogar innerhalb weniger Monate. Das ist kaum zu verstehen. Ist kritisches Denken also Fachleuten vorbehalten, die Theorien hinterfragen und zudem beurteilen, wem man trauen kann und wem man misstrauen sollte? Sollen wir ihnen einfach aufs Wort glauben? Wenn es beim kritischen Denken nur darum geht, wie wir die Schlussfolgerungen anderer Menschen bewerten, wie können wir dann ihre Standpunkte ohne entsprechende Erfahrung oder Ausbildung beurteilen? Die meisten Menschen sind zum Beispiel nicht qualifiziert, ein Urteil über wissenschaftliche Theorien zu Treibhausgasen oder zum Ursprung des Universums zu fällen. Ich habe beispielsweise Argumente für und gegen die Urknalltheorie gelesen. Und ich hatte meinen eigenen Aha-Moment, als ich Folgendes las: »Ich bin nicht dazu qualifiziert, die Beweise zu beurteilen.« Aber ist es nicht genau das, was wir tun? Welche Kriterien rechtfertigen die Meinungen, die wir einnehmen, wenn wir selbst keine ausgewiesenen Experten sind?

Denken Sie nur an die zahllosen Entscheidungen, die Eltern ohne fachliche Kompetenz treffen: ob sie ihr Kind impfen lassen sollen oder nicht, welche Art von Zahnregulierung am besten ist, welche Entbindung am sichersten ist, welche Schulbildung für dieses Kind die richtige ist. Eltern treffen immer wieder solche Entscheidungen, ohne dass sie dafür ausgebildet sind, und sie fühlen sich dazu berufen, dies zu tun. Und dies geschieht nicht nur hier: Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen üben ganz selbstverständlich Kritik an allen möglichen Standpunkten, ohne in diesem Bereich selbst gebildet zu sein – insbesondere online. Wenn man durch Twitter scrollt, fällt einem auf, wie viele Tweets aus unbelegten Behauptungen bestehen. Sehr weit verbreitet ist beispielsweise die anekdotische Evidenz – hier ziehen wir persönliche Erfahrungen anstelle des...

Erscheint lt. Verlag 19.2.2023
Übersetzer Simone Fischer
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
Schlagworte analytisches Denken • Bildung • Digitale Medien • Digitalisierung • Eltern • Erziehung • Informationen verstehen und bewerten • Informationszeitalter • kritischer Umgang mit Medien • Kritisches Denken • Medienkompetenz • Medienkonsum • Medienlandschaft • Schule • Soziale Medien • Umgang mit Nachrichten und Meinungen • Unterricht • Verschwörungstheorien • Wissensgesellschaft • Wissensvermittlung
ISBN-10 3-96121-896-X / 396121896X
ISBN-13 978-3-96121-896-7 / 9783961218967
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