Leben mit PTBS - Wege aus der Depressions- und Dissoziationsfalle -  Sabine Ellerbrock

Leben mit PTBS - Wege aus der Depressions- und Dissoziationsfalle (eBook)

Ein biografisch angelehnter Ratgeber
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
216 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-6787-3 (ISBN)
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Sabine Ellerbrock steht mitten im Leben: Sie liebt ihren Beruf als Lehrerin und ist leidenschaftliche Sportlerin. Infolge einer Routineoperation erwirbt sie eine Behinderung, die zur Amputation ihres Unterschenkels führt. Dennoch: Sie lässt sich nicht unterkriegen und betreibt weiterhin Leistungssport - nun allerdings als semiprofessionelle Rollstuhltennis-Spielerin. Ihre lange Leidensgeschichte und Gewalterfahrungen hinterlassen Spuren. Sie entwickelt Depressionen, die zusammen mit einem postoperativen Atemstillstand schließlich zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), Dissoziationen und Suizidalität führen. Viele Jahre kämpft sie dagegen an und macht mit ihrem Buch Betroffenen und Angehörigen Mut, den langen und schwierigen Weg gemeinsam zu gehen. Angebunden an ihre Lebensgeschichte gibt Sabine Ellerbrock persönliche Einblicke in ihre Krankengeschichte sowie in Therapie- und Klinikerfahrungen und nimmt die Leser:innen mit auf eine intensive Reise. Therapieformen und Übungen, die sie bei der Bewältigung der verschiedenen Krankheitssymptome selbst als hilfreich empfunden hat, sowie zusätzliche Informationen und Tipps bieten Betroffenen und deren Angehörigen eine praxiserprobte Unterstützung auf dem Weg hin zu einem zufriedeneren und selbstbestimmten Leben. In ihrem Buch schwingt stets der Wunsch mit, für die Stigmatisierung von psychisch kranken Menschen zu sensibilisieren. Denn nach wie vor sind psychische Erkrankungen häufig ein Tabuthema. Dies macht es Betroffenen und Angehörigen zusätzlich schwer, eine Erkrankung anzunehmen und sich professionelle Unterstützung zu suchen, ohne dafür gesellschaftlich abgeurteilt zu werden. Konstantinos Koutsonasios, Psychiater und Psychotherapeut, im Vorwort: »Sabine Ellerbrock gibt uns mit diesem Buch eine Karte für eine Reise. Eine Reise, die sie selbst gegangen ist. Sie schafft so einen wertvollen Wegweise für alle von uns, die einen ähnlichen Weg gehen müssen. Und was sie uns noch schenkt ist die Hoffnung. Die Hoffnung, dass das Spiel gewonnen werden kann, auch wenn man lange im Rückstand war.«

Sabine Ellerbrock ist Gymnasiallehrerin für Sport, Biologie und Mathematik und beigeisterte Sportlerin. Als sie infolge einer Routineoperation eine Behinderung erwirbt, die zur Amputation ihres rechten Unterschenkels führt, setzt sie ihre Sportlaufbahn als semiprofessionelle Rollstuhltennis-Spielerin fort und wird Deutschlands erfolgreichste Athletin in dieser Sportart. Nach einem postoperativen Atemstillstand entwickelt Sabine Ellerbrock nach zuvor bereits bestehenden Depressionen und Gewalterfahrungen eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Während des Studiums und im Verlauf ihrer Krankheit und Sportlerlaufbahn arbeitete Sabine Ellerbrock als Vitalcoachin, Trainerin sowie in einer Physiotherapiepraxis und bildete sich über eine private Heilpraktiker:innenausbildung und eine OptiLimb-Basisausbildung am Bihlmaier-Institut fort. Zudem arbeitete sie nebenberuflich als Autorin für die AMMMa AG. Als Sportlerin und Patientin sammelte Sabine Ellerbrock seit 2007 zahlreiche Erfahrungen im ambulanten und stationären psychiatrischen Behandlungssetting und bei der Arbeit mit Sportpsycholog:innen. Ihr Anliegen ist, ihre Erfahrungen mit Betroffenen, Angehörigen und Fachpersonal zu teilen und dazu zu ermutigen, nie aufzugeben.

Es begann alles schon sehr früh


Eine Depression kann aus vielfältigen Gründen entstehen. Bei mir war es eine Kombination daraus, dass ich eigene Bedürfnisse ignorierte und bewusst überhörte und zugleich eigene Grenzen über einen längeren Zeitraum nicht akzeptierte, auch nicht, als zusätzlich belastende Ereignisse dazukamen. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass auch die Prägung in meinen ersten Lebensjahren und in der Jugendzeit zumindest mit dazu beigetragen haben, dass ich eine gewisse Anfälligkeit für die Entwicklung einer Depression hatte.

Schon mein Start ins Leben war holprig. Ich kam als Frühchen auf die Welt und war so bereits zu Beginn meines Lebens eine gewisse Zeit von meinen Eltern getrennt. Ich wurde als drittes von vier Kindern geboren. Meine älteste und meine jüngste Schwester verstarben jedoch unmittelbar nach beziehungsweise unmittelbar vor der Geburt – obwohl sie gesund waren. Es ist müßig, an dieser Stelle die Schuldfrage zu stellen, aber einige Entscheidungen der damals behandelnden Ärzt:innen waren nicht nachvollziehbar.

Bis heute geht mir das Bild des roten Sofas im Krankenhaus nicht aus dem Kopf, auf dem mein Bruder, meine Großeltern und ich saßen, als mein Vater uns die Nachricht vom Tod meiner kleinen Schwester überbrachte. Ich war damals knapp fünf Jahre alt und ich merkte, dass mein Vater traurig war, aber er vermied es zu weinen – jedenfalls vor uns –, was mich verwirrte. Ich glaube, dass ich auch deshalb die Situation noch heute so genau im Kopf habe. Es war für mich eine in diesem Moment nicht auflösbare Ambivalenz, schon fast Widersprüchlichkeit.

Erst viel später erfuhr ich, dass bei beiden Schwangerschaften mit meinen Schwestern auch meine Mutter in Lebensgefahr schwebte, und ich bekam ein Gefühl dafür, wie extrem die Situation für meine Eltern gewesen sein muss. Ich weiß noch, wie ich mir als kleiner Knirps vorzustellen versuchte, wie es ist, wenn ein Mensch tot ist. Da dieses Thema schon für einen erwachsenen Menschen nicht greifbar ist, war es dies für mich natürlich auch nicht – der Gedanke daran machte mir unglaubliche Angst, was ich bis zu meinen ersten Therapieerfahrungen im Erwachsenenalter jedoch niemand anvertraute.

Es war für mich schwer vorstellbar, wo meine kleine Schwester denn nun hinkäme. Sie hatte nicht geatmet und bekam daher kein Grab, anders als meine große Schwester, zu deren Grabstelle wir zusammen mit meinen Eltern gingen; dort starrten wir auf einen recht kahlen Boden, auf dem kein Grabstein stand; der Tod wurde dadurch nicht greifbarer. Meine große Schwester war so früh verstorben, dass sie nicht getauft werden konnte. Sie hätte meinen Namen tragen sollen.

Im Nachhinein glaube ich, dass sich durch den fehlenden Elternkontakt zu Beginn und die mit dem Thema Tod verbundenen Ängste zumindest unterschwellig eine Form von Verunsicherung bei mir entwickelte. Auch später erinnerte ich mich immer wieder an Situationen, die ich ambivalent erlebt hatte und die mich – so meine Theorie heute – ebenso verunsicherten.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie schüchtern ich als Kind war. Trotzdem war ich in der Schule gut integriert, hatte einen großen Freundeskreis und auch viel Spaß am Lernen – zurückhaltend war ich eher im Umgang mit Erwachsenen und in Situationen, die ich nicht einschätzen konnte.

Die Schule fiel mir auch inhaltlich nicht schwer. Insgesamt würde ich meine Kindheit als eine glückliche bezeichnen. Mit sechs Jahren begann ich bereits, Tennis zu spielen. Mein vier Jahre älterer Bruder und ich waren als Teenager Schlüsselkinder. Meine Eltern waren beide berufstätig und so kamen wir – als wir alt genug waren – nach der Schule nach Hause und mussten uns selbst beschäftigen. Solange wir zu klein waren, hatte meine Mutter auf ihren Beruf verzichtet, später, als ich zehn Jahre alt war, arbeitete sie halbtags.

Ich eiferte meinem großen Bruder in vielen Dingen nach, wir gingen in denselben Kindergarten, dieselben Schulen und studierten an derselben Universität, trieben zum Teil in denselben Vereinen Sport. Ich glaube, für meinen Bruder war es nicht immer toll, mit der kleineren Schwester verglichen zu werden, vor allem, weil wir doch sehr unterschiedlich hinsichtlich unserer Interessen waren. Für mich lag die Messlatte sehr hoch, denn mein Bruder hatte alles mit Erfolg absolviert, bevor ich es ihm gleichtun konnte. Er trieb zwar auch etwas Sport, dieser hatte für mich aber einen ganz anderen, einen viel höheren Stellenwert. Mein Bruder war in meinen Augen ein Ass in Politik, in Geschichte und in Sprachen, mir lag eher die naturwissenschaftliche Linie. Wir verbrachten die Zeit direkt nach der Schule oft gemeinsam zu Hause und häufig flogen dabei die Fetzen. Wir wurden erst ein Herz und eine Seele, als ich nach dem Abitur eine eigene Wohnung suchte und auszog.

Obwohl meine Eltern beide arbeiteten, gab es feste Strukturen. Wir frühstückten gemeinsam und meine Mutter bereitete für uns teilweise noch spät abends das nächste Mittagessen vor, sodass wir es nur noch aufwärmen mussten, wenn wir tags darauf nach der Schule essen wollten. Solange wir noch jünger waren, verbrachten wir auch regelmäßig Zeit bei meinen Großeltern, wurden insgesamt aber zu Selbstständigkeit erzogen. Jeden Tag gab es für uns kleine Aufgaben im Haushalt zu erledigen. Als Kind und Jugendliche fand ich das natürlich lästig, denn wer verrichtet schon gerne Haushaltsarbeiten, wenn die Alternative Freizeit ist? Im Nachhinein bin ich meinen Eltern sehr dankbar, dass wir früh lernten, mitzuhelfen und uns selbst zu beschäftigen. Ich nutzte jede freie Minute auf dem Fußball- oder Tennisplatz oder spielte mit den Jungen aus meiner Klasse am Wochenende Schach oder Tischtennis. Ich war kein typisches Mädchen, hatte zeitweise sehr kurze Haare und wurde aufgrund meiner nicht existenten Oberweite oft als Junge angesprochen. Gerade in der Pubertät nagte das an meinem Selbstvertrauen.

Ich trieb in der Zeit viel Vereinssport, schwamm, spielte später neben dem Tennis noch Basketball, Handball und auch Fußball, lief Marathon und fuhr gern zum Windsurfen. Im Tennis wurde ich über die Jahre immer besser und entdeckte früh, dass es mir sehr viel Spaß machte, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. So war es naheliegend, dass ich einen Übungsleiter- und später auch einen Trainerschein machte und Tennisstunden gab und sicherlich war es auch ein ausschlaggebender Grund dafür, dass ich mich für den Lehrerberuf entschied. Ich schlug in allen Klassen bis zur Bundesliga auf, wobei der Leistungssport Vor- und Nachteile hatte. Der Tag war immer strukturiert und ich lernte früh, dass man für Ziele zum Teil sehr hart arbeiten und auch verzichten muss.

Meine Eltern hatten nicht so viel Geld, dass sie mir den teuren Sport mit viel Training einfach so hätten finanzieren können; deshalb fing ich früh an, mir Geld dazuzuverdienen. Während meines Studiums hatte ich teilweise bis zu drei Nebenjobs, um mir mein Hobby und eine eigene Wohnung leisten zu können. Es passierte mir in meiner Kinder- und Jugendzeit nicht ein einziges Mal, dass ich meinen Tennisschläger vor Wut irgendwo hinwarf, dafür war er für mich aufgrund der Umstände viel zu kostbar. Motivationsprobleme hatte ich keine, denn ich realisierte früh, wie privilegiert ich war, in dieser Form spielen zu können. Auch später, als ich Angebote von Vereinen bekam, war es mir immer wichtig, für das, was ich erhielt, auch eine vernünftige Gegenleistung zu bringen.

Die typische Diskophase übersprang ich, es blieb neben dem Sport schlichtweg kein Raum für Feiern am Wochenende. Alkohol und Nikotin hatten keinen dauerhaften Platz in meinem Sportleben. Ich probierte zwar beides aus, paffte und trank Alkohol, aber eigentlich nur in bestimmten Situationen, um dazuzugehören, nicht, weil es mir schmeckte.

Der Sport machte mir meistens Spaß, aber eben nicht immer und ich lernte früh, dass es normal ist, im Leistungssport über Grenzen zu gehen. Im Nachhinein sehe ich darin, dass ich meine Grenzen ignorierte und meinte, ständig leisten zu müssen, Faktoren, die die Entstehung der Depressionen bei mir wesentlich begünstigten. Vielleicht erkennen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, wenn Sie selbst zurückschauen auch bereits Faktoren, die mit zu Ihrer späteren Erkrankung beitrugen. Sprechen Sie mit Ihrer Therapeutin, Ihrem Therapeuten darüber; setzen Sie sich dem nicht allein aus.

Man könnte vermuten, dass ich aufgrund meines guten Netzwerks, meiner Erfolge in Schule und Sport und später auch in Studium und Beruf selbstbewusst war. Nach außen konnte ich das Bild auch lange aufrechterhalten, innerlich sah es aber ganz anders aus: Ich hatte Angst zu versagen, spielte deshalb am liebsten unter Ausschluss der Öffentlichkeit, was natürlich ab einer bestimmten Spielklasse unrealistisch war, und ich sah das, auf das ich hätte wirklich stolz sein können, als normal an. Entsprechend empfand ich Erfolge auch gar nicht als solche. Rational konnte ich sie greifen, emotional kamen sie jedoch nicht bei mir an. Ganz anders war es bei Niederlagen oder Fehlern: Die konnte ich...

Erscheint lt. Verlag 30.5.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie
ISBN-10 3-7562-6787-3 / 3756267873
ISBN-13 978-3-7562-6787-3 / 9783756267873
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