Emotional Eating (eBook)
240 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01582-1 (ISBN)
Dr. Kathrin Vergin ist Geschäftsführerin des Emotional Eating Instituts in Hamburg. Sie arbeitet als Ernährungstherapeutin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Als ehemals Betroffene kann sie bei der Betreuung ihrer Patienten - meist Menschen mit starkem Über- oder Untergewicht bzw. mit Essstörungen - nicht nur auf ihre fachliche Kompetenz, sondern auch auf ihre eigene Erfahrung zurückgreifen. Neben ihrer Tätigkeit als Ernährungscoach hält Dr. Kathrin Vergin Vorträge und Seminare in Firmen und engagiert sich in der Ernährungsberatung von Krebspatienten.
Dr. Kathrin Vergin ist Geschäftsführerin des Emotional Eating Instituts in Hamburg. Sie arbeitet als Ernährungstherapeutin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Als ehemals Betroffene kann sie bei der Betreuung ihrer Patienten – meist Menschen mit starkem Über- oder Untergewicht bzw. mit Essstörungen – nicht nur auf ihre fachliche Kompetenz, sondern auch auf ihre eigene Erfahrung zurückgreifen. Neben ihrer Tätigkeit als Ernährungscoach hält Dr. Kathrin Vergin Vorträge und Seminare in Firmen und engagiert sich in der Ernährungsberatung von Krebspatienten.
Emotionales Essen
Vom Abnehmen und Zunehmen
Wie du vielleicht schon in der Einleitung gemerkt hast, ist mir die Geschichte vom Abnehmen und wieder Zunehmen nicht gerade fremd. Im Gegenteil. Ich habe viele Diäten gemacht, und das auch recht erfolgreich. Abgenommen habe ich dabei immer. Irgendwie. Mal mit einfacheren Methoden über längere Zeit, mal mit massivem Kaloriendefizit über einen kürzeren Zeitraum. Mal waren es fünf Kilogramm, mal zehn Kilogramm oder noch mehr. Zu meinen Gewichtshochzeiten stand die Waage bei über 100 Kilogramm. Es war ein schleichender Prozess, der sich entwickelte, weil ich nach einer Diät immer mehr wog als vorher. Immer weitere kleine Treppenstufen hin zum neuen Höchstgewicht. Ich war selbst Binge Eaterin und damit von Essanfällen und emotionalem Essen betroffen, kenne das Ganze also nicht nur aus fachlicher, sondern auch aus persönlicher Erfahrung.
In den letzten 14 Jahren habe ich viele Trends kommen und gehen sehen, und bei den Abnehmwilligen und auch bei meinen Patientinnen wechselten sich immer wieder neue Ernährungsformen in ihrer Beliebtheit ab. Es gibt mittlerweile einfach viel zu viele Informationsquellen und damit auch widersprüchliche Aussagen. Auch Studien widersprechen sich zum Teil, und verschiedene Fakten werden je nach Standpunkt unterschiedlich ausgelegt. Diese Fülle an Meinungen und Informationen können wir irgendwann gar nicht mehr richtig einordnen. Ein Effekt, der mit «Paralyse durch Analyse»[1] umschrieben wird. Damit ist das übermäßige Analysieren von Informationen – zum Beispiel zum Thema Ernährung – gemeint, wodurch das bewusste Treffen von Entscheidungen hinausgezögert oder gar verhindert wird. Das bedeutet, dass das Befassen mit Ernährung und den damit verbundenen Trends und Methoden uns oftmals eher hemmt oder paralysiert, als dass es nützt, und wir durch sich widersprechende Inhalte vom eigentlichen Handeln abkommen. Denn nur, wenn wir ins «Tun» kommen, nehmen wir ab oder kommen unserem eigentlichen Ziel wirklich näher.
Auch wenn es etwas überspitzt formuliert sein mag, so glaube ich doch an die These: «You can’t cheat physics.» Das bedeutet: Abnehmen ist nüchtern betrachtet keine Sache, die hochwissenschaftlicher Methoden oder gar therapeutischer Hilfe bedarf. Der Körper nimmt zwangsläufig ab, wenn wir weniger Kalorien zuführen, als wir verbrauchen. Das bedeutet, wir erzeugen ein Kaloriendefizit. Wer sich daran hält, nimmt ab. Früher oder später. Diäten sind aber leider nicht die Lösung des Problems. Sie sind eher das Problem. Und genau dazu wirst du in diesem Buch noch sehr viel mehr erfahren. Denn willst du wirklich etwas verändern, so gibt es mehr zu beachten als Kalorien, Grundumsatz und andere physikalische Messgrößen.
Das bringt mich direkt zu meiner zweiten Aussage: «Diäten scheitern deshalb, weil wir sie nicht dauerhaft durchhalten können.» Und wenn man es mal aus der Sicht der Lebensmittel- oder der Diätindustrie betrachtet, sollen wir das auch gar nicht. Insgesamt hatten laut Statistik im Jahr 2020 rund 20 Millionen Personen in Deutschland Interesse an Diäten und Diätprodukten. Rund 4,26 Millionen davon investierten ihr Geld in Diätprodukte. Etwa 1,1 Milliarden Euro wurden im Jahr 2020 in diesem Segment umgesetzt.[2] Tendenz steigend. Hinter dieser Industrie steckt also ein lukrativer Milliardengewinn. Wenn nun all die angepriesenen Diäten funktionieren würden, würde man daran aber nichts mehr verdienen können. Wird klarer, was ich meine? Ja, oder? Das, was wir als Verbraucher und Nutzer von Diätprogrammen meist noch nicht ganz durchdrungen haben, nutzt die Industrie dabei schon lange zum eigenen Vorteil und somit wieder zu unserem Nachteil aus: das Spiel mit unseren Emotionen. Es wird ausgenutzt, dass wir instinktiv nach Abkürzungen suchen, um schlanker, fitter und gesünder zu werden. Man lockt uns aber nur mit dem Endergebnis einer möglichen körperlichen Veränderung und bietet uns dafür offensichtlich viel zu einfache Methoden und Ernährungsformen an, die diesen Prozess ohne viel Aufwand möglich zu machen scheinen. Alles, was wir dazu tun müssen, ist, uns an den Plan und die Vorgaben zu halten. Und wir glauben es. Die Lebensmittelindustrie verlässt sich darauf, dass wir nicht dauerhaft zufrieden mit uns sein werden, und nutzt dies zu ihrem Vorteil aus, indem sie uns Diäten und Produkte anbietet, die uns vielleicht nie ans Ziel kommen lassen. Hier wird der Gedanke vermittelt: «Wer viele Produkte kauft, bekommt auch viel zurück!» Doch das ist leider falsch. Warum?
Bei Diäten geht es allein um einen körperlichen Effekt oder eine optische Veränderung. Diäten funktionieren damit fast ausschließlich auf unserer Verstandesebene, das heißt über rationales Denken und Handeln und damit das stupide Befolgen von Ernährungsplänen und Kalorienvorgaben. Leider ist eine dauerhafte Veränderung aber nur möglich, wenn wir auch die emotionale und psychologische Seite hinter unserem Gewichts- oder gar Körperproblem kennenlernen. Diäten arbeiten so gegen unser Unterbewusstsein und sind damit Risikofaktoren für unkontrolliertes Essverhalten und emotionales Essen. Unsere Essgewohnheiten laufen auf einer unbewussten Ebene im sogenannten limbischen System unseres Gehirns ab. Die Kommunikation zwischen Vernunft auf rationaler Ebene und den Emotionen auf einer unbewussten Ebene funktioniert damit praktisch nicht, und so arbeiten wir bei einer Diät an uns selbst vorbei. Wir werden später noch sehen, welche entscheidende Rolle das Gehirn in diesem Spiel einnimmt.
Wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann, schränken Diäten uns durch ihre unflexiblen Regeln in unseren Bedürfnissen ein und fördern damit Kompensationsmechanismen, die sich im Brechen der Diätregeln äußern. Essen wird so zu einer emotionalen Kompensationsdroge. Gerade diese Situation nutzt die Diätindustrie aus, indem sie uns vermittelt, wir seien nur dann glücklich, wenn wir auf der körperlichen Ebene Ergebnisse erzielen und uns damit an ihre Ideen und Produkte halten. Wenden wir uns aber vom Diätplan ab und folgen unseren Bedürfnissen, ist es oftmals schnell vorbei mit dem Erfolg, und wir kehren zurück in den alten Teufelskreis. Ausgeliefert an unsere Gewohnheiten und Emotionen.
Körper und Psyche stehen gerade beim Thema Gewicht und Essverhalten immer in Verbindung, was gleichzeitig bedeutet, dass wir für eine körperliche Veränderung immer auch eine mentale Veränderung durchlaufen müssen. Das passiert jedoch nicht durch ein restriktives Essverhalten, exzessive Sportprogramme oder Kalorienzählen. Mit einem solchen Vorgehen opfern wir den Erfolg eines langfristigen Gewichtsverlusts für eine zu schnelle Abkürzung. Veränderungen lassen sich nur dann wirklich herbeiführen, wenn wir das eigene Essverhalten verstehen und steuern lernen. Reglementierungen stellen somit keine Lösung des Problems dar, sondern sind lediglich ein Versuch, Kontrolle auszuüben. Der Druck, den wir durch Diäten aufbauen, erzeugt irgendwann einen Gegendruck, und somit endet fast jedes Verbot früher oder später in einem Essanfall und damit in einem Ausbruch aus den eigens auferlegten Regeln. Es sind also die Emotionen, die unsere Aufmerksamkeit brauchen, wollen wir nachhaltig etwas an unserem Essverhalten ändern.
Übergewicht oder auch die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper beruhen meist nicht ausschließlich auf einer falschen Kalorienzufuhr, sondern sind viel eher Symptome eines tiefer liegenden Problems: Sie sind das Ergebnis unserer Essgewohnheiten, nicht befriedigten Bedürfnisse, Überzeugungen, Glaubenssätze, Ansichten und Routinen. Mit dem Beginn einer Diät suchen wir, einfach ausgedrückt, bewusst oder unbewusst nach einem anderen Schuldigen als uns selbst und versuchen zum Beispiel den Kohlenhydraten die Schuld zu geben. Innerlich wissen wir aber, dass es nicht die bösen Kohlenhydrate sind, die unsere aktuelle Situation verursachen, sondern dass es eher an unseren falschen Essgewohnheiten und damit an uns selbst liegt. Mit einer Diät versuchen wir also nur, der Arbeit mit uns selbst aus dem Weg zu gehen und es zu vermeiden, uns unseren eigentlichen Problemen und Bedürfnissen zu stellen. Diäten sind somit ein Ausdruck der inneren Ratlosigkeit. Da wir wissen, dass wir mit Achtsamkeit und intuitivem Essen keine sofortigen Antworten erwarten können und damit auch keine schnellen Ergebnisse erzielen werden, lassen wir uns auf die Versprechen der Diätindustrie ein und erzwingen einen kurzfristigen Effekt, anstatt die eigenen Ernährungsgewohnheiten dauerhaft umzustellen. Statt uns mit uns selbst zu befassen, geben wir so die Verantwortung für das eigene Scheitern ab und verpassen es, eine gesunde Beziehung zu uns und dem Essen aufzubauen.
Wenn es also um das Thema Abnehmen und Zunehmen geht, braucht es zwei Ebenen für den sicheren Erfolg: die physische und die psychische Ebene. Die physische Ebene umfasst das Wissen über körperliche Prozesse, Ernährung und den eigentlichen Ablauf des Abnehmprozesses. Die psychische oder besser mentale Ebene befasst sich dagegen mit unserer persönlichen Einstellung, die uns überhaupt zum Handeln auf der körperlichen Ebene befähigt. Denn allein durch das Wissen über körperliche Prozesse und Ernährung ändert sich erst mal nichts. Eine Änderung lässt sich nur durch die Kombination beider Ebenen und eine kontinuierliche Umsetzung erreichen.
Um das zu verdeutlichen, werde ich im Folgenden genauer auf das Thema Emotionen und Essen...
Erscheint lt. Verlag | 13.12.2022 |
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Zusatzinfo | mit Abbildungen |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Ernährung / Diät / Fasten |
Schlagworte | Abnehmen • Binge Eating • Body Positivity • buch ernährung • Diät • emotional eating • Emotionales Essen • Ernährung • Ernährungsplan • Ernährungsratgeber • Essanfälle • Essstörung • Gesunde Ernährung • Gesundes Essverhalten • Gesundheit • Gesundheitsratgeber • intuitiv abnehmen • intuitives Essen • intuitiv essen • Körper • Wohlfühlgewicht |
ISBN-10 | 3-644-01582-1 / 3644015821 |
ISBN-13 | 978-3-644-01582-1 / 9783644015821 |
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