Kinderköpfe ticken anders (eBook)

Einfach verstehen, wie sich das Gehirn entwickelt - Wutausbrüche, Trotzanfälle & Co. souverän meistern
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2023 | 1. Auflage
352 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-29435-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kinderköpfe ticken anders -  Kate Silverton
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Wutausbrüche, Trotzanfälle, Streit und Tränen: Besonders in den ersten fünf Jahren haben Eltern häufig mit dem Verhalten ihrer Klein- und Vorschulkinder zu kämpfen. Stress, Enttäuschungen und Unzufriedenheit sind nicht selten die Folge solcher Situationen - auf beiden Seiten.

Doch so muss es nicht sein. Kate Silvertons bahnbrechend neues Erziehungskonzept erklärt Eltern, warum kleine Kinder sich 'so unmöglich aufführen'. Wichtig ist es zu verstehen, dass sich das noch entwickelnde Kindergehirn von dem Erwachsener unterscheidet und das Verhalten von Kindern entscheidend beeinflusst.

Mit Kate Silvertons praktischen Strategien können Eltern rücksichtsvoll und einfühlsam reagieren und die Basis für die psychische Gesundheit und das emotionale Wohlbefinden ihrer Kinder in der Zukunft schaffen.

Denn Kinderköpfe ticken anders - und das ist gut so.

Kate Silverton ist studierte Entwicklungspsychologin und beliebte BBC-Journalistin. Sie setzt sich seit Jahren leidenschaftlich für Kinderrechte und Kindeswohl in der Welt ein. Inzwischen selbst Mutter von zwei Kindern, absolvierte sie eine Weiterbildung zur Kinder-Psychotherapeutin. Heute berät sie Eltern und Erziehende, u.a. im Anna Freud National Centre for Children and Families, in London. Ihre therapeutische Erfahrung mit Kindern sowie intensive Gespräche mit führenden Neurowissenschaftlern, Psychiatern und Psychotherapeuten inspirierten sie zu diesem Buch. Ihr Motto: »Einfach von der Schwangerschaft bis zum fünften Lebensjahr alles richtig machen, dann gehen unsere Kinder fit ins Leben.«

KAPITEL 1

Die Eidechse, der Pavian und die kluge Eule

»Sie ist gerade im Trotzalter!«

»Mein Baby klammert so sehr.«

»Meine Tochter will nicht teilen.«

»Mein Sohn beißt.«

»Unsere Zwillinge können nicht stillsitzen.«

»Warum kommen wir nicht rechtzeitig aus dem Haus?!«

»Meine Tochter ist so zornig. Sie schlägt immer wieder ihre Schwester.«

»Wieso tun sie nicht einfach, was man ihnen sagt?!«

Warum verhalten sich unsere Kinder so? Nach der traditionellen Auffassung würde man sagen, dass unsere Kinder »böse« sind. Aber ich sage, dass diese Auffassung falsch ist! Unsere Kinder sind nicht »böse«, sie versuchen nur, uns etwas zu sagen. Auf die einzige Art, die sie kennen.

Kinder unter fünf Jahren zeigen ihre Gefühle durch ihr Verhalten, weil sie oft noch nicht die richtigen Wörter kennen, um sie zu erklären. Und ihre Gefühle können überwältigend sein, so als ob die ganze Welt zum Stillstand kommt, weil sie in diesem Alter noch keinen hoch entwickelten »emotionalen Filter« besitzen, keine Möglichkeit, sich selbst auszuschalten oder zu dimmen. Wenn wir das verstehen und ihr Verhalten interpretieren können (was Sie am Ende dieses Kapitels können werden!), wird Ihnen klar werden, warum ich sage, dass Kinderköpfe anders ticken als die von Erwachsenen. Und dann können wir Eltern sein, die nicht fragen: »Was stimmt nicht mit dir?«, sondern »Was passiert gerade bei dir, bei dem ich dir helfen muss?«

Darum geht es!

Ich weiß, dass es einfach klingt, aber Ihren Kindern zu helfen, mit ihren starken Gefühlen umzugehen, wird eine der größten und besten Investitionen sein, die Sie als Eltern tätigen werden. Sie müssen sich wirklich nicht unter Druck gesetzt fühlen, einen kleinen Einstein oder Mozart zu erschaffen. Wenn wir uns geerdete, glückliche Kinder wünschen, bestätigt die Wissenschaft, was die Natur schon weiß: Unsere Kinder zu lehren, mit ihren Gefühlen umzugehen, ist wichtig für ihr zukünftiges mentales und emotionales Wohlbefinden. Und das Schöne ist, dass die Natur uns alles mitgegeben hat, was wir brauchen, um ihnen dabei zu helfen.

Wissenswert

»Statt einem Baby Lernkarten hinzuhalten, wäre es seinem Entwicklungsstand angemessener, es einfach zu halten und zu genießen.«

Psychotherapeutin Sue Gerhardt in ihrem Buch Die Kraft der Elternliebe

Unsere Emotionen sind das, was wir in unserem Innern spüren. Sie zeigen uns, was im Leben sicher ist und was nicht, worauf wir uns zubewegen und wovor wir weglaufen sollen.

Wie unsere Kinder die Welt erleben und unsere Rolle als Eltern prägen die Person, zu der sie sich entwickeln. Nicht nur ihre körperliche Gesundheit, sondern auch ihr mentales und emotionales Wohlbefinden. Wir können ihnen am besten helfen, wenn wir uns klarmachen, dass sich das Gehirn unserer Kinder noch entwickelt, das heißt, dass sie sich vielleicht ganz anders verhalten und Dinge ganz anders wahrnehmen als wir.

Um es zu verdeutlichen: Was sehen Sie in dieser Abbildung?

Und das sieht unser Kind …

In diesem Alter erleben unsere Kinder die Welt anders, weil ihr Gehirn anders ist. Ihr Gehirn ist mit Wachsen, mit Erkunden, mit Lernen beschäftigt. Weil das Gehirn unserer Kinder noch nicht so weit entwickelt ist wie unseres. Die Arbeit von Professor Peter Fonagy und vielen Forschern auf diesem Gebiet lässt darauf schließen, dass die Entwicklung des menschlichen Gehirns erst mit etwa 25 Jahren abgeschlossen ist. Das heißt, dass das Gehirn Ihres Kindes unter fünf Jahren noch sehr unfertig ist, und das gilt auch für sein Verhalten.

Als ich etwas über die Gehirnentwicklung gelernt hatte, ergab alles, was meine Kinder betraf, plötzlich einen Sinn – warum sie nicht gern teilten, warum mein Sohn seine Schwester schlug und warum wir es alle so schwierig fanden, rechtzeitig aus dem Haus zu kommen!

Ich konnte Wutanfälle abwenden und liebevoll auf Tränen reagieren, Streitereien beenden und erleben, wie meine Kinder Freunde wurden, ohne auf altmodische Strafen wie »Sitzen auf der stillen Treppe« oder »Verbannen« in ihr Zimmer zurückgreifen zu müssen. Ich stellte fest, dass ich mich nun in meine Kinder hineinversetzen konnte, um die Dinge aus ihrer Perspektive zu betrachten und zu verstehen, was sie fühlten und vor allem auch, warum.

Zu verstehen, wie sich das Gehirn unserer Kinder entwickelt, ist unerlässlich, wenn wir ihnen – und auch uns selbst! – helfen wollen, glücklich durchs Leben zu kommen, mit welchen Schwierigkeiten es uns auch konfrontieren mag.

Aber das Gehirn ist ein komplexes Organ, und wenn es um Neurowissenschaften geht, bin ich ein Bär mit einem ziemlich kleinen Gehirn. Als ich anfing, etwas über das Gehirn zu lernen, beschwor all das Gerede von Amygdalas, limbischen Systemen und dorsalen Vagusnerven eher Bilder von Programmierkursen in mir herauf als von dem unglaublichen Organ, das uns am Leben erhält.

Also fing ich an, das Wesentliche herauszudestillieren und ein sehr einfaches Konzept zu entwickeln, das mir half, das Verhalten meiner Kinder auf eine für mich – und ich hoffe, auch für Sie – sinnvolle und leicht nachvollziehbare Weise zu verstehen.

Die Eidechse, der Pavian und die kluge Eule

Als unsere Vorfahren anfingen, auf zwei Beinen zu gehen, konnten sie ihre Hände besser gebrauchen. Die Wissenschaftler glauben, dass der durch die Fähigkeit, mehr Aktivitäten nachzugehen, bedingte Zuwachs an Intelligenz zu einer dramatischen Vergrößerung des Gehirns führte. Aber der aufrechte Gang hatte für uns Menschen noch eine weitere Konsequenz.

Wissenswert

»Gleichzeitig führte das Stehen auf zwei Beinen bei den Frauen zu einem engeren Becken und Geburtskanal. Der größere Kopf und das kleinere Becken bedeuteten, dass das Menschenbaby sehr unreif geboren werden musste.«

Dr. Margot Sunderland, Director of Education and Training, Centre for Child Mental Health, London, in ihrem Buch The Science of Parenting

Ein relativ »unfertiges Gehirn« zu haben, bedeutet, dass wir bei der Geburt und während eines deutlich längeren Zeitraums als unsere Säugetier-Verwandten viel verletzlicher sind. Zum Beispiel können Zebras schon eine Stunde nach der Geburt vor Raubtieren weglaufen; ein Giraffenbaby fällt 1,80 Meter tief aus dem Geburtskanal der Mutter und kann fast unmittelbar danach gehen, wenn auch etwas wackelig, und Delphine können von Geburt an schwimmen. Im krassen Gegensatz dazu werden unsere Babys sehr hilflos geboren. Es dauert ungefähr ein Jahr, bis Kinder einigermaßen sicher gehen können, und noch länger, bis sie selbstständig essen und ihren Körper pflegen können.

Unsere Kinder sind in Bezug auf ihr Überleben vollkommen von uns abhängig, bis ihr Gehirn »aufgeholt« hat. Deshalb findet in den ersten Lebensjahren ein so starkes Gehirnwachstum statt. Das Gehirn muss schnell arbeiten, um die zum Überleben in der jeweiligen Umgebung notwendigen Fähigkeiten zu erwerben.

Das Gehirn entwickelt sich hierarchisch – sozusagen von unten nach oben. Um das Verständnis zu erleichtern, haben Wissenschaftler das Gehirn in verschiedene Regionen eingeteilt. Alle Regionen sind von Geburt an vorhanden und miteinander verbunden, aber jede Region hat auch ihre eigenen, klar abgegrenzten Funktionen. Wenn wir unsere Kinder und die Gründe für ihr Verhalten verstehen wollen, müssen wir zuerst diese verschiedenen Regionen und ihren Einfluss auf das Verhalten unserer Kinder verstehen.

Die ersten Gehirnregionen, die sich entwickeln, sind das sogenannte Stammhirn und das Kleinhirn. Das Stammhirn, auch »Reptiliengehirn« genannt, hat die Aufgabe, unsere Kinder am Leben zu erhalten. Es steuert Herzschlag und Körpertemperatur, Schlafmuster, Atmung, Gleichgewicht, Appetit und Verdauung. Das Überlebenshirn reagiert auf alles, was lebensbedrohlich sein könnte, sei es im Körper, zum Beispiel, wenn unser Kind hungrig ist, oder extern, zum Beispiel, wenn jemand Fäuste schwingend und brüllend auf es zu läuft.

Unter solchen Umständen reagiert das Stammhirn instinktiv und automatisch. Seine Reaktionen sind nicht bewusst ausgewählt und beinhalten das, was wir als Kampf- bzw. Flucht- und Erstarrungsreaktionen bezeichnen. Im Mutterleib sind unsere Babys weitgehend vom Stammhirn abhängig, und es steuert einen Großteil ihres Verhaltens im ersten Lebensjahr.

Als Nächstes kommt das limbische System. Es ist die Zentrale unserer Emotionen und maßgeblich an der Verarbeitung und Regulierung der Gefühle unserer Kinder, wie Wut und Freude, sowie ihres Sozialverhaltens, ihrer Interaktion mit anderen Menschen, beteiligt. Es steuert auch, wie unsere Babys und Kleinkinder verarbeiten, was um sie herum passiert – was sie sehen, hören, schmecken, riechen und spüren. Das lymbische System ist der Ort, an dem sich ein Großteil ihres Gedächtnisses und ihrer Sprache »befindet« und von dem ihre Stressreaktion (also ihr Verhalten bei einer wahrgenommenen Gefahr) ausgeht.

Stammhirn und limbisches System werden oft als »niedere Gehirnareale« bezeichnet und sind eng miteinander verbunden.

Schließlich kommen wir zum Cortex, speziell zum präfrontalen Cortex (kurz PFC). Er ist die oberste Steuerungszentrale und der Teil des Gehirns, der uns von anderen Tierarten abgrenzt. Der PFC hilft unseren Kindern, zu lernen, empathisch zu sein (Dinge aus dem...

Erscheint lt. Verlag 22.3.2023
Übersetzer Karin Wirth
Sprache deutsch
Original-Titel There's no such thing as 'naughty'
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
Schlagworte 2023 • Bindung • bindungsorientierte Elternschaft • Biologie • Das gewünschteste Wunschkind • eBooks • Eltern • Eltern-Kind-Beziehung • Entwicklungspsychologie • Entwicklungssprünge • erziehungsratgeber kleinkind • Frühkindliche Entwicklung • Gefühle verstehen und unterstützen • gelassen kindgerecht erziehen • Gesundheit • kinder emotionen • Kinder-Psychotherapie • Motivation • Neuerscheinung • Neurowissenschaften • nora imlau • Philippa Perry • Positives Denken • Ratgeber • Schreibaby • Schreikind • Selbstwert • Trotzphase
ISBN-10 3-641-29435-5 / 3641294355
ISBN-13 978-3-641-29435-9 / 9783641294359
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