New Moms for Rebel Girls -  Susanne Mierau

New Moms for Rebel Girls (eBook)

Unsere Töchter für ein gleichberechtigtes Leben stärken

*****

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
320 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-407-86721-6 (ISBN)
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Die Pädagogin und Feministin Susanne Mierau ist eine von vielen New Moms, die ihre Töchter aufklären und stärken möchten gegen das Patriarchat und seine Folgen: Abwertung von Weiblichkeit, Diskriminierung, geschlechterstereotypes Rollenverhalten bis hin zu sexueller Gewalt. Was das in Bezug auf feministische und bedürfnisorientierte Erziehung heißt, erklärt sie in ihrem neuen Buch. Gestützt auf pädagogische und psychologische Erkenntnisse sowie viele Beispiele von Mutter-Tochter-Beziehungen beschreibt Mierau, wie Mädchen konkret unterstützt und bestärkt werden können. Sie erläutert, was Mütter über Themen wie Pornos, Cybermobbing, Verhütung, Selbstwert & Selbstliebe, ein gutes Körpergefühl, Bildung &Karriere und viele weitere wissen müssen und wie sie ihre Töchter dabei begleiten. Nicht zuletzt geht es der Autorin darum, dass Mütter eigene stereotype Denk- und Verhaltensweisen erkennen, um sie nicht an ihre Rebel Girls weiterzugeben.

Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin, Familienbegleiterin und Bestsellerautorin. Sie ist Gründerin von Geborgen Wachsen, gibt Workshops und spricht auf Konferenzen und Tagungen für Eltern und Fachpersonal. Sie ist Mutter von 3 Kindern und lebt in Eberswalde.

Eins

Warum es immer noch keine Gerechtigkeit gibt


»Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, Mama wäre für uns keine gute Mutter gewesen. Auf ihre Weise war sie es. Sie war eine gütige Frau, und sie liebte uns. Dass sie so tyrannisch und dominant war, lag vor allem an der absurden, einengenden Erziehung, die sie selbst erhalten hatte.«

Hélène de Beauvoir über
ihre Mutter1

Über Mütter und Töchter wird so einiges gesagt, geschrieben, erzählt. Wir finden ihre Beziehung wieder in Ratgebern, Bildern, Kinofilmen, Serien – und in den Gesprächen am Abend mit der besten Freundin bei einem Glas Rotwein. Wir lachen mit ihnen, wir weinen mit ihnen – und wir lachen und weinen über sie. Wir lesen über schwierige Mutter-Tochter-Beziehungen der Geschichte wie bei Hélène und Simone de Beauvoir und deren Mutter, und eine ganze Generation junger Frauen hat mit Emily, Lorelai und Rory Gilmore2 mitgefiebert, gelitten, geliebt und sich manches Mal gewünscht, eine Mutter wie Lorelai zu werden oder wie Rory ein wenig stolz und liebevoll-ironisch über die eigene Mutter sagen zu können: »Eigentlich heiße ich Lorelai. Meine Mutter heißt auch so. Sie hat mir ihren Namen gegeben. Sie dachte damals: ›Wenn Jungs nach ihren Vätern benannt werden, kann es eine Mutter mit ihrer Tochter genauso machen.‹ Sie sagt, ihre feministische Ader habe sich gemeldet. Ich glaube, dass auch die vielen Schmerztabletten daran schuld sind.«

Der Mutter-Tochter-Beziehung wird nachgesagt, sie präge das Leben, die Liebe, die Beziehungen, Karriere, Partnerschaften und später das eigene Familienklima. Vieles davon wird auch den Söhnen zugeschrieben, denn nicht zuletzt durch Sigmund Freud wurde die Bedeutung der Mutter für die kindliche Entwicklung und für alle aktuellen und zukünftigen Probleme tief in den Köpfen des modernen Menschen verankert. Die Mutter-Tochter-Beziehung nimmt durch die Weitergabe von Rollenbildern an Töchter allerdings einen besonderen Platz ein. Und genau damit sind wir schon beim Kern des eigentlichen Problems angelangt: Was wäre, wenn die Mutter nicht über so viele Jahrhunderte die bevorzugte und größtenteils alleinige primäre Bezugsperson für ihre Kinder gewesen wäre? Wie und warum hat sich das Konstrukt der Mutterschaft auch negativ auf Mutter-Tochter-Beziehungen ausgewirkt? Welche Punkte haben dazu geführt, dass so viele Töchter die Beziehung zu ihrer Mutter an der einen oder anderen Stelle als belastet empfinden? Muss das überhaupt so sein? Denn nein: Es sind keine Einzelfälle. Wenn so viele Frauen das Gefühl haben, dass ihre Mutter-Tochter-Beziehung an der ein oder anderen Stelle belastet ist – dass sie nicht sein konnten, wer sie sein wollten, dass es immer Konfliktpunkte gab oder gibt –, dann müssen wir über den Tellerrand der Einzelfälle hinausblicken auf das, was all diese Mutter-Tochter-Geschichten verbindet. Und dies ganz besonders, wenn wir es anders machen wollen, wenn wir unsere eigenen Töchter stärken, stützen und liebevoll begleiten wollen.

»Falls ich an den Punkt kommen sollte, wo ich selbstbewusst genug bin, ein Kind zu bekommen, und mir sicher bin, dass ich es lieben und beschützen kann, dann ist vielleicht auch eine Beziehung zu meiner Mutter wieder möglich. Oft habe ich Momente, wo ich plötzlich ein warmes trauriges Gefühl bekomme, wenn ich an meine Mutter denke. Dann würde ich gerne mit ihr einen Kaffee auf ihrem gemütlichen Balkon trinken und einfach ein gutes Mutter-Tochter-Gespräch führen. Das ist mein eigenes inneres Kind, was da hochkommt und diesen Wunsch hat. Und das ich dann mit der Realität konfrontieren muss, denn so harmonisch und unbeschwert, wie das in meinem Kopf abläuft, wäre das natürlich niemals in der Realität. Es ist sehr schwer zu unterscheiden für mich, welcher Anteil sich gerade wieder Kontakt zu ihr wünscht. Für mich steht jedoch fest: Solange ich nicht mit Sicherheit sagen kann, dass es meine innere Erwachsene ist, die sich ein Gespräch mit ihr wünscht und dann auch in der Lage ist, unangenehme Dinge anzusprechen, so lange werde ich den Kontakt zu ihr nicht wiederherstellen.« Nina

Es ist ein kompliziertes Netz von Zusammenhängen, das die Familienbeziehungen prägt. Gerade in den letzten Jahren hat es in der Ratgeberliteratur eine Fokussierung auf Mütter und deren Töchter gegeben, die die Auswirkungen von Müttern, die nicht lieben, und emotional-missbräuchliche Mutter-Kind-Beziehungen in den Blick nimmt. Gleichzeitig gibt es Bücher dazu, wie wir unsere Töchter stärken können oder sollen, und dies ganz besonders in Umbruchphasen wie der Pubertät. Oft geht es darum, wie Erziehung »gelingen kann, wenn die Erziehenden nur berücksichtigen, was Mediziner und Psychologen herausgefunden haben«.3 Dabei werden aber oft die eigentlichen Kernprobleme und Ursachen übersehen, denn es sind nicht nur die Erziehenden mit ihren eigenen Geschichten und Erfahrungen, die Einfluss auf die Entwicklung und das Verhalten des Kindes nehmen – und schon gar nicht liegen die meisten Probleme in den Kindern selbst begründet. Wie in vielen anderen Bereichen der Probleme zwischen Eltern und Kindern hilft es nicht, wenn wir versuchen, nur an den Symptomen zu arbeiten. Wir müssen zu den wirklichen Ursachen durchdringen, um unser Verhalten zu verändern und dadurch Einfluss auf die Entwicklung der Kinder zu nehmen. Wir Erwachsenen sind die Stellschraube der Erziehung, nicht die Kinder.

Aus der Beratungspraxis

Britta ist 46 Jahre alt, Mutter einer Tochter und eines Sohnes. Sie hat Angst, dass ihre Kinder und insbesondere die ältere Tochter, die bereits in der Pubertät ist und mit der sie öfters streitet, sie später hassen könnten. Zu ihrer eigenen Mutter hat Britta keine gute Beziehung: Sie beschreibt die Mutter als emotional distanziert. Britta wurde ungeplant als Nachzüglerin geboren, ihre älteren Geschwister waren schon 10 und 14 Jahre alt. Ihre Mutter war ihre ganze Kindheit über Hausfrau, dabei unzufrieden und auch in der Beziehung zu ihrem Mann und Vater der drei Kinder unglücklich. Auch wenn es ihnen finanziell gut ging, sie in einem Reihenhaus in einem Vorort einer größeren Stadt wohnten, war Brittas Kindheit von dem Gefühl geprägt, Freude und echte Familiengefühle zu vermissen. Als sie selbst in der Pubertät war, hatte ihre Mutter im Streit einmal zu ihr gesagt, dass sie sie nur deswegen bekommen habe, weil sie schließlich als verheiratete Frau mit Familie nicht einfach so abtreiben konnte.

Wenn Britta heute Angst davor hat, dass ihre Kinder und insbesondere ihre Tochter ähnliche Gefühle ihr gegenüber entwickeln könnten, wie sie sie ihrer Mutter gegenüber hat, dann liegt das auch an der emotionalen Vernachlässigung in ihrer eigenen Kindheit und dem Gefühl, nie gewollt und gut genug für die Liebe gewesen zu sein. Gleichzeitig ist es wichtig, die Geschichte im Kontext der Zeit zu sehen und die Rahmenbedingungen zu betrachten, die auf ihre Mutter damals wirkten: das offenbar ungewollte Hausfrauendasein, die Ehe ohne Liebe, aus der sie das Gefühl hatte, nicht aussteigen zu können, und ebenso das Gefühl, dass die Gesellschaft eine Abtreibung bei einer verheirateten, gut situierten Frau nicht akzeptiert hätte. All dies entschuldigt das Verhalten der Mutter nicht, und Britta steht nicht in der Pflicht, ihrer Mutter deswegen zu verzeihen, aber wir sehen, wie sehr ungünstige gesellschaftliche Rahmenbedingungen auf die Beziehung wirken können und wie wichtig es ist, gute Rahmenbedingungen für Familien herzustellen.

Ein diffuses Gefühl des Unwohlseins …


Wenn wir die Probleme der Mutter-Tochter-Beziehung in den Blick nehmen wollen, müssen wir weit über den Tellerrand der eigenen Mutter-Tochter-Geschichten blicken: Viele heutige Frauen und Mütter spüren in sich eine Unzufriedenheit mit ihrem Leben, ihrem Alltag. Sie fühlen sich hineingepresst in ein Leben, das vielleicht schon irgendwie gut ist – »man will sich ja nicht beschweren« –, das aber an der einen oder anderen Stelle drückt. Wir können manchmal nicht einmal genau ausmachen, woher dieses Gefühl kommt und was uns so belastet. Denn: Wir kennen keinen anderen Entwurf und nehmen die Art, wie wir leben, als normal hin. Es gibt daher nur ein diffuses Gefühl des Unwohlseins in uns, das oft nicht näher bestimmt werden kann. Wir fühlen Ungleichheit und Benachteiligung, wenn ein Kollege bei gleicher Qualifikation vielleicht schneller aufsteigt, und...

Erscheint lt. Verlag 9.3.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
ISBN-10 3-407-86721-2 / 3407867212
ISBN-13 978-3-407-86721-6 / 9783407867216
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