Die Selbstfindungs-Falle (eBook)

Warum die Suche nach dem „wahren Ich" deine persönliche Entwicklung verhindert und wie du dein Potenzial freisetzt

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022
320 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-28238-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Selbstfindungs-Falle - Benjamin Hardy
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»Finde dich selbst und werde glücklich!«, so lautet das Gebot der Stunde. Wenn wir nur herausfänden, wer wir ?wirklich? sind, dann sei der Erfolg - im Beruflichen wie im Privaten - zum Greifen nah. Der bekannte Psychologe und Motivationstrainer Benjamin Hardy hat selbst erlebt, wie ihn die Suche nach seinem ?wahren Ich? blockiert und in der Vergangenheit festgehalten hat. Gestützt auf psychologische Forschungserkenntnisse dekonstruiert er das starre Konzept einer angeblich unveränderlichen Persönlichkeit und liefert leicht umsetzbare Strategien für den persönlichen Wandel. So können wir zu jedem Zeitpunkt unseres Lebens neue Akzente setzen und uns aus negativen Glaubensspiralen befreien - um letztlich zu der Person zu werden, die wir tatsächlich sein wollen.

Dr. Benjamin Hardy ist Psychologe und Motivationstrainer. Sein Blog und seine Beiträge bei medium.com werden weltweit millionenfach gelesen. Hardy ist selbst das beste Beispiel seiner Arbeit: Er hat sich aus widrigen Verhältnissen herausgekämpft, Psychologie studiert, seinen Doktor gemacht und seine Traumata bewältigt. Heute lebt er mit seiner Frau und sechs Kindern in Orlando.

Einführung


Wie ein Persönlichkeitstest mir beinahe das Leben ruinierte


Meine Frau Lauren, die ich über alles liebe und mit der ich fünf wunderbare Kinder habe, hätte mich beinahe nicht geheiratet ... wegen eines Persönlichkeitstests.

In meiner Studienzeit war das »Color Code«-Modell weit verbreitet, bei dem die Persönlichkeit vier verschiedenen Farben zugeordnet wird. Rot sind die von Ehrgeiz und Eigennutz angetriebenen Macher-Typen, Blaue dagegen hören auf ihr Herz und sind kooperativ. Der weiße Typ neigt zur Innenschau und Passivität, während Gelbe hauptsächlich Spaß wollen und den Mittelpunkt jeder Party bilden.2

Lauren war Typ Rot. Als sich herausstellte, dass ich zu den »Weißen« gehörte, hatte ihre Familie große Bedenken. Laurens erster Ehemann, ein egozentrischer, gewalttätiger Typ, war ebenfalls »rot« gewesen, und ihre Eltern fürchteten deshalb, mit mir würde ihre Tochter nun bewusst das andere Extrem wählen oder Lauren sei vielleicht ängstlich darauf bedacht, um jeden Preis eine traumatische Erfahrung wie in ihrer ersten Ehe zu vermeiden.

Wie so viele andere auch glaubten Laurens Angehörige an die Aussagekraft der Farbcodes. Der Test bestimmte ihre Sicht auf ihre Mitmenschen – alle wurden einem Typ zugeordnet.

»Sie als Rote wird Typ Weiß auf der Nase herumtanzen«, war ihre Sorge. »Lauren braucht einen richtigen Kerl, keinen ›Weißen‹.«

Auch Lauren machte sich ähnliche Gedanken. Konnten Rot und Weiß wirklich miteinander auskommen? Weiße machen nur selten Karriere. Weiße können sich nicht behaupten. Weiße sind Träumer, die keine langfristigen Ziele verfolgen.

Zu meinem großen Glück gab Lauren mir trotzdem eine Chance. Wir lernten uns näher kennen, und nachdem wir eine Weile eine tolle Beziehung geführt hatten, gab sie mir trotz ihrer Vorurteile gegenüber Typ Weiß und trotz der anfänglichen Bedenken ihrer Eltern das Ja-Wort.

Mittlerweile können wir darüber lachen – Lauren und ich sind glücklich verheiratet, haben fünf Kinder und können zusammen vierzehn Jahre psychologische Ausbildung vorweisen. All das ändert jedoch nichts an folgender Tatsache: Ein Persönlichkeitstest hätte um ein Haar unser gemeinsames Leben verhindert.

Ich bin längst nicht der Einzige, bei dem ein Persönlichkeitstest zu einer falschen Einschätzung oder ungerechten Benachteiligung geführt hat. Höchstwahrscheinlich waren auch Sie schon Opfer dieser Epidemie. Der »Color Code« ist nur ein Beispiel für die unzähligen Persönlichkeits-Schemata, die in der modernen Kultur allgegenwärtig sind. Unter den üblichen Verdächtigen findet man den Myers-Briggs-Typenindikator, das DISC-Modell, den Winslow-Persönlichkeitstest, NEO, HEXACO, den Birkman-Test, das Enneagramm und den Rorschach-Test.

Die Liste ließe sich ewig fortsetzen und wird auch in Zukunft noch wachsen. Fast hat man den Eindruck, dass tagtäglich Hunderte neue Tests ersonnen werden.

Die »Persönlichkeit« ist zu einer regelrechten Manie geworden, sodass Facebook im Jahr 2019 Persönlichkeitstests und andere Apps mit »minimalem Nutzen« verbieten musste3, weil über 87 Millionen Menschen persönliche Daten im Austausch für die Auswertung eines Persönlichkeitstests preisgegeben hatten.

Natürlich können solche Tests durchaus interessant, unterhaltsam und amüsant sein. Allerdings haben sie auch eine dunkle Seite, und schon allein die Vorstellung, dass es verschiedene »Persönlichkeiten« gibt, kann Menschen in ihrer Entfaltung einschränken oder schlimmstenfalls sogar ihr Leben ruinieren.

Nach gängiger Auffassung ist die Persönlichkeit unser wahres und authentisches Ich, das »angeboren« und weitgehend unveränderlich ist. Daraus folgt, dass wir fleißig Informationen und Erfahrungen sammeln – also den richtigen Persönlichkeitstest finden müssen, um unsere »verborgene« Persönlichkeit zu »entdecken«.

Wenn wir dann diese hochwichtige Entdeckung gemacht haben, können wir unser gesamtes Leben auf diese Persönlichkeit abstimmen. Dieses Leben ist uns von Geburt an vorbestimmt, auch wenn wir es uns selbst nicht in dieser Form ausgesucht hätten. Davon abzuweichen wäre Irrsinn und würde katastrophale Folgen nach sich ziehen.

All das gründet sich auf die Überzeugung, dass jeder Mensch mit einer »vorprogrammierten« Persönlichkeit geboren wird, die sich nicht ändern lässt.

In Wirklichkeit jedoch möchten die allermeisten ihre Persönlichkeit ändern, wie eine aktuelle Studie der Universität von Illinois beweist. Über neunzig Prozent der Befragten sind nach eigenen Angaben mit mindestens einem Aspekt ihrer Persönlichkeit unzufrieden und würden diesen gerne verbessern.4

Obwohl diese Menschen den Wunsch nach Veränderung haben, wurde ihnen eingeredet, das sei nicht möglich. Viele bekannte psychologischen Schulen vertreten die Auffassung, die Persönlichkeit sei angeboren, unveränderlich und vorbestimmt.

Das liegt in erster Linie daran, dass sich die Psychologie vornehmlich auf die Vergangenheit konzentriert. Viele Persönlichkeitstheorien gehen von der Grundannahme aus, das Verhalten in der Vergangenheit sei der beste Prädiktor für zukünftiges Verhalten. Diese Ansicht gründet sich auf den weit verbreiteten »kausalen Determinismus«, also die Vorstellung, dass alles, was geschieht oder existiert, seine Ursache in früheren Umständen oder Ereignissen hat.5 Aus dieser Perspektive wird der Mensch durch frühere Ereignisse verursacht und muss sich seinem Schicksal fügen wie ein Domino, sobald der erste Stein in der Reihe gefallen ist.

Das Wort »verursacht« klingt hierbei ein wenig drastisch: nicht »beeinflusst« oder »gesteuert«, sondern ausdrücklich »verursacht«. Wenn wir von der Vergangenheit »verursacht« werden, können wir weder entscheiden noch beeinflussen, wer wir sind oder was wir tun. Vielmehr sind wir gezwungen, die uns zugewiesene Persönlichkeit zu akzeptieren. Unser aktuelles Ich ist ein Dominostein, der durch vergangene Erfahrungen umgestoßen wird. Wir können die Vergangenheit nicht ändern, wir können nur herausfinden und besser verstehen, wer wir wirklich sind.

Deshalb versuchen so viele Menschen, sich selbst zu entdecken oder zu »finden«. Sie wollen ihr »Ich« ermitteln. Die Vorstellung, man könne sich selbst und seine Persönlichkeit nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten, erscheint den meisten geradezu absurd, wie ein Wunschtraum.

Aber stimmt das wirklich? Ist die Persönlichkeit tatsächlich starr und unveränderlich?

Nein, das ist sie nicht. Und dafür gibt es zahlreiche Beweise, insbesondere viele neue Erkenntnisse.6

Wenn du bereits den Versuch gestartet hast, dein Leben entscheidend zu verändern, damit aber nicht recht weiterkommst oder den Mut verloren hast, ist dieses Buch genau das richtige für dich. Es liefert den Beweis, dass die »Persönlichkeit« keine Rolle spielt. Mehr noch, sie ist nicht der wesentliche Aspekt deines Seins, sondern vielmehr oberflächlich und kurzlebig, die Begleiterscheinung von etwas, das weit über die Persönlichkeit hinausgeht.

Der wesentliche Aspekt des Menschseins ist die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und zu diesen Entscheidungen zu stehen. Für Viktor Frankl war dies die letzte der menschlichen Freiheiten: »Den eigenen Weg zu wählen.«7 Das bedeutet mindestens zweierlei: Dass man entscheidet, welches Geschehen man sich wünscht, und dass man entscheidet, wie man auf das tatsächliche Geschehen reagiert. Die Wahl des eigenen Weges macht den Menschen aus – und je stärker du deine Entscheidungen beeinflusst, desto besser kannst du steuern, wie dein Leben verläuft.

Es ist nicht immer leicht, Entscheidungen zu treffen und »den eigenen Weg zu wählen«. Deine Entscheidungsfreiheit wird durch verschiedene Zwänge eingeschränkt und stark beeinflusst. Die wichtigste Rolle spielen dabei das soziale und kulturelle Umfeld sowie deine persönliche emotionale Entwicklung. Je höher deine emotionale Entwicklungsstufe, desto weniger wirst du durch deine Vergangenheit definiert und durch deine Lebensumstände eingeschränkt.8

Dann bist du nicht mehr starr, sondern flexibel. Du kannst Gefühle annehmen, statt sie zu vermeiden oder zu unterdrücken, und dich so verändern.

Du kannst mutig das Leben führen, das du wirklich willst – so »unmöglich« oder schwierig es dir oder deinen Mitmenschen derzeit erscheinen mag. Du kannst dich mit allen Gefühlen, Erfahrungen und Mühsalen auseinandersetzen, die dir begegnen. Indem du lernst und Erfahrungen sammelst, wirst du dich als Person verändern. Deine Lebensumstände werden sich wandeln.

Richte dich von nun an nicht mehr nach albernen Persönlichkeitstests oder »Typen«, sondern entscheide frei, wer du sein und werden willst.

Wer du wirst, ist eine Entscheidung, die nur du selbst treffen kannst. Das wusste auch Albus Dumbledore, der weise Zauberer aus den Harry-Potter-Büchern von J. K. Rowling. Als Harry Potter Rat suchte, weil er nicht verstand, warum der Sprechende Hut ihm Haus Slytherin vorgeschlagen hatte, erklärte Dumbledore: »Viel mehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen,...

Erscheint lt. Verlag 17.8.2022
Übersetzer Annika Tschöpe
Sprache deutsch
Original-Titel Personality isn´t permanent
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte 2022 • eBooks • Emotionale Intelligenz • Entwicklung • Entwicklungsspsychologie • Neuerscheinung • Persönliche Entwicklung • Persönlichkeitsentwicklung • Persönlichkeitsentwicklung buch • Persönlichkeitstest • Psychologie • Ratgeber • Schicksal • selbstfindung buch • Stefanie Stahl • Traumabewältigung
ISBN-10 3-641-28238-1 / 3641282381
ISBN-13 978-3-641-28238-7 / 9783641282387
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