Geld anlegen mit gutem Gewissen (eBook)
250 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-44878-7 (ISBN)
Günter Heismann arbeitet seit mehr als drei Jahrzehnten als Wirtschafts- und Finanzjournalist u.a. für das Manager Magazin, die Woche und die Financial Times Deutschland. Heute ist er freier Journalist und schreibt regelmäßig über nachhaltige Geldanlage für die ZEIT und für die FAZ - sowohl aus Emittenten- als auch aus Anlegersicht.
Günter Heismann arbeitet seit mehr als drei Jahrzehnten als Wirtschafts- und Finanzjournalist u.a. für das Manager Magazin, die Woche und die Financial Times Deutschland. Heute ist er freier Journalist und schreibt regelmäßig über nachhaltige Geldanlage für die ZEIT und für die FAZ – sowohl aus Emittenten- als auch aus Anlegersicht.
Kapitel 1
GLS – der Pionier aus dem Ruhrgebiet
Das Jahr 2020 war für die Wirtschaft ein Annus horribilis, eine Zeit nicht abreißender traumatischer Ereignisse. Im Zuge der Pandemie schrumpfte das Sozialprodukt in der Bundesrepublik um fast 5 Prozent. Hunderttausende Einzelhändler, Friseurgeschäfte und Restaurants blieben während des Lockdowns geschlossen. Auch die großzügigen Hilfen des Staates konnten nicht verhindern, dass zahllose Kleinbetriebe zahlungsunfähig wurden. Die Insolvenzen belasteten wiederum die Banken. Sie mussten in ihren Bilanzen Milliarden an Rückstellungen bilden, um Vorsorge zu treffen für die erwartete Konkurswelle.
Doch in der Corona-Krise gab es durchaus auch Gewinner. Zu ihnen zählt die GLS Gemeinschaftsbank aus Bochum, die sich auf die Finanzierung von sozialen und ökologischen Projekten spezialisiert hat. Das Institut konnte 2020 rund 38 000 neue Kunden gewinnen; insgesamt 280 000 Menschen hatten Ende des Jahres ein Konto bei dem westfälischen Kreditinstitut. Damit ist das Institut zwar noch keine Großbank. Doch gerade in einer der schwersten Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahrzehnte hat sich gezeigt, dass die GLS Bank das attraktivere Geschäftsmodell hat – jedenfalls für Sparer und Kleinanleger, die ihr Geld verantwortungsvoll anlegen wollen.
Die Kunden kommen vor allem aus zwei Gründen zur GLS. »Zum einen haben wir ein durchgängig nachhaltiges Geschäftsmodell. Neben den erneuerbaren Energien unterstützen wir mit der Kreditvergabe zum Beispiel auch den ökologischen Landbau, Biomärkte und den Bau von bezahlbaren Wohnungen«, erläutert Vorstandschef Jorberg. Überdies könnten die Kunden entwicklungspolitische Ziele fördern, indem sie in den Mikrofinanzfonds der Bank investieren.
Ebenso wichtig wie diese ganz konkreten Zwecke dürfte für viele Kleinanleger ein allgemeines, eher abstraktes Ziel sein. »Die Kunden wissen es zu schätzen, dass die GLS mitarbeitet an einer grundlegenden ökologischen und sozialen Transformation der Gesellschaft. Wir bieten eben mehr als nur Geldanlage«, sagt Jorberg selbstbewusst. Das sind große Worte für ein nach wie vor recht kleines Geldhaus. Tatsächlich aber könnte die GLS Bank für die Zukunft des Finanzwesens stehen. Wer dort heute ein Konto eröffnet, trägt damit sein Scherflein dazu bei, dass die Welt morgen vielleicht ein klein wenig besser sein wird.
Renaissance der Genossenschaft
Der David aus Bochum ist in vieler Hinsicht das genaue Gegenteil der Goliaths, die heute noch die Finanzwelt beherrschen. Das zeigt sich bereits an den Standorten. Die meisten deutschen Großbanken haben ihren Hauptsitz in Frankfurt. Dort befinden sich nicht nur die Zentralen der Commerzbank und der Deutschen Bank, also der beiden größten privatwirtschaftlichen Geldhäuser der Bundesrepublik. Auch die DZ Bank, das Spitzeninstitut der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken sitzt im vornehmen Westend, desgleichen die DekaBank, die eine zentrale Rolle für die Sparkassen ausübt.
Wie keine andere Branche betonen die Banken in Frankfurt mit ihrer Architektur, welche Bedeutung und welche Macht sie sich anmaßen. Gebieterisch reckt sich der »Tower« der Commerzbank 259 Meter in die Höhe. Die imperiale Geste steht in krassem Gegensatz zu den schlechten Leistungen, mit denen das Management seit Jahren unangenehm auffällt. Ohne milliardenschwere Staatshilfen hätte die Bank die Finanzkrise von 2008 nicht überlebt.
Schauen die Banker in ihren Hochhäusern aus dem Fenster, dann blicken sie unvermeidlich in die Glaspaläste von Konkurrenten, die wenige Dutzend Meter entfernt in den Himmel ragen. Sind die Türme an einem Winternachmittag hell erleuchtet, dann sehen Managerinnen, Analysten und Sekretärinnen wie in einer übergroßen Puppenstube die Managerinnen, Analysten und Sekretärinnen anderer Banken, die am Bildschirm sitzen, telefonieren oder sich in der Kaffeeküche zu einem Schwätzchen versammeln. Willkommen in der Parallelwelt!
Die GLS Bank hingegen hat ihre Hauptverwaltung in Bochum, in der industriellen Wüstenei des Ruhrgebiets. Stahl und Kohle, einst die beiden Stützen der regionalen Ökonomie, spielen in Bochum längst keine Rolle mehr. Dank der stillgelegten Schlote ist der Himmel über der Ruhr zwar wieder blau. Doch die Spätfolgen der hemmungslosen Industrialisierung sind bis heute zu erkennen. Zerfallende Werkhallen künden vom Niedergang; gelegentlich stürzen Bergwerksstollen tief unter der Erde ein, dann wackeln buchstäblich die Wände. Das Stadtbild wird geprägt von der einfallslosen Architektur der Nachkriegszeit, als das Ruhrgebiet noch das Kraftwerk der deutschen Wirtschaft war.
Vermutlich ist es kein Zufall, dass ausgerechnet dort, wo Mensch und Natur jahrzehntelang so hemmungslos ausgebeutet wurden wie in keiner anderen deutschen Region diesseits von Bitterfeld, 1974 die erste Nachhaltigkeitsbank Deutschlands entstand. Gegründet wurde sie von Wilhelm Ernst Barkhoff, Albert Fink, Rolf Kerler und Gisela Reuther, alle Anhänger der Anthroposophie, der nicht unumstrittenen Weltanschauung, die auf Rudolf Steiner zurückgeht.
Die vier tauften ihre Neuschöpfung auf den Namen »Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken«, heute abgekürzt zu GLS. Mit der neuen Bank wollten die Gründer ein Instrument schaffen, um beispielsweise Waldorfschulen zu finanzieren. Damals verlangten konventionelle Kreditinstitute noch Zinsen, die aus heutiger Sicht astronomisch hoch erscheinen. Um die extravaganten Finanzierungskosten zu senken, schlossen sich Bürger, die der Anthroposophie nahestanden, zusammen, um ihre Ersparnisse gemeinsam für ein Ziel einzusetzen, das ihnen allen am Herzen lag – zum Beispiel eine Reformschule für ihre Kinder.
Genau in gleichem Geist hatten im 19. Jahrhundert Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch die Raiffeisen- und Volksbanken gegründet. Es waren Selbsthilfeorganisationen für kleine Leute, die bei den Banken seinerzeit häufig kein Geld bekamen. Die Idee bestand darin, dass sich Bauern, Handwerker und andere Gewerbetreibende gegenseitig mit ihren Ersparnissen unterstützen sollten. Diese Kreditinstitute sind bis heute Genossenschaften, bei denen Kunden und Eigentümer, Sparer und Kreditnehmer großenteils identisch sind.
Völlig neu war das Geschäftsmodell der GLS mithin nicht, es beruht auf einem bewährten Konzept, das angereichert wurde durch neue Vorstellungen zur Nachhaltigkeit. Es muss niemand Jünger von Rudolf Steiner sein, um dieser grünen Kreditgenossenschaft beizutreten. »Ein wesentliches Merkmal der Anthroposophie ist die ganzheitliche Betrachtung, die auch für unsere Geschäfte gilt. Zu dieser Auffassung kann man jedoch auf ganz verschiedenen Wegen gelangen. Man muss keineswegs Anthroposoph sein, um das ganzheitliche Konzept der GLS Bank zu unterstützen«, erläutert Vorstandschef Jorberg.
Im Lauf der Jahre hat sich die GLS Bank ohnehin etwas von ihren anthroposophischen Wurzeln gelöst. Hierzu trugen vor allem die Übernahme von zwei anderen Umwelt- und Ethikbanken bei. 2003 erwarb das Institut die Ökobank aus Frankfurt, die aus der Umweltbewegung hervorgegangen war. Aufgrund eines recht unprofessionellen Managements geriet das alternative Geldhaus allerdings finanziell ins Schlingern. Im Jahr 2008 übernahm die GLS zudem die IntegraBank aus München, die eine betont christliche Ausrichtung hatte.
Die heutige Gemeinschaftsbank wurzelt mithin in drei recht verschiedenen Traditionen – der Anthroposophie, dem Christentum und der säkularen Umwelt- und Friedensbewegung. So sehr deren Anhänger in vielen Fragen miteinander streiten mögen – in einem Punkt sind sich die Gründer von Integra, GLS und Ökobank einig: Das Finanzsystem bedarf dringend einer Reformation an Haupt und Gliedern.
Auf einen Blick: GLS Gemeinschaftsbank
Rechtsform | Eingetragene Genossenschaft (eG) mit Sitz in Bochum |
... |
Erscheint lt. Verlag | 15.9.2021 |
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Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Geld / Bank / Börse |
Schlagworte | Aktien • Aktiendepot • Anlagestrategie • Entwicklungshilfe • ETF • Ethikbank • Geldanlage • Gerd Kommer • GLS Bank • Green Bonds • Grüne Geldanlage • Klimawandel • Kommer • Musterdepot • Nachhaltige Geldanlage • nachhaltig investieren • Nachhaltigkeit • Ökoinvest • Wertpapiere |
ISBN-10 | 3-593-44878-5 / 3593448785 |
ISBN-13 | 978-3-593-44878-7 / 9783593448787 |
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