True Facts (eBook)

Was gegen Verschwörungserzählungen wirklich hilft
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
175 Seiten
Quadriga (Verlag)
978-3-7517-1571-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

True Facts -  Katharina Nocun,  Pia Lamberty
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen

Im Alltag passiert es erstaunlich oft, dass wir mit Verschwörungserzählungen konfrontiert werden. Ob mit einem Freund in der Kneipe, der über die zu erwartende 'Impfpflicht' referiert, ein Kollege, der davon überzeugt ist, dass uns die 'Lügenpresse' manipuliert oder der Bruder, der die 'Pharmalobby' für alle Erkrankungen verantwortlich macht. Wieso ist es so schwer, in einem solchen Moment einzugreifen? Und wie kann es uns gelingen diese Aussagen als Verschwörungserzählungen zu entlarven? Mit Tipps und Strategien unserer Expertinnen gelingt dies nun mühelos.



<p><strong>Katharina Nocun </strong>ist Publizistin sowie Wirtschafts- und Politikwissenschaftlerin. In ihrer Arbeit setzt sie sich vor allem mit dem Spannungsfeld Digitalisierung und Demokratie auseinander. Ihr Podcast <strong>DENKANGEBOT</strong> war 2020 für den renommierten <strong>GRIMME ONLINE AWARD</strong> nominiert. Sie ist regelmäßig Gast in zahlreichen TV- und Talkshow-Formaten. Ihr erstes Buch "Die Daten, die ich rief" (2018) behandelt das Thema Datensammlungen von Staat und Konzernen. Das zweite Buch "Fake Facts - Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen"(gemeinsam mit Pia Lamberty) erschien 2020 bei Quadriga und wurde ein Bestseller.</p> <p><strong>Pia Lamberty</strong> ist Psychologin und Expertin im Bereich Verschwörungsideologien. Ihre Forschung führte sie an die Universitäten in Köln, Mainz und Beer Sheva (Israel). Lamberty ist Geschäftsführerin bei CeMAS - Center für Monitoring, Analyse und Strategie. Sie spricht in unterschiedlichen Medienformaten häufig über die Ursachen und Konsequenzen von Verschwörungsideologien. Lambertys Foschung wird seit Jahren in nationalen und internationalen Fachmagazinen veröffentlicht. Ihr im Mai 2020 gemeinsam mit Katharina Nocun bei Quadriga veröffentlichtes Buch "Fake Facts - Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen" wurde ein Besteller.</p>

Katharina Nocun ist Publizistin sowie Wirtschafts- und Politikwissenschaftlerin. In ihrer Arbeit setzt sie sich vor allem mit dem Spannungsfeld Digitalisierung und Demokratie auseinander. Ihr Podcast DENKANGEBOT war 2020 für den renommierten GRIMME ONLINE AWARD nominiert. Sie ist regelmäßig Gast in zahlreichen TV- und Talkshow-Formaten. Ihr erstes Buch "Die Daten, die ich rief" (2018) behandelt das Thema Datensammlungen von Staat und Konzernen. Das zweite Buch "Fake Facts - Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen"(gemeinsam mit Pia Lamberty) erschien 2020 bei Quadriga und wurde ein Bestseller. Pia Lamberty ist Psychologin und Expertin im Bereich Verschwörungsideologien. Ihre Forschung führte sie an die Universitäten in Köln, Mainz und Beer Sheva (Israel). Lamberty ist Geschäftsführerin bei CeMAS - Center für Monitoring, Analyse und Strategie. Sie spricht in unterschiedlichen Medienformaten häufig über die Ursachen und Konsequenzen von Verschwörungsideologien. Lambertys Foschung wird seit Jahren in nationalen und internationalen Fachmagazinen veröffentlicht. Ihr im Mai 2020 gemeinsam mit Katharina Nocun bei Quadriga veröffentlichtes Buch "Fake Facts - Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen" wurde ein Besteller.

Die Psychologie des Verschwörungsglaubens


Es ist ein wunderschöner Sommertag irgendwo in Deutschland. Nach einer längeren Wanderung erreichen wir einen Kaffeestand und möchten uns ein wenig stärken. Der Mitarbeiter, Martin, freut sich sichtlich, endlich mal wieder einen Menschen zu Gesicht zu bekommen, denn trotz des guten Wetters ist wenig los. Es ist ihm anzumerken, dass er sich hier etwas einsam fühlt. Man kommt ins Gespräch, und innerhalb kürzester Zeit fängt er an, von seinem Leben zu erzählen. Martin berichtet von einem abgeschlossenen Studium, von daran anschließender Arbeitslosigkeit und dass er deswegen jetzt an diesem Kaffeestand arbeitet. Er schildert die Krankheit seines Vaters, die ihn schwer gezeichnet hat. Wir lauschen interessiert und nicken verständnisvoll, sind gleichzeitig aber auch ein wenig verwirrt von seinen offenherzigen Ausführungen. Martin ist sehr aufgeschlossen, wirkt jedoch irgendwie fahrig, es ist schwer, ihm zu folgen.

Unvermittelt wechselt er das Thema, und plötzlich geht es darum, dass die Pandemie eigentlich eine groß angelegte Verschwörung sei. »Die da oben« hätten sich das seiner Meinung nach alles nur ausgedacht, um die Bevölkerung zu belügen. Impfungen sind für ihn reines Gift. Er hätte deshalb auch schon Vorräte angelegt, teilt er uns mit vielsagendem Blick mit. Man wisse schließlich nie, sagt er. Dann springt er gedanklich weiter und redet plötzlich von Atombunkern, die angeblich der Bevölkerung verschwiegen würden und sich unter dem Berliner Flughafen BER und dem Stuttgarter Bahnhof befänden. Im Internet werde diskutiert, ob diese Bunker nicht als riesiges Tunnelsystem fungieren sollten, um eine »Neue Weltordnung« zu errichten. Denn, und da ist Martin sich sicher, die Apokalypse steht kurz bevor. Zunehmend redet er sich in Rage, und wir haben keine Chance, irgendwo einzuhaken. Er wirkt auf uns wie ein Prediger. Aber einer, dem es eigentlich egal ist, was wir von seinen Verkündigungen halten. Es geht ihm vor allem darum, seine Geschichte, seine eigene Wahrheit zu erzählen. Ob wir hier stehen und ihm glauben oder nicht – es scheint fast so, als wäre das nicht wichtig für ihn.

Viele Menschen kennen spätestens seit Ausbruch der Pandemie solche Situationen: Am Bahnsteig, in der eigenen Familie oder im Büro ist man mit Leuten konfrontiert, die Verschwörungserzählungen verbreiten. Dabei kommt unweigerlich die Frage auf: Warum glauben Menschen an solche offensichtlich kruden Thesen? Vorab: In der Psychologie wird bei einem verschwörungsideologischen Weltbild auch von der sogenannten Verschwörungsmentalität gesprochen. Dieser Begriff beschreibt die individuelle Tendenz, die Welt als Ort voller Verschwörungen wahrzunehmen. Neben dieser generellen Veranlagung, die bei Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt ist, gibt es aber auch noch Situationen oder äußere Faktoren, die den Glauben an Verschwörungen begünstigen können. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass Menschen Dinge nicht ohne Grund glauben oder tun. Dieser Grund muss sich einem nicht unmittelbar erschließen oder für gut befunden werden – es gibt ihn aber meistens trotzdem. Um eine Entscheidung treffen zu können, wie man mit Situationen umgehen soll, in denen Verschwörungserzählungen von Freunden oder Angehörigen verbreitet werden, ist es erst einmal wichtig zu verstehen: Was passiert da eigentlich? In der Psychologie wird davon ausgegangen, dass der Glaube an Verschwörungen drei grundlegende Bedürfnisse befriedigen kann:

  • Existenzielle Motive haben mit dem Wunsch nach Sicherheit und Kontrolle zu tun.
  • Epistemische Motive hängen damit zusammen, dass Menschen die Welt um sich herum verstehen möchten.
  • Soziale Motive beziehen sich darauf, dass Menschen als Person oder Gruppe positiv wahrgenommen werden wollen.

Betrachten wir zunächst die existenziellen Motive. Forschungsarbeiten konnten zeigen, dass Menschen grundsätzlich das Bedürfnis haben, Kontrolle über eine Situation auszuüben. Je mehr Kontrolle ein Mensch über sein Leben ausüben kann, desto zufriedener, gesünder und stressfreier ist er im Durchschnitt. Wenn das Bedürfnis nach Kontrolle allerdings nicht ausreichend befriedigt wird, äußert sich das oft in Form von Hilflosigkeit und Ohnmacht. Das klingt alles vielleicht erst einmal sehr abstrakt, hat aber tatsächlich viel mit dem eigenen Alltag zu tun. Wer schon mal in einem Aufzug stecken geblieben ist und sich nicht selbst befreien konnte, wird verstehen, welchen Stress nicht nur die Enge in einem auslöst, sondern auch die Tatsache, dass man keine Kontrolle über die Situation hat. Ein anderes Beispiel wäre, wenn man dringend pünktlich am Bahnhof sein muss, um seinen Zug zu erwischen, aber der Bus nicht kommt. Abwechselnd starrt man auf die Uhr und wieder auf die Straße und geht innerlich schon die Konsequenzen der drohenden Verspätung durch. Wie man es auch dreht und wendet, in der Situation hat man keinen Einfluss darauf, ob der Bus im Stau stecken bleibt oder zu viele Leute an anderen Haltestellen zusteigen. Derartige Erlebnisse lösen Stress aus, und all diese Beispiele machen deutlich: Ungewissheit zu bekämpfen und die Kontrolle über eine Situation zu behalten ist eines der grundlegenden und wesentlichen Bedürfnisse im menschlichen Leben.

Was passiert aber nun, wenn dieses Bedürfnis gestört wird? Verschiedene Studien konnten zeigen, dass Menschen in solchen Situationen versuchen, Kontrolle mithilfe psychologischer Mechanismen wiederherzustellen. Das kann etwa bedeuten, dass sie anfangen Muster zu sehen, wo keine sind. In der Psychologie nennt sich das illusorische Mustererkennung. Hierbei werden Dinge miteinander verbunden, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Viele Menschen glauben etwa, dass sie eine bessere Chance haben, bei einem Münzwurf richtig zu tippen, wenn ihr Tipp – also beispielsweise »Zahl« – in den vorherigen Runden länger nicht geworfen wurde. Mathematisch ist das allerdings Nonsens, denn die Wahrscheinlichkeit für einen zukünftigen Treffer steht in keinerlei Zusammenhang mit der Information, ob das Ergebnis der vorherigen Runde »Kopf« oder »Zahl« lautete. Warum neigen wir in solchen Situationen trotzdem dazu, einen Zusammenhang zu konstruieren? Die Verbindung von zufälligen Punkten zu Mustern ermöglicht es Menschen, auf emotionaler Ebene besser mit einer unsicheren Zukunft umzugehen. Und genau dieses Phänomen begegnet uns auch beim Glauben an übernatürliche Phänomene und Verschwörungserzählungen: Alles hängt vermeintlich mit allem zusammen.

Neben den existenziellen Motiven spielen auch epistemische Motive eine Rolle. In einer Studie der Psychologen Jan‐Willem van Prooijen, Karen Douglas und Clara de Inocencio wurde untersucht, wie der Glaube an Verschwörungen ganz konkret mit der Sicht auf die Welt zusammenhängt. Die Versuchsteilnehmer sollten Gemälde der modernen Kunst bewerten, die sehr chaotisch waren und keinerlei Muster enthielten. Ihnen wurde vorab mitgeteilt, dass die Bilder alle vom selben Künstler stammten und dass dieser für seine zufälligen Pinselstriche und unregelmäßigen Figuren bekannt sei. Die Probanden wurden dann gebeten, die Kunstwerke dahingehend zu bewerten, ob sie trotzdem Muster im Bild erkennen würden. Das Ergebnis: Je stärker der Verschwörungsglaube, desto eher wurden auch Muster in den chaotischen Bildern wahrgenommen.

Ein gutes Beispiel für die Verbindung von losen Punkten zu Mustern durch Anhänger von Verschwörungserzählungen ist das »Megaritual 2011«. Im April 2011 wurde ein Video im Internet veröffentlicht, in dem behauptet wurde, dass ein Atombombenanschlag auf das Berliner Olympiastadion geplant sei. Sogar ein konkreter Termin wurde genannt: Die Katastrophe sollte sich am 26. Juni 2011 ereignen. Woher der Ersteller des Videos das wusste? Belege für die angebliche Verschwörung gab es aus seiner Sicht überall: Leonard Cohen sang schließlich in einem seiner Lieder »First we take Manhattan, then we take Berlin«. Die Logik dahinter: Cohen kündigte angeblich in seinem Song erst den Angriff auf die Twin Towers am 11. September 2001 an, daher müsste das nächste Terrorziel eindeutig Berlin sein. Ein weiterer Hinweis stammt aus dem Actionthriller Unknown Identity aus dem Jahr 2011. Die Seitenzahlen und markierten Zahlen 11/2 + 1 + 5 + 2 + 1 + 4 + 6 + 5 / 6, die im Film an verschiedenen Stellen auftauchen, ergeben laut dem Videourheber 11/26/6 – und schon weiß man, wann der Terroranschlag stattfinden soll. Nimmt man dazu noch ein Konzert der Band Scooter mit dem Titel Stadium Techno Inferno, einen Fernsehkrimi über einen Terroranschlag auf das Olympiastadion in Berlin und Fernsehwerbung für die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Deutschland, dann wusste manch einer ganz klar, was angeblich an diesem Tag in Berlin passieren sollte. Innerhalb des Verschwörungsmilieus finden sich immer wieder Beispiele dafür, dass zusammenhanglose Informationen aus dem Kontext gerissen und zu angeblich wasserdichten Beweisen für finstere Machenschaften vermengt werden. Aber warum tun Menschen so etwas? Verschwörungsgläubige versuchen durch derartige Mechanismen das subjektive Gefühl der Vorhersagbarkeit zu erhöhen und so einen tieferen Sinn innerhalb von Situationen zu erkennen, die auf den ersten Blick chaotisch erscheinen und sie vielleicht auch verunsichern oder überfordern.

Es gibt aber auch soziale Motive, die erklären, warum Menschen an Verschwörungen glauben. Wer sich schon einmal mit dem Thema auseinandergesetzt hat, wird feststellen, dass Verschwörungsgläubige selten verunsichert wirken, sondern...

Erscheint lt. Verlag 28.5.2021
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte antisemitisch • Arbeitskollege • Chemtrails • Corona • Echsenmenschen • Fake News • Familie • Freimaurer • Fünf-Phasen-Modell • Geflüchtete • Gespräche • Holocaust • Ignoranz • Illuminaten • Impfen • Intervenieren • Israel • Juden • Klimamythen • Kritik • Leugner • Lügenpresse • pharmalobby • Politik und Gesellschaft • Psychologie • Qanon • Radikal • Schweigen • Thesen • USA • Vereinfachung • Verschwörungserzählungen • Verschwörungsgläubigen • Vertrauen • Wahrheit • youtube • Zivilcourage
ISBN-10 3-7517-1571-1 / 3751715711
ISBN-13 978-3-7517-1571-3 / 9783751715713
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die globalen Krisen und die Illusionen des Westens

von Carlo Masala

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
12,99
Die globalen Krisen und die Illusionen des Westens

von Carlo Masala

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
12,99
Wie aktivistische Wissenschaft Race, Gender und Identität über alles …

von Helen Pluckrose; James Lindsay

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
16,99