Jakobsweg -  Ralph Burger

Jakobsweg (eBook)

von Zuhause - 4073 km zu Fuß...

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
304 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7526-6182-8 (ISBN)
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Hundertausende machen sich jedes Jahr auf den Jakobsweg, den Pilgerweg ins spanische Santiago de Compostela. Die wenigsten meistern ihn komplett, viele gehen ihn in jährlichen Etappen. Ralph Burger startete von seinem Haus in der Nähe von Stuttgart, lief bis Santiago und gleich weiter nach Lissabon. 4073 Kilometer in sechs Monaten und unter Tausenden Mitwanderern alleine mit sich und seinen Gedanken.

Ralph Burger ist kein international bekannter Schriftsteller, sondern einfach nur ein Typ, der mit so einem Projekt nicht bis zur Rente warten wollte. Die Erfahrungen, Gedanken und Erlebnisse dieser unglaublichen Reise lässt er in sein Buch einfliessen. Geboren und aufgewachsen in Stuttgart, lebt er bis Heute im Einzugsgebiet dieser wunderbaren Metropole.

Sabbatical - eine notwendige Idee



Die Ausgangssituation: Manchmal gibt es Situationen im Leben, die eine Veränderung notwendig machen. Wie viele andere auch, bin ich an diesem Punkt gewesen und da hab ich es als gute Idee empfunden, ein Sabbatical zu beantragen (in Form von fünf Monaten unbezahltem Urlaub und vier Wochen normalem Urlaub). Sechs Monate später hatte ich die Zusage meines Arbeitgebers erhalten. Es mussten zwar noch einige Punkte geklärt werden (Vertretung, Zeitpunkt usw.), aber das hatte schließlich geklappt.


Zitat von Mark Twain: 


„In 20 Jahren wirst Du Dich mehr über die Dinge ärgern, die Du nicht getan hast, als über die, die Du getan hast … Also wirf die Leinen los und segle fort aus Deinem sicheren Hafen. Fange den Wind in Deinen Segeln. Forsche. Träume. Entdecke.“


Genau das wollte ich machen... also was war der Plan? Zu laufen, mit unserem Hund - den kompletten Jakobsweg bis nach Santiago de Compostela und von dort weiter bis nach Lissabon. Das sind ca. 140 Etappen, ca. 5 Monate, 4.073 km - und ich hatte jede Menge Respekt vor den Erfahrungen, die vor mir lagen und die ich machen wollte.


Warum wollte ich das, außer den bereits genannten Punkten, noch tun? Unter anderem, weil ich schon immer wissen wollte, was danach kommt. Ein bisschen so wie bei "Oh, wie schön ist Panama", der Geschichte, wie der kleine Tiger und der kleine Bär "nach Panama reisen". Auch Lieder und die Werbung hatten mich motiviert aufzubrechen. Um Land und Leute kennenzulernen, fremde Kulturen, sensationelle Landschaften. Und einfach auch, weil ich unglaublich gerne wandere, bzw. "hike", wie man das heutzutage nennt. Ein Long-Thru-Hiker wollte ich werden, also einen Weit- oder Fernwanderweg zusammenhängend vom Anfang bis zum Ende bewandern.


Unterwegs geht es für einen darum Antworten auf Fragen zu finden, die nur für einen selbst Sinn machen. Sich selbst respektieren lernen, so wie man ist, auch ein Aspekt. Körperliche Anstrengung und Willenskraft - weitere Punkte. Natur, natürlich. Draußen sein, die unglaubliche Schönheit zu genießen. Denn wir haben uns von der Natur abgewendet als Gesellschaft und als Individuum. Das fehlt uns im Leben und das benötigen wir, meines Erachtens, zu einem erfüllten Leben und für mehr Gelassenheit. Unterwegs zu sein ist der schnellste und beste Weg dies zu erreichen. Und Natur ist für mich der Ort, an dem man sich am wohlsten fühlt, an dem man sich selbst entdecken und als Teil der Natur fühlen kann.


Ein Ort zum Nachdenken, denn man hat Zeit. Auch ein wesentlicher Faktor. Zeit, die einem sonst meist fehlt. Wir sind ja (bislang) alle nicht unsterblich, das Pendel schwingt über uns, täglich. Zeit ist auf so einem Weg im wesentlichen ein Geschenk, für viele ein Fluch, denn sie lassen sich hetzen. Außerdem vergeht die Zeit langsamer auf solchen Wegen. 24 Stunden fühlen sich dort länger an, wertvoller. Man kann sich auf das fokussieren, was wirklich wichtig ist, oder? Die Zeit auf solch einem Weg, ein Freund und Partner. Man kann den Tag nutzen und wird nicht benutzt. Vielleicht entdeckt man sogar die Unendlichkeit.


Ein weiterer, ganz großer Punkt ist die Gemeinschaft, denn der Mensch ist kein Mensch ohne andere Menschen. Man bekommt Wärme und Geborgenheit geschenkt, findet Gemeinsamkeit, kann andere Leben kennenlernen, andere Geschichten. Man respektiert sich in der Natur, hört mehr zu. Man liebt einander, vielleicht erlangt man sogar eine gewisse Aufrichtigkeit. Man kann auch füreinander da sein, muss nichts mehr entfliehen, sondern gehört dazu. Man bewegt sich häufig auf der gleichen Wellenlänge. Es kann sogar passieren, dass die Menschen die man dort trifft, einem den Glauben an die Menschheit zurückbringen. Denn sie sind fast alle freundlich und offen, haben gleiche Ziele und Grundhaltungen gegenüber dem Leben.


Mentale und vor allem körperliche Gesundheit sind unterwegs auch Dinge, die plötzlich wieder einen anderen Stellenwert bekommen, einen ehrlicheren. Wir leben im Überfluss und sind geprägt von materiellen Dingen. Wir haben alles, aber erkennen nicht die wirklich wichtigen Dinge - Wasser, Essen, Freundschaft, ein Dach über dem Kopf. Aber auch die Freude einer warmen Dusche, ein Platz um sich auszuruhen, unbändiger Genuss einer Dose kalte Cola nach vielen Tagen ohne Zuckerwasser, die kleinen Dinge eben. Stundenlang nur denken, bzw. nicht denken ist sehr therapeutisch. Sich selbst finden und sich auszubalancieren. Denn Depressionen gibt es beim Wandern in der Natur eigentlich nicht, bzw. werden abgebaut. Diese Art von Wohlbefinden nennt man auch Dankbarkeit, die wir gar nicht mehr wahrnehmen im modernen Leben. Dankbarkeit macht den Geist gesünder. Man hat auch nur das absolute Minimum zur Verfügung, muss damit also klarkommen.


Vielleicht erhalte ich nun eine Erfahrung, die mich mit diesen Dingen wieder stärker verbindet - ein Geschenk. Ein Weg zum Ursprung, denn man möchte aus seinem Leben das bestmögliche machen, oder? Sich wieder spüren, lebendig sein.


Auch wurde ich, zum Beispiel, von Meike Winnemuths Buch "Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr" beeinflusst. Unter anderem daraus habe ich für mich eine Liste von Dingen zusammengetragen (sie ist ihrer sehr ähnlich), die ich in den Monaten vor dem Jakobsweg gelernt habe und die mir die Entscheidung erleichtert hat, dass zu tun, was ich plane.


1. Dass ich mich nicht dafür niedermachen darf, eine Entscheidung nicht leicht treffen zu können. 


2. Dass ich wahnsinnige Schwierigkeiten habe, Gefühl vom Kopf zu trennen.


3. Nichts ist schwarz oder weiß! Yin und yang, die Dinge hängen immer gegenseitig voneinander ab, ein ewiger Kreislauf, der versucht sich auszugleichen. Deshalb bewegt man sich fast immer zwischen schwarz oder weiß! 


4. Man sieht aus der Ferne oft besser was man hat/hatte, als aus der Nähe. Jede Sache hat unendlich viele verschiedene Perspektiven. Nie denken man weiß schon alles.


5. Reden hilft. Mit Leuten zu sprechen, sie um etwas zu bitten, um Rat oder Empfehlungen. Und wahrhaft zuzuhören.


6. Was wahre Freundschaft sein kann - und man hat nur wenige wahre Freunde, auf die man sich immer und in jeder Situation verlassen kann.


7. Sich einfach auch mal gehen zu lassen.


8. Oft braucht man einen Fußtritt, um das zu tun, was einen glücklich macht. Deshalb spiele ich jetzt Gitarre und laufe Marathon. Ich empfinde es nicht als Qual, sondern freue mich es tun, mich der Herausforderung stellen zu können. So viele können es nicht.


9. Alles mindestens einmal zu probieren - und nie aufhören zu probieren. Vielleicht habe ich es nur bislang nicht gemocht, jetzt aber eventuell schon. Ich verändere mich, die Dinge verändern sich; revidieren, revidieren, revidieren und Gelegenheiten entschiedener nutzen - nicht scheu sein (jetzt nutze ich ja eine!). Man muss den Dingen immer eine zweite Chance geben, auch wenn sie die eventuell nicht verdienen.


10. Manchen Dingen muss man Zeit geben, man kann sie nicht beschleunigen auch wenn man es noch so gerne möchte. Man muss Geduld lernen. Da ich da noch Anfänger bin, kann ich schon mal ein bisschen nerven. Und mit Geduld und einem Lächeln kommt man weit. Man muss sich manchmal einfach mal auf jemanden einlassen, das wird immer gut. Außerdem braucht man keine Panik zu haben – man hat noch viel Zeit. In diesem Jahr, im nächsten und in diesem Leben – es geht gerade erst los, denn es ist nie zu spät etwas Neues anzufangen.


11. Daraus folgt - lebensbejahend sein und durchhalten!


12. Ich bin auch nur ein ganz normaler Typ. Ich mache FEHLER (wie jeder andere Mensch auch). Wenigstens bin ich mir dessen bewusst und versuche daraus zu lernen. Selbstreflexion hilft!


Wie bin ich es angegangen? Ich bin sehr organisiert und strukturiert. Ich habe angefangen die Dinge aufzuschreiben, Tabellen zu erstellen, zu recherchieren. Und das hatte schon unglaublich viel Spaß gemacht, es war aufregend, anders, abwechslungsreich.


Außerdem war ich ja nicht gänzlich unerfahren in längeren Touren (wobei das kommende doch noch mal eine andere Nummer ist). 2013 sind meine Familie (der Kleine war damals sieben) und ich den klassischen E5 von Oberstdorf nach Meran in 9 Tagen gelaufen. 2012 gab es dazu auch schon mehrere Probetouren. Das war alles problemlos und supercool. Auch während des Grundwehrdienstes gab es etliche lange Wanderungen, die mir nie etwas ausgemacht hatten.


Was für ein lebensbereicherndes "Projekt" - ich freue mich wahnsinnig darauf und lerne fleißig Englisch, Französisch, (in Grundzügen) Spanisch und Portugiesisch. Vermutlich werden die Wochen bis zum Start nun wie im Flug vergehen.


Neugier - eine wichtige Voraussetzung! Man sollte offen sein im Leben. Ganz generell, aber vor allem auch, wenn man z. B. den Jakobsweg geht. Hunderttausende sind ihn gegangen seit den Tagen des Mittelalters. Ob man etwas sucht, das über das vordergründig Wahrnehmbare hinausgeht, ist einem dabei möglicherweise noch gar nicht klar. Ist das erforderlich? Nein. Wenn man offen und neugierig ist, wird man manches finden, was man möglicherweise gar nicht gesucht hat. Oder man muss Dinge revidieren, die wir glaubten zu wissen.


Die Gestaltung des Lebens beginnt mit Neugier und wird schnell zu einer Lebensaufgabe, die einen von einem Moment auf den anderen packen kann, indem man...

Erscheint lt. Verlag 9.3.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Sport
ISBN-10 3-7526-6182-8 / 3752661828
ISBN-13 978-3-7526-6182-8 / 9783752661828
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