Weiterführende Ausbildung für Pferd und Reiter (eBook)
FNverlag
978-3-88542-943-2 (ISBN)
KAPITEL 2
DRESSUR
2.1 Grundsätzliches zur Dressurausbildung
„Grundausbildung für Reiter und Pferd“, der Band 1 der „Richtlinien für Reiten und Fahren“, enthält die Grundsätze der allgemeinen reitsportlichen Ausbildung im Sinne der „klassischen Reitlehre“. Dabei hat sich diese über die Jahrhunderte hinweg entwickelt und modernisiert, wobei wesentliche Kriterien des Überlieferten bis heute Gültigkeit haben. Die klassische Reitlehre gilt als ein lebendiges und modernes Ausbildungssystem, das auf den Grundprinzipien alter Meister aufbaut, aber auch neue ergänzende, dem Wohl der Pferde dienende und für das Ausbildungssystem zweckdienliche Erkenntnisse übernimmt.
Auch die weiterführende Ausbildung von Pferd und Reiter orientiert sich in allen Disziplinen gleichermaßen an der Skala der Ausbildung (ausführlich beschrieben in „Grundausbildung für Reiter und Pferd, Richtlinien für Reiten und Fahren, Band 1“ ), sowie an der Natur des Pferdes. Den dressurmäßigen Grundlagen kommt dabei eine besondere Rolle zu. Sie bilden das Kernstück der Ausbildung von Pferd und Reiter. Über alle Disziplinen hinweg sind sie auch in der weiterführenden Ausbildung ein unerlässliches Mittel, um das Pferd zur vollkommenen Entfaltung seiner Möglichkeiten zu entwickeln.
Bevor der Reiter sich mit der weiterführenden Ausbildung im Dressurreiten auseinandersetzen kann, muss er die in Band 1 festgehaltenen Kriterien verinnerlicht haben und in der Lage sein, sie praktisch und theoretisch seinem Ausbildungsstand entsprechend umzusetzen.
Hat der Reiter eine vielseitige Grundausbildung durchlaufen, erleichtert ihm seine dadurch gewonnene Bewegungskompetenz die spätere Spezialisierung auf eine bestimmte Disziplin. Das gilt auch und gerade für das Dressurreiten, in dem die Anforderungen an die koordinativen Fähigkeiten des Reiters sehr hoch sind. Feinste Hilfen und bewusste oder unbewusste Veränderungen des Körpers entscheiden über die Qualität der Bewegungsabläufe beim Pferd, die Ausführung bestimmter Lektionen und letztlich über den gymnastizierenden Wert der reiterlichen Arbeit.
Eine nie endende Lernbereitschaft und eine dem Pferd und den eigenen reiterlichen Stärken und Schwächen gegenüber aufgeschlossene Grundhaltung sind dabei für jeden Reiter eine unerlässliche Voraussetzung.
Das Dressurreiten beinhaltet die gymnastische Durchbildung und sorgsame Ausbildung des Pferdes. Hierdurch wird dessen Leistungsfähigkeit erhöht, die Gesundheit erhalten und vor allem die Harmonie zwischen Pferd und Reiter immer weiter verfeinert.
Dabei handelt es sich ausdrücklich nicht um ein Abrichten oder das Erlernen bestimmter „Kunststücke“. Es handelt sich vielmehr um eine zweckdienliche körperliche Gymnastizierung und gleichzeitig um eine allmähliche Herausbildung der dem Pferd angeborenen Talente und Fähigkeiten, durch die das Pferd erst körperlich und mental in die Lage versetzt wird, bestimmte Lektionen ausführen zu können. Dabei müssen die Kriterien der Skala der Ausbildung stets berücksichtigt und gewahrt bleiben.
Natürlich sollte ein Pferd, das mit der weiterführenden Dressurarbeit vertraut gemacht wird, über eine gewisse Veranlagung und Leistungsbereitschaft verfügen. Es sollte sowohl exterieurbedingt als auch bezüglich seiner Bewegungsveranlagung in der Lage sein, den Reiter ausbalanciert tragen und dem Alter und Ausbildungsstand entsprechend durchlässig auf dessen Hilfen reagieren zu können.
Darüber hinaus ist auch beim Dressurpferd eine vielseitige Grundausbildung unerlässlich und wird in der vertiefenden Arbeit synergetische Effekte erzielen. Hierdurch werden die körperliche Gewandtheit und die Koordination gefördert, sowie einer möglichen späteren Verletzungsanfälligkeit entgegengewirkt.
Die heutige Reitpferdezucht bringt Pferde mit ausgesprochen guten Reiteigenschaften und im Wesentlichen wenig problematischem Exterieur hervor. Das entbindet den Reiter jedoch nicht von der Pflicht, die Ausbildung des Pferdes schrittweise, schonend und systematisch zu gestalten, damit der Ausbildungserfolg auch nachhaltig gewährleistet ist und das Pferd seinen Weg im Sport langfristig fortsetzen kann. Diese langfristig angelegte Grundausbildung gibt dem Pferd erst die mentalen und körperlichen Voraussetzungen, um das Training von Lektionen und Lektionsabfolgen mit höherem Schwierigkeitsgrad problemlos meistern zu können.
2.2 Voraussetzungen beim Reiter
Für einen Reiter, der sich mit der weiterführenden Dressurarbeit beschäftigen möchte, sollte die erwähnte vielseitige Grundausbildung so erfolgt sein, dass die Grundlagen des dressurmäßigen Reitens, aber auch die des Reitens über Sprünge und im Gelände, erlernt wurden. So kann von einer Sicherheit und Selbstverständlichkeit in allen vorkommenden Situationen und einer angemessenen Anwendung der reiterlichen Hilfen im erforderlichen Maße ausgegangen werden.
Neben innerer Ruhe, Selbstbeherrschung, Konzentrationsfähigkeit und Geduld sind vor allem das Einfühlungsvermögen und die Sensibilität des Reiters Eigenschaften, die für die weiterführende Dressurausbildung notwendig sind und im Laufe der Ausbildung noch weiter entwickelt werden müssen.
Der Grundsatz, dass nur aus einem ausbalancierten und losgelassenen Sitz heraus eine korrekte Hilfengebung und eine der klassischen Reitlehre gerecht werdende Einwirkung auf das Pferd möglich sind, gilt für das Dressurreiten in besonderem Maße.
Beim richtigen Ausbildungsweg ergibt sich aus dem funktionalen Zusammenspiel von Gleichgewicht, Hilfengebung und Einwirkung immer ein tiefer, geschmeidiger Sitz. Die Funktionalität des Sitzes spielt eine entscheidende Rolle. Der Dialog zwischen Reiter und Pferd erfolgt über die Körperhaltung und Körperspannung sowie deren Veränderung.
Das ausgebildete Pferd ist der beste Lehrmeister, insbesondere wenn es um das Erfühlen bisher unbekannter Lektionen geht.
Nur wenn ein Reiter im Verlauf seiner reiterlichen Entwicklung erfühlen konnte, wie sich ein ausgebildetes Pferd bewegt, wie es die Hilfen annimmt und wie es die jeweiligen Lektionen ausführt, wird er von diesen gewonnenen Erfahrungen profitieren und diese auch später an ein junges, lernendes Pferd weiterzugeben imstande sein.
Daher sollte gerade die Ausbildung von jungen Pferden ein erfahrener und routinierter Reiter übernehmen, da diese Aufgabe sehr anspruchsvoll ist. Nur mit reiterlichem Können, der nötigen Geduld und dem erforderlichen Einfühlungsvermögen, um verschiedenste Situationen immer angemessen aus Sicht des Pferdes beurteilen und entsprechend handeln zu können, lässt sich ein solcher Ausbildungsprozess mit einem Pferd erfolgreich bewältigen. Entscheidend ist dabei, dass der erfahrene Reiter die möglichen Reaktionen des Pferdes antizipiert und sich entsprechend frühzeitig darauf einstellen kann beziehungsweise die notwendigen Hilfen einsetzt, um dem Pferd den gewünschten Weg zu weisen.
Deshalb gehört auf ein junges Pferd ein erfahrener Reiter. Lediglich dann, wenn die Ausbildung unter ständiger Aufsicht eines erfahrenen Ausbilders erfolgt, kann auch ein weniger erfahrener Reiter gute Ausbildungserfolge erreichen.
Darüber hinaus sollte der ambitionierte Dressurreiter idealerweise verschiedene Pferde reiten, um unterschiedliche Stärken und Schwächen, unterschiedliche Bewegungsabläufe und unterschiedliche Reaktionen auf die jeweilige Hilfengebung kennenzulernen. Die dadurch dem Reiter abverlangte unterschiedlich ausgeprägte Hilfengebung hat zur Folge, dass das Einfühlungsvermögen des Reiters erheblich verbessert wird und zu einer vermehrt differenzierten Einwirkung führt.
Der Reiter verbessert so insgesamt die Qualität seiner reiterlichen Fähigkeiten.
Der verantwortungsbewusste, fortgeschrittene Dressurreiter wird sich immer wieder um seine Aus- und Fortbildung bemühen, um zu versuchen, seinen Sitz, sein Gefühl und somit seine Einwirkung zu verbessern. Hierzu zählt auch, sich bezüglich der Ausbildung des Pferdes fachmännischen Rat zu suchen. Hat ein Reiter in seinem Alltag vermehrt mit Korrekturpferden zu tun, sollte gerade er ständig an seinen Sitzgrundlagen arbeiten, damit sich kein falsches reiterliches Gefühl entwickelt. Außerdem ist es ratsam, sich immer wieder durch einen erfahrenen Ausbilder kontrollieren und verbessern zu lassen.
Als Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit eines Reiters ist auch dessen körperliche Fitness notwendig. Selbstverständlich sind die reiterliche Leistung und mit ihr zusammenhängend die physische und psychische Verfassung des Reiters, die reittechnischen Fertigkeiten, das reiterliche Gefühl und die Koordination der Hilfengebung Voraussetzungen, um ein Pferd im Rahmen seiner individuellen Möglichkeiten zur Entfaltung zu bringen. Daher sollte jeder Reiter über gute konditionelle Fähigkeit verfügen, um daraus koordinierte Bewegungen entwickeln zu können. Dazu können neben allgemeiner sportlicher Betätigung zum Beispiel spezielle Sitzübungen, Reiten in unterschiedlichen Sitzformen, mit unterschiedlichen Bügellängen oder ohne Bügel und funktionale Gymnastik beitragen. Bei der funktionalen Gymnastik geht es darum, die Muskelgruppen, die beim Reiten besonders beansprucht werden, zu kräftigen beziehungsweise zu dehnen. Auch Inhalte aus anderen Sportarten stellen unter Umständen eine sinnvolle Ergänzung dar, um insgesamt zu einer besseren Körperbeherrschung und einer positiven Körperspannung zu kommen (z.B. Tanzen zur Musik zur Verbesserung des Rhythmus- und Taktgefühls).
Neben den reinen körperlichen und „reittechnischen“ Fertigkeiten ist für den fortgeschrittenen Reiter ein umfassendes Wissen um die Zusammenhänge in der Theorie...
Erscheint lt. Verlag | 10.12.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport |
Technik | |
ISBN-10 | 3-88542-943-8 / 3885429438 |
ISBN-13 | 978-3-88542-943-2 / 9783885429432 |
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