Goethe und Carl August (eBook)

Wechselfälle einer Freundschaft

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
319 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-76704-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Goethe und Carl August - Sigrid Damm
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Sigrid Damm erzählt die aufregende, an Widersprüchen, Höhen und Tiefen, persönlichen und politischen Wechselfällen reiche Geschichte der über fünfzigjährigen Freundschaft zwischen Goethe und dem Weimarer Herzog Carl August.
Vom 15. Juni an, dem Tag, als Goethe die Nachricht vom Tod des Freundes erhält, wird in Rückblenden die Lebenszeit der beiden durchwandert. Goethe spricht von ihrer innigsten Seelenverbindung.
Doch es kommt immer wieder auch zu Differenzen, vor allem politischen. Carl August, der Napoleon-Hasser; Goethe, der Napoleon-Bewunderer und von dem Franzosen hofiert. Goethes Skepsis gegenüber den liberalen Bestrebungen seines Fürsten, vor allem im Hinblick auf die Preßfreiheit; von Preßfrechheit spricht er da. Während der Demagogenverfolgung in der düsteren Zeit der Restauration, als Carl August unter der Einschränkung seines Handlungsspielraums leidet, bekundet Goethe jedoch offen Solidarität mit ihm.
Das Buch erzählt - wie stets bei Sigrid Damm auf der Grundlage akribischer Recherchen erarbeitet - von einer einzigartigen lebenslangen Freundschaft zwischen zwei an Beruf und Berufung, an Temperament, Ausstrahlungskraft und Charakter so unterschiedlichen Menschen, einem schöpferischen und einem Tatmenschen, einem Dichter und einem Politiker; von einer Freundschaft, die für die deutsche Literatur folgenreich war, indem Carl August Goethe den Raum zur Schaffung seines großen Werkes gab; ohne seine Existenz würden wir nicht von Weimar als dem Ort der deutschen Klassik sprechen.

»... Er war mir August und Mäcen. Niemand braucht ich zu danken als ihm ...« (Goethe über Carl August)
»... der Mich ... in allen Wechselfällen des Lebens begleitet hat ... dessen umsichtigem Rath, dessen lebendiger Theilnahme und stets wohlgefälligen Dienstleistungen Ich den glücklichen Erfolg der wichtigsten Unternehmungen verdanke.« (Carl August über Goethe)



<p>Sigrid Damm, in Gotha/Thüringen geboren, lebt als freie Schriftstellerin in Berlin und Mecklenburg. Die Autorin ist Mitglied des P.E.N. und der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur. Sie erhielt für ihr Werk zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Feuchtwanger-, den Mörike- und den Fontane-Preis.</p>

I


Das Jahr 1828. Der 15. Juni. Thüringen. Weimar. Das Haus am Frauenplan. Johann Wolfgang von Goethe ist im neunundsiebzigsten Lebensjahr. Er hat, wie fast täglich, zum Mittag Gäste geladen. An diesem Tag sind es der Bibliothekar Weller aus Jena mit seiner Frau, der Rat Töpfer und der junge Eckermann. Auch Goethes Sohn August ist anwesend. Man speist ausgiebig. Die Küche am Frauenplan ist berühmt. Darüber hinaus hat der Hausherr an diesem Tag eine Überraschung für seine Besucher: Aus Tirol sind Musikanten gekommen, die Brüder Franz, Balthasar und Anton Leo. Sie erfreuen die Gäste mit ihrem Spiel, ihren Liedern. Goethes Tagebuch vermerkt: die Tyroler sangen bey Tische.

Eine heiter gesellige Atmosphäre an diesem Sommertag 1828 im Hause Goethe. Überraschend wird Sohn August von einem Diener in einer äußerst dringlichen Angelegenheit hinausgerufen. Draußen erwartet ihn ein Vertreter der Regierung, es ist Kanzler von Müller. Kaum der Rede mächtig, überbringt er die Nachricht, der Großherzog Carl August sei tot. Am Abend zuvor sei er, sich auf der Rückreise von Berlin nach Weimar befindend, auf Schloß Graditz bei Torgau verstorben.

In Goethes Tagebuch daraufhin der lapidare und seltsame Eintrag: Die Nachricht vom Tode des Herzogs störte das Fest.

In der Fremde ereilt Carl August der Tod. Es ist der Abend des 14. Juni 1828.

Sein letzter Lebenstag.

Nach einem turbulenten Aufenthalt im preußischen Berlin hat er Abschied genommen. Hat die Rückreise nach Weimar angetreten.

In Wittenberg äußert er den Wunsch, sich die Zuchtpferde des Königlich-Preußischen Hauptgestüts Graditz in der Nähe von Torgau vorführen zu lassen. Seine Leidenschaft für die Jagd, für Pferde, für seine Hunde. Seinem Wunsch wird entsprochen.

Gegen zwölf die Ankunft auf Schloß Graditz, dem Ort, an dem er übernachten will. In seiner Begleitung befinden sich der Leibchirurg Volgstädt, der Hoffourier Werry sowie drei Kammerdiener beziehungsweise Lakaien und der seit langem bei ihm in Dienst stehende Major Friedrich Ernst von Germar; Letzterer zeichnet die Geschehnisse dieses Tages minutiös auf.

Ein kurzes Ausruhen, danach ein Mittagsmahl, gemeinsam mit den Militärpersonen, die ihn empfangen haben. Carl August, von den Berlin-Tagen erschöpft, ist unpäßlich, sein Magen rebelliert, er kann nichts essen, dennoch trinkt er wie immer sein Bier und raucht seine Zigarre.

Dann werden ihm im Hof des Schlosses – er sitzt auf einem dort aufgestellten Sofa – die Rassepferde vorgeführt. Die Herren Stallmeister sowie die sämtlichen Herren Offiziere sitzen im Halbkreis um ihn. Er äußert den Wunsch, auch die Mutterstuten und Fohlen zu sehen. Man fährt auf den zehn Minuten von Graditz gelegenen Weideplatz. Dort beobachtet er die Tiere und erkundigt sich nach den verschiedenen Grassorten, die auf dieser Weide wachsen.

Nach der Rückkehr auf Schloß Graditz lädt Carl August Offiziere zu sich, es wird getrunken, geredet. Die Unterhaltung kreist um militärische Dinge, unter anderem um Friedrich den Großen und seine gewonnene Schlacht bei Torgau im Jahr 1760.

Major Germar macht seinen Herrn auf die einsetzende Abendkühle aufmerksam, und man verabschiedet sich. Das weiträumige Schloß Graditz. Der Weg Carl Augusts nach oben, um in seine Gemächer zu gelangen. Die Stufen der Treppe machen ihm, wie Germar überliefert, große Atemnot, minutenlang ruht er sich auf einem Fenstersims sitzend aus. Dann muß er mehrere große Säle durchqueren. Im ersten angekommen, stützt er sich am geöffneten Fenster ab, atmet äußerst heftig. Im angrenzenden Raum das gleiche, am Fenster stehend ringt er nach Luft. Dann wird sein Atem flach, ein Brustkrampf schüttelt ihn, er verliert die Balance, bricht zusammen. Kammerdiener und Leibchirurg eilen, von Germar gerufen, herbei, man trägt ihn zu seinem Bett, aber jede Hilfe kommt zu spät. Er ist tot.

Die Stunden davor, das Zusammentreffen mit den Offizieren, das Gespräch über die vom alten Fritz gewonnene Schlacht. Legt das nahe, daß das preußische Militär bis zuletzt sein Denken einnimmt und für ihn von Wichtigkeit ist?

Dafür spricht, daß er auf der Reise nach Berlin, sowohl auf dem Hin- wie auch auf dem Rückweg, hohe Angehörige der Armee trifft und Wert auf militärische Zeremonien legt. So übernachtet er in Magdeburg – eine seiner ehemaligen militärischen Wirkungsstätten – bei General Jagow. Er läßt sich von den versammelten Offizieren die Pferde vorführen, besichtigt das Gelände, wo einst die Herbstmanöver stattfanden, und die Festung; bei seiner Abfahrt salutiert die Artillerie mit 108 Kanonenschüssen.

Auf der Rückreise empfängt Carl August in Wittenberg als erstes den Kommandanten der Festung und das Offizierkorps der Garnison. Da er die Stadt am nächsten Morgen sehr zeitig verläßt – um fünf Uhr ist er schon ganz reisefertig –, verzichtet er auf Kanonenschüsse. Major von Germar überliefert: Die Begrüßung mit grobem Geschütz hatte sich Se. Königl. Hoheit verbeten.

Auch auf Schloß Graditz wird er vom Militär begrüßt. Hier sind sogar die Namen bekannt. Zum Empfang Seiner Königlichen Hoheit waren der Ober-Stallmeister von Knobelsdorf, der Landstallmeister von Zirkel, der Obrist Schleier, 2ter Kommandant von Torgau, Major von Bojanowski und einige andere Offiziere der Garnison von Torgau anwesend.

Das Kriegsspiel sitze ihm wie eine Art Krätze unter der Haut, schreibt Goethe am 2. April 1785 ärgerlich an Carl Ludwig von Knebel. Da ist Carl August siebenundzwanzig Jahre und liebäugelt mit einer Militärkarriere in preußischen Diensten. Das Haupt des Weimarer Musenhofs als preußischer Söldner?

Die militärischen Neigungen des jungen Fürsten. Bereits 1787 trägt er den Titel eines preußischen Generalmajors, nimmt ohne Befehlsgewalt am Feldzug in Holland teil; das Kommando hat Carl Augusts Onkel Ferdinand von Braunschweig. Im Februar 1788 dann erhält er eine Führungsstelle im preußischen Heer, das Altpreußische Kürassierregiment K 6 in Aschersleben wird ihm unterstellt. Später hat er noch eine weitere Pflicht: Er leitet die Magdeburger Kavallerie-Inspektion. Das Befehlen und Exerzieren gefällt ihm. Bereits am 27. April 1788 schreibt er aus Aschersleben an den ersten Kirchenmann seines Herzogtums, an Johann Gottfried Herder, nach Weimar: Ich bin hier sehr zufrieden; das kentaurische Leben die eine Hälfte des Tages, das menschliche die andere Hälfte hindurch amalgamieren sich so artig bei mir, daß ich wirklich Wohlsein empfinde … Er spricht vom neuen Stand und daß der ihm spät gewährt worden sei: Ich handle jetzt mit Ruhe und genieße ohne Hetze, was aus meinem Soldatenhandwerk in meine Existenz paßt.

Carl August findet Gefallen an dieser Existenzform als General zwischen Sattel und Repräsentation. Er sieht den Heeresdienst für die Entwicklung seiner Persönlichkeit als unabdingbar und förderlich an. An anderer Stelle heißt es: Ohne Krieg und ohne Exerzierzeit wird mein Blut zu dick. Und seinem Sohn schärft er ein: Das Kriegshandwerk ist edel, insofern der Mensch dabei alle Leibes- und Seelenkräfte zu einem hohen Zweck anstrengt.

Bis ins Alter hinein dient Carl August – mit Unterbrechungen – in der Preußischen Armee. Er ist sechsundfünfzig Jahre, als er am 24. November 1813 – kurz nach der Völkerschlacht bei Leipzig – den Oberbefehl über das III. Armee-Korps in Belgien übernimmt. Er hat die von Frankreich besetzten Festungen Antwerpen, Maizières bei Metz und Montmédy in Schach zu halten und damit das Vorgehen der Hauptkräfte der Alliierten auf Paris abzudecken. Da schreibt er: dieser Feldzug erscheint mir wirklich wie ein Abenteuer, und – zu meiner Schande seis ...

Erscheint lt. Verlag 16.11.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeine Psychologie
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ISBN-10 3-458-76704-5 / 3458767045
ISBN-13 978-3-458-76704-6 / 9783458767046
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