Die Ökobilanz auf dem Teller -  Malte Rubach

Die Ökobilanz auf dem Teller (eBook)

Wie wir mit unserem Essen das Klima schützen können

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
100 Seiten
S.Hirzel Verlag
978-3-7776-2956-8 (ISBN)
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Der ökologische Fußabdruck im Speiseplan Wie viel CO? verursacht eine Portion Spaghetti bolognese? Etwa 1,5 Kilogramm!- Dieses Beispiel führt uns vor Augen, was die Tierwirtschaft und Lebensmitteltransporte für die Ökobilanz unseres Essens bedeuten. Doch ist es mit dem Umstieg auf Fleisch- und Milchalternativen oder Regionalkost getan? Malte Rubach schaut genauer hin und liefert eine Bestandsaufnahme unseres Ernährungssystems sowie von dessen Auswirkungen auf das Klima. Wir leben in einer Gesellschaft, die durch Technisierung und steigenden Ressourcenverbrauch geprägt ist. Rubach plädiert für einen maßvollen Genuss und zeigt, was wir in Deutschland guten Gewissens noch essen können.

Dr. Malte Rubach beschäftigt sich als Referent und Buchautor seit mehr als 15 Jahren mit den Themen Ernährung, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Innovation. Seine Arbeiten wurden in internationalen Fachzeitschriften und Fachbüchern veröffentlicht, zum Beispiel The New York Times und der Folha de S.Paulo. 2020 erschien vom ihm im Hirzel Verlag »Die Ökobilanz auf dem Teller«.

So, nun ist es so weit. Jetzt lassen wir endlich die Hosen runter. Wie wir im ersten Teil des Buches gesehen haben, hat die industrielle Revolution und die schon einige tausend Jahre zuvor erfolgte landwirtschaftliche Revolution vor allem eines bewirkt: eine Bevölkerungsexplosion!

Sie haben aber auch dazu geführt, das heute sogar mehr Menschen von einem Landwirt ernährt werden können und der Lebensstandard von Milliarden Menschen heute höher liegt als vor dem Industriezeitalter. Zu welchem Preis wir diesen Lebensstandard erkaufen, wissen wir auch. Dass Ressourcen endlich sind, selbst wenn sie sich regenerieren können, ist ein Naturgesetz, das bereits bei der Energie beginnt. Physiker kennen den Energieerhaltungssatz, der alles andere als Esoterik ist. Der Energieerhaltungssatz besagt, dass Energie zwar innerhalb eines Systems, auch des Erdsystems, unterschiedliche Formen annehmen kann, aber die gesamte Energie im System immer zu einem Gleichgewicht strebt. Das gilt selbstverständlich auch für die biochemische Energie, die unseren Körper und auch den aller anderen Lebewesen antreibt. Das schon angesprochene Prinzip der planetaren Grenzen, wenn es um die optimale Anzahl von Menschen auf der Erde geht, ist im Prinzip auch nichts anderes als ein Erhaltungssatz – sozusagen der »Mensch-Erhaltungssatz«. Auch wir werden regelrecht vor, während und nach unserem Leben durch unterschiedliche chemische Elemente zusammengebaut, ständig umgebaut und schließlich wieder abgebaut. Auch wenn dies den Leugnern der Urknall- und Evolutionstheorie nicht gefällt, all diese Bauprozesse benötigen Energie, die letztlich aus Pflanzen stammt, egal ob wir vegan, vegetarisch oder alles essend leben. Der Club of Rome nennt das in seinem aktuellen Bericht den »metabolischen Durchsatz«. Nur Pflanzen sind in der Lage, durch den Prozess der Photosynthese Sonnenenergie und Kohlenstoffdioxid in eine Energieform umzuwandeln, die uns Menschen, Tieren und Insekten sowie manchen Bakterien erst die Kraft zum Leben liefern. Diese Pflanzen-Power ist nichts anderes als ein langkettiges Zuckermolekül, die sogenannte Stärke. Stärke besteht aus vielen Tausenden Einzelbausteinen von Traubenzucker. Traubenzucker ist das primäre Kohlenhydrat, das in unserem Körper durch die Blutbahn zirkuliert und schließlich in jeder einzelnen Zelle in biochemische Energie umgewandelt wird. Bei dieser Umwandlung entsteht wiederum Kohlenstoffdioxid, das wir ausatmen, und Wasser, das wir über die Nieren und dann den Urin ausscheiden sowie ein bisschen ebenfalls über die Atemluft. Beides steht dann wieder für Pflanzen zur Verfügung, und deshalb heißt dieser Austausch von Energie in Form von Kohlenstoffdioxid auch Kohlenstoffkreislauf. Daran nehmen natürlich nicht nur wir Menschen teil, sondern wie gesagt alle Lebewesen, die irgendeine Art von Zucker oder Kohlenhydrat als Nahrung brauchen, Tiere also auch. Auch Fett wird aus Zucker aufgebaut und am Ende wieder zu Kohlenstoffdioxid und Wasser abgebaut. Der Aufbau von Nährstoffen kostet also Energie, ebenso die weitere Verwertung von Lebensmitteln. Der biologische Stoffwechsel setzt die Energie wieder frei, indem die Lebensmittel und Nährstoffe zersetzt werden. Mit der Zunahme der Erdbevölkerung und der Tierbestände liegt es auf der Hand, dass der Kohlenstoffkreislauf eine ziemlich große Dimension erreicht hat, er überdreht regelrecht. Wie wir wissen, nicht nur aufgrund des Kohlenstoffs, der durch die Nahrung im natürlichen Kohlenstoffkreislauf ausgetauscht wird, sondern auch Kohlenstoff aus fossilen Energieträgern, die wir für unseren sonstigen Konsum verfeuern. Das kommt auf den natürlichen Kreislauf obendrauf, ist also rein menschengemacht.

Der Kohlenstoff allein aus unserer Ernährung könnte sich selbst bei einer sehr großen Bevölkerungszahl noch in einem gewissen Gleichgewicht befinden, da es sich um einen vergleichsweise schnelllebigen und saisonalen Kreislauf handelt. Jedes Jahr ist zudem regelrecht ein Absinken der Treibhausgaskonzentration messbar, wenn die Pflanzenwelt in die Wachstumsphase eintritt. Doch unser Energieverbrauch ist eine andere Dimension: Auch Kohle und Erdöl entstanden letztlich über Jahrmillionen aus biologischen Reststoffen von Pflanze und Tier, die durch die Überlagerung mit Gesteinsschichten zu den bekannten Kohlelagern und Erdölfeldern komprimiert wurden, aus denen wir heute den Treibstoff für unsere Zivilisation schöpfen; allerdings haben wir es geschafft, in rund drei Jahrhunderten den größten Teil des Kohlenstoffs, der über Millionen Jahre aus der Atmosphäre in dieser Form unter der Erde gebunden wurde, wieder in die Luft zu blasen. Die Konzentration an Kohlenstoffdioxid haben deshalb in unserer Zeit mit über 420 ppm (parts per million) bereits den kritischen Wert von 300 ppm überschritten, ab dem mit einer Erderwärmung zu rechnen ist. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass der Gehalt an Treibhausgasen nicht alleinig für den Anstieg der Temperatur verantwortlich ist, dennoch sind die Folgen des real stattfindenden Klimawandels unübersehbar: Die Wüstenbildung schreitet voran, Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt, die Meere übersäuern, Wetterkatastrophen nehmen zu. Selbst wenn also noch andere Faktoren dazu beitragen sollten, so ist die Senkung oder mindestens die Stabilisierung der Kohlenstoffdioxidkonzentration eine von vielen Maßnahmen, die ergriffen werden sollten, um die Erwärmung der Atmosphäre auf einen Anstieg von maximal 1,5 bis 2 Grad zu beschränken. Wie geht das?

Jeder muss etwas tun, ganz einfach. Oder doch nicht so einfach? Aktuell stößt jeder Mensch auf der Welt im Mittel je nach Datenquelle etwa 6 bis 7 Tonnen Treibhausgase pro Jahr aus. 1850 war es noch weniger als eine Tonne. Weltweit schwankt das ganze natürlich extrem. Katar liegt an der Spitze mit 80 Tonnen, dann kommen einige andere Golfstaaten, aber auch Australien und die USA liegen bei 22 beziehungsweise 21 Tonnen. Wir Deutschen liegen bei etwa 11 Tonnen. Am unteren Ende liegen vor allem afrikanische Staaten mit unter einer Tonne. Doch auch bei diesen Staaten ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen, und wie schnell das gehen kann, wenn die Wirtschaft mal ans Laufen kommt, zeigen uns China und Indien. Beide Länder lagen bis 1955 ebenfalls noch bei unter einer Tonne (dieses Niveau hatte Deutschland schon vor 1850 verlassen), heute liegt China bei 9 Tonnen und Indien bei etwas mehr als 2 Tonnen. Würden alle Treibhausgase »gerecht« verteilt, dann dürfte der weltweite Durchschnitt bis zum Jahr 2040 allerdings bei gerade mal zwischen einer und zwei Tonnen pro Person liegen, damit die Erde nicht überhitzt. Mehr Menschen müssten dann weniger Treibhausgase produzieren. Dass hier vor allem die Form des Energieverbrauchs eine Hauptrolle spielt, ist klar, aber was können wir hier in Deutschland tun?

Schauen wir uns an, wie wir von 11 Tonnen zumindest in die Richtung einer Tonne Treibhausgase pro Person kommen könnten. Realistische Szenarien gehen übrigens von einem Reduktionspotenzial von vier Tonnen aus. Aber uns interessiert hier vor allem: Was kann die Ernährung dazu beitragen, wenn es darum geht, die planetaren Grenzen nicht zu sprengen? Eins ist jetzt schon klar – auf den Wert vor der industriellen Revolution können wir nicht zurückkehren. Und wollen wir das überhaupt? Vor und nach dem Ersten Weltkrieg war Deutschland noch ein Hungerland. Zwischen 1860 und 1900 starben 20 Prozent der Neugeborenen schon, da waren sie kaum geboren. Die Selbstversorgung mit Lebensmitteln war in Deutschland als Folge internationaler Handelshemmnisse und politischer Verwicklungen spätestens in den 1870er Jahren nicht mehr gegeben. Das zog sich bis in die 1920er Jahre, in denen der Begriff »Nahrungsfreiheit« geprägt wurde, weil die Abhängigkeit von Lebensmittelimporten gleichzeitig Einschränkungen im öffentlichen und persönlichen Alltag bedeutete, die von außen diktiert wurden. Und eines ist klar: So wie die Menschen in China einen Anspruch auf einen höheren Lebensstandard stellen, werden dies auch die Milliarden Menschen in Indien wollen, die bereits zwei Tonnen Treibhausgase pro Person produzieren. Die weltweiten Emissionen auf eine Tonne zu senken, ist deshalb mehr als utopisch. Dazu wäre tatsächlich selbst eine vegane oder pesco-vegetarische Ernährung nicht in der Lage, bei ansonsten vollständig klimaneutralem Konsum. Auch ist es genauso utopisch, dass wir uns in Deutschland selbst kasteien müssten, wie von selbst ernannten Gutmenschen propagiert, um den Milliardenvölkern in Asien einen nachhaltigen Lebensstil vorzuleben. Die Menschen dort leben in großen Teilen immer noch in Zuständen, in denen bereits die kleinsten fühlbaren Veränderungen hin zu einem lebenswerteren Leben auch zu mehr Konsum führen werden. Mit allen Konsequenzen. Außerdem werden all die radikalen Forderungen nach Konsumbeschränkungen kaum als Vorbild dienen können, wenn dadurch erst die Wirtschaft, dann der Wohlstand und am Ende die gesellschaftliche und politische Stabilität einbrechen werden.

Stattdessen sollten wir unseren eigenen Lebensstil weiterentwickeln und zeigen, wie sich nachhaltiger Konsum und ein lebenswertes Leben verbinden lassen. Wie wir im ersten Teil des Buches schon gesehen haben, sinken die Treibhausgase pro Kopf in Deutschland schon seit Jahrzehnten. Warum reden wir nicht über diesen erfreulichen Trend? Diesen Weg sollten wir behutsam und mit Blick auf unsere Realität vor Ort weitergehen, natürlich ohne das große Ganze aus dem Blick zu verlieren und mit etwas Beschleunigung.

Deutschland ist nicht die Welt


Bei den Recherchen, die meine Frau und ich in aller Welt durchführen, haben wir schon die unterschiedlichsten Lebensbedingungen angetroffen. Das gilt auch für die Ernährung. Schon innerhalb Europas kann man sich wundern, warum im Vergleich zu Deutschland in der...

Erscheint lt. Verlag 13.10.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte CO2 Fußabdruck • Ernährung • Gesundheit • Klima • Nachhaltigkeit • Sachbuch • Treihausgase
ISBN-10 3-7776-2956-1 / 3777629561
ISBN-13 978-3-7776-2956-8 / 9783777629568
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