Die Brot-Therapie (eBook)

Sauerteig - wie man entspannt und Gutes für sich tut

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
272 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2403-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Brot-Therapie -  Jana Lavrov
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Jana Lavrov ist in einer Führungsposition, voll berufstätig und auch Mutter und Ehefrau. Sie möchte vielen Dingen gleichzeitig gerecht werden und trotzdem in ihrer spärlichen Freizeit zur Ruhe kommen. Genau dafür hat sie eine eigene Entspannungsmethode entwickelt: Meditation beim Teigkneten - Knetitation. Sie nimmt uns mit auf eine Reise in die Welt des Sauerteigbackens und zeigt uns wie keine andere, wie Entspannung geht.

Jahrgang 1981, ist seit 2014 Redakteurin und Editorial SEO (redaktionelle Suchmaschinenoptimierung) bei ZEIT ONLINE. Sie hat Publizistik studiert, für Radio und Fernsehen und in der Unternehmenskommunikation gearbeitet und die Pressearbeit für Internet-Start-Ups gemacht. Ihrer Leidenschaft fürs Brotbacken geht sie seit 2015 privat nach.

Jahrgang 1981, ist seit 2014 Redakteurin und Editorial SEO (redaktionelle Suchmaschinenoptimierung) bei ZEIT ONLINE. Sie hat Publizistik studiert, für Radio und Fernsehen und in der Unternehmenskommunikation gearbeitet und die Pressearbeit für Internet-Start-Ups gemacht. Ihrer Leidenschaft fürs Brotbacken geht sie seit 2015 privat nach.

Brot backen

Brotbacken ist das neue Heimwerken. Wenn irgendwann mal jemand eine valide soziokulturelle Studie darüber anstellt, was die Menschen während der Corona-Pandemie zu Hause getan haben, landet das Brotbacken sicher in den Top Five, wenn nicht sogar unter den drei beliebtesten Beschäftigungen. Leere Supermarktregale, in denen sich sonst das Mehl stapelt, ausverkaufte Frischhefe und ein noch nie da gewesenes Suchinteresse auf Google nach allem, was mit Brotbacken zu tun hat. Nicht nur in Deutschland entstand ein neuer Hype ums Backen. In den USA wurden 155 % mehr Mehl als im Vorjahreszeitraum gekauft2, in Spanien vervierfachte sich der Mehlverkauf3, die Müller in Großbritannien verdoppelten ihre Produktion4. Die Mühle »Shipton Mill« ist mit Anfragen von Hobbybäckerïnnen regelrecht überrannt worden. Vor dem Unternehmen bildeten sich lange Schlangen mit Menschen, die für das Bio-Mehl anstanden, und im Online-Geschäft verkaufte der Müller in drei Tagen so viel wie sonst in drei Monaten.5 Getreide gab es in den USA und Europa ausreichend, nur die Verpackungsindustrie kam nicht hinterher.

Brotbacken boomt. Wie das Heimwerken ist es sowohl aus der Not heraus als auch aus Interesse zu einem Trend geworden. In den 1950er-Jahren sorgte die Arbeitslosigkeit dafür, dass viele Menschen zu Hause bleiben mussten.6 2020 sind es Kurzarbeit und Lockdown. In beiden Fällen hatten plötzlich sehr viele Menschen deutlich mehr Zeit und suchten sich eine Beschäftigung. Das Heimwerken wurde im Laufe der Jahrzehnte zum festen Bestandteil der deutschen Freizeitkultur. Das Do-it-Yourself erlebte seinen Höhepunkt in den 1970er- und 80er-Jahren, als der bundesdeutsche Mann begann, nach einer arbeitsreichen Woche die Samstage in den neu entstehenden Baumärkten zu verbringen und auch ausreichend Einkommen hatte, um es dorthin tragen zu können.7 Im Osten wurde ja schon immer alles selbst gebaut und repariert, hier ist das Heimwerken – auch wenn der Begriff nicht mit dem zu vergleichen ist, was zeitgleich in der Bundesrepublik entstand – quasi Teil der DNA. Heute gehört das Schrauben und Bohren in den eigenen vier Wänden so selbstverständlich zu den Deutschen wie die BILD-Zeitung im Pauschalurlaub.

In den 1980er-Jahren wie heute fasziniert es die Menschen, in ihrer Freizeit etwas mit den eigenen Händen zu gestalten, etwas zu produzieren, das nicht nur einem selbst, sondern der gesamten Familie zugutekommt. Damals ging es um die Verschönerung der eigenen Wohnung und heute um die Versorgung mit einem Grundnahrungsmittel. Wie wichtig uns das frische Brot ist, hat uns die Corona-Krise sehr deutlich gemacht. Wenn wir nicht mehr zum Bäcker gehen können, müssen wir unser Brot eben selbst backen. Ein Verzicht kommt nicht infrage.

Beim Heimwerken wie beim Brotbacken geht es auch darum, einen Ausgleich zur beruflichen Tätigkeit zu haben, eine handwerkliche Aufgabe als Gegensatz zur meist geistigen im Job.8 Im Jahr 2019 waren zwölf Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland im Handwerk tätig9. Diese zwölf Prozent haben also körperlich gearbeitet, sie haben Häuser gebaut, Autos lackiert, Haare geschnitten oder Brot gebacken. Sie haben ein reales Produkt erstellt. 88 Prozent der Beschäftigten waren im Handel, im Gastgewerbe, für Banken und Versicherungen oder in der Kommunikation tätig. Alles nichts, bei dem man am Ende des Arbeitstages etwas Konkretes in den Händen hält, außer einer hoffentlich abgehakten To-do-Liste. Wer im Job viel denkt, (er-)schafft nichts. Der psychologische Effekt, etwas zu kreieren, wird besonders deutlich, wenn diese Tätigkeit normalerweise nicht zur persönlichen Routine zählt. Wie häufig passiert es Ihnen, dass Sie das Gefühl haben, den ganzen Tag gedanklich hin und her gehetzt zu sein und doch nichts geschafft zu haben? Um zu wissen, was ich tatsächlich erledigt habe, bin ich von einer digitalen To-do-Liste wieder auf Papier umgestiegen. Am Computer fehlte mir einfach die Möglichkeit, mir die erledigten Aufgaben eines Tages anzeigen zu lassen. Wie soll der Körper Endorphine ausschütten, wenn das Belohnungssystem des Gehirns keinen Grund für eine Belohnung sieht? Was für ein frustrierender Kreislauf.

Beim Brotbacken sehe ich nicht nur, dass ich etwas erschaffen habe, ich kann es riechen, schmecken und sogar hören. Den Duft eines frisch gebackenen Brotes kennt jeder und auch, was es heißt, ein richtig gutes Brot zu schmecken, können Sie sich sicher vorstellen. Aber haben Sie einem Brot mal ganz genau zugehört? Beim Kneten schmatzt ein Teig ganz wohlig. Wenn das Brot aus dem Ofen kommt, knackt und knistert es, wenn man es anschneidet, kracht es und wenn man hineinbeißt, knuspert es. Die Endorphine schlagen Purzelbäume, ich bin wie in einem Rausch. Natürlich möchte ich, dass das kein einmaliges Erlebnis bleibt. Ich werde alles dafür geben, diese innere Zufriedenheit immer wieder zu erlangen. Also backe ich weiter. Auch wenn die Zeit wieder knapper ist, wir wieder zur Arbeit und zum Bäcker gehen können, wird das Brotbacken einen festen Platz in der Freizeit der Deutschen behalten und so selbstverständlich werden wie das Heimwerken.

Einen fundamentalen Unterschied gibt es jedoch zwischen dem Brotbacken und Heimwerken: die Zielgruppen. Das Selberbauen mit all seinen Ausprägungen, wie man sie in Baumärkten, Werbung und Hobby-Magazinen in den 1980er-Jahren finden konnte, richtete sich vor allem an Männer. Das heimische Brotbacken heute spricht beide Geschlechter gleichermaßen an – und zwar über alle Altersklassen hinweg. Die 21-jährige Studentin backt genauso wie der 53-jährige Versicherungsfachmann. Warum? Der spanische Bäcker und Autor Ibán Yarza glaubt, dass Brot uns Halt gibt, uns zu etwas vermeintlich Sicherem zurückkehren lässt.10 Brot war schon immer da, seit Jahrtausenden backen Menschen Brot. Heute sind wir daran gewöhnt, dass irgendjemand für uns backt. Wir gehen zum Bäcker und kaufen Brot. Was aber, wenn wir nicht mehr dorthin gehen können oder wollen? Dann merken wir plötzlich, wie wichtig es uns ist – und wie außergewöhnlich. Brot zu backen, dient nicht nur der Selbstversorgung, wie Zoe Williams im Guardian schreibt, sondern der Sicherheit. In Zeiten, in denen alles unklar, unkontrollierbar und unvorhersehbar erscheint, weiß man, dass zumindest für Brot noch immer die alten Regeln gelten.11 Brot zu backen, gibt dem Tag und dem eigenen Handeln eine Struktur.

Brot ist etwas Besonderes. Es ernährt uns nicht nur, sondern holt uns zurück ins Hier und Jetzt. Es ist befriedigend und meditativ, einen Brotteig zu kneten, zu dehnen und zu formen. Der Teig zwingt einen regelrecht dazu, sich ausschließlich auf ihn zu konzentrieren. Er erlaubt es nicht, gedanklich den letzten Termin auszuwerten oder den nächsten Tag zu planen. Er nötigt uns geradezu, den Moment zu leben. Auch wenn ich es ungern zugebe: Das ist genau das, worum es bei Achtsamkeit geht. Ich hätte nie gedacht, wie beruhigend das sein kann.

Brotbacken ist eine bewundernswerte Kunst. Meine Hochachtung gilt all jenen Bäckerïnnen, die dieses Handwerk perfektioniert haben, sich darin haben ausbilden lassen und uns Freizeitakteurïnnen jederzeit mit Basics und Besonderem versorgen. Brotbacken als Hobby lässt sich natürlich nicht mit dem vergleichen, was es bedeutet, täglich in einer Backstube oder einer Fertigungshalle zu stehen. Als Hobbybäckerïnnen haben wir den Luxus, selbst zu entscheiden, ob und wann wir backen. Es ist eben ein Hobby, das Zufriedenheit und Freude bringt, zu Experimenten animiert und darüber staunen lässt, welch unglaubliche Vielfalt an Geschmacksrichtungen sich allein mit Kombinationen aus Mehl und Wasser erzielen lassen. Wer selbst bäckt, kann ein eigenes Brot kreieren, eines, das es nirgendwo zu kaufen gibt. Wer selbst bäckt, kann ein Brot erschaffen, das genau zu den persönlichen Vorlieben oder denen der eigenen Familie passt. Ein einmaliges Brot.

Brotbacken mit Sauerteig ist nicht einfach. Es ist großartig! Das Brotbacken lässt einen stets etwas Neues ausprobieren und Dinge testen, die auf den ersten Blick überhaupt keinen Einfluss auf ein Rezept zu haben scheinen. Aber beim Brotbacken beeinflusst einfach alles das Endergebnis, nicht zuletzt die Stimmung der Bäckerin. Bin ich schlecht gelaunt, bearbeite ich den Teig womöglich energischer als an einem Tag, an dem ich gute Laune habe. Immerhin sorgt die Beschäftigung mit dem Teig dafür, dass man selbst zur Ruhe kommt und sich auf das Wesentliche besinnt: die eigenen sanften Handbewegungen im Hier und Jetzt. Brotbacken ist ein Handwerk, in das wir das Wichtigste stecken, das uns zur Verfügung steht: Zeit. Denn Brotbacken braucht Zeit. Oder anders interpretiert: Die Zeit, die wir fürs Brotbacken aufwenden, ist eine Investition in uns selbst. Es ist eine Zeit, in der wir etwas Erfüllendes tun, etwas, das entspannt und beruhigt, ja, vielleicht sogar etwas, um zu uns selbst zu finden. Oder wem das nicht bodenständig genug ist: Es ist eine Zeit, in der man zur Ruhe kommt und etwas macht, das wirklich Spaß bereitet.

Alles, was ich theoretisch übers Brotbacken weiß, habe ich aus Büchern und dem Internet. Ich las Lutz Geißlers Bücher, die Standardwerke für Hobbybäckerïnnen in Deutschland, versank im 2642-seitigen Mammutwerk »Modernist Bread« von Nathan Myhrvold und Francisco Migoya, die in fünf Bänden...

Erscheint lt. Verlag 14.9.2020
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Essen / Trinken Themenkochbücher
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte Backen • Brot backen • Brot selber machen • Corona • Entspannung • Frauenrolle • Hobby • lockdown • Meditation • Sauerteig • Selbstliebe • Teig
ISBN-10 3-8437-2403-2 / 3843724032
ISBN-13 978-3-8437-2403-6 / 9783843724036
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