Die Geschichte der Spekulationsblasen -  John Kenneth Galbraith

Die Geschichte der Spekulationsblasen (eBook)

Die Psychologie hinter vier Jahrhunderten Gier und Panik an der Börse
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
128 Seiten
Börsenbuchverlag
978-3-86470-678-3 (ISBN)
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Eigentlich sind wir alle ziemlich schlau. Nur das mit dem Geld klappt nicht so recht ... und manchmal geht es sogar richtig schief. Doch warum nur? Mit 'Die Geschichte der Spekulationsblasen' macht sich John Kenneth Galbraith, einer der ganz großen Ökonomen des 20. Jahrhunderts, auf die Suche nach der Antwort. Und er sucht an den richtigen Stellen - den Finanz­katas­trophen der letzten vier Jahrhunderte: der Tulpenmanie des 17. Jahrhunderts, der Südseeblase im 18. Jahrhundert, den Hochrisiko-Anleihen im 20. Jahrhundert. Mit Geist und Witz erklärt Gal­braith die psychologischen Mechanismen hinter diesen Blasen ... damit der Leser sie durchschaut und sich dagegen wappnen kann. Dieses Meisterwerk zum Thema Finanzpsychologie war vergriffen und wird nun im Börsenbuchverlag wieder aufgelegt.

John Kenneth ­Gal­braith (1908-2006) gilt als einer der einflussreichsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts. Er promovierte an der University of California, Berkeley und lehrte an der Harvard University sowie der Princeton University. Galbraith beriet John F. Kennedy und wurde 1961 von diesem zum Botschafter in Indien ernannt.

John Kenneth ­Gal­braith (1908-2006) gilt als einer der einflussreichsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts. Er promovierte an der University of California, Berkeley und lehrte an der Harvard University sowie der Princeton University. Galbraith beriet John F. Kennedy und wurde 1961 von diesem zum Botschafter in Indien ernannt.

Dass die freie Marktwirtschaft immer wieder zu spekulativen Phasen neigt, wird allgemein anerkannt. Diese großen und kleinen Vorgänge, bei denen es um Banknoten, Wertpapiere, Immobilien, Kunstwerke und andere Vermögenswerte oder Objekte geht, sind seit Jahren und Jahrhunderten ein Bestandteil der Geschichte. Was bisher nicht ausreichend untersucht worden ist, sind die diesen Vorgängen gemeinsamen Merkmale, die Elemente, die ihre sichere Wiederkehr anzeigen und damit den beachtlichen praktischen Nutzen besitzen, zu ihrem Verständnis und ihrer Vorhersagbarkeit beizutragen. Feste Regeln und ökonomische Kenntnisse eher orthodoxer Provenienz können weder den einzelnen noch die Finanzwelt schützen in Phasen, in denen sich erneut Euphorie einstellt und sich allgemeine Verwunderung über den Anstieg der Kurse und Preise sowie des Wohlstands verbreitet. Der Drang, mit dabei zu sein, treibt die Preise in die Höhe und am Ende steht der Zusammenbruch mit seinen unangenehmen und schmerzlichen Nachwirkungen. Einen Schutz dagegen gibt es nur, wenn man sich ein klares Bild von den Besonderheiten dieser Bewegungen gemacht hat, die – vorsichtig formuliert – in den Massenwahn führen. Erst dann nimmt der Investor die Warnsignale ernst und hat die Chance, sich in Sicherheit zu bringen.

Es gibt jedoch wenige Bereiche, in denen derartige Warnungen so ungern gesehen werden. Zunächst einmal wird es heißen, es seien Angriffe auf die wunderbare Vermehrung des Reichtums, hinter denen entweder mangelhaftes Verständnis oder bloßer Neid steckten. Am Ende wird sich jedoch die Überzeugung durchsetzen, dass darin der Mangel an Vertrauen in die dem Markt eigene Vernunft zum Ausdruck komme.

Die offenkundigeren Merkmale der spekulativen Episode sind für jeden zu erkennen, der sich um Verständnis bemüht. Durch irgendein scheinbar neues oder erstrebenswertes Produkt oder eine Entwicklung – Tulpen in Holland, Gold in Louisiana, Immobilien in Florida, die erstaunlichen Wirtschaftspläne Ronald Reagans – wird der wirtschaftliche Verstand beziehungsweise eher das, was man dafür hält, eingelullt. Der Preis für das Spekulationsobjekt steigt. Wertpapiere, Grundstücke, Kunstwerke und andere Besitztümer, die heute erstanden werden, sind morgen mehr wert. Dieser Anstieg und die Aussichten locken weitere Käufer an, die ihrerseits für einen weiteren Anstieg sorgen. Immer mehr Käufer werden angelockt, immer mehr kaufen und der Anstieg setzt sich fort. Die Spekulation entwickelt eine Eigendynamik.

Dieser Prozess ist, sobald man ihn einmal durchschaut hat, offensichtlich, besonders natürlich im Nachhinein. Genauso sind die grundlegenden Verhaltensweisen der Beteiligten klar, wenngleich es dabei allerdings individuelle Besonderheiten gibt. Das Verhalten nimmt zwei Formen an. Es gibt einerseits diejenigen, die sich einreden lassen, irgendein neuer preissteigernder Umstand sei eingetreten. Diese Leute rechnen damit, dass der Markt, womöglich unbegrenzt, weiter floriert. Er passt sich in ihrer Sicht nur einer neuen Situation an, einer neuen Welt mächtiger, ja grenzenlos wachsender Erträge und entsprechender Preise. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die auf den ersten Blick gescheiter und meistens in der Minderheit sind. Sie erkennen das spekulative Element des Augenblicks oder glauben zumindest, es zu erkennen. Sie sind zur Stelle, um sich von der Woge nach oben tragen zu lassen; sie sind überzeugt, dass ihre Intelligenz sie in die Lage versetzt, auszusteigen, bevor die Spekulation sich totläuft. Sie werden das Letzte aus diesem Anstieg herausholen, solange er anhält; sie werden vor dem endgültigen Einbruch Kasse machen.

Denn ein fester Bestandteil dieses Szenarios ist der unvermeidliche Zusammenbruch. Vorprogrammiert ist auch, dass er nicht sachte oder allmählich eintritt. Wenn er kommt, trägt er die Züge einer Katastrophe. Aus diesem Grund sind beide Gruppen der an der Spekulation Beteiligten auf einen plötzlichen Ausstiegsversuch eingestellt. Irgendetwas – meistens eine Kleinigkeit, obwohl immer ausgiebig darüber diskutiert wird – löst die Umkehr aus. Wer auf den Aufwärtstrend spekuliert hat, erklärt nun, dass der Augenblick gekommen sei, auszusteigen. Wer geglaubt hatte, der Anstieg währe ewig, wird abrupt zurück auf den Boden der Tatsachen geholt und auch er reagiert stracks auf die neu erkannte Wirklichkeit und verkauft oder versucht zu verkaufen. Daher der Zusammenbruch. Und daher auch die Regel, die durch die Erfahrung von Jahrhunderten gestützt wird: Die Spekulation endet nie verhalten, sondern immer mit einem lauten Knall. Wir werden genügend Gelegenheit haben, zu beobachten, dass diese Regel sich ein ums andere Mal bewahrheitet.

So weit ist, wie schon gesagt, alles klar. Weniger weiß man über die massenpsychologische Seite der spekulativen Stimmung. Wird sie vollständig begriffen, ermöglicht sie dem derart Begünstigten, sich vor der Katastrophe zu retten. Bei dem Sog, den eine solche Massenpsychose erzeugt, werden die Geretteten jedoch die Ausnahme sein. Sie haben eine weithin gültige Regel zu bestätigen und müssen sich zwei mächtigen Kräften widersetzen: erstens der starken persönlichen Interessenlage, die in der allgemeinen Euphorie entsteht, zweitens dem Druck der öffentlichen und scheinbar überlegenen finanziellen Meinung, der eine derartige Stimmung noch verstärkt. Beide sind ein Beweis für Schillers Worte, dass die Menge aus dem halbwegs gesunden Menschenverstand des einzelnen die Dummheit macht, gegen die selbst die Götter vergebens kämpfen.

Obwohl nur wenigen Beobachtern die Eskalation des Irrtums auffällt, die mit der spekulativen Euphorie einhergeht, ist sie dennoch ein äußerst einleuchtendes Phänomen. Diejenigen, die spekulieren, erfahren einen Zuwachs an Reichtum – sie werden entweder reich oder noch reicher. Kein Mensch glaubt gern, dass dies auf Zufall beruht oder unverdient ist; alle möchten vielmehr glauben, dass dies das Ergebnis des eigenen Durchblicks oder der richtigen Eingebung ist. Gerade der Anstieg der Werte nimmt also die Gedanken und Vorstellungen derer gefangen, die belohnt werden. Die Spekulation kauft in einem sehr handgreiflichen Sinn den Verstand der Beteiligten auf.

Das gilt ganz besonders für die erste der oben erwähnten Gruppen – für diejenigen, die überzeugt sind, dass die Preise und Kurse ständig und ohne Ende weiter steigen. Doch auch die auf der Eitelkeit beruhenden Fehler derjenigen, die das spekulative Spiel zu beherrschen glauben, werden auf diese Weise verstärkt. Solange sie noch mit von der Partie sind, haben sie einen starken finanziellen Anreiz, von der überragenden eigenen Intelligenz überzeugt zu sein, die ihnen suggeriert, dass da noch mehr kommt. Einer der scharfsinnigsten Beobachter der euphorischen und durchaus typischen Spekulationsphasen des 19. Jahrhunderts war Walter Bagehot, Wirtschaftsjournalist und einer der ersten Chefredakteure des Economist. Ihm verdanken wir die Beobachtung, dass „die Menschen dann am leichtgläubigsten sind, wenn sie am glücklichsten sind“.

Nachhaltig gefördert wird das persönliche Interesse an der allgemeinen Euphorie durch das Verdikt, mit dem die renommierte öffentliche und wirtschaftliche Meinung alle belegt, die Zweifel oder abweichende Ansichten äußern. Ihnen wird unterstellt, aufgrund mangelnder Fantasie oder sonstiger geistiger Mängel unfähig zu sein, die neue chancenträchtige Situation zu erfassen, die den Aufschwung stütze und sichere. Oder ihre Beweggründe seien höchst suspekt. Im Winter des Jahres 1929 äußerte sich Paul M. Warburg, der angesehenste Bankier seiner Zeit und einer der Gründungsväter des amerikanischen Zentralbankensystems, kritisch über die damals grassierende hemmungslose Spekulation. Er erklärte, wenn die Spekulation andauere, sei am Ende ein verheerender Zusammenbruch unvermeidlich und das Land werde in eine schwere Krise schlittern. Die Reaktionen auf seine Aussage waren scharf, ja bösartig. Man warf ihm vor, altmodische Ansichten zu vertreten; er „meuchele den amerikanischen Wohlstand“; höchstwahrscheinlich spekuliere er selbst auf Baisse. In diesen Reaktionen schwang mehr als nur ein leichter Antisemitismus mit.

Seine Bankierskollegen und die Investmenthäuser kritisierten im Jahr 1929 Paul M. Warburg, Bankier und Gründer des Federal Reserve Systems, scharf wegen seiner Warnungen vor einem Crash.

Roger Babson, ein bedeutender Kopf seiner Zeit, der sich für so unterschiedliche Dinge wie Statistik, Marktanalysen, Wirtschaftswissenschaft, Theologie und das Gesetz der Schwerkraft interessierte, sagte etwas später im September desselben Jahres unmissverständlich eine schwere Wirtschaftskrise voraus. „Es kann schrecklich werden“, erklärte er. Der Dow-Jones-Index werde um 60 bis 80 Punkte fallen und als Folge davon „werden Fabriken schließen … Menschen werden von ihrem Arbeitsplatz vertrieben … der Teufelskreis wird sich schließen und das Ergebnis wird eine schwere wirtschaftliche Rezession sein“.

Babsons Voraussage führte zu einem starken Einbruch am Markt und die Reaktionen darauf fielen noch wütender aus als die auf Warburgs...

Erscheint lt. Verlag 19.3.2020
Übersetzer Wolfgang Rhiel
Verlagsort Kulmbach
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Geld / Bank / Börse
Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management
Schlagworte Börse • Börsenpsychologie • Finanzkatastrophe • Klassiker • Psychologie • Spekulationen • Spekulationsblasen • Übertreibungen • Verhaltensmuster
ISBN-10 3-86470-678-5 / 3864706785
ISBN-13 978-3-86470-678-3 / 9783864706783
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