Das Wissen der Tolteken -  Norbert Classen

Das Wissen der Tolteken (eBook)

Carlos Castaneda und die Philosophie des Don Juan
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
326 Seiten
Hans-Nietsch-Verlag
978-3-86264-534-3 (ISBN)
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Carlos Castaneda hat durch seine Bücher Millionen von Menschen erreicht und begeistert. Und doch bleibt vieles, was er von den ,,Lehren des Don Juan' berichtet, geheimnisvoll und unverstanden. Nobert Claßen ist einer der wenigen, die diese alte indianische Lehre, das Wissen der Tolteken, durchdrungen haben. Er erschließt uns bedeutsame Parallelen zwischen abendländischer Philosophie und toltekischem Wissen. Selbst seit vielen Jahren ein Praktiker auf diesem schamanischen Einweihungsweg, läßt er dieses Wissen durch Berichte von eigenen Erfahrungen lebendig werden und erklärt anschaulich die Techniken der Zauberer des alten Mexiko. So können u.a. die ,,Kunst des Pirschens', die ,,Kunst des Träumens' und die ,,Rekapitulation' erlernt werden. Das Wissen der Tolteken berücksichtigt zum ersten Mal die Theorie und die unmittelbare praktische Anwendung der gesamten toltekischen Lehre. Dieses Buch hat die Kraft, unser herkömmliches Weltbild in Frage zu stellen, und weist den Weg zu neuen unermeßlichen Möglichkeiten unserer menschlichen Existenz.

Einführung

Seit dem Erscheinen des ersten Castaneda-Bandes »Die Lehren des Don Juan« ist die Flut an Fragen und Spekulationen über den Autor und seinen Lehrer, den indianischen Zauberer Juan Matus – von Castaneda respektvoll Don Juan genannt –, nicht abgeklungen. Was war geschehen?

Carlos Castaneda kam im Jahre 1960 als Student der Ethnologie in das Grenzgebiet Arizona (USA) – Sonora (Mexiko), um Feldforschungen über den Gebrauch von Heilpflanzen und narkotischen Gewächsen bei den dort lebenden Indianern zu machen. In einer Busstation an der Grenze begegnete er dem brujo1 Juan Matus und wurde, noch bevor er sich dessen klarwerden konnte, erwählter Schüler des alten Zauberers. Getreu seinen traditionellen Lehren demontierte Don Juan die Weltsicht seines Schülers, lehrte ihn eine andere Art zu leben und führte ihn in die geheimnisvolle Welt der toltekischen Zauberer ein. Castaneda beschrieb in seinen vier ersten Büchern auf eindrucksvolle Weise die Vorgänge und das Szenario seiner Initiations- und Lehrzeit in der Wüste Sonora und im mexikanischen Hochland.

Die ersten beiden Bücher, »Die Lehren des Don Juan« und »Eine andere Wirklichkeit«, berichten von verwirrenden Erfahrungen mit halluzinogenen Pflanzen, Kontakten mit anorganischen Lebewesen, Verbündete genannt, und über eine andere Art, die Welt zu betrachten. Mit dem ersten Band machte Castaneda seinen ersten akademischen Abschluß an der Universität von Los Angeles (UCLA) zum Bachelor of Arts.

Das dritte und vierte Buch, »Reise nach Ixtlan« und »Der Ring der Kraft«, schildern systematisch die Lehrzeit Castanedas. Mit Hilfe eines anderen Zauberers, Genaro Flores, führt Don Juan seinen Schüler in die Lebensweise der Zauberer ein und gibt ihm erstaunliche Demonstrationen von der Wirklichkeit der Kräfte, über die er lehrt. Am Ende des vierten Buches, als Abschluß der Lehrzeit, springen Castaneda und Pablito, Genaros Schüler, in einen – mehr als nur symbolischen – Abgrund. Juan und Genaro verlassen gleichzeitig endgültig die Welt, wie wir sie kennen.

Die Beschreibung ungewöhnlicher Vorgänge und wundersamer Ereignisse war so konkret und realistisch, daß Vorwürfe, wie es könne sich bei diesen Büchern nur um eine Fiktion handeln, als plumpe Abwehrreaktion eines sterilen, rationalistischen Zeitbewußtseins nicht ausbleiben konnten.2 Eine andere Form der Abwehr war die Auffassung, Castanedas Bücher seien entstanden aus einer Synthese aus mystischem Gedankengut und alten esoterischen Lehren, gewürzt mit einem Schuß indianischer Mythologie. Auf diese Weise wurde etwas Fremdartiges, Unbekanntes auf bequeme Art in die Schublade »Altbekanntes« bzw. »schon gehabt…« gesteckt; ein Vorgang, der eine ernsthafte Beschäftigung mit dem Thema unmöglich macht.3

Castaneda schrieb weitere Bücher über seine Erfahrungen mit der Welt der Zauberei, ohne jedoch müde zu werden zu betonen, daß er keine fiktiven Geschichten erzähle, sondern über tatsächliche Vorgänge berichte. In Band fünf und sechs, »Der zweite Ring der Kraft« und »Die Kunst des Pirschens«, schildert Castaneda seine Begegnungen mit anderen Schülern und Schülerinnen von Don Juan und Genaro. Sie fordern Castaneda dazu auf – als Haupterbe von Don Juans Wissen –, ihre Gruppe von Zauberern anzuführen. Außerdem drängen sie den völlig überforderten Castaneda dazu, sich an Ereignisse zu erinnern, die in einem anderen Bewußtseinszustand stattgefunden hatten. Nach dramatischen Ereignissen und Kämpfen gelingt es ihm dann doch, sich an alles zu erinnern. Diese Erinnerungen offenbaren Castaneda schließlich das ganze Wissens- und Lehrgebäude der toltekischen Zauberer. Der Sinn und das Ziel der Lehren werden klar.

Von solchen Erinnerungen handeln dann auch das siebte und achte Buch, »Das Feuer von innen« und »Die Kraft der Stille«. Da es sich um eine Erinnerung handelt, ist hier wieder Don Juan der Lehrende. Castaneda wird eingeführt in das abstrakte Wissenssystem der Zauberer, die wahren Ziele der Tolteken werden ihm offenbart. Inzwischen sind vier weitere Castaneda-Bände erschienen, »Die Kunst des Träumens«, »Tensegrity«, »Das Wirken der Unendlichkeit« und »Das Rad der Zeit«, die sich in ihrer Grundaussage nicht wesentlich von den vorherigen Bänden unterscheiden. Soweit der kurze Überblick über das Schriftwerk Castanedas.

Die Fragwürdigkeit des Gesamtwerks wurde von den meisten Kritikern am mangelnden Wissen über die Person des Autors festgemacht. Dieser hatte nämlich die Dreistigkeit besessen, keinerlei persönliche Daten zu liefern, welche eine sichere Identifizierung des Urhebers der Werke erlaubt hätten. Selbst Interviews und Fotografien lehnte Castaneda gewöhnlich kategorisch ab. Warum? Ein Werbetrick, vermuteten die einen – weil Don Juan ihn lehrte, keine Auskünfte über die eigene Person zu geben, sagten die anderen.

Seit dem Erscheinen eines dritten4 Interviews, welches die argentinische Schriftstellerin Graciela Corvalán mit dem publikumsscheuen Autor führte, ist es für manchen Castaneda-Leser glaubhafter geworden, daß dieser tatsächlich ein Übermittler einer traditionellen indianischen Lehre ist und getreu den Regeln dieser Überlieferung lebt. Das Interview ist mit dem Titel »Der Weg der Tolteken« im Fischer Taschenbuch Verlag erschienen.

Castaneda gibt darin auch viele persönliche Informationen preis, über seine Herkunft, sein Leben, seine Ziele und Vorstellungen etc. Alle diese Informationen stellt er in einen deutlichen Bezug zu den toltekischen Lehren, was die Glaubwürdigkeit des Werkes noch erhöht.

Doch wer sind nun die Tolteken und was ihr Wissen, von dem vorliegendes Buch handelt? Bei Corvalán lesen wir: »Nach Castaneda stellt das Wort ›toltekisch‹ eine sehr umfassende Bedeutungseinheit dar. Man sagt von jemandem, er sei Tolteke, wie man von einem anderen sagt, daß er Demokrat oder Philosoph ist. So wie er es gebraucht, hat das Wort nichts mit seiner anthropologischen Bedeutung zu tun. ›Tolteke ist, wer die Geheimnisse des Pirschens und des Traumes kennt. Sie alle sind Tolteken. Sie bilden eine kleine Gruppe, die es verstanden hat, eine Tradition von mehr als 3000 Jahren lebendig zu erhalten.‹«5

Der bekannte Mexiko-Forscher Wolfgang Cordan schreibt Folgendes über den Begriff Tolteke: »Bei den Nachfolgevölkern (der histor. Tolteken. Anm. d. Autors), wie den Azteken, war der Name Tolteke gleichbedeutend mit Gebildeter, Künstler.«6 Der Historiker Henri Stierlin übersetzt Tolteke einfach als »Wissender«.7

Die Tolteken üben sich als Wissende und Künstler in der Kunst des Pirschens und des Träumens. Das Pirschen wird als System der Kontrolle und Nutzung des alltäglichen Verhaltens vorgestellt, das den Ausübenden befähigt, aus jeder denkbaren Situation das Beste zu machen. Das Träumen wird als pragmatische Kontrolle des Traumgeschehens vorgestellt, das zur allgemeinen Beherrschung des Bewußtseins führt. Beide Systeme besitzen einen praktischen Verhaltenskodex – die Regel genannt –, den die Praktiker durch Übung verinnerlichen. Ein drittes System, die Bemeisterung der Absicht, behandelt den direkten Kontakt mit der Schicksalsmacht, die von den Tolteken »Absicht«, »Geist« oder »Nagual« genannt wird.

Diese drei Systeme – Pirschen, Träumen, Absicht – basieren auf einem abstrakten Wissen der Tolteken über menschliche Wahrnehmung und Bewußtheit. Der treffendste Name für dieses Wissen ist laut Don Juan »Nagualismus«.8

Die Quellen unseres Wissens über den toltekischen Nagualismus sind jedoch nicht nur die Bücher Castanedas; auch die Interviews enthalten bedeutsames Material zum Thema.

Von besonderer Bedeutung ist auch das Buch der deutsch-venezolanischen Schriftstellerin Florinda Donner »Die Lehren der Hexe«, welches den meisten Castaneda-Freunden leider unbekannt zu sein scheint. Nicht nur, daß Castaneda ein sehr wohlwollendes Vorwort zu diesem Buch schrieb, Florinda Donner gehört ebenfalls zur Welt des Juan Matus; sie berichtet aus der Sicht einer Frau über die Welt der Zauberei. Ein wunderschönes Buch, das nur unter der genauen und einfühlsamen Blickführung einer Frau entstehen konnte. Auch dieses Werk ist als Originalquelle des toltekischen Nagualismus anzusehen.9

Intention der vorliegenden Arbeit ist es, das komplexe Phänomen des toltekischen Nagualismus einer genauen Prüfung zu unterziehen, die sowohl die theoretische als auch die praktische Seite dieser Lehre berücksichtigt.

Zum ersten müssen der theoretische Rahmen, die weltanschaulichen Grundlagen und Prämissen – zumindest in ihren Ansätzen – untersucht werden. Dies ist möglich durch eine vergleichende Betrachtung der toltekischen Weltsicht mit anerkannten Arbeiten aus den abendländischen Geisteswissenschaften. Ansätze für eine solche »Betrachtung von außen« bieten die Erkenntnistheorie Edmund Husserls, die Tiefenpsychologie C.G. Jungs sowie die religionshistorischen Untersuchungen Mircea Eliades. Damit beschäftigt sich der erste Teil dieses Buches: »Der Nagualismus als Philosophie der Tolteken.« Um zu vermeiden, daß die von Castaneda übermittelten Lehren durch die eigentümlich herrische Art des europäischen Wissenschaftsverständnisses in ein zu enges Korsett gezwängt werden, wurde der Aufbau des ersten Teiles allein durch die innere Struktur der toltekischen Lehre bestimmt. Im zweiten Abschnitt wird die Überprüfung des praktischen Gehalts, d.h. die Verifizierung der von Castaneda...

Erscheint lt. Verlag 13.9.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
ISBN-10 3-86264-534-7 / 3862645347
ISBN-13 978-3-86264-534-3 / 9783862645343
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