Carlos Castaneda und das Vermächtnis des Don Juan -  Norbert Classen

Carlos Castaneda und das Vermächtnis des Don Juan (eBook)

Das Wissen der Tolteken in einer neuen Epoche
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
259 Seiten
Hans-Nietsch-Verlag
978-3-86264-531-2 (ISBN)
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Carlos Castaneda, Bestsellerautor und Schüler des mexikanischen Zauberers Don Juan Matus, war jahrzehntelang vor allem dafür bekannt, unbekannt zu sein. Nachdem er jedoch in den vergangenen Jahren zusammen mit seinen Gefährtinnen Taisha Abelar, Florinda Donner-Grau und Carol Tiggs in Vorträgen und Seminaren an die Öffentlichkeit getreten war, wurde es vielen Lesern klar, daß sie es mit einer realen Person und einer authentischen schamanischen Tradition zu tun hatten. Norbert Classen, seit vielen Jahren selbst Praktiker auf dem Weg der Tolteken, hatte das Glück, diese neue Entwicklung von Anfang an zu verfolgen. In diesem aufregenden Buch schildert er, welche Ereignisse Castaneda und seine Gefährtinnen dazu bewogen haben, auf der Bühne des Alltags aufzutreten und mit Tensegrity eine Bewegung zu starten, die weltweit immer größere Kreise zieht und es jedem Interessierten erlaubt, unmittelbar am Vermächtnis des Don Juan teilzuhaben.

1. Eine kurze Geschichte der Zauberei

Geschichte ist ein Engel, der rückwärts in die Zukunft geweht wird. Geschichte ist ein Haufen Scherben. Der Engel will zurück und die Dinge kitten, reparieren, was zerbrochen wurde. Doch vom Paradies her weht ein Sturm und bläst den Engel stets weiter rückwärts in die Zukunft. Dieser Sturm heißt: Fortschritt.

Laurie Anderson: The Dream Before1

Zehntausende alter und junger Leser wissen über das erste Treffen von Castaneda und Juan Matus im Jahre 1960 in einem staubigen Bushof in Arizona nahe der mexikanischen Grenze mehr als über die Begegnung von Dante und Beatrice an den Ufern des Arno. Das liegt wohl daran, daß Don Juans Lehren zu einer Zeit gedruckt wurden, in der mehr Menschen als je zuvor geneigt waren, auch nichtrationale Dinge zur Wirklichkeit zu zählen“,2 klagte das amerikanische Time Magazine im Frühjahr 1973. Es sah in Castanedas Schriften und ihrer Popularität untrügliche Zeichen für den Zerfall zivilisatorischer Werte, für den Untergang des aufgeklärten Abendlandes.

Ähnliche Befürchtungen hegte noch im Jahr 1994 der FAZ-Kritiker Hannes Stein in seiner Rezension zur Kunst des Träumens, in der er „Castanedas Absage an Gesellschaft, Moral und Vernunft“ polemisiert. Stein stellt Castanedas Werke in eine Reihe mit Mays Winnetou und Hesses Demian: „Wer in den siebziger Jahren noch immer nicht genug hatte, las Castaneda. Dort wurde dieselbe Erfolgsstory noch einmal erzählt.“ Man könnte das auch als Kompliment auffassen. Doch für Stein ist Castaneda ein Verführer der Jugend, „ein halbgebildeter Scharlatan“, sein indianischer Lehrer Don Juan „eine typische zivilisationskritische Projektion“ und seine Lehren „verdeckte Plagiate: ein Mischmasch aus Wittgenstein, Husserl, orientalischen Weisheits- und psychologischen Erlösungslehren“.3

Die universelle Abwehr gegen unliebsame Gedanken scheint immer dieselbe zu sein: Man spricht dem, der sie auszusprechen wagt, einfach die geistige Integrität, die Authentizität oder die historische Wirklichkeit ab, und der Fall ist erledigt. Oder doch nicht? „Was ist, wenn Castaneda gar nichts erfunden hat?“4 fragt der Beklagte im Sinne einer Antwort.

Dies war wohl auch die heimliche Furcht des Physikers, Autors und Castaneda-Kritikers Hans Peter Duerr, als er 1982 von Castaneda zu einer Aussprache eingeladen wurde. Bei diesem Treffen lernte Duerr auch Florinda Donner-Grau, eine weitere Schülerin des Don Juan kennen, was seine Zweifel an der Authentizität von Castanedas Berichten beseitigte. Er war nun doch „geneigt zu glauben, daß es sowohl Don Juan gibt (oder gab) als auch die Gruppe von Zauberlehrlingen“.5

Inzwischen haben zwei weitere Mitglieder jener Gruppe – Florinda Donner-Grau und Taisha Abelar – Berichte über ihre Lehrzeit veröffentlicht, was Castanedas Glaubwürdigkeit stützt und die Polemik von Stein und anderen Unzeitgemäßen besonders schal erscheinen läßt. Man mag es drehen und wenden, wie man will: Castaneda und Don Juan sind historische Wirklichkeit, ja, sie haben selbst Geschichte geschrieben. Für die Leser, die mit Castanedas Büchern nicht vertraut sind oder deren Lektüre der „Lehren des Don Juan“ bereits Jahre zurückliegt, sollen hier noch einmal die wichtigsten Ereignisse rekapituliert werden.

Im Sommer 1960 besucht der Anthropologiestudent Carlos Castaneda die Grenzregion zwischen Arizona (USA) und Sonora (Mexiko), um dort bei den einheimischen Indianern Feldforschung über medizinische und psychotrope Pflanzen zu betreiben. Ein Freund macht ihn in einer Busstation auf einen alten Yaqui aufmerksam, der sich selbst als Juan Matus vorstellt.

Das Zusammentreffen dieser denkbar verschiedenen Männer ist die Kollision zweier Welten. Der verkopfte Wissenschaftler, der einen willigen Informanten sucht, und der traditionelle Schamane, der in dem Gegenüber seinen erwählten Schüler erkennt, den die Kräfte des Universums zu ihm geführt haben. Die Mißverständnisse, die sich aus diesem Kulturschock ergeben, sind vorprogrammiert.

Castaneda akzeptiert die Rolle des Zauberlehrlings zunächst nur zum Schein, um an die gewünschte Information zu gelangen. Und Don Juan gibt sein Bestes, um die beschränkte Wahrnehmung seines Schülers aufzubrechen und ihn in eine Position zu versetzen, in der er die Welt so sehen kann, wie sie wirklich ist. Castaneda resümiert:

„Seine Lehren waren wie ein Knüppel, der so lange auf meinen Dummkopf einschlug, bis ich endlich kapierte, daß meine kostbare Weltsicht in Wirklichkeit ein Konstrukt war, gewoben aus allen möglichen fixen Interpretationen, die ich dazu benutzte, mich selbst gegen die reine, staunende Wahrnehmung zu verteidigen.“6

Don Juan bediente sich unter anderem psychotroper Pflanzen (Kraftpflanzen), um die starre Weltsicht seines Schülers zu brechen. Diese Phase der Lehrzeit hat Castaneda in seinen Büchern Die Lehren des Don Juan und Eine andere Wirklichkeit festgehalten, in denen die Erlebnisse mit jenen Drogen eine zentrale Rolle einnehmen. Er war überzeugt, daß er sein Ziel erreicht hatte und Informationen aus erster Hand für seine ethnobotanische Forschung erhielt. Es dauerte eine Weile, bis er begriff, daß er in etwas hineingeraten war, das nichts mit seinen akademischen Ambitionen zu tun hatte, und daß es nur seine eigene Begriffsstutzigkeit war, die Don Juan mit Hilfe der Drogen überwinden wollte.

So handeln die Folgebücher Reise nach Ixtlan und Der Ring der Kraft von fundamentaleren Aspekten der Lehren des Don Juan. Castaneda beschreitet den „Weg des Kriegers“ und lernt, wie er auch ohne Drogen einen Weg aus den Fängen der Alltagswelt findet:

„Don Juan brachte mir bei, daß es mit der Welt viel mehr auf sich hat, als wir gewöhnlich zugeben, daß unsere normalen Erwartungen an die Wirklichkeit durch unseren sozialen Konsens hergestellt werden, der selber ein Trick ist. Uns wird beigebracht, die Welt durch einen Sozialisationsprozeß zu betrachten und zu verstehen, der uns, wenn er richtig funktioniert, davon überzeugt, daß die Interpretationen, in die wir einwilligen, die Grenzen der realen Welt festlegen. Don Juan unterbrach diesen Prozeß in mir, indem er mir zeigte, daß wir die Fähigkeit haben, in andere Welten überzuwechseln, die konstant und unabhängig von unserer im hohen Maße konditionierten Bewußtheit sind. Die Zauberei bringt eine Neuprogrammierung unserer Fähigkeit mit sich, Sphären wahrzunehmen, die genauso wirklich, einzigartig, absolut und einnehmend sind wie unsere alltägliche, profane Welt.“7

Diese Neuprogrammierung findet ihren Höhepunkt am Ende von Castanedas Lehrzeit, das durch ein geradezu haarsträubendes Manöver gekennzeichnet ist. Nach gründlicher Vorbereitung durch Don Juan und seinen Gefährten Genaro springen Carlos und sein Mitschüler Pablito in einen – nicht nur symbolischen – Abgrund. Mit dieser packenden Szene schließt der vierte Band des Don-Juan-Zyklus ab.

Castaneda wacht in seinem Büro in Los Angeles auf – völlig verdutzt. Um zu prüfen, was wirklich geschah, reist er nach Mexiko, um Don Juan zu befragen. Doch sein Lehrer ist und bleibt verschwunden. Er findet lediglich eine Gruppe von Lehrlingen, darunter auch Pablito, der durch den Sprung in den Abgrund genauso verwirrt ist wie Castaneda selbst.

Die Bücher Der zweite Ring der Kraft und Die Kunst des Pirschens spiegeln die Verwirrung wider, die Castaneda in jener Zeit durchlebt. Stück für Stück tauchen verschollene Erinnerungen auf, die zunächst keinen Sinn ergeben. Doch dann fügt sich alles zusammen, und er erinnert sich. Don Juan hatte ihn immer wieder in einen Zustand versetzt, den er gesteigerte Bewußtheit nannte. Eine Eigenschaft dieses ungewöhnlichen Bewußtseinszustands ist, daß man sich an Ereignisse, die dort geschehen sind, nicht erinnern kann, wenn man in das normale Wachbewußtsein zurückgekehrt ist.

Zugegeben, das klingt unglaublich. Doch wenn man an vergleichbare Zustände denkt, wie etwa an das Schlafwandeln, an das man auch keine bewußte Erinnerung zurückbehält, bekommt man eine Vorstellung davon, was es mit dieser gesteigerten Bewußtheit auf sich hat. Vergleichbar ist auch die Tatsache, daß wir keinerlei Erinnerung an die meisten unserer Träume haben. Ein guter Hypnotherapeut könnte gleichwohl all diese Ereignisse hervorholen, die offenbar nur an anderer Stelle gespeichert sind.

Dies kommt übrigens der Erklärung recht nahe, welche die Zauberer selbst für diese Zustände haben. Castaneda konfrontiert uns in den Büchern Das Feuer von innen, Die Kraft der Stille und Die Kunst des Träumens nicht nur mit wiedergewonnenen Erinnerungen an die Lehren des Don Juan, die er auf dieser merkwürdigen Ebene gespeichert hatte, sondern auch mit der hochentwickelten Weltsicht der Zauberer, die auf ihren einzigartigen Forschungen über das Wesen des Bewußtseins und die Welt an sich beruht. Diese werden jedoch wiederum nur im Rahmen der Geschichte jener Zauberer verständlich.

Don Juan zufolge lebten bereits vor mehr als 10.000 Jahren Menschen auf der mexikanischen Hochebene, die aus Hunger oder auch Neugier psychotrope Pflanzen zu sich nahmen. Unter deren Einfluß nahmen sie andere Welten und andere Aspekte der uns bekannten Welt wahr.

Diese frühen Schamanen waren keineswegs so „primitiv“, wie man meinen könnte. Sie waren ausgesprochen nüchterne Denker, die ihre Erfahrungen zu systematisieren begannen. Sie führten ihre psychotropen...

Erscheint lt. Verlag 13.9.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
ISBN-10 3-86264-531-2 / 3862645312
ISBN-13 978-3-86264-531-2 / 9783862645312
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