Erfolgreich verhandeln mit Gefühl und Verstand (eBook)
288 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-44123-8 (ISBN)
Roger Fisher war Direktor des Harvard Negotiation Projects. Zusammen mit William Ury verfasste er 1981 das Standardwerk zum erfolgreichen Verhandeln, 'Das Harvard-Konzept'. Daniel Shapiro studierte klinische Psychologie und spezialisierte sich früh auf die Psychologie von Verhandlungen. Er ist Gründer und Direktor des Harvard International Negotiation Program und lehrt u.a. Verhandlungstechniken an der Harvard Law School und an der Harvard Medical School.
Roger Fisher war Direktor des Harvard Negotiation Projects. Zusammen mit William Ury verfasste er 1981 das Standardwerk zum erfolgreichen Verhandeln, "Das Harvard-Konzept". Daniel Shapiro studierte klinische Psychologie und spezialisierte sich früh auf die Psychologie von Verhandlungen. Er ist Gründer und Direktor des Harvard International Negotiation Program und lehrt u.a. Verhandlungstechniken an der Harvard Law School und an der Harvard Medical School.
Kapitel 1.
Emotionen sind stark, allgegenwärtig und schwer in den Griff zu bekommen
Ein möglicher Kunde droht kurz vor der endgültigen Vertragsunterzeichnung damit, von einem Geschäft zurückzutreten. Ein Autohändler, der Ihnen einen nagelneuen Wagen verkauft hat, behauptet, Mängel am Motor seien nicht in der Garantie inbegriffen. Ihre elfjährige Tochter verkündet, sie habe keine Lust, sich an einem eisigen Februarmorgen für den Schulweg einen warmen Mantel anzuziehen.
In Momenten wie diesen, wenn Ihr Blutdruck steigt und Sie ein leises Gefühl der Panik verspüren, scheinen rationale Ratschläge zu Verhandlungstechniken wenig hilfreich. Auch wenn Sie jetzt gern konstruktiv und vernünftig wären, hören Sie sich Dinge sagen wie:
»Tun Sie mir das bitte nicht an. Wenn Sie diesen Vertrag nicht unterschreiben, bin ich meinen Job los.«
»Was ist das für ein Saftladen? Reparieren Sie den Motor, oder wir sehen uns vor Gericht wieder!«
»Du ziehst diesen Mantel an, ob dir das passt oder nicht. Und zwar sofort!«
Manchmal bringen Sie Ihre Emotionen nicht sofort zum Ausdruck und spüren den ganzen Tag über, wie sie in Ihnen weiternagen. Wenn Ihre Chefin Sie beispielsweise am Freitagnachmittag bittet, bis Montag eine Aufgabe zu erledigen, zu der sie nicht mehr gekommen ist, sagen Sie dann zu, nur um sich dann das ganze Wochenende schwarzzuärgern und über Ihre Kündigung nachzudenken? Ihre Emotionen können Ihr Verhalten bestimmen, ob Sie sie zum Ausdruck bringen oder nicht. Ihre Emotionen können dafür sorgen, dass Sie sich auf eine Weise verhalten, die eine Vereinbarung gefährdet, eine Beziehung beschädigt oder Sie eine Menge Geld kostet.
An Verhandlungen ist Ihr Bauch genauso beteiligt wie Ihr Kopf, Ihr Gefühl spielt eine ebenso große Rolle wie Ihr Verstand. In diesem Buch erfahren Sie, wie Sie mit Emotionen umgehen können. Denn Verhandlungen sind mehr als ein rationaler Austausch von Argumenten. Menschen sind keine Roboter. Neben Ihren Sachinteressen sind auch Sie ein Teil der Verhandlungen. Sie haben Emotionen und diese werden den Verlauf der Verhandlungen mitbestimmen. Und nicht nur Ihre Emotionen, sondern auch die Ihrer Verhandlungspartner.
Was sind Emotionen?
Die Psychologen Fehr und Russell schreiben: »Jeder weiß, was Emotionen sind, bis er eine Definition davon geben soll. Dann weiß es plötzlich niemand mehr.« In diesem Buch verwenden wir den Begriff im Sinne einer gefühlten Erfahrung. Sie fühlen eine Emotion, Sie denken sie nicht nur. Wenn jemand etwas sagt oder tut, das für Sie von persönlicher Bedeutung ist, dann reagieren Sie auf einer emotionalen Ebene, üblicherweise im Zusammenspiel mit Gedanken, körperlichen Veränderungen und dem Bedürfnis, etwas zu tun. Wenn Sie ein jüngerer Kollege bittet, in einer Sitzung Protokoll zu führen, dann verspüren Sie möglicherweise Ärger und denken sich: »Wer ist er denn, dass er mir sagt, was ich tun soll?« Ihr Körper reagiert mit steigendem Blutdruck und Sie haben das Bedürfnis, ihm eine Beleidigung an den Kopf zu werfen.
Emotionen können negativ und positiv sein. Positive Emotionen empfinden wir als erhebend. Ob Stolz, Hoffnung oder Erleichterung, eine positive Emotion fühlt sich gut an. Positive Emotionen tragen dazu bei, dass Sie mit Ihrem Verhandlungspartner ein gutes Verhältnis herstellen, die Beziehung von gegenseitigem Wohlwollen getragen wird und alle Beteiligten das Gefühl haben, »auf einer Wellenlänge« zu sein. Im Gegensatz dazu empfinden wir Ärger, Enttäuschung und andere negative Emotionen als persönlich belastend; sie sind weniger geeignet, ein gutes Verhältnis entstehen zu lassen.1
Dieses Buch zeigt Ihnen, wie Sie positive Emotionen einsetzen können, um zu einer klugen Entscheidung zu finden. In diesem Kapitel beschreiben wir die wichtigsten Probleme, die Ihnen im Umgang mit Emotionen begegnen können – mit Ihren eigenen Emotionen ebenso wie mit denen Ihrer Verhandlungspartner. Die nachfolgenden Kapitel bieten Ihnen einen praktischen Leitfaden für die Überwindung dieser Hindernisse. Dabei geht es nicht darum, dass Sie Ihr Innerstes preisgeben oder die Emotionen anderer Menschen manipulieren sollen. Dieser Leitfaden soll Ihnen vielmehr als praktische Hilfestellung im Umgang mit Emotionen dienen. Sie können diesen Leitfaden sofort für sich nutzen.
Emotionen als Störfaktor in Verhandlungen
Niemand kann Emotionen entgehen. In Verhandlungen können sie jeden Weg zu einer klugen Einigung verbauen. Sie können eine freundschaftliche Beziehung in eine erbitterte Feindschaft verwandeln, durch die auch andere Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden. Sie können jede Hoffnung auf eine faire Regelung zunichtemachen. Aber wie kann es sein, dass Emotionen eine derartige Macht haben?
Sie können von der Lösung der Sachfragen ablenken
Wenn Sie sich ärgern oder Ihr Gesprächspartner wütend wird, müssen Sie sich beide mit Emotionen herumschlagen. Sollen Sie aufspringen und den Raum verlassen? Sich entschuldigen? Den Ärger in sich hineinfressen? Sie konzentrieren sich nicht mehr darauf, eine für beide Seiten befriedigende Einigung zu finden, sondern darauf, sich selbst zu verteidigen und den anderen anzugreifen.
Sie können Beziehungen beschädigen
Ungezügelte Emotionen mögen wünschenswert sein, wenn wir uns verlieben. Doch in einer Verhandlung beeinträchtigen sie unsere Fähigkeit, klug zu handeln. Starke Emotionen können unser Denken ausschalten und bergen das Risiko, eine Beziehung zu beschädigen. In einem Anflug von Ärger unterbrechen Sie beispielsweise die langatmigen Ausführungen eines Kollegen, just in dem Moment, in dem dieser einen Vorschlag machen wollte, der für Sie beide eine brauchbare Einigung dargestellt hätte. Und sein Ressentiment hat möglicherweise zur Folge, dass er das nächste Mal schweigt, wenn Sie seine Unterstützung benötigen.
Sie können gegen Sie verwendet werden
Wenn Sie beim Vorschlag eines Verhandlungspartners zusammenzucken oder Ihre Interessen nur sehr zögerlich darlegen, dann lassen diese sichtbaren Reaktionen Rückschlüsse auf Ihre »wahren« Sorgen und Ihre Verwundbarkeit zu. Wer Ihre emotionalen Reaktionen genau beobachtet, kann daraus Schlüsse ziehen, wie wichtig Ihnen bestimmte Vorschläge, Themen und Ihre gemeinsame Beziehung sind und diese Information verwenden, um Sie über den Tisch zu ziehen.
Wenn Emotionen in der Lage sind, das alles zu bewirken, dann verwundert es nicht, dass viele Ratgeber empfehlen, Emotionen in Verhandlungen, wenn irgend möglich, außen vor zu lassen.
Emotionen als entscheidender Erfolgsfaktor in Verhandlungen
Obwohl Emotionen gern als Störfaktoren in einer Verhandlung betrachtet werden – was sie sicherlich oft sind –, sind sie doch meist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Sie können uns helfen, unser Verhandlungsziel zu erreichen, indem sie zum Beispiel Wege aufzeigen, auf kreative Art und Weise die Interessen aller Beteiligten zu befriedigen, oder, indem sie uns helfen, eine problematische Beziehung zu verbessern.
US-Präsident Carter nutzte die Wirkung der Emotionen während der historischen Friedensverhandlungen zwischen Israel und Ägypten. Er hatte den israelischen Premierminister Menachem Begin und den ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat in seinen Wochenendsitz nach Camp David eingeladen, um die beiden politischen Führer bei der Aushandlung eines Friedensabkommens zu unterstützen. Nach 13 langen Verhandlungstagen drohten die Gespräche jedoch zu scheitern. Die israelische Delegation sah wenig Aussicht auf eine Einigung.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Carter bereits eine Menge Zeit und Energie in den Friedensprozess investiert. Er hätte leicht seine Frustration zum Ausdruck bringen und zum Beispiel Begin mit Konsequenzen drohen können, sollte dieser das letzte Angebot ausschlagen. Doch eine derart feindselige Geste hätte Begin vermutlich veranlasst, die Verhandlungen vollständig...
Erscheint lt. Verlag | 29.10.2019 |
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Übersetzer | Jürgen Neubauer |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Bewerbung / Karriere |
Schlagworte | Harvard-Concept • Harvard-Konzept • Internationale Verhandlungen • Negotiations • Verhandeln • Verhandlung • Verhandlungen |
ISBN-10 | 3-593-44123-3 / 3593441233 |
ISBN-13 | 978-3-593-44123-8 / 9783593441238 |
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