Aus der Apotheke meiner Babuschka

Traditionelles aus der Naturheilkunde Russlands und der Ukraine
Buch | Softcover
CXX Seiten
2017
Wostok (Verlag)
978-3-932916-69-4 (ISBN)
12,00 inkl. MwSt
Aufgüsse, Sude, Essenzen, Tinkturen, Tees, Pulver und Salben auf Basis pflanzlicher, tierischer und mineralischer Bestandteile dienen der Heilung mannigfaltiger Krankheiten, zur Vorbeugung von Krankheiten und zur Stärkung des Organismus und des Immunsystems. Die Heilkundigen in der Ukraine, Russland und Sibirien nutzen seit altersher ihr Wissen um die Heilkraft der Natur. Tatjana Kuschtewskaja hat erprobte naturheilkundliche Rezepte ihrer Großmutter, vieler Heilkundiger Russlands, der Ukraine und zudem die Besonderheiten der sibirischen Heilkunde in diesem Buch zusammengetragen.

Tatjana Kuschtewskaja, geboren 1947 in der Turkmenischen SSR in der Wüstenoase Dargan-Ata; verbrachte ihre Jugend in der Ukraine; Studium der Musikpädagogik an der Musikhochschule von Artjomowsk (Diplom); arbeitete acht Jahre lang als Musikpädagogin in Jakutien; 1976 bis 1981 Studium an der Fakultät für Drehbuchautoren der Filmhochschule Moskau (Diplom), wo sie 1983 bis 1991 einen Meisterkurs für Drehbuchautoren leitete und als freie Journalistin tätig war; verfasste zahlreiche Drehbücher und Reportagen; unternahm Reisen durch alle Regionen der ehemaligen UdSSR; lebt seit 1991 in Deutschland. Veröffentlichungen in deutscher Sprache: „Ich lebte tausend Leben“, Velbert, 1997; „Russische Szenen“, Berlin, 1999; „Mein geheimes Rußland“, Düsseldorf, 2000; „Transsibirische Eisenbahn“, Berlin, 2002; „Die Poesie der russischen Küche“, Düsseldorf, 2003; „Meine sibirische Flickendecke“, Düsseldorf, 2005; „Hier liegt Freund Puschkin. Spaziergänge auf russischen Friedhöfen“, Düsseldorf, 2006; „Sibirienreise – Die Lena“, Berlin, 2007; „Küssen auf Russisch“, Düsseldorf, 2007; „Der Baikal“, Berlin, 2009; „Tolstoi auf’m Klo“, Berlin, 2010; „Liebe – Macht – Passion. Berühmte russische Frauen“, Düsseldorf, 2010; „Die Wolga“, Berlin, 2011; „Russinnen ohne Russland“, Düsseldorf, 2012; „Florus und Laurus. Meine russischen Tiergeschichten“, Berlin, 2013; „Der Jenissei“, Berlin, 2014; „Zu Tisch bei Genies“, Düsseldorf, 2014; „Die Küche Sibiriens“, Berlin, 2016; „Am Anfang war die Frau“, Düsseldorf, 2016; „Kamtschatka – unterwegs in Russlands Fernem Osten“, Berlin 2017

Meine Babuschka..................................................................5
Babuschkas Hausmittel........................................................9
Geheimnisse der sibirischen Gesundheit..........................27
Meine Mutter und ihre Regeln für ein langes Leben......43
Glossar..................................................................................53

Meine Babuschka Schon als kleines Kind kam ich mit Naturheilkunde in Berührung. Meine Babuschka (Großmutter) war eine heilkundige Frau und Kräutersammlerin. Von meiner Urgroßmutter hatte sie viel über die Geheimnisse der Natur erfahren. Sie wusste, wann die Säfte in die Kräuter und in die Bäume steigen und welche Kräuter wann und wie anzuwenden sind. Ich habe wunderbare Erinnerungen an meine Kindheit. Einmal kam ein Igel zum Haus der Großmutter. Sie betrachtete ihn und seufzte. Am Rücken des Igels gab es eine eiternde Wunde, die bereits von Würmern befallen war. Unverzüglich begann die Großmutter mit der Behandlung. Zunächst zog sie vorsichtig die Würmer mit einer Pinzette heraus. Dann säuberte sie die Wunde und betupfte sie mit einer heilenden Flüssigkeit. Nach einiger Zeit hatte sich die Wunde geschlossen, sogar die Stacheln saßen alle wieder akkurat an ihrem Platz. Der Igel kam nun jeden Tag zum Haus der Großmutter, und ich beobachtete, dass er aus der einen Richtung kam und in die andere verschwand, als wollte er seine Spuren verwischen. Ich staunte – das kleine Tier hatte nicht die geringste Scheu, meine Babuschka um Hilfe zu bitten, als es sich in einer ausweglosen Lage befand. „Wie konnte der Igel wissen, dass in diesem Haus meine Babuschka lebt, eine so kluge Kräuterfrau?“, wunderte ich mich. Es gibt so viele Kindheitserinnerungen. Als ich die Masern hatte, war ich zu schwach um aufzustehen. Ich lag bewegungslos und hörte meine Großmutter neben mir beten. Sie hatte alles versucht, um mich gesund zu pflegen! Hatte meinen Körper eingerieben, meine Beine im Dampfbad mit heilkräftigen Kräutern behandelt, und viele Kräutertees hatte sie mir auch zu trinken gegeben. Irgendwann rührte ich mich wieder ein wenig. Da bereitete die Großmutter mein Lieblingsessen zu – Quarktaschen, mit einer Extraportion geschmolzener Butter. Der Duft, der durch das Haus zog, war unglaublich fein! Ich hielt der appetitlichen Verführung nicht stand, setzte mich vorsichtig im Bett auf, ja, machte sogar einige unsichere Schritte. Da kamen meine Eltern herein! Als meine Mutter mich sah, stimmte sie mein Lieblingslied „Barynja“ an, zu dem ich als Kind furchtbar gern tanzte: „Ach, ich stampfe mit dem einen Bein, und mit dem anderen hinterher! Auch wenn ich stampfe, will ich doch tanzen!“ Langsam wiegte ich mich im Rhythmus … Alle lächelten erleichtert. Sie ist wieder auf den Beinen! Welch ein Glück! Und auch das ist eine Erinnerung. In meiner Jugend erkrankte ich an einer Blasenentzündung. Die Babuschka war weit weg, so blieb mir nicht anderes übrig, als zum Arzt zu gehen. Seine Bemühungen waren, ehrlich gesagt, nicht besonders erfolgreich. Aber dann kamen die Ferien, und gleich am ersten Tag machte ich mich auf den Weg zur Großmutter. Dank ihr und ihren Kräutern wurde ich wieder gesund – ganz ohne Antibiotika. Ich muss hinzufügen, meine Großmutter war auch eine gute Psychologin. Sie sagte, dass jede Krankheit nicht nur eine Ansammlung von Symptomen ist, sondern auch von unserem psychischen und allgemeinen Zustand beeinflusst wird. Symptome treten auf, wenn wir uns nicht richtig zu uns selbst und zu unserer Umgebung verhalten. Der Organismus sendet dann Signale: Du musst etwas ändern, du musst dich womöglich selbst verändern, deine Haltung überdenken, die Beziehungen zu deinen Mitmenschen korrigieren. Während meiner Erkrankung und in der Genesungsphase gelang es meiner Babuschka, etwas in mir zu verändern. Zunächst einmal lernte ich „loszulassen“. Die Großmutter verstand unter diesem Loslassen, die Fähigkeit zu vergeben und alles Schlechte zu vergessen, sich nicht immer weiter damit zu belasten. Die zweite Erkenntnis war: Ich muss mutiger leben, das heißt, ich durfte den Kopf nicht einziehen, sondern musste mich selbst herausfordern, durfte nicht denken, dass alle Anstrengungen von vornherein zum Scheitern verurteilt seien. „Du musst in dich hineinhören“, sagte die Babuschka, „dann verstehst du, was du wirklich willst. Die größte und bitterste Lebensniederlage ist, wenn man seinem Traum nicht gefolgt ist.“ Nach diesen Sommerferien bei der Babuschka sagte ich mir: „Ich werde kämpfen, um zu erreichen, was ich will. Ich werde Mut haben. Dann werde ich auch nicht krank, das hat die Großmutter gesagt.“ Jahre vergingen. Ich wurde praktisch nie wieder krank. Ich fuhr nach Sibirien, wie ich es mir erträumt hatte, reiste viel und fand die wahre Liebe ... Ich verstand, warum die Babuschka gesagt hatte, es sei die Aufgabe des Heilkundigen, dafür zu sorgen, dass der Patient gesund wird. In alten Zeiten wurden die Heilkundigen in den ukrainischen und russischen Dörfern erst dann bezahlt, wenn der Patient gesund und kräftig war. Wurde er hingegen wieder krank, dann hatte der Heilkundige nicht sorgsam genug gearbeitet und das Geld nicht verdient. Auch heute ist es für die echten Heilkundigen weniger von Belang, eine konkrete Erkrankung zu behandeln. Vielmehr gilt es, die allgemeine Gesundheit wiederherzustellen. Meine Babuschka erklärte jedem, der ihre Hilfe suchte, dass eine Behandlung aussichtslos sei, wenn man nicht die Einstellung zu seiner Krankheit und zu sich selbst ändern würde. Körper, Seele und Verstand müssten gesund und in einem Zustand der Harmonie sein. Die Großmutter konnte am Pulsschlag ablesen, wie es um die Energie des Menschen bestellt war. Wenn diese Bilanz gestört war, muss sie wiederhergestellt werden, optimalerweise mit natürlichen Mitteln, da sonst Störungen im Organismus auftreten können. „Der Organismus weiß, wie er wieder ins Gleichgewicht kommt“, sagte Babuschka oft. Neben Anwendungen mit Kräutern und Pflanzen nutzte die Großmutter Massagen und eine Therapie mit verzwirbelten Zweigen von Beifuß, mit denen sie biologisch aktive Punkte am Körper des Patienten erwärmte. Aus selbst gesammelten und getrockneten Kräutern bereitete sie Tropfen zu, die die natürlichen Abwehrkräfte des Organismus stärkten. Sie kannte zwar nicht die Goethe-Worte, dass „die Natur das einzige Buch ist, das auf allen Blättern großen Inhalt bietet“, doch sie hätte sie ohne Zweifel bestätigt. Im Lauf der Zeit erwachte auch bei mir das Interesse an der Kräuterheilkunde und der volkstümlichen Medizin. Dieses Buch enthält nicht nur die erprobten Rezepte meiner Großmutter, die ihre Befähigung zur Kräuterfrau von ihrer Mutter übernommen hatte, sondern auch von vielen Heilkundigen der russischen Volksmedizin. Ich sammelte volkskundliche Rezepte in Sibirien, in Zentralasien, im Ural und in der Ukraine. Dann finden sich Berichte einfacher Menschen, die geheilt wurden. Diese Berichte habe ich unverändert übernommen. Wenn Hunderte volkstümliche Heiler ein und dasselbe Mittel verwenden, um Kranke zu behandeln, dann kann das Mittel nicht schlecht sein. Ob man den Ratschlägen folgen möchte oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Im Buch gibt es auch Rezepte der russischen Naturheilkunde, die ich in alten Folianten in Moskauer und Sankt-Petersburger Bibliotheken gefunden habe. Unsere Vorfahren begründeten die volkstümliche Heilkunde, indem sie Pflanzen verwendeten, die von Tieren gesucht wurden, wenn sie krank waren. Während die Menschen beobachteten, welche Pflanzen kranke, schwache oder verwundete Tiere bevorzugten, lernten sie selbst, Heilmittel in der Natur zu finden. Tiere wissen scheinbar instinktiv, welche Kräuter ihnen wann und wie helfen. So graben Bären Farnwurzeln aus. Fasane füttern ihre kranken Küken mit den Blättern des Storaxbaumes. Ein Tier, das von einer giftigen Schlange gebissen wurde, kaut Pfeifenwinden ... Lebendes wird von Lebendem geheilt, so hieß es früher. Die russische Naturheilkunde reicht weit in die Vergangenheit zurück. Die Natur war die erste Apotheke. Die Natur gibt uns zahlreiche wertvolle Ratschläge, und es wäre ein Fehler, sie nicht zu beachten. Die Geheimnisse von Jugendlichkeit, Langlebigkeit und Gesundheit im Alter liegen in uns selbst. In meiner Familie wurden alle sehr alt, beinahe hundert Jahre. Die einen oder anderen, die von der Großmutter die Liebe zur Heilkunde geerbt hatten, gingen in die Medizin: mein Vater war Arzt, meine Mutter Pharmazeutin. Doch neben der Schulmedizin begeisterten sich meine Eltern immer auch für die volkstümliche Heilkunde. Beispielhaft sei angeführt, wie heilkundige Frauen schwere Formen von Rheumatismus erfolgreich behandelten: Frische Regenwürmer ausgraben und in ein Einweckglas legen. Wodka dazu gießen, doch nicht zu viel Wodka verwenden, die Flüssigkeit darf die Würmer gerade nur bedecken. Das Glas mit Papier oder Folie fest verschließen und mit einer Schnur zubinden. Es muss nun einige Tage auf dem Fensterbrett in der Sonne stehen. Mit dem Sud die Stellen mit rheumatischen Schmerzen einreiben. Mindestens einmal am Tag anwenden, am besten abends vor dem Schlafengehen. In unserem ukrainischen Dorf gab es auch eine Knochenheilerin. Bei den Frauen im Dorf waren damals zwei Leiden weit verbreitet. Bei dem einen Leiden konnten sie die Arme nicht weiter als in Brusthöhe anheben, das zweite war der so genannte Hexenschuss, die Urmutter unseres heutigen Bandscheibenvorfalls. Die Behandlung war operativ und effektvoll. Der „Arzt“ war eine der wenigen Frauen, die Knochen und Wirbel richten konnten, das „Behandlungszimmer“ die besonders heiß aufgeheizte Sauna. Nachdem die Knochenheilerin Anzahl und Lage der Wirbel ertastet hatte, rückte sie sie an den richtigen Platz. Am Morgen fühlten sie die Frauen wie neugeboren und hatten keine Schmerzen mehr. Es gab eine Zeit, in der die Naturheilkunde in der Sowjetunion verteufelt und die Kräuterkundigen verfolgt wurden. Knochenheiler, heilkundige Männer und Kräuterfrauen übten ihre Heilkunst im Geheimen aus, wie meine Großmutter, die in einem kleinen, in den Weiten der ukrainischen Steppe verlorenen Dorf lebte. Bereits die Skythen, die diese Region im Altertum besiedelten, nutzten nach Herodot und Tacitus Kräuter zur Heilung von Krankheiten und kannten eigene Methoden zur Stärkung des Immunsystems und der Gesundheit von den ersten Lebenstagen an: Sie badeten die Neugeborenen im kalten Flusswasser. So gewöhnten sie sie bereits in den ersten Lebenstagen an die raue Umgebung und das harte Klima mit heißen Sommern und bitterkalten Wintern. Baden in kaltem Wasser und das Wälzen im Schnee nach jedem Saunagang – von Kindheit an und bis ins hohe Alter – haben sich bis heute erhalten. Verwiesen sei nur auf das Eisbaden im tiefsten Winter bei härtestem Frost. Und auch das Interesse an den heilkräftigen Eigenschaften von Pflanzen ist in der Ukraine und Russland ungebrochen. Meine Einführung möchte ich mit der Fortsetzung der kleinen Igel-Geschichte vom Anfang des Kapitels beenden: Die Großmutter hatte eine Katze. Im Frühling warf sie zwei Junge. Die Kleinen wohnten zunächst im Haus. Als es wärmer wurde, trug ich sie hinaus ins Freie und bereitete ihnen ein Lager im Hof. Einmal hörte ich, wie die Kätzchen aufgeregt miauten. Ich schaute aus dem Fenster und sah unseren Igel, der genüsslich aus der Katzenschüssel fraß. Die Katzenjungen waren aufgeregt, ihre Schwanzspitzen zeigten nach oben, ihr Miauen klang ungehalten und kläglich zugleich. Ich wollte mich nicht einmischen, die werden schon klar kommen, dachte ich. Und wirklich, sie kamen klar. Ich konnte mich immer wieder freuen: Die Katzenkinder und der Igel fraßen zusammen. Als ich die Gastfreundlichkeit meiner miauenden Zöglinge sah, stellte ich ein weiteres Schüsselchen auf. Der Sommer verging. Und Sie werden es kaum glauben: Im Herbst brachte der Igel sieben Igelkinder zu seiner Futterschüssel! Und die Katzen nahmen sie alle auf! Mir blieb nichts anderes übrig, als neue Schüsseln aufzustellen für eine so große Familie. Und nun schreibe ich diese Zeilen und mir scheint, ich höre dabei die leise, liebevolle Stimme meiner Babuschka. Ich sehe ihren Garten mit einer Fülle von heilkräftigen Pflanzen, mit einem riesigen Schneeballstrauch, mit dem Brunnen voller Quellwasser. Ich spüre den Abend durch die geöffneten Fenster. Der Flieder blüht. Die Großmutter erzählt mir ein Märchen. „In einem fernen Land, zu einer fernen Zeit ...“ beginnt es und endet: „Sie lebten sehr lange und starben am selben Tag.“ Und es gibt eine Fortsetzung: „Ihre hellen Seelen sitzen auf einem goldenen Flügel mit silbernen Federn, schauen einander an und können sich nicht satt sehen. Was kann ihnen der Tod anhaben, wenn die Liebe ewig ist!“ Ich wünsche Ihnen ein langes Leben! Seien Sie gesund und glücklich!

Meine BabuschkaSchon als kleines Kind kam ich mit Naturheilkunde in Berührung. Meine Babuschka (Großmutter) war eine heilkundige Frau und Kräutersammlerin. Von meiner Urgroßmutter hatte sie viel über die Geheimnisse der Natur erfahren. Sie wusste, wann die Säfte in die Kräuter und in die Bäume steigen und welche Kräuter wann und wie anzuwenden sind. Ich habe wunderbare Erinnerungen an meine Kindheit. Einmal kam ein Igel zum Haus der Großmutter. Sie betrachtete ihn und seufzte. Am Rücken des Igels gab es eine eiternde Wunde, die bereits von Würmern befallen war. Unverzüglich begann die Großmutter mit der Behandlung. Zunächst zog sie vorsichtig die Würmer mit einer Pinzette heraus. Dann säuberte sie die Wunde und betupfte sie mit einer heilenden Flüssigkeit. Nach einiger Zeit hatte sich die Wunde geschlossen, sogar die Stacheln saßen alle wieder akkurat an ihrem Platz. Der Igel kam nun jeden Tag zum Haus der Großmutter, und ich beobachtete, dass er aus der einen Richtung kam und in die andere verschwand, als wollte er seine Spuren verwischen. Ich staunte - das kleine Tier hatte nicht die geringste Scheu, meine Babuschka um Hilfe zu bitten, als es sich in einer ausweglosen Lage befand. "Wie konnte der Igel wissen, dass in diesem Haus meine Babuschka lebt, eine so kluge Kräuterfrau?", wunderte ich mich. Es gibt so viele Kindheitserinnerungen. Als ich die Masern hatte, war ich zu schwach um aufzustehen. Ich lag bewegungslos und hörte meine Großmutter neben mir beten. Sie hatte alles versucht, um mich gesund zu pflegen! Hatte meinen Körper eingerieben, meine Beine im Dampfbad mit heilkräftigen Kräutern behandelt, und viele Kräutertees hatte sie mir auch zu trinken gegeben. Irgendwann rührte ich mich wieder ein wenig. Da bereitete die Großmutter mein Lieblingsessen zu - Quarktaschen, mit einer Extraportion geschmolzener Butter. Der Duft, der durch das Haus zog, war unglaublich fein! Ich hielt der appetitlichen Verführung nicht stand, setzte mich vorsichtig im Bett auf, ja, machte sogar einige unsichere Schritte. Da kamen meine Eltern herein! Als meine Mutter mich sah, stimmte sie mein Lieblingslied "Barynja" an, zu dem ich als Kind furchtbar gern tanzte: "Ach, ich stampfe mit dem einen Bein, und mit dem anderen hinterher! Auch wenn ich stampfe, will ich doch tanzen!" Langsam wiegte ich mich im Rhythmus ... Alle lächelten erleichtert. Sie ist wieder auf den Beinen! Welch ein Glück! Und auch das ist eine Erinnerung. In meiner Jugend erkrankte ich an einer Blasenentzündung. Die Babuschka war weit weg, so blieb mir nicht anderes übrig, als zum Arzt zu gehen. Seine Bemühungen waren, ehrlich gesagt, nicht besonders erfolgreich. Aber dann kamen die Ferien, und gleich am ersten Tag machte ich mich auf den Weg zur Großmutter. Dank ihr und ihren Kräutern wurde ich wieder gesund - ganz ohne Antibiotika. Ich muss hinzufügen, meine Großmutter war auch eine gute Psychologin. Sie sagte, dass jede Krankheit nicht nur eine Ansammlung von Symptomen ist, sondern auch von unserem psychischen und allgemeinen Zustand beeinflusst wird. Symptome treten auf, wenn wir uns nicht richtig zu uns selbst und zu unserer Umgebung verhalten. Der Organismus sendet dann Signale: Du musst etwas ändern, du musst dich womöglich selbst verändern, deine Haltung überdenken, die Beziehungen zu deinen Mitmenschen korrigieren. Während meiner Erkrankung und in der Genesungsphase gelang es meiner Babuschka, etwas in mir zu verändern. Zunächst einmal lernte ich "loszulassen". Die Großmutter verstand unter diesem Loslassen, die Fähigkeit zu vergeben und alles Schlechte zu vergessen, sich nicht immer weiter damit zu belasten. Die zweite Erkenntnis war: Ich muss mutiger leben, das heißt, ich durfte den Kopf nicht einziehen, sondern musste mich selbst herausfordern, durfte nicht denken, dass alle Anstrengungen von vornherein zum Scheitern verurteilt seien. "Du musst in dich hineinhören", sagte die Babuschka, "dann verstehst du, was du wirklich willst. Die größte und bitterste

Erscheinungsdatum
Illustrationen Jana Kuschtewskaja
Zusatzinfo mit schwarz-weißen Abbildungen
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Maße 150 x 228 mm
Gewicht 260 g
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Krankheiten / Heilverfahren
Schlagworte Augüsse • Essenzen • Hausmittel • Heilkraft der Natur • Heilkundige • Naturheilkunde • Organismusstärkung • Sibirien • Sude
ISBN-10 3-932916-69-7 / 3932916697
ISBN-13 978-3-932916-69-4 / 9783932916694
Zustand Neuware
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