Dreizehn Arten das Stottern zu betrachten

Rede auf dem 10. Weltkongress der Stotternden 2013 in den Niederlanden

(Autor)

Buch | Hardcover
106 Seiten
2016
Stottern & Selbsthilfe (Verlag)
978-3-921897-84-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dreizehn Arten das Stottern zu betrachten - David Mitchell
15,50 inkl. MwSt
David Mitchell auf dem 10. ISA (International Stuttering Association)
Weltkongress 2013 in Lunteren/Niederlande
Der britische Schriftsteller David Mitchell hielt auf dem ISA Weltkongress 2013 in Lunteren/Niederlande eine vielbeachtete Rede. Mit einem Hinweis auf das Gedicht von Wallace Stevens „Dreizehn Arten eine Amsel zu betrachten“ und in Anlehnung an seinen eigenen Roman „Der dreizehnte Monat“, gab er seiner Rede den Titel „Dreizehn Arten das Stottern zu betrachten“.
Rede auf dem 10. Weltkongress der Stotternden 2013 in den Niederlanden

Mit seiner differenzierten Art und der Einbeziehung unterschiedlichster Sichtweisen auf das Stottern trifft David Mitchell sehr genau die Gefühlswelten Stotternder. Stottern ist für Mitchell ein Fluch, ein Hemmschuh oder ein Erniedriger, aber auch eine Herausforderung, eine Brücke oder gar ein Geschenk.
Nach bisherigen Erfahrungen mit dem Lesen der Rede hört man von Stotternden häufig den Satz: „So habe ich mein Stottern bisher noch gar nicht gesehen.“
In der Rede bezieht sich Mitchell auf Wallace Stevens’ Gedicht „13 Arten eine Amsel zu betrachten“ und auf seinen eigenen Roman „Der dreizehnte Monat“.

David Mitchell wurde 1969 in Southport, Lancaster, geboren. Er wuchs in Malvern (Worcestershire) als Kind zweier künstlerisch tätiger Eltern auf. Später studierte er an der University of Kent in Canterbury Englisch und Amerikanische Literatur und erwarb einen M. A. in Komparatistik (Literaturwissenschaft). Anschließend verbrachte Mitchell ein prägendes Jahr als Englischlehrer auf Sizilien. Darauf übersiedelte er nach Japan, wo er seine Lehrtätigkeit an der Universität Hiroshima sechs Jahre lang weiterführte. Gegenwärtig lebt Mitchell im irischen Clonakilty, County Cork, mit seiner Frau Keiko; das Paar hat zwei Kinder. Werk Mitchell veröffentlichte seinen ersten Roman „Ghostwritten“ 1999 (2004 auf Deutsch unter dem Titel „Chaos“ erschienen). Charakteristisch für seine Bücher wurde die Aufspaltung einer Erzählung in mehrere Fragmente, die verschiedene Sichtweisen auf ein gleichbleibendes Thema ermöglichen. Gut erkennbar ist dies unter anderem in seinem bekanntesten Werk „Cloud Atlas“ (auf Deutsch unter dem Titel „Der Wolkenatlas“), das sechs Handlungsstränge aufweist, die alle eine eigene literarische Form besitzen und so ganz unterschiedliche Ansichten auf die gleichbleibenden Grundthemen ermöglichen. „Cloud Atlas“ diente als Vorlage für den gleichnamigen Film von Tom Tykwer und den Wachowski-Geschwistern aus dem Jahre 2012. David Mitchell stottert seit seiner Kindheit. In seinem 2006 erschienenen halbbiografischen Roman „Der dreizehnte Monat“ verarbeitet er sein Stottern, in dem sich ein dreizehnjähriger Junge nicht nur mit dem Erwachsenwerden, sondern vor allem mit seiner Sprechstörung auseinandersetzen muss. Mitchell ist ein Förderer der British Stammering Association (Britische Stotterer Selbsthilfe Organisation) und äußerte sich sehr positiv über „The King’s Speech“ von 2010, der sich als erster Film überhaupt umfänglich und vorurteilslos mit der Thematik auseinandersetzt und aufzeigt, welchen Einfluss das Stottern auf das Leben einer betroffenen Person haben kann.

Marion Stelter (Illustrationen) ist Dipl. Kommunikations-Designerin und Soziotherapeutin Kunst HIGW. Sie ist selbst Stotternde und seit 1989 Mitglied der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V. Seit 2006 ist sie verantwortlich für die Schriftleitung und die Gestaltung der Leserzeitschrift ‘Der Kieselstein’ – Forum der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe. Im Demosthenes-Verlag veröffentlichte sie bisher drei Bücher: - Stottern – Oft wussten wir nicht weiter (2014) Eltern stotternder Kinder berichten von ihren Erfahrungen - Fritzi und Wolle (2014) Ein Bilderbuch für Kinder von 3 bis 6 Jahren - - Das Stottern hat immer eine Rolle gespielt (2015) Stotternde Menschen erzählen aus dem Arbeitsleben

Inhaltsverzeichnis
1. A stammer can be looked upon as a curse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
1. Stottern kann man als einen Fluch betrachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2. A stammer is an inhibitor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2. Stottern ist ein Hemmschuh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3. A stammer can be a source of self-loathing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3. Stottern kann eine Quelle für Selbsthass sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
4. A stammer is a humiliator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4. Stottern ist ein Erniedriger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
5. A stammer can be a guilty secret . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
5. Stottern kann auch ein böses Geheimnis sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
6. Stammering is a mystery . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
6. Stottern ist ein Buch mit sieben Siegeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
7. Stammering is a political issue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
7. Stottern ist ein politisches Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
8. A stammer is a course in practical linguistics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
8. Stottern ist ein Kurs in praktischer Linguistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
9. A stammer is an empathy generator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
9. Stottern erzeugt Einfühlungsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
10. A stammer is a challenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
10. Stottern ist eine Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
11. A stammer is not an enemy, but a part of yourself . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
11. Stottern ist nicht Dein Feind, sondern ein Teil von Dir . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
12. A stammer is a bridge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
12. Das Stottern ist eine Brücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
13. A gift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
13. Ein Geschenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

Rezensionen und Meinungen

aus: Der Tagesspiegel, 26.11.2016

David Mitchells Essay über das Stottern
Das Geschenk des Fluchs
Stottern als linguistisches Kreativitätstraining: Der englische Romancier
David Mitchell erzählt, wie er mit dem Sprechen umzugehen lernte.

Auf der Liste der Behinderungen, die den Zugang zum gesellschaftlichen Leben erschweren, rangiert das Stottern auf den hinteren Plätzen. Es mag Karrieren frühzeitig zerstört und Liebesglück im Keim erstickt haben, doch es gilt auch denen, die darunter leiden, als Herausforderung, die gerade durch ihre Launen weniger kalkulierbar ist als etwa Blindheit. David Mitchell, 1969 in Southport, Lancaster, geboren, ist Englands berühmtester Stotterer. Schon in seinem halb autobiografischen Roman „Der dreizehnte Monat“, acht Jahre vor seinem Welterfolg „Der Wolkenatlas“ (2004), blickte er darauf zurück, was es für einen 13-Jährigen heißt, sich in den Kampf mit der eigenen Sprechflüssigkeit zu stürzen.
In einer Rede auf dem Weltkongress der International Stuttering Association 2013 verdichtet er seine Erfahrungen noch einmal zu einem Essay, der nun, reich illustriert und in orangefarbenes Leinen gebunden, in geradezu anthropologische Dimensionen vorstößt. Vom „Fluch“ zum „Geschenk“, vom Schamgefühl des Kindes zum Stolz des Erwachsenen, der sich als „nicht-stotternden Stotterer“ begreift, nachdem er es endlich aufgegeben hat, sein Problem als „Krebsgeschwür“ anzusehen, „das mit einer Chemotherapie namens Willenskraft bombardiert“ werden muss, zeichnet er seinen Weg zu einem neuen Selbstbewusstsein nach. Die 13 Stationen orientieren sich an den Abschnitten von Wallace Stevens’ berühmtem Gedicht „Thirteen Ways of Looking at a Blackbird“. Dieser Weg verläuft linear und zyklisch zugleich. Immer wieder führt er an den Ausgangspunkt zurück, mit allen Aussprachetricks, eingeübten Ersatzwörtern und Ad-hoc-Synonymen, die ihm zusehends eleganter über die Barriere helfen, sobald sie in Erscheinung tritt. Stottern als linguistisches Kreativitätstraining. Mitchell übertreibt auch nicht, wenn er im neurologischen Mysterium einen Empathiemotor entdeckt und etwas Verbindendes zwischen Menschen, die einander sonst nie begegnet wären. Eine hinreißende Handreichung für Stotterer und – man kann es nicht anders sagen – für alle, die es nun werden wollen.

Gregor Dotzauer
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aus: Der Kieselstein - Forum der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V.
39. Jahrgang - Heft 1 – Februar 2017

„Stottern ist …“ – Dreizehn Facetten einer Sprechstörung

Im Demosthenes Verlag neu erschienen ist im Oktober 2016 David Mitchells Buch Dreizehn Arten das Stottern zu betrachten. Der Text beruht auf einer Rede, die Mitchell 2013 auf dem Weltkongress der International Stuttering Association (ISA) in Lunteren (Niederlande) hielt. Das Buch druckt den Vortragstext zweisprachig, in Englisch und Deutsch ab. Übersetzt ist die Rede von Stefan Hoffmann und illustriert von Marion Stelter. Der Autor, ein 1969 geborener britischer, seit seiner Kindheit selbst stotternder renommierter Schriftsteller beantwortet darin in dreizehn Kapiteln die Frage, was alles Stottern für ihn persönlich bedeutet. Seine dreizehn Antworten lauten in Schlagwörtern, die alle den Kapitelüberschriften des Buchs entnommen sind: Stottern ist ein „Fluch“, ein „Hemmschuh“, eine „Quelle für Selbsthass“, ein „Erniedriger“, ein „Geheimnis“, ein „Buch mit sieben Siegeln“, ein „politisches Thema“, ein „Kurs in praktischer Linguistik“, ein Generierungsmoment für „Empathie“, eine „Herausforderung“, ein „Feind“ nicht, sondern ein „Teil“ von einem selbst, eine „Brücke“ und ein „Geschenk“. Mitchell schreibt vorneweg, er habe die dreizehn Kapitel seines Textes „in einer Art vom »Dunklen-ins-Helle«-Reihenfolge sortiert“, und tatsächlich kommen darin typische, mit dem Stottern verbundene herausfordernde und schwierige ebenso wie hoffnungsvolle und lichte Momente zur Sprache. Marion Stelters stark mit Buchstaben und einfachen gegenständlichen Formen arbeitende Bildcollagen haben sich einfühlsam gleichfalls an dieser Reihenfolge orientiert. Beginnen sie im ersten Kapitel mit dominantem Schwarz und darauf folgenden kühlen Grün-, Grau- und Blautönen, so bestimmen am Ende, im letzten Kapitel hellere und warme, an Sommer und Sonne gemahnende Farben, vor allem Orange, Rot und Gelb die Illustrationen. Der Text bringt in pointierter und gekonnter Form Erfahrungen zur Sprache, die vielen stotternden Menschen bekannt sind: so die Hilflosigkeit gegenüber Sprechblockaden oder angesichts der noch immer weitgehend fehlenden eindeutigen wissenschaftlichen Bestimmung der Ursachen des Stotterns. Mitchells Rede vermittelt, dass hier jemand spricht und schreibt, der das Phänomen Stottern sowie alle seine individuellen und sozialen Begleiterscheinungen nicht nur aus eigenen Erfahrungen kennt, sondern der auch einen versöhnlichen Umgang damit gefunden hat, durch den ihm ein relativ freies Sprechen möglich wird. So heißt es in einer kurzen Einleitung: „Glaubt mir, mein dreizehnjähriges stotterndes Ich hätte nie geglaubt, dass ich als Vierundvierzigjähriger in den Niederlanden ein Gedicht vor 200 Zuhörern vortragen würde.“ (S. 21) Doch genau diese Hürde hat Mitchell mit seinem Vortrag genommen, dessen dreizehnteilige Gliederung inspiriert ist von Wallace Stevens Gedicht „Thirteen Ways of Looking at a Blackbird“ („Dreizehn Arten eine Amsel zu betrachten“) – ein Text, den Mitchell zu Beginn rezitiert. Die Entwicklung, die dem Vermögen zur Überwindung der typischen, mit dem Stottern einhergehenden Sprechangst vorausliegt, beschreibt der Autor an späterer Stelle folgendermaßen: „Heutzutage sehe ich mein Stottern als einen Untermieter in meinem Haus. Ein Rausschmiss würde nicht funktionieren, der Untermieter hat ein Wohnrecht und auch noch einen schwarzen Gürtel in Karate. Aber wenn ich den Untermieter mit Respekt behandele oder – noch besser – mit Zuneigung und Humor, dann gibt er mir Respekt zurück und erlaubt mir, Reden zu halten wie diese […], ohne meine Sprache zu sehr oder zu oft zu blockieren.“ (S. 84) Nach derzeitigem Wissensstand ist das Stottern Erwachsener in der Regel nicht heilbar, dass es aber beeinflussbar ist, dass man mit ihm freundlicher umzugehen lernen kann, das zeigt Mitchells Vortrag auf eindrückliche Weise und bildet seine lichten Momente. Für stotternde Menschen beschreibt das Buch also einen von vielen möglichen Wegen, wie man zu einem unbelasteteren stotternden Sprechen finden kann; nicht-stotternden Menschen kann es vermitteln, welche Gefühle mit dem Stottern oft und typischerweise einhergehen. Nicht jeder wird sein Stottern als ein „Geschenk“ betrachten können, wie Mitchell es im letzten Kapitel von einem Zuhörer berichtet, der ihn nach seinem Vortrag in Holland ansprach. Doch diese mit einem orangefarbenen Leineneinband und den Illustrationen rundum liebevoll gestaltete Neuerscheinung eignet sich ganz hervorragend zum Verschenken.

Dr. Phil. Filippo Smerilli, Berlin
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aus: Forum Logopädie
31. Jahrgang, Heft 5, September 2017

... Ich empfehle dieses Buch Therapeuten und Fachpersonal, die mit Stotternden zusammen arbeiten, da sie durch die Lektüre einen seltenen tiefen Einblick in die komplexe Gefühlswelt eines Menschen bekommen, der bereit ist, sein Erlebtes wortgewandt und pointiert mit anderen zu teilen. Ebenso empfehle ich es jugendlichen und erwachsenen Patienten, da sie in Mitchell ein Vorbild und einen Mutmacher finden können, ohne dass er die oft anstrengenden und frustrierenden Seiten, die das Stottern mit sich bringt, außer Acht lässt.

Julia Nieslony, Köln
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Lesermeinung
An die Illustratorin Marion Stelter

„Die von Dir verwendete Collage-Technik bringt das eigentümlich „Verrückte", im Sinn von "Neben-sich-stehen“, des Stotterns auf eine besondere Art und Weise zum Ausdruck!
Darüber hinaus strahlt für mich das Spielerische, das in die Darstellung eingegangen ist, viel Lebenslust aus.
Ich hoffe sehr, das Deine Botschaften, die Du damit verbindest, viele stotternde Menschen erreichen.“

Jürgen Kaulfuß, Berlin

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aus: Praxis Sprache, 66. Jahrgang, Juli 2021 - Fachzeitschrift für Sprachheilpädagogik, Sprachtherapie und Sprachförderung

…Zuerst kommen in seiner Rede mit dem Stottern verbundene schwierige Momente zur Sprache, die Mitchell in einer Art von Dunkeln-ins-Helle-Reihenfolge sortiert hat. So wandelt sich die schwere Last des Stotterns in eine Herausforderung, wird zu einer Brücke und schließlich zu einem Geschenk.

Das Buch ist reich illustriert von Marion Stelter, die mit ihren Bildcollagen, bestehend aus einfachen gegenständlichen Formen in Verbindung mit einprägsamen Worten, die 13 Stationen künstlerisch begleitet. In orangefarbenes Leinen gebunden und leuchtend blau beschriftet ist das Buch sehr edel und ansprechend gestaltet. Die Rede ist zweisprachig, in Englisch und Deutsch gedruckt.

Ich empfehle dieses Buch allen stotternden Jugendlichen, da sehr offen von Mitchell die belastenden Seiten des Stotterns angesprochen werden und der Umgang Mitchells mit seinem Stottern Vorbild und Mutmacher zugleich sein kann. Ebenso empfehle ich dieses Buch allen, die mit stotternden Menschen zusammen arbeiten, da sie einen tiefen Einblick in ihre Gefühls- und Erlebniswelt bekommen.

Isolde Vonhausen, München

Ist das nicht schön? Glaubt mir, mein dreizehnjähriges stotterndes Ich hätte nie geglaubt, dass ich als Vierundvierzigjähriger in den Niederlanden ein Gedicht vor 200 Zuhörern vortragen würde. (Ich würde es gerne anrufen, um ihm diese gute Nachricht auszurichten, aber ich habe seine Nummer nicht und aus irgendwelchen Gründen nutzt es auch keine Email.) Für meine Rede hatte ich mir vorgenommen, dem Beispiel von Wallace Stevens zu folgen und dreizehn mögliche Ansichten zum Thema Stottern zu erörtern. Zuerst befürchtete ich, dass ich gar nicht auf dreizehn kommen würde, aber bei der Suche merkte ich, dass die verschiedenen Aspekte sich doch nach und nach ergaben. Ich habe sie in einer Art vom „Dunklen-ins-Helle“-Reihenfolge sortiert. Wenn sich also die ersten ein wenig trostlos anhören sollten, keine Sorge, es wird auf jeden Fall besser...

6. Stottern ist ein Buch mit sieben Siegeln. Ist Stottern genetisch bedingt? Nun, wie könnte es nicht so sein, denn es wird ja wohl kaum durch Bakterien oder Viren verursacht, oder? Und viel zu viele von uns kommen aus behüteten Elternhäusern, so dass Stottern auch eher nicht generell auf Traumata oder körperliche Misshandlungen zurückgeführt werden kann, oder sehe ich das falsch? Die Überlegungen aus den 1960er Jahren, dass Stottern im Gehör der Eltern beginnt, verrotten inzwischen auf der Müllhalde der hinfälligen Ideen, genau wie die einst respektierten Lehren der Phrenologie (Schädelkunde) und Eugenik. Wenn Stottern tatsächlich nur eine Frage von fehlerhaften Nervenverbindungen ist, wie kann es dann sein, dass so viele von uns für eine ganze Weile in der Kindheit flüssig sprechen und dann mit sechs, sieben oder acht Jahren diese Fähigkeit verlieren? Aber wie kann das Stottern gleichzeitig kein neurologisches Phänomen sein, wenn es nicht ausschließlich ein muskuläres ist? Wenn es mit dem Nervensystem zu tun hat, können bei uns dann die getrennten Synapsen wieder verbunden werden so wie bei Überlebenden eines Schlaganfalls? Ist es genau das, was passiert, wenn ein Stotternder sein Stottern „überwindet“ und er dann fähig wird, so zu sprechen wie ein Sportkommentator beim WM-Finale? Gibt es eine Verbindung zwischen Stottern und Krankheitsbildern aus dem autistischen Bereich? Könnten beide entfernte Verwandte sein? Falls Stottern genetisch bedingt ist, welche Faktoren lassen das „Stotter-Gen“ aktiv werden? Was geht vor sich, wenn nicht-stotternde Eltern ein stotterndes Kind bekommen? Warum ist das Stottern so unberechenbar? Warum kommen und gehen Blocks so ohne jede Regel? Wie können sie sich anscheinend vor Sprachtherapeuten „verstecken“? Falls Stottern mit Stress zu tun hätte, wie konnte es sein, dass ein Stotternder wie König Karl I. von England, so wird berichtet, bei einer Gerichtsverhandlung einen Freispruch erreicht hat, auf der eigentlich über seine Hinrichtung entschieden werden sollte? (Er wurde letztendlich doch geköpft ...) Warum stottern die meisten von uns nicht, wenn wir zu Hunden, Pflanzen oder zu uns selbst sprechen? Warum stottern wir nicht beim Singen? Warum wechseln die „schweren“ Buchstaben von Zeit zu Zeit? Warum hat der Wortrest anscheinend einen Einfluss darauf, ob ich am Beginn des Wortes blockiere oder nicht? Also konkret, warum habe ich Schwierigkeiten mit dem Namen des amerikanischen Flusses „Shenandoah“, aber ich kann den Namen der Erzählerin der „Märchen aus von 1001 Nacht“ aussprechen, „Scheherazade“ nämlich, oder den der polnischen Stadt „Szczecin“? Warum kann ich „Kapitän“ problemlos sagen, aber nicht „Karola“? „Sitzen“, aber nicht „City“? Warum helfen manche Stottertherapien dem einen Betroffenen, aber nicht dem anderen? Und selbst, wenn die Therapie wirkt, wirkt sie dann tatsächlich für immer oder ist ein Rückfall unausweichlich, was wiederum dem gestressten Stotterer das zusätzlich negative Gefühl gibt, in die alten schlechten Angewohnheiten zurückgefallen zu sein? Warum kann das Bewusstsein, dass dein Gesprächspartner auch ein Betroffener ist, die Schwere deiner eigenen Symptome beeinflussen? Kann man die Schwere von Stottersymptomen objektiv messen, so wie die Richterskala die Erdbeben misst, oder sogar etwas anschaulicher, wie die Beaufort-Skala die Windstärke? Als ein Schriftsteller unter Fachleuten fühle ich mich manchmal wie ein ungewaschener Verwandter vom Land bei einer eleganten Hochzeit in der Stadt: Ich kann alle Fragen stellen, ohne dass ich die Antworten haben muss. Wie es auch sei, wenn Ihr Fachleute weiter an diesen Fragen arbeitet, seid Ihr auf alle Fälle auf dem nächsten Kongress sehr willkommen.

Erscheinungsdatum
Illustrationen Marion Stelter
Übersetzer Stefan Hoffmann
Zusatzinfo 26 farbige Abbindungen zu den 13 Kapiteln in englischer Sprache und den 13 Kapiteln in deutscher Sprache
Verlagsort Köln
Sprache englisch; deutsch
Maße 190 x 148 mm
Gewicht 290 g
Einbandart Leinen
Themenwelt Literatur Zweisprachige Ausgaben Deutsch / Englisch
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie
Medizin / Pharmazie
Schlagworte Belletristik und verwandte Gebiete • Biografisch • Englisch; Zweisprachige Lektüre • Fluch • Geschenk • Mitchell, David • Selbsthilfe • Sichtweisen • Stotterer • Stottern • Stottern; Erfahrungsberichte • Stottertherapie • Therapie • Weltkongress Stottern 2013 • Zukunft
ISBN-10 3-921897-84-X / 392189784X
ISBN-13 978-3-921897-84-3 / 9783921897843
Zustand Neuware
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