Das Grundgesetz. Verständlich erklärt (eBook)

Reclams Universal-Bibliothek

Alexander Thiele (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
200 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-962191-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Grundgesetz. Verständlich erklärt -
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Was ist der Unterschied zwischen Freiheits- und Gleichheitsrechten? Wie funktioniert eine Grundrechtsprüfung? Warum können Grundrechte eingeschränkt werden? Welche Rolle haben die Parteien? Was passiert im Verteidigungsfall? Was ist die Ewigkeitsklausel? Diese und viele andere Fragen erläutert Alexander Thiele im Durchgang durch die 14 Abschnitte des Grundgesetzes ausführlich und leicht verständlich:  Für Schülerinnen und Schüler, für Studienanfänger der Politik- und Rechtswissenschaften, für alle an Verfassungsfragen interessierten Bürgerinnen und Bürger.

Alexander Thiele ist Professor für Staatstheorie und Öffentliches Recht, insbesondere Staats- und Europarecht, an der BSP Business & Law School in Berlin. Zahlreiche fachwissenschaftliche Veröffentlichungen sowie Diskussionsbeiträge in den Sozialen Medien (Twitter, Instagram,Verfassungsblog).   Jagoda Marini? ist Schriftstellerin und Kolumnistin. Sie leitet das Interkulturelle Zentrum Heidelberg und moderiert den Podcast »FREIHEIT DELUXE« (hr 2 Kultur).

Alexander Thiele ist Professor für Staatstheorie und Öffentliches Recht, insbesondere Staats- und Europarecht, an der BSP Business & Law School in Berlin. Zahlreiche fachwissenschaftliche Veröffentlichungen sowie Diskussionsbeiträge in den Sozialen Medien (Twitter, Instagram,Verfassungsblog).   Jagoda Marinić ist Schriftstellerin und Kolumnistin. Sie leitet das Interkulturelle Zentrum Heidelberg und moderiert den Podcast »FREIHEIT DELUXE« (hr 2 Kultur).

Geleitwort


Von Jagoda Marinić

Achtung, das hier ist eine Liebeserklärung an die deutsche Verfassung. Ich werde versuchen, den Boden des Sachlichen dennoch nicht zu verlassen. Ich weiß, ich müsste an dieser Stelle korrekterweise Grundgesetz schreiben, doch das Grundgesetz erfüllt nun einmal in unserem Staat die Funktion der Verfassung. »Demokratie made in Bonn«, wie der Slogan einer Kampagne heißt, die 2023/24 das 75-jährige Jubiläum des deutschen Grundgesetzes feiert. So etwas mag manchen vorkommen wie ein pflichtschuldiger Staatsakt, eine verstaubte Feierlichkeit, aber wer sich mit der Geschichte dieses Landes auskennt, wer über die Geburtsstunde des Grundgesetzes liest, welches nach der Niederlage der Nazis entstand, für den wird dieses Grundgesetz und seine Geschichte zu einer emotional aufgeladenen Erfolgsgeschichte. Es bewegt einen nicht nur die Tragik der Vergangenheit, weil in Deutschland vorhergehende Verfassungen dergestalt gescheitert sind, dass Hitlers Unrechtsstaat und die Gräuel der Nazis möglich wurden, es berührt auch, wie es den Gründervätern und Gründermüttern mit dem Grundgesetz gelungen ist, ein Werk zu schaffen, das inzwischen über sieben Jahrzehnte Demokratie möglich gemacht hat, die deutsche Einheit mitermöglicht und überstanden hat, auch wenn es sicher besser gewesen wäre, man hätte diesen Moment der Einheit genutzt, um das Grundgesetz, das nur der deutschen Teilung wegen überhaupt als Provisorium behandelt wurde, als gesamtdeutsche Verfassung demokratisch anzunehmen, aber das ist eine andere Debatte.

Sicher gilt, dass dieses deutsche Grundgesetz von herausragender Qualität ist und für zahlreiche Länder zum Vorbild wurde. Sie regelt das demokratische Miteinander, sichert Bürgerinnen und Bürgern Grundrechte und geht doch auf gesellschaftliche Entwicklungen ein. Ich schreibe das Geleitwort für diese Ausgabe heute als Deutsche, meine Eltern waren noch Einwanderer ohne jegliche Bürgerrechte, die auf die Gunst des Gastgeberlandes angewiesen waren. Die Stimmung, in der die Ausländer von damals lebten, lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Heute ist man Geduldeter, morgen vielleicht schon Heimgesandter. Die Bundesrepublik Deutschland war, nachdem sie in den 1950er und 60er Jahren Gastarbeiter gerufen hatte, selbst Jahrzehnte später nicht bereit, ihren Arbeitern Bürgerrechte zu gewähren; selbst was das kommunale Wahlrecht betraf, blieb man in Deutschland restriktiv, Debatten um rechtliche Grundlagen für die politische Partizipation von Migranten in Deutschland verliefen selten zugunsten der Einwanderer. Noch 1990 kam das Bundesverfassungsgericht zum Urteil, Ausländer dürften kein kommunales Wahlrecht haben. Gleichzeitig schreibe ich heute dieses Geleitwort als Deutsche, weil es inzwischen zu einem Einbürgerungsgesetz kam, das dem Blutrecht ein Ende setzte, die Idee eines Deutschseins löste sich vom Blutrecht ab, öffnete sich, und es entstand eine Gesetzgebung, die der Lebensrealität der in Deutschland geborenen Kinder von Einwanderern gerecht wurde. In dem Moment, in dem ich die Einbürgerungsurkunde in den Händen hielt und Bürgerin dieses Landes wurde, endete das Warten und damit das Gefühl von Rechtlosigkeit, in der viele Einwanderer in Deutschland gelebt hatten. Wer in Deutschland geboren wurde, war Deutscher, auch doppelte Staatsbürgerschaften wurden für manche möglich, das Einbezogenwerden führte dazu, sich der Rechte und Pflichten bewusst zu werden: Man ist Teil einer demokratischen Grundordnung und hat damit die Freiheit, Verantwortung zu übernehmen und die Demokratie, in der man lebt, mitzugestalten. Nicht zufällig träumen Rechtsextreme oft davon, diese Rechte rückabzuwickeln, nach dem Motto: Was wir euch gaben, können wir euch nehmen! Doch die Verfassung, ihre Freiheitsrechte sowie ihre Fähigkeit, die Gleichheitsrechte in die Gegenwart eines Einwanderungslandes zu übersetzen, hat für viele Menschen in diesem Land ihr Leben von Grund auf verändert. Sie leben hier im Bewusstsein, Deutsche zu sein und nicht Gäste. Noch immer leben zu viele Menschen ohne deutschen Pass und somit Wahlrecht hier, doch gleichzeitig steht eines der progressivsten Einbürgerungsrechte in Aussicht, das es in Zukunft noch mehr Menschen in diesem Land einfacher machen wird, deutscher Staatsbürger zu sein und die Vorzüge dieses Grundgesetzes zu genießen, was auch bedeutet: eine demokratische Staatsbürgerin zu sein, die sich in die politischen Prozesse ihres Landes einmischt und sich für sie interessiert. Ein Schritt, nicht mehr Politik für Eingewanderte zu machen, sondern mit ihnen.

Diese Entwicklung ist nur ein Beispiel von vielen, weshalb ich mich als Verfassungspatriotin verstehe. Es war das Grundgesetz, das mich zu Beginn meines Studiums von vielen zähen Identitätsfragen befreite, die in Deutschland öffentlich diskutiert wurden. Ich war nicht mehr von der Akzeptanz und Gunst einiger abhängig, es gab Rechte, die auch für mich gelten, und mein Hiersein hing nicht mehr davon ab, ob Einzelpersonen das wünschen oder nicht. Ich bin aufgewachsen mit aufgeheizten Debatten über Integration, mit den tödlichen Anschlägen auf Asylbewerberheime, die nicht zu mehr Schutz für Asylbewerber führten, sondern zur Verschärfung des Asylrechts, was mich manchmal am Rechtsstaat verzweifeln ließ. Die Debatten darüber, ob Deutschland eine Leitkultur braucht, kehrten so sicher wieder wie das immergleiche Lied einer Drehorgel auf dem Jahrmarkt. Das lebendige Orchester, das eine Demokratie sein kann, kam so nicht zum Klingen. Viele Politiker und Intellektuelle entgegneten auf diese einfallslosen Leitkultur-Vorschläge immer wieder mit Recht, es gäbe in diesem Land bereits eine Leitkultur, das deutsche Grundgesetz. Das Grundgesetz eigne sich nicht für Emotionen, bekamen sie daraufhin zu hören, es bestünde aus trockenen Gesetzestexten, an so etwas könne sich niemand emotional binden.

Das stimmt jedoch nur für jene, denen das Privileg einer demokratischen Verfassung nicht bewusst ist, deren Lebensgestaltung nie bewusst von diesem »trockenen Gesetzestext« und dessen Auslegung abhing, die nie zittern mussten, ob am nächsten Morgen beim Schalter der Ausländerbehörde der Stempel gesetzt wird. Wer vor seinem Besuch bei einer Behörde Paragrafen studieren muss, um zu sehen, ob der weitere Aufenthalt im Land genehmigt wird, für den ist das Grundgesetz kein trockener Text, sondern ein zentraler Anker, auf den er sich beziehen kann und der einen vor möglicher Willkür schützt. Wer eingebürgert wurde und somit endlich alle Bürgerrechte in diesem Land genießt, einschließlich des Wahlrechts, wird das Grundgesetz nicht als trockenen Text lesen, sondern als Voraussetzung für ein Gefühl von Sicherheit, als rechtliche Grundlage für Planbarkeit des eigenen Lebens, man nennt es auch Selbstbestimmung. Die weitere Ausgestaltung seines Lebens hängt nicht mehr von Stempeln ab, man lebt im Genuss von Freiheitsrechten, und im besten Fall verteidigt man dieselben auch, wenn sie angegriffen werden. Es ist gerade die Trockenheit, die Sachlichkeit, die Ausdifferenziertheit der Texte, die einem in aufgewühlten Zeiten Hoffnung geben, dass die Menschheit doch imstande ist, etwas Zivilisiertes zustande zu bringen, das dem Einzelnen dient, jenseits von aufgeheizten Debatten und Befindlichkeiten.

Das Grundgesetz zu lesen, sich über Bürgerrechte zu informieren, die Spielregeln der staatlichen Institutionen kennenzulernen ist eben nicht nur Algebra. Am Ende der Gleichung stehen die Spielregeln, die den Alltag der Einzelnen, aber auch der Gesellschaft bestimmen. Wir leben in Zeiten, in denen in einem Land wie den USA, die lange als Mutterland der Freiheit gelten wollten, Freiheitsrechte rückabgewickelt werden, beispielsweise in Belangen der körperlichen Selbstbestimmung von Frauen. »Plötzlich« wollen einige US-Staaten weibliche Körper wieder kontrollieren, eine Menstruations-App auf dem Handy könnte für junge Mädchen zur Falle werden, weil Abtreibungen verboten und eine Schwangerschaft durch eine solche App an die Behörden übermittelt werden könnte. Keines unserer Grundrechte darf uns als demokratischen Bürgerinnen und Bürgern selbstverständlich sein, in dem Sinn, dass wir sie nicht für eine Errungenschaft halten. Vielmehr sind wir aufgefordert, die Kräfte im Blick zu behalten, die gegen Freiheitsrechte sind und lieber ihre Macht absichern wollen, oft zum Leidwesen von Minderheiten oder Frauen. Eine Demokratie braucht kontinuierlich den kritischen, fortschrittlichen Blick ihrer Bürgerinnen und Bürger: Wie ist dieses Gesetz auf die heutige Realität anwendbar? Sie braucht jedoch ebenso den schützenden Blick: Grundrechte sind Grundrechte, weil sie nicht einfach ausgehebelt werden dürfen, ganz gleich wie groß die Krisen sind. Wenn Grundrechte angetastet werden: in wessen Interesse liegt der Einschnitt in diese? Wann und bis wohin sollte man das zeitweise tolerieren, und wie kontrolliert man diese Zwischenphase und sichert den rechtzeitigen Ausstieg aus ihr? Gerade die heftigen Auseinandersetzungen bis zum Ende der Corona-Pandemie zeigten, wie schwierig es werden kann, Grundrechte gegeneinander auszubalancieren. Gelingt es jedoch nicht, droht ein Staat das Vertrauen seiner Bürgerinnen und Bürger in seine Regulationsfähigkeit zu verlieren, eine Krise, die Deutschland bisher erspart geblieben ist, auch wenn sich an verschiedenen Punkten und Debatten bereits andeutet, wie schnell das Vertrauen verspielt werden kann. Selbst wenn wir in Deutschland oft annehmen, Entwicklungen wie zuletzt in den USA unter Trump seien hier nicht möglich, sollten wir daran denken, dass unsere Gründerväter und Gründermütter uns die »wehrhafte Demokratie« mitgegeben haben, gerade weil es zum demokratischen Denken gehört, die Möglichkeit...

Erscheint lt. Verlag 13.10.2023
Reihe/Serie Reclams Universal-Bibliothek
Vorwort Jagoda Marinić
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Öffentliches Recht
Schlagworte 75 Jahre Grundgesetz • Abgeordnete/r • Alles über das Grundgesetz • Angriffskrieg • Asylrecht • Aufgabe Bundespräsident Grundgesetz • Bund • Bundesgerichte • Bundeskanzler • Bundesländer • Bundespräsident • Bundespräsident Grundgesetz • Bundesrat • Bundesregierung • Bundestag • Bundesverfassungsgericht • eigentum verpflichtet • Finanzwesen • freie Entfaltung der Persönlichkeit • Freiheitsrecht • Freizügigkeit • Gesetzgebung • Gesetzgebung Grundgesetz • Gewissensfreiheit • Glaubensfreiheit • gleichberechtigt • Gleichberechtigung • Gleichheitsrecht • Grundgesetz Deutschland • Grundgesetz einfach erklärt • Grundgesetz für Anfänger • Grundgesetz für Bürger • Grundgesetz für Bürgerinnen • Grundgesetz für Dummies • Grundgesetz für Einsteiger • Grundgesetz für Schüler • Grundgesetz für Schülerinnen • Grundgesetz für Studierende • Grundgesetz im Unterricht • Grundgesetz Interpretation • Grundgesetz Jubiläum • Grundgesetz Politik • Grundgesetz Politikwissenschaft • Grundgesetz Rechtswissenschaft • Grundgesetz Schule • Grundgesetz Unterricht • Grundgesetz Verfassungsfragen • Grundgesetz verständlich erklärt • Grundrechte • Grundrechtsprüfung • Konstruktives Misstrauensvotum • Meinungsfreiheit • Notstandsgesetze • Parlament • Parteien • Recht auf körperliche Unversehrtheit • Recht auf Leben • Schuldenbremse • Steuern • Unterschied zwischen Freiheitsrecht und Gleichheitsrecht • verfassungswidrig • Verhältnismäßigkeit • Versammlungsfreiheit • Verteidigungsfall • Wahl • Warum können Grundrechte eingeschränkt werden • Was ist das Grundgesetz • Was ist eine Grundrechtsprüfung • Was steht im Grundgesetz • Welche Rolle haben Parteien Grundgesetz • Wie funktioniert Gesetzgebung Grundgesetz • Wie funktioniert Grundrechtsprüfung • Würde des Menschen
ISBN-10 3-15-962191-X / 315962191X
ISBN-13 978-3-15-962191-3 / 9783159621913
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