Rechtsgrundlagen für Mitarbeitervertretungen -  Daniela Reinders,  Frank Thönißen

Rechtsgrundlagen für Mitarbeitervertretungen (eBook)

Kirchliches Arbeitsrecht in ev. Kirche und Diakonie
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
156 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-4903-9 (ISBN)
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Die evangelische Kirche und ihre dazugehörigen Diakonischen Einrichtungen erhalten durch das verfassungsrechtlich gesicherte Selbstbestimmungsrecht die Möglichkeit, ihre inneren Angelegenheiten selbständig zu regeln. Das führt dazu, dass Kirchen eigene Regelungen für das Arbeitsvertragsrecht und die betriebliche Interessensvertretung haben. Dieses Buch soll als Nachschlagewerk für die tägliche Arbeit von Mitarbeitervertretungen die wesentlichen arbeitsrechtlichen Besonderheiten in übersichtlicher Weise zusammenstellen.

Daniela Reinders absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaften (Master of Laws) mit dem Schwerpunkt kirchliches Arbeitsrecht, sowie ein wirtschaftswis-senschaftliches Studium mit dem Schwerpunkt strategisches Management. Sie ist als Lehrbeauftragte in einer kirchlichen Institution und als Trainerin zum kirchlichen Arbeitsrecht tätig.

Teil 2 Besonderheiten Mitarbeitervertretung


Da die Kirchen kollektivrechtlich eigene Regelungen schaffen können gilt für die evangelische Kirche und die Diakonie das Mitarbeitervertretungsgesetz. Hierin ist die Bildung einer Mitarbeitervertretung als betriebliche Interessensvertretung vorgesehen.

Im Folgenden werden die für die Mitarbeitervertretung relevanten, kirchenrechtlichen Bestimmungen ausführlich erläutert. Es empfiehlt sich, bei Unsicherheiten stets eine sachkundige Person hinzuzuziehen (§ 25 Abs. 3 MVG-EKD). Hierzu ist vorab eine Kostenübernahme durch die Dienststellenleitung einzuholen. Sachkundige Personen können beispielsweise Personen aus dem Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen, Rechtsanwälte, Gewerkschaftssekretäre oder andere Personen sein, die über das notwendige Fachwissen verfügen.

1. Wahl der Mitarbeitervertretung


1.1 Rechtsgrundlagen für die Bildung einer Mitarbeitervertretung


Grundlage für die Bildung einer Mitarbeitervertretung als betriebliche Interessensvertretung ist das Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (Mitarbeitervertretungsgesetz der EKD – MVG.EKD).

Eine weitere Grundlage ist die Wahlordnung zum Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland10 (im folgenden WahlO-MVG).

Grundsätzlich gilt nach §§ 1, 5 MVG-EKD, dass eine Mitarbeitervertretung gebildet werden muss, sobald mindestens fünf wahlberechtigte Mitarbeiter in der Einrichtung beschäftigt sind, von denen mindestens drei wählbar sein müssen.

1.2. Wahl der Mitarbeitervertretung


Für die Durchführung der Wahl zur Mitarbeitervertretung wird in § 11 Abs. 2 MVG-EKD auf die Wahlordnung verwiesen. Diese regelt alle Einzelheiten und das Verfahren im Detail.

1.2.1 Wahlvorstand


Die Durchführung der Wahl zur Mitarbeitervertretung erfolgt durch den Wahlvorstand. Nur dieser darf alle erforderlichen Handlungen zur Vorbereitung und Durchführung der Wahl vornehmen. Die Mitarbeitervertretung selber ist in die Wahl nicht involviert. Unterstützt wird der Wahlvorstand durch die Dienststellenleitung, welche die erforderlichen sachlichen und personellen Mittel, sowie die erforderlichen Informationen zur Verfügung stellt.

Der Wahlvorstand besteht aus drei Personen. Diese müssen nach § 10 MVG-EKD wählbar sein (siehe Erläuterungen zur Wählbarkeit im Folgenden). Neben diesen drei zu wählenden Mitgliedern des Wahlvorstandes werden drei Ersatzmitglieder gewählt. Weder Mitglieder noch Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes dürfen der Mitarbeitervertretung angehören. Möchten Mitglieder oder Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes als Kandidaten für die neue Mitarbeitervertretung kandidieren, scheiden sie aus dem Wahlvorstand aus. Diese Regelung soll sicherstellen, dass die Kandidaten keinen Einfluss auf das Wahlergebnis nehmen können.

1.2.2 Initiative zur MAV-Wahl


Die Initiative zur Wahl einer Mitarbeitervertretung kann grundsätzlich durch zwei Seiten erfolgen, abhängig davon, ob bereits eine Mitarbeitervertretung in der Dienststelle besteht oder nicht:

1. Wenn keine Mitarbeitervertretung besteht, die Voraussetzungen hierfür aber vorliegen, muss die Dienststellenleitung unverzüglich eine Mitarbeiterversammlung zur Bildung eines Wahlvorstandes einberufen (vgl. § 7 MVG-EKD).

2. Besteht bereits eine Mitarbeitervertretung, so hat diese auf einer Mitarbeiterversammlung spätestens 3 Monate vor Ablauf der regelmäßigen Amtszeit einen Wahlvorstand zur Durchführung der Neuwahl zu bestimmen (§ 2 Abs. 1 WahlO-MVG).

Für Einrichtungen der evangelischen Kirche und des Diakonischen Werks in Deutschland gilt ein einheitlicher Wahlzeitraum alle 4 Jahre in der Zeit vom 01. Januar bis zum 30. April (§ 15 Abs. 2 MVG-EKD). Daraus ergeben sich die nächsten Wahlen im Jahr 2022, 2026, 2030 usw. Ist eine Mitarbeitervertretung zum Beginn des einheitlichen Wahlzeitraumes, also zum 30. April des entsprechenden Jahres, weniger als 1 Jahr im Amt wird die Amtszeit verlängert, so dass die nächste Wahl erst zum übernächsten Wahlzeitpunkt stattfindet. Existiert bisher keine Mitarbeitervertretung ist die Wahl jederzeit möglich, ebenso bei einer notwendigen vorzeitigen Neuwahl. Die darauffolgende Wahl erfolgt in diesem Fall wieder im normalen einheitlichen Wahlzeitraum.

Spätestens drei Monate vor Ablauf der regelmäßigen Amtszeit muss der Wahlvorstand gebildet werden. Aufgrund der vorgegebenen Wahlzeit einer Mitarbeitervertretung muss der Wahlvorstand somit spätestens am 30. Januar gebildet sein.

1.2.3 Geschäftsführung im Wahlvorstand


Ist der Wahlvorstand gewählt, muss er innerhalb einer Woche einen Vorsitzenden und einen Schriftführer wählen.

Die Amtszeit des Wahlvorstandes beginnt mit seiner Wahl bzw. Bestellung und endet im Normalfall mit der konstituierenden Sitzung der neuen Mitarbeitervertretung. Für die Dauer ihrer Amtszeit und darüber hinaus für sechs weitere Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses haben die Mitglieder des Wahlvorstandes einen besonderen Kündigungsschutz.

Innerhalb von sieben Tagen nach seiner Wahl beruft das älteste Mitglied des Wahlvorstandes die erste Sitzung ein und leitet diese, bis ein Vorsitzender gewählt ist. Die Aufgabe des Vorsitzenden ist die Vertretung des Wahlvorstandes gegenüber Mitarbeitenden und Dienststellenleitung. Ebenfalls in dieser ersten Sitzung muss ein Schriftführer gewählt werden.

Zu jeder Sitzung des Wahlvorstandes sind Niederschriften zu erstellen, welche den Sitzungsverlauf und die Beschlüsse wiedergeben (ein ausführliches Wortprotokoll ist hierbei nicht notwendig). Unterzeichnet werden die Niederschriften vom Schriftführer und dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes.

1.2.4 Wahlberechtigte und Kandidaten


Wahlberechtigt und somit Wähler der neuen Mitarbeitervertretung sind alle Mitarbeitenden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben (§ 9 MVG-EKD).

Nicht wahlberechtigt sind Mitarbeitende (§ 9 Abs. 3 MVG-EKD):

  • die am Wahltag aufgrund einer Altersteilzeitregelung freigestellt sind
  • die seit mehr als drei Monaten und für mindestens drei weitere Monate beurlaubt sind
  • die Mitglieder der Dienstellenleitung sind

Wählbar sind gem. § 10 MVG-EKD die wahlberechtigten Mitarbeitenden, die am Wahltag seit mindestens 6 Monaten der Dienststelle angehören.

Nicht wählbar sind Mitarbeitende

  • die infolge eines Richterspruchs die Fähigkeit nicht besitzen, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen
  • die am Wahltag für noch mehr als 6 Monate beurlaubt sind
  • die zur Berufsausbildung beschäftigt sind
  • die in das kirchengemeindliche Leitungsorgan gewählt sind

Der Wahlvorstand hat zur Vorbereitung auf die Wahl die wahlberechtigten und die wählbaren Mitarbeiter auf je einer Liste aufzuführen. Die Listen zeigen demnach an, welche Personen wählen und welche Personen kandidieren dürfen.

Beide Listen sind vom Wahlvorstand gleichzeitig mit dem Wahlausschreiben (siehe § 5 WahlO-MVG), spätestens jedoch vier Wochen vor der Wahl auszulegen.

Bis zur Wahl muss der Wahlvorstand sicherstellen, dass die Listen stets aktuell sind. Dazu muss er durch die Dienststellenleitung umgehend über Neueinstellungen, Kündigungen und Vertragsauflösungen informiert werden und diese Informationen einpflegen.

Zur Erstellung der Listen erstellen erhält der Wahlvorstand die erforderlichen Informationen von der Dienststellenleitung. Dazu gehören:

  • Namen der Mitarbeiter
  • Geburtsdatum
  • Einstellungsdatum
  • Daten von Abordnungen / Versetzungen / Beurlaubungen
  • Beruf / Tätigkeit
  • Arbeitsbereich

Die Listen werden ausschließlich durch den Wahlvorstand erstellt, die Dienststellenleitung stellt hier nur die entsprechenden Informationen zur Verfügung. Eine Einflussnahme der Dienststellenleitung auf die Listenerstellung ist unzulässig.

Gegen eine Eintragung oder Nichteintragung von Mitarbeitenden in die Listen kann bis zum Beginn der Wahlhandlung gegenüber dem Wahlvorstand schriftlich und begründet Einspruch eingelegt werden. Das Recht zum Einspruch hat grundsätzlich jeder Mitarbeitende, der meint, dass er wahlberechtigt wäre. Ausgenommen hiervon sind lediglich die Mitglieder der Dienststellenleitung.

Bei Erhalt eines Einspruchs entscheidet der Wahlvorstand unverzüglich und spätestens bis zum Ende der Wahlhandlung abschließend über die Eintragung bzw. Nichteintragung in die Liste. Seine Entscheidung teilt er dem Mitarbeitenden, der den Einspruch erhoben hat, schriftlich mit. Gibt der Wahlvorstand dem Einspruch statt, muss er die Listen natürlich entsprechend abändern.

1.2.5 Festlegung der MAV-Größe


Die Anzahl der Mitglieder einer zu wählenden Mitarbeitervertretung ergibt sich aus der Anzahl der...

Erscheint lt. Verlag 15.3.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Arbeits- / Sozialrecht Arbeitsrecht
ISBN-10 3-7562-4903-4 / 3756249034
ISBN-13 978-3-7562-4903-9 / 9783756249039
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