Denkmalschutzrecht in Hamburg -  Peter Oberthür

Denkmalschutzrecht in Hamburg (eBook)

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2020 | 1. Auflage
176 Seiten
Deutscher Gemeindeverlag
978-3-555-02124-9 (ISBN)
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Das Denkmalschutzrecht in Hamburg hat ca. 2800 Einzeldenkmäler, 2200 Ensembles und 3000 Bodendenkmäler einer Genehmigungspflicht unterstellt. Eigentümer und Verfügungsberechtigte in Hamburg bedürfen für bauliche Änderungen an diesen Objekten einer Genehmigung. Dies führt in der Praxis zu Rechtsstreitigkeiten und Unsicherheiten. Der Kommentar zum Denkmalschutzrecht hilft über diese Schwierigkeiten hinweg und ist eine rechtssichere Handreichung im Genehmigungsverfahren.

Dr. Peter Oberthür, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Oberthür & Partner, Rechtsanwälte, Hamburg.

Dr. Peter Oberthür, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Oberthür & Partner, Rechtsanwälte, Hamburg.

V.Kommentierung


Abschnitt IAllgemeine Bestimmungen


§ 1Aufgaben des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege

(1) Es ist Aufgabe von Denkmalschutz und Denkmalpflege, die Denkmäler wissenschaftlich zu erforschen und nach Maßgabe dieses Gesetzes zu schützen und zu erhalten, sowie darauf hinzuwirken, dass sie in die städtebauliche Entwicklung, Raumordnung und Landespflege einbezogen werden.

(2) Die Freie und Hansestadt Hamburg soll auch als Eigentümerin oder sonst Verfügungsberechtigte und als obligatorisch Berechtigte durch vorbildliche Unterhaltungsmaßnahmen an Denkmälern für den Wert des kulturellen Erbes in der Öffentlichkeit eintreten und die Privatinitiative anregen. Dazu gehört auch die Verbreitung des Denkmalgedankens und des Wissens über Denkmäler in der Öffentlichkeit.

Kommentierung

1.Schutz und Pflege von Denkmälern (Abs. 1)

1Der bisherige § 1 ist aus dem Denkmalschutzgesetz von 1973 beibehalten worden. Eine Ergänzung findet sich lediglich in Absatz 2.

„Denkmalschutz“ und „Denkmalpflege“ definieren die Aufgabenstellung des Denkmalschutzrechts.

Unter „Denkmalschutz“ werden alle staatlichen Maßnahmen verstanden, die zur Sicherung und Erhaltung des Denkmals erforderlich sind und die im Zweifel im Wege hoheitlicher Anordnung staatlich durchgesetzt werden können.

Demgegenüber versteht man unter „Denkmalpflege“ eine überwiegend beratende und unterstützende Tätigkeit mit dem Ziel der Erhaltung des Denkmals. Auch Forschungs- und Restaurierungsarbeiten gehören zur „Denkmalpflege“.

Nach dem Gesetz sind Denkmalschutz und Denkmalpflege hinsichtlich ihrer Aufgabe (Schützen und Pflegen) und ihres Objekts (Denkmal) deckungsgleich und unterscheiden sich nur hinsichtlich der Methode. Primäre Aufgabe des Denkmalschutzes ist die abwehrende, repressive Tätigkeit, um mit hoheitlichen Mitteln ein Denkmal „schützen“ zu können. Demgegenüber ist unter „Pflegen“ die aktiv behandelnde und fördernde Tätigkeit zu verstehen (s. hierzu auch Strobl/Sieche, § 1 Rn. 3).

Gemäß der Begründung zu § 1 des DSchG von 1973 (Bürgerschaftsdrucksache VII/2883) soll Absatz 1 klarstellen, dass Denkmalschutz keine museale Aufgabe ist. Die Kulturdenkmäler sind vielmehr in die städtebauliche Entwicklung einzubeziehen. Sie sollen in ihrer ursprünglichen Funktion bewahrt oder – wenn dies nicht möglich ist – mit neuen Aufgaben erfüllt werden.

2Neben der traditionellen Aufgabe Denkmäler zu schützen und zu erhalten steht die Pflicht darauf hinzuwirken, dass Denkmäler „in die städtebauliche Entwicklung, Raumordnung und Landespflege einbezogen werden“. Diese Aufgabe entspricht dem gewandelten Selbstverständnis moderner Denkmalpflege. Hiernach genügt es nicht, den historisch überlieferten Kulturbesitz in möglichst authentischer Form zu bewahren und weiter zu überliefern. Eine ebenso wichtige Aufgabe ist es, die erhaltenswerte Denkmalsubstanz mit neuem Leben zu erfüllen, zu „revitalisieren“, einer funktionsgerechten Nutzung zuzuführen, indem sie im Rahmen der Stadtplanung, der Raumordnung und der Landespflege als historisch gebaute Umwelt, als historisch tradierter Lebensraum verstanden und gestaltet wird.

Ziel des Denkmalschutzes ist es folglich, die Identität historisch gewachsener Orte oder Stadtkerne zu erhalten oder, wo jene bereits verloren gegangen sind, wieder zu ihr hinzuführen. Dieses Ziel erfordert eine kooperative, erhaltungsfreundlich verstandene Zusammenarbeit zwischen dem Denkmalschutzamt und den Fachbehörden und Dienststellen, die für die Landesplanung, Bauleitplanung, Umwelt- und Naturschutz usw. zuständig sind (vgl. hierzu Viebrock, § 1 Rn. 10, 11).

Die Einbeziehung der Denkmäler in die städtebauliche Entwicklung erfolgt im Wesentlichen auf der Ebene der Bauleitplanung, wonach gem. § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB bei der Aufstellung der Flächennutzungs- und Bebauungspläne die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege ebenso zu berücksichtigen sind wie die Erhaltung von Ortsteilen, Straßen und Plätzen, die eine geschichtliche, künstlerische oder städtische Bedeutung besitzen oder das Orts- und Landschaftsbild prägen.

3Dabei gehört sowohl das Denkmalschutzamt als auch das Archäologische Museum zu den „Trägern öffentlicher Belange“, die bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu beteiligen und deren Stellungnahme einzuholen ist, sofern Aufgaben des Denkmalschutzes oder der Denkmalpflege gem. § 4 Abs. 2 BauGB betroffen sein können (vgl. hierzu Viebrock, § 1 Rn. 10 bb), 12).

Die vom Denkmalschutzamt in der Stellungnahme vorgetragenen Denkmalbelange sind vom Plangeber gem. § 1 Abs. 7 BauGB mit dem gebotenen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen. Eine Fehlgewichtung wird in der Regel zur Rechtswidrigkeit des Plans führen (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 4.9.1997, – 1 L 36/96). Der Plangeber kann sich daher über die denkmalfachlichen Bewertungen nicht ohne Weiteres hinwegsetzen, sondern muss im Einzelnen begründen, weshalb sie die fachlichen Beurteilungen nicht teilt.

4Um die Aufgaben des Denkmalschutzes zu erfüllen ist es notwendig, die Kulturdenkmäler in Hamburg wissenschaftlich zu erforschen, zu erfassen und zu inventarisieren. Durch diese Formulierung wird durch Gesetz anerkannt, dass Denkmalpflege eine wissenschaftliche Aufgabe ist, die zugleich den Bildungsauftrag des Staates konkretisiert, zumal die Denkmäler gemäß dem folgenden Absatz auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind, wozu auch die Verbreitung des Denkmalgedankens und des Wissens über Denkmäler in der Öffentlichkeit gehört.

Daher sind die Eigentümer von Baudenkmälern z. B. verpflichtet, bei einem Genehmigungsantrag gem. § 11 Abs. 2 insbesondere auch Pläne, Dokumentationen, Fotografien, Gutachten, Nutzungskonzepte etc. einzureichen sowie im Einzelfall auch vorbereitende Untersuchungen durchzuführen.

Was im Einzelnen unter einem Denkmal zu verstehen ist, geht aus den Begriffsdefinitionen des § 4 hervor (s. die dortigen Erläuterungen).

2.Vorbildwirkung Hamburgs für praktizierten Denkmalschutz (Abs. 2)

5Dieser Absatz wurde um einen Satz ergänzt, wonach es auch Aufgabe von Denkmalschutz und Denkmalpflege ist, in der Öffentlichkeit den Denkmalgedanken und das Wissen über Denkmale in Hamburg zu verbreiten. Der Gesetzgeber wollte dadurch zum Ausdruck bringen, dass Denkmalschutz und Denkmalpflege ein kommunikativer Prozess ist, der sich gemäß der Begründung zum DSchG 2013 auch auf ein durch entsprechende Vermittlungsarbeit wachsendes Bewusstsein der Öffentlichkeit von Bedeutung und Wert der Denkmäler stützt.

6Die Erhaltung der Denkmäler durch vorbildliche Unterhaltungsmaßnahmen ist hier als „besondere Pflicht“ Hamburgs normiert. Dies beruht auf der Erwägung, dass die den Bürgern auferlegte Erhaltungspflicht nur dann gerechtfertigt ist und nur dann eine bereitwillige Erfüllung erwartet werden kann, wenn Hamburg selbst mit gutem Beispiel vorangeht. Hamburg trifft also die Verpflichtung, Denkmäler vorbildlich nach den Regeln einer fachgerechten Denkmalpflege zu behandeln.

Die Verpflichtung gem. § 7 zur Erhaltung und Instandsetzung gilt folglich auch für Hamburg, allerdings mit der Maßgabe, dass Hamburg sich nicht darauf berufen kann, dass die Erhaltung des Denkmals „wirtschaftlich unzumutbar“ ist (so auch Schmaltz/Wiechert, § 2 Rn. 13). Ein gewisses Korrektiv, was auch Hamburg bei seiner Pflicht zur Erhaltung und Instandsetzung von Denkmälern in Anspruch nehmen kann, findet sich in § 7 Abs. 2, wonach die Kosten der Erhaltung und Instandsetzung von Denkmälern nach Maßgabe der im Haushalt hierfür bereitgestellten Mittel erfolgt. Dies muss auch für Denkmäler im Eigentum Hamburgs gelten.

3.Verfassungsmäßigkeit des Denkmalschutzgesetzes vom 5.4.2013

7Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes (Urteil vom 18.3.2015, – Az.: 9 K 1021/13) und des Oberverwaltungsgerichtes (Urteil vom 23.6.2016, – Az.: 3 Bf 100/14) sind die Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes, insbesondere § 4 Abs. 2 und das in § 6 zum Ausdruck kommende sog. Ipsa-Lege-Prinzip verfassungsgemäß.

Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das rechtsstaatliche Gebot hinreichender Normenklarheit und -bestimmtheit. Die wertungsbedürftigen und unbestimmten Rechtsbegriffe zur Bestimmung der Denkmaleigenschaft nach § 4 entsprechen dem Bestimmtheitsgebot, da der Betroffene die Rechtslage erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Dies gilt für die Anforderungen nach § 4 Abs. 2 durch die Bezugnahme auf bauliche Anlagen mit einer „geschichtlichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Bedeutung“ oder mit Relevanz für „charakteristische Eigenheiten des Stadtbildes“. Die Verwendung wertausfüllender Begriffe ist im Denkmalschutzrecht im Hinblick...

Erscheint lt. Verlag 22.1.2020
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern Öffentliches Recht
Schlagworte Baurecht • Denkmalpflege • Denkmalrecht • Denkmalschutz
ISBN-10 3-555-02124-9 / 3555021249
ISBN-13 978-3-555-02124-9 / 9783555021249
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