Krankenhaus Rating Report 2024 (eBook)
250 Seiten
medhochzwei Verlag
978-3-98800-075-0 (ISBN)
20 Jahre Krankenhaus Rating Report. Der Report feiert 2024 rechtzeitig zur großen Krankenhausreform sein Jubiläum. Er gibt wieder einen Überblick zur aktuellen wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser und einen Ausblick mit einer Einschätzung zu den möglichen Effekten der großen Krankenhausreform.
Die große Krankenhausreform steht an. Viele Inhalte der Reform sind inzwischen bekannt, die Verhandlungen dazu jedoch noch nicht abgeschlossen. Eins ist aber klar: Wenn die Reform kommt, wird sie durch die Optimierung der Krankenhausstrukturen mittelfristig zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser führen. Verschiedene ergänzende Maßnahmen der Reform führen auch zu einer kurzfristigen Verbesserung. Aber ob diese genügen, um die anstehenden schwierigen Jahre erfolgreich durchstehen zu können, ist offen.
Der Krankenhaus Rating Report 2024 widmet sich der Darstellung der aktuellen wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser und schreibt diese bis 2030 auf Basis der bisher bekannten Informationen fort. Er berücksichtigt dabei die Kurzfristhilfen der Energiepreisbremse und des Härtefallfonds und unternimmt den Versuch, die wirtschaftlichen Effekte der Krankenhausreform abzuschätzen sowie im zeitlichen Verlauf bis 2030 darzustellen.
Als Grundlage für den 20. Krankenhaus Rating Report dienen rund 500 Jahresabschlüsse von 920 Krankenhäusern. Diese werden von den Studienautoren des RWI und der hcb GmbH mit freundlicher Unterstützung der Bank im Bistum Essen analysiert und ihre Beiträge anhand zahlreicher farbiger Schaubilder, Karten und Tabellen veranschaulicht, darunter umfangreiche Benchmarks. Für Krankenhäuser und deren Geschäftspartner sowie für Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft bietet der Report wertvolle, empirisch abgesicherte Erkenntnisse über die Entwicklung des Krankenhausmarkts.
Prof. Dr. Boris Augurzky ist Leiter des Kompetenzbereichs Gesundheit am RWI und Geschäftsführer der Institute for Health Care Business (hcb) GmbH sowie Vorstandsvorsitzender der Stiftung Münch. Dr. Sebastian Krolop, CEO & Founder Planet Health Foundation. Daniel Monsees ist Wissenschaftler im Kompetenzbereich Gesundheit am RWI. Henrik Bergschneider, Wissenschaftler im Kompetenzbereich Gesundheit am RWI. Johannes Hollenbach, Wissenschaftler im Kompetenzbereich Gesundheit am RWI. Dr. Adam Pilny ist Projektleiter in der Institute for Health Care Business (hcb) GmbH. Prof. Dr. Christoph M. Schmidt ist Präsident des RWI.
Executive Summary
Status quo. Der deutsche Gesundheitsmarkt erreichte im Jahr 2022 ein Volumen von fast 500 Mrd. €, was 12,8 % des BIP entsprach, nach 13,3 % im Vorjahr. Im Jahr 2019 lag der Wert noch bei 11,9 %. Ungefähr ein Viertel der Gesundheitsausgaben entfiel auf den Krankenhaussektor. Nach einem wirtschaftlich guten Jahr 2020 hat sich die Lage der Krankenhäuser in den Jahren 2021 und 2022 verschlechtert. Maßgeblich dafür war bei einem nach wie vor geringen Leistungsniveau der Krankenhäuser der Rückgang der im Rahmen der COVID-19-Pandemie geleisteten Ausgleichszahlungen. Die durchschnittliche Insolvenzwahrscheinlichkeit der Krankenhäuser, die im Jahr 2019 bei 1,5 % gelegen hatte, hatte sich im Jahr 2020 auf 1,0 % verbessert, stieg bis zum Jahr 2022 aber wieder auf 1,3 % an. Dabei befanden sich 11 % der Krankenhäuser im roten Bereich mit erhöhter Insolvenzgefahr, 16 % im gelben und 73 % im grünen Bereich.
Fast ein Drittel (31 %) der Krankenhäuser schrieb im Jahr 2022 auf Konzernebene einen Jahresverlust. Im Jahr 2020 war es noch etwas mehr als ein Fünftel (22 %). Das durchschnittliche Jahresergebnis betrug 2022 lediglich 0,6 % der Erlöse, im Jahr 2020 waren es 1,6 % und 2021 0,8 %. Datengrundlage für diese Analysen ist eine Stichprobe von 488 Jahresabschlüssen aus dem Jahr 2021 und 489 Abschlüssen aus 2022, die insgesamt 921 Krankenhäuser umfassen. Über das Jahr 2023 lagen bisher noch keine Jahresabschlüsse in ausreichender Zahl vor.
Wir konnten jedoch 47 Klinikinsolvenzen aus dem Zeitraum vom 1.6.2022 bis zum 9.3.2024 genauer untersuchen. Zwei Drittel aller Insolvenzen entfallen auf Standorte in freigemeinnütziger Trägerschaft, etwa ein Viertel auf öffentlich-rechtliche Träger, nur wenige auf Private. 63 % der insolventen Standorte verfügen über eine GBA-Notfallstufe, davon mehrheitlich mit der niedrigsten Stufe 1 (Basisnotfallversorgung). Typischerweise trifft eine Insolvenz eher kleinere Häuser. Bislang wurden von den 47 Standorten, die sich in einem Insolvenzverfahren befinden, sieben Standorte geschlossen.
Aufgrund der COVID-19-Pandemie sank im Jahr 2020 die stationäre Fallzahl um erhebliche 13,5 %. Im zweiten Pandemiejahr 2021 sank sie um weitere 0,3 %, im dritten Jahr 2022 nahm sie geringfügig um etwa 0,8 % und im Jahr 2023 um hohe 2,3 % zu. Das Casemixvolumen sank infolge der Pandemie weniger stark als die Fallzahl und dürfte im Jahr 2023 um etwa 5 % unter dem Niveau von 2019 gelegen haben.
Die Investitionsfördermittel der Länder beliefen sich im Jahr 2022 auf 3,55 Mrd. €, rund 8 % mehr als im Vorjahr. Bezogen auf die Krankenhauserlöse entspricht dies einem Anteil von 3,5 %, im Jahr 1991 waren es noch fast 10 % gewesen. Zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der Unternehmenssubstanz sollten unseres Erachtens jährlich 7-8 % der Erlöse in Investitionen fließen. Wir schätzen den jährlichen förderfähigen Investitionsbedarf der Plankrankenhäuser zum Substanzerhalt auf mindestens 5,9 Mrd. €, zuzüglich Universitätskliniken insgesamt auf 6,7 Mrd. €. Krankenhäuser schließen die Lücke zwischen Bedarf und bereitgestellten Fördermitteln nur zum Teil aus eigener Kraft; dies führt zu einem Substanzverzehr. Besonders stark war er bei den ostdeutschen Krankenhäusern, die sich – von einer sehr guten Unternehmenssubstanz kommend – dem niedrigen Niveau der westdeutschen Krankenhäuser immer weiter annähern. Bezogen auf die Erlöse sank das Sachanlagevermögen in Westdeutschland zwischen 2007 und 2022 um fast 15 %, in Ostdeutschland um hohe 42 %.
Auf Grundlage der vorliegenden Jahresabschlüsse von 2007 bis 2022 konnten zeitstabile Muster herausgearbeitet werden – die in begrenztem Ausmaß für zugrundeliegende Ursachen indikativ sein können. Signifikant besser fällt das Rating in Ost-Deutschland aus, am schlechtesten in Bayern und Baden-Württemberg. Kliniken in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft schneiden deutlich besser beim Rating und der Ertragslage ab als öffentlich-rechtliche Kliniken. Eine Ausnahme bilden öffentlich-rechtliche Kliniken in ärmeren Kreisen, die signifikant besser abschneiden als solche in reicheren Kreisen. Dies könnte andeuten, dass die fehlende Aussicht auf die Subventionierung durch ärmere kommunale Träger ein effizienteres Vorgehen erzwingt. Die Ertragslage hat sich im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr bei allen Trägerformen verschlechtert. Besonders hoch fiel diese Verschlechterung bei freigemeinnützigen Häusern aus.
Größere Häuser schneiden beim Rating und der Ertragslage besser ab. Dieser Größenvorteil kehrt sich jedoch ab einer bestimmten Größe um. Das bedeutet, dass kleine (mit der Ausnahme von Fachkliniken) sowie besonders große Krankenhäuser eine geringere Umsatzrendite erzielen als Häuser mit einer Bettenzahl zwischen 500 und 900. Häuser in Klinikketten, solche mit einem mittleren und hohen Spezialisierungsgrad sowie Einrichtungen mit einem hohen Casemixindex weisen ein signifikant besseres Rating und Ertragslage auf.
Analysen im Rahmen des „DigitalRadar“ zeigen, dass Krankenhäuser mit höherer Ertragskraft auch einen höheren digitalen Reifegrad aufweisen. Auch die Zugehörigkeit zu einer großen Kette korreliert positiv mit dem digitalen Reifegrad, weil sie höchstwahrscheinlich über die Zentralisierung und Standardisierung ihrer IT-Strategie und -Infrastruktur auf Konzernebene zu ihrem Vorteil nutzen können.
Personal. In den Krankenhäusern ist die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zwischen 2015 und 2022 um fast 14 % gestiegen. Gleichzeitig hat allerdings der Anteil der Teilzeitbeschäftigten leicht zugenommen. Im ärztlichen Dienst in Krankenhäusern hat sich der Anteil zwischen 2015 und 2022 von 12 % auf 32 % mehr als verdoppelt.
Wie im Krankenhausbereich wuchs auch im vertragsärztlichen Bereich die Anzahl der Ärzte kontinuierlich an, wobei ein immer größerer Teil davon in Teilzeit tätig ist. Im Jahr 2009 arbeiteten 8 % in Teilzeit, mit inzwischen 46 % hat sich der Anteil bis zum Jahr 2023 fast versechsfacht. Daher ist umgerechnet die Zahl der Vollkräfte im vertragsärztlichen Bereich zwischen 2009 und 2023 konstant geblieben. Überdies arbeiten immer mehr in einem Angestelltenverhältnis: Waren es noch 6 % im Jahr 2008, so stieg dieser Anteil auf 28 % im Jahr 2023.
Projektion. Wir gehen davon aus, dass die Inflation der Sachkosten ab 2024 wieder sinkt, die Lohninflation aufgrund des Fachkräftemangels jedoch hoch bleibt. Zudem erwarten wir durch die zunehmende Ambulantisierung und trotz Alterung der Gesellschaft mittelfristig eine sinkende Fallzahl, auch wenn sie 2023 vergleichsweise stark gestiegen ist und 2024 vermutlich nochmals zunehmen wird. Ohne Berücksichtigung der im KHVVG geplanten Maßnahmen rechnen wir damit, dass der Anteil an Krankenhäuser im roten Rating-Bereich von 23 % im Jahr 2024 auf 48 % im Jahr 2030 steigt. Der Anteil mit Jahresverlust würde bereits 2024 den hohen Wert von rund 70 % erreichen und bis zum Ende des Jahrzehnts bei etwa diesem Wert verharren.
Wenn wir die zum Zeitpunkt 30.4.2024 geplanten Maßnahmen des KHVVG berücksichtigen, stellt sich mittelfristig die Lage besser dar. Es sind verschiedene Arten von Zuschlägen vorgesehen sowie umfangreiche Investitionsmittel aus dem Transformationsfonds. Wenn damit Strukturoptimierungen angestoßen werden, wird sich die Wirtschaftlichkeit der Krankenhäuser verbessern. Im Jahr 2030 könnten dann nur noch 24 % der Krankenhäuser im roten Rating-Bereich liegen und 75 % der Häuser wieder ein positives Jahresergebnis schreiben. Dabei unterstellen wir, dass die ersten Strukturoptimierungen zu einer Kostenreduktion von 1,9 % bis 2030 führen. Darunter verstehen wir Zentralisierung durch Zusammenlegung von Standorten sowie Schwerpunktbildung durch Bündelung von Leistungsgruppen.
Dennoch würden die Kosten zunächst noch stärker als die Erlöse steigen und insbesondere zur Mitte des Jahrzehnts bliebe die Lage der Krankenhäuser angespannt. Wir haben berechnet, wie hoch jährliche „Hilfszahlungen“ ausfallen müssten, um das kurzfristige Differenzwachstum von Kosten und Erlösen auszugleichen. Bis 2030 wären insgesamt 14 Mrd. € nötig, vor allem im Zeitraum 2024 bis 2026. Allerdings entfiele bei einer kompletten Schließung der Kosten-Erlös-Differenz der Anreiz zu notwendigen Strukturoptimierungen, sodass die daraus entstehenden positiven Mittelfristeffekte ausbleiben könnten.
Rückblick. Der Krankenhaus Rating Report wird zwanzig Jahre alt. Der erste Report erschien im Jahr 2005. Schon damals ließen sich Muster bei den Ratings erkennen, die bis heute fortbestehen. Beispielsweise war die Lage der Krankenhäuser in den ostdeutschen Bundesländern signifikant besser als in den westdeutschen Ländern. Zudem fiel das Rating der freigemeinnützigen und privaten Kliniken deutlich besser aus als das der kommunalen Kliniken. Auch thematisierte der Report bereits das ambulante Potenzial und den Investitionsstau. Im Jahr 2006 wurden die absehbaren Folgen des demografischen Wandels für die künftige Gesundheitsversorgung angesprochen und mehr Gestaltungsfreiheit für die Marktakteure gefordert. Die Abschaffung der Sektorengrenze stand seit 2007 auf der Agenda und die Mengendynamik im DRG-System seit 2012.
Während die Optimierung der Krankenhausstrukturen schon in den frühen Jahren gefordert wurde, reifte Anfang der 2010er-Jahre die Erkenntnis, dass ländliche Regionen flankierende Maßnahmen benötigten, um ihre bestehenden Strukturen effizienter zu...
Erscheint lt. Verlag | 27.6.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Allgemeines / Lexika |
ISBN-10 | 3-98800-075-2 / 3988000752 |
ISBN-13 | 978-3-98800-075-0 / 9783988000750 |
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