Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie -  Felix Niemeyer

Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie (eBook)

Die Krankheiten der Haut, der Bewegungs-Organe und constitutionelle Krankheiten

Oliver Corff (Herausgeber)

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
464 Seiten
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978-3-7583-5227-0 (ISBN)
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Felix von Niemeyers Standardwerk "Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie", erstmalig 1858 erschienen, erlebte mehrere Auflagen und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Aus heutiger Sicht zeigt das Werk den Stand der medizinischen Wissenschaft wenige Jahrzehnte vor den Erkenntnissen der Bakteriologie und der Entwicklung der entsprechenden Therapien. Das Werk kann somit als Quelle der Wissenschaftsgeschichte gelesen werden und zur Reflektion über das Erreichte der Gegenwart anregen.

Felix von Niemeyer, geboren am 31. Dezember 1820 in Magdeburg, gestorben am 14. März 1871 in Tübingen, studierte ab 1839 in Halle Medizin, wurde 1843 promoviert und 1844 in Magdeburg habilitiert. Unter Karl Freiherr von Rokitansky, dem Begründer der wissenschaftlich fundierten Diagnostik, beschäftigte er sich intensiv mit Fragen der pathologischen Anatomie. Seine ärztlichen Leistungen und seine Publikationen qualifizierten ihn für den Ruf auf den Lehrstuhl der speziellen Pathologie und Therapie der Universität Greifswald, wo er 1855 die Leitung der medizinischen Klinik und der Provinzial-Irrenheilanstalt übernahm.

Krankheiten der Haut.


Die Veränderungen, welche die Haut in den acuten und chronischen Infectionskrankheiten erfährt, bleiben in dem vorliegenden Abschnitte unberücksichtigt; sie müssen gleichzeitig mit den übrigen Symptomen der Masern, des Scharlachfiebers, der Pocken, des Typhus, der Syphilis bei der Besprechung der Infectionskrankheiten ihre Erledigung finden, denn sie bilden nur ein einzelnes Glied in der Kette der Ernährungsstörungen, welche bei jenen Krankheiten durch die Infection veranlasst werden.

Wir theilen die Krankheiten der Haut wie die Krankheiten aller übrigen Organe nach den anatomischen Veränderungen ein, zu welchen die krankhaften Vorgänge führen; wir besprechen daher in diesem wie in anderen Abschnitten die Hypertrophie und Atrophie, die Hyperaemie und Anaemie, die Blutungen und Entzündungen, die Neubildungen und Parasiten. Da wir aber in der Haut die verschiedene Intensität und die verschiedene Verbreitung der krankhaften Veränderungen genauer zu beobachten im Stande sind, als in anderen Organen, und da wir auch gewisse Anomalieen der Secretion, welche nicht von palpablen Structurveränderungen begleitet sind, direct wahrnehmen können, so ist die Zahl der von einander zu trennenden Hautkrankheiten grösser, als die der Krankheiten anderer Organe. — Der Sitte, die Krankheiten der Haut mit anderen Namen zu bezeichnen, als mit denen, welche man den analogen Ernährungsstörungen in den übrigen Organen beilegt, müssen wir uns so weit fügen, dass wir der pathologisch-anatomischen Bezeichnung den hergebrachten Namen hinzufügen. Die ebenso unpraktische als oft inconsequente Eintheilung der einzelnen Krankheitsformen in zahllose Unterabtheilungen werden wir nur flüchtig erwähnen.

I. Hypertrophie der Haut.


Eine Hypertrophie der Haut, bei welcher ihre sämmtlichen Bestandtheile, das Bindegewebe, die Gefässe und Nerven, die Epidermis, die Haare und die Hautdrüsen eine hypertrophische Entwickelung zeigen, kommt nur auf einzelnen Stellen des Körpers beschränkt als angeborene Anomalie vor. Hierher gehören die meisten über das Niveau der Umgebung hervorragenden Muttermäler und die weichen Hautwarzen. Doch pflegt auch bei diesen die Hypertrophie nicht in allen Gebilden der Haut einen gleich hohen Grad zu erreichen; bei der Mehrzahl der hervorragenden Muttermäler und weichen Hautwarzen prävalirt vielmehr die Bildung von Pigment und von Haaren, so dass sie besonders durch ihre braune oder schwarze Färbung und durch die dichten und starken Haare, mit welchen sie besetzt sind, auffallen.

Sehr häufig finden wir an einzelnen Stellen des Körpers eine massenhafte Anhäufung verhornter Epidermiszellen. Auf dieser Anomalie beruhen die Schwielen (Callositates), die Hühneraugen oder Leichdörner (Clavi) und die Hauthörner (Cornua cutanea). — Die Schwielen stellen niedere an der Peripherie allmälig sich abflachende Hügel von hornartiger Beschaffenheit und rundlicher oder unregelmässiger Form dar; die von ihnen bedeckte Cutis ist von normaler Beschaffenheit oder mässig hyperaemisch. Schwielen bilden sich vorzugsweise an solchen Stellen, welche einem unregelmässigen Drucke ausgesetzt sind; sie kommen daher an den Fersen und unter den Fusssohlen der meisten Menschen, in den Händen der Schmiede, der Schlosser und anderer Handarbeiter, an den Zeigefingern der Schneider und Näherinnen vor. — Die Hühneraugen sind wenig umfangreiche aber sehr harte und dicke conische Schwielen, welche, durch die Stiefeln oder Schuhe in die Cutis eingedrückt, eine circumscripte Atrophie derselben bewirken. — Bei den sogenannten Hauthörnern erreicht die Hypertrophie der Epidermis an einer umschriebenen Stelle eine excessive Höhe; doch giebt es auch Hauthörner, welche nicht auf dem Papillarkörper aufsitzen, sondern sich aus erweiterten Haarbälgen entwickeln und monströse Haare darstellen. — Eine diffuse Hypertrophie der Epidermis, welche mit einer hypertrophischen Entwickelung des Papillarkörpers zusammenhängt und bei mässigem Grade als Pityriasis, bei höherem Grade als Ichthyosis bezeichnet wird, werden wir ausführlicher besprechen.

Auf einer reichlichen Bildung von Pigment in den Zellen des Rete Malpighii beruht der brünette Teint, welcher manchen Individuen angeboren ist. — Als eine gleichfalls angeborene Anomalie beobachtet man bei vielen Menschen im Rete Malpighii an circumscripten Stellen eine massenhafte Pigmentbildung, durch welche braune oder schwarze Flecke (Chloasmata und Melasmata) entstehen. Sind diese Flecke grösser, so spricht man von einem Pigmentmal (Naevus spilus). Haben sie nur etwa den Umfang einer Linse, so nennt man sie Leberflecke (Lentigines). Auch diejenigen Pigmentmäler und Leberflecke, welche nicht mit Hypertrophie der Cutis verbunden sind und daher nicht über das Niveau ihrer Umgebung hervorragen, findet man häufig mit dichten und starken Haaren besetzt. — Bei den meisten Menschen wird die Pigmentbildung im Rete Malpighii durch den Einfluss des Sonnenlichtes, der Sonnenwärme, der Feuchtigkeit, des Windes gesteigert; in Folge dessen nehmen die unbedeckten Theile der Hautoberfläche bei Soldaten, bei Feldarbeitern, namentlich aber bei Seeleuten gewöhnlich eine gleichmässig bräunliche Färbung an. Auffallend ist es, dass unter dem Einflüsse jener Schädlichkeiten bei manchen Individuen keine vermehrte Pigmentbildung eintritt, dass dieselben nach dem herrschenden Sprachgebrauch wenig oder gar nicht „verbrennen“. — Schwer zu erklären ist ferner der Umstand, dass bei gewissen, namentlich bei blonden und rothhaarigen Individuen, welche einen sehr weissen Teint haben, unter der Einwirkung des Sonnenlichtes, der Sonnenwärme, der Feuchtigkeit und des Windes sich nur an kleinen umschriebenen Stellen der unbedeckten Körperoberfläche eine grössere Menge von Pigment ablagert. Dergleichen Individuen bekommen im Sommer, auch wenn sie sich durch den Hut und den Sonnenschirm vor der directen Einwirkung der Sonnenstrahlen schützen, im Gesicht, auf den Händen und den Armen rundliche mehr oder weniger dunkel gefärbte Flecke, welche man Sommersprossen (Ephelides) nennt. Wie sich die gebräunte Haut eines Seemannes mehr oder weniger entfärbt, wenn er während des Winters im Zimmer bleibt, so blassen auch die Sommersprossen im Winter ab oder verschwinden auch ganz. Durch Mittel, welche eine Abstossung der Epidermis mit Einschluss der tieferen pigmenthaltigen Schichten bewirken, kann man die Sommersprossen vertilgen; sie kehren aber nach wenigen Wochen wieder, wenn die Haut von Neuem den erwähnten Schädlichkeiten ausgesetzt wird. Die vielfach angewandte Lilionèse ist nur ein palliatives Kosmeticum, ebenso die von HebRa empfohlenen Umschläge mit einer Lösung von Sublimat (gr. v auf ℥j Wasser*⁾) — Bei schwangeren Frauen und bei solchen, welche an Krankheiten der Sexualorgane leiden, bilden sich häufig bräunliche Flecke im Gesicht, namentlich auf der Stirn und auf der Oberlippe (Chloasmata uterina), welche bei den meisten Frauen einige Zeit nach der Entbindung verschwinden, bei anderen aber auch längere Zeit oder für immer fortbestehen. Diese Erscheinung ist ebenso räthselhaft als die während der Schwangerschaft fast constant beobachtete Vermehrung des Pigments im Rete Malpighii des Warzenhofes und der der Linea alba entsprechenden Bauchhaut.

Ausser der diffusen Hypertrophie des Papillarkörpers bei der Ichthyosis kommt eine Hypertrophie einzelner Papillen verbunden mit Hyperplasie der sie bedeckenden Epidermis sehr häufig vor. Sie führt zur Bildung von Warzen (Verrucae vulgares) und von Feigwarzen (Condylomata). Die Warzen entstehen durch die Verlängerung einer kleinen zu einem Zapfen vereinten Anzahl von Hautpapillen. Sie sind mit einer sehr dicken und harten Epidermislage bedeckt. Werden die einzelnen Papillen, aus welchen die Warze besteht, gesondert von dieser Epidermislage bekleidet, so erscheint die Warze zerklüftet und faserig. Die Ursachen der Warzenbildung sind dunkel. Unreinliches Verhalten spielt sicher bei derselben nur eine untergeordnete Rolle, denn auch bei den reinlichsten Menschen wird oft in kurzer Zeit die Haut, namentlich an den Händen, mit Warzen bedeckt. Ebenso räthselhaft ist das oft schnelle Rückgängigwerden der Papillarhypertrophie. Laien pflegen das Verschwinden der Warzen gewöhnlich von der Wirkung sogenannter sympathetischer Mittel abzuleiten. — Die Feigwarzen unterscheiden sich von den gewöhnlichen Warzen dadurch, dass bei ihnen die Papillen sich nicht nur verlängern, sondern auch gleichzeitig seitliche Sprossen treiben, und dadurch, dass sie von einer weniger dicken und derben Epidermislage überzogen sind. Man unterscheidet spitze und breite Condylome. Erstere kommen auf den Schleimhäuten der Harnröhre und der Scheide sowie an den Stellen der äusseren Haut vor, welche von dem blenorrhoischen Secrete der Harnröhre und der Scheide benetzt werden. Sie haben gewöhnlich ein maulbeer- oder blumenkohlförmiges oder, wenn sie einer seitlichen Compression ausgesetzt sind, ein hahnenkammförmiges Aussehen. Die spitzen Condylome verlangen eine örtliche Behandlung. Die...

Erscheint lt. Verlag 23.2.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
ISBN-10 3-7583-5227-4 / 3758352274
ISBN-13 978-3-7583-5227-0 / 9783758352270
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