Endspurt Vorklinik: Histologie (eBook)
Thieme (Verlag)
978-3-13-244582-6 (ISBN)
1 Zellmembran und Zellkontakte
U. Schumacher
1.1 Zelle: Überblick
Die Zelle ist die kleinste, selbstständig lebensfähige Baueinheit des Organismus. Sie untergliedert sich in ▶ Zellmembran und ▶ Zytoplasma. Im Zytoplasma finden sich die Zellorganellen, auch Kompartimente genannt, suspendiert vor.
Einzelne Zellen können über gewebsspezifische ▶ Zellkontakte miteinander verbunden sein.
Das Zytoplasma enthält zudem Glykogen und Lipidtröpfchen sowie Multienzymkomplexe (z.B. Proteasomen zum Abbau zytoplasmatischer Proteine).
Die Zelle (Schema)
Abb. 1.1
(Quelle: Ulfig, Kurzlehrbuch Histologie, Thieme, 2019)
1.2 Zellmembran
Zelluläre Membranen bestehen aus einer ▶ Lipiddoppelschicht, in die Proteine eingebettet sind. Das können ▶ integrale Proteine und periphere ▶ (membranassoziierte) Proteine sein. Letztere sind in die äußere oder innere Lipidschicht eingelagert bzw. innen oder außen der Membran aufgelagert. Alle Säugetierzellen tragen zusätzlich auf der Außenseite eine Schicht aus Kohlenhydraten, die sog. Glykokalyx.
Aufbau der Zellmembran
Abb. 1.2
(Quelle: Poeggel, Kurzlehrbuch Biologie, Thieme, 2013)
1.2.1 Lipiddoppelschicht
Die Zellmembran ist 0,005–0,01µm dick und verhindert einen freien, unkontrollierten Stoffaustausch mit der Umgebung.
Den Hauptbestandteil der Lipiddoppelschicht bilden Phospholipide. Sie können gesättigt oder ungesättigt sein.
Die Phospholipide besitzen sowohl einen lipophilen (hydrophoben) als auch einen hydrophilen Anteil, dies bezeichnet man als amphiphil. Sie neigen zur Ausbildung einer Doppelschicht. Die Grundstruktur der Doppelschicht entspricht einem bimolekularen Phospholipidfilm, in dem die Moleküle so angeordnet sind, dass die hydrophilen Köpfe nach außen zum wässrigen Milieu weisen und die lipophilen Schwänze sich zum Inneren der Doppelschicht hin orientieren (Modell der „unit membrane“). Diese innere Schicht bildet die Wasserbarriere zwischen den Zellen und dem Interstitium bzw. zwischen den Zellorganellen und dem Zytoplasma. Elektronenmikroskopisch lassen sich daher 3 Schichten erkennen: Köpfe – Ketten – Köpfe.
Die Lipide dienen hauptsächlich als Barriere für Wasser und andere polar gelöste Substanzen. Die innere Lipidschicht wird von einem höheren Anteil Phosphatidylserin, Phosphatidylinositol und Phosphatidylethanolamin gebildet, die äußere Schicht enthält mehr Sphingomyelin und Phosphatidylcholin. Enzyme, sogenannte Flippasen bzw. Floppasen, halten die korrekte Verteilung der Phospholipide in den Lipidschichten aufrecht, indem sie ATP-abhängig die Phospholipide von einer Schicht in die andere translozieren. Außerdem gibt es sogenannte Scramblasen (engl. to scramble = durcheinanderbringen), die energieunabhängig Lipide in beide Richtungen transportieren. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Membranen ist Cholesterin (Cholesterol), das dort nur unverestert vorkommt.
1.2.1.1 Fluidität der Membranen
Die einzelnen Membrankomponenten sind im Fluss bzw. gegeneinander beweglich. Dieses sog. Fluid-Mosaik-Modell wurde 1972 erstmals von Singer und Nicholson vorgestellt: Der Phospholipidfilm ist ein visköses Lösungsmittel, in das verschiedene integrale Proteine eingelagert sind, die sich innerhalb der Membran lateral bewegen können.
Je mehr ungesättigte Fettsäuren in der Membran vorhanden sind, desto fluider ist sie und desto leichter können sich Lipide und Membranproteine mittels Diffusion lateral (innerhalb der Ebene) und im Falle der Phospholipide zusätzlich transversal (Flip-Flop) in der Membran bewegen.
Merke
Veränderung der Membranfluidität
Cholesterin beeinflusst die Membranfluidität in beide Richtungen. In Membranen mit überwiegend gesättigten Fettsäuren erhöht es die Fluidität. In Membranen, die viele ungesättigte Fettsäuren enthalten, füllt es die Lücken, die durch das Abknicken ungesättigter Fettsäureschwänze entstehen, und senkt damit ihre Fluidität.
Cholesterin ist an der Ausbildung sog. Lipidflöße (Lipid Rafts) beteiligt, in denen sich auch Sphingolipide und Glykolipide anreichern. Diese Membranbereiche haben einen hohen Anteil gesättigter Fettsäuren, sodass die Komponenten dichter gepackt sind als in den umgebenden Membranbereichen.
Caveolae sind ca. 0,07 µm große Einbuchtungen in den cholesterin- und sphingolipidreichen Bereichen der Zellmembran. Sie sind damit ein Spezialtyp der Lipid Rafts. Sie kommen in jedem Zelltyp vor, sind aber besonders zahlreich in bestimmten Endothelzellen und Adipozyten zu finden. Das integrale Membranprotein Caveolin bildet und stabilisiert die Caveolae.
1.2.2 Kohlenhydrate
Die Proteine und Lipide der äußeren Membran sind häufig mit Kohlenhydraten (Oligosacchariden) verknüpft. So entstehen Glykoproteine und -lipide. Sie ragen in den extrazellulären Raum und bilden in ihrer Gesamtheit die Glykokalyx. Die Kohlenhydratreste dienen mit ihrer spezifischen Struktur unter anderem der Zellerkennung.
1.2.3 Proteine
Die Proteine können auf unterschiedliche Weise in der Membran verankert sein. Die meisten Membranen besitzen beide Arten von Proteinen: integrale und periphere.
1.2.3.1 Integrale Membranproteine
Sie bilden hydrophobe Proteinstrukturen aus, die mit dem hydrophoben Kernbereich der Lipiddoppelschicht interagieren. Sog. polytope Proteine durchspannen die hydrophobe Membranschicht (Dicke 0,003–0,005 µm) mit einer oder mehreren Transmembrandomänen (TMD), die Transmembranhelices ausbilden. Sie werden deshalb als Transmembranproteine bezeichnet. Beispiele sind:
-
Transportproteine
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membranständige Rezeptoren
-
Glykophorin A ist ein integrales Membranprotein bei Erythrozyten.
Monotope Proteine sind nur von einer Seite in die Membran eingelagert. Zu ihnen gehören z.B. die Prostaglandin-Enzyme.
1.2.3.2 Membranassoziierte Proteine (periphere Proteine)
Im Gegensatz zu den integralen Membranproteinen interagieren die peripheren Membranproteine nicht mit dem hydrophoben Kernbereich der Lipiddoppelschicht. Sie sind in die äußere oder innere Lipidschicht eingelagert oder innen oder außen der Membran aufgelagert und interagieren über andere Proteine, die an die Membran gebunden sind. Die äußeren peripheren Membranproteine haben Kontakt zum Extrazellulärraum, während die inneren Membranproteine häufig mit dem Zytoskelett verbunden sind. Sie sind in der Regel gut lateral beweglich.
Möglichkeiten für die Verankerung von Proteinen in der Membran sind:
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Glykosylphosphatidylinositol-Anker (GPI-Anker): Proteine, die sich auf der Zelloberfläche befinden, werden über Glykosylphosphatidylinositol (GPI) in der Lipiddoppelschicht der Zellmembran verankert (GPI-Anker).
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Lipidanker.
1.2.4 Funktionen der Zellmembran
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Permeationsschranke: Nur kleine, nicht polare Stoffe (z.B. Gase wie O2, CO2 oder N2) und sehr kleine, polare Stoffe können durch die Membran hindurch diffundieren. Sie wirkt somit als Barriere für größere polare Substanzen und Ionen.
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Erkennungsfunktion: Über die Glykoproteine und Glykolipide der Zellmembran können sich Zellen gegenseitig identifizieren. Sie dienen als chemischer Ausweis gegenüber dem körpereigenen Immunsystem. So enthält die Glykokalyx z.B. auf den Erythrozyten als Antigene wirkende Moleküle, was u. a. der AB0-Blutgruppenzuordnung zugrunde liegt. Die Erkennungsfunktion wird auch für gezielte Wanderbewegungen genutzt. Selektine sind z.B. Proteine, die auf der Endothelzelloberfläche bei Entzündungen exprimiert und daraufhin von Leukozyten erkannt werden. Auf diese Art werden Immunzellen zu einem Entzündungsherd „gelockt“. Lektine sind zuckerbindende Proteine, die selektiv an Oligosaccharide der Glykokalyx anderer Zellen binden können.
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Rezeptorfunktion: Viele Membranproteine erkennen als Rezeptoren chemische Signale anderer Zellen und leiten diese...
Erscheint lt. Verlag | 5.4.2023 |
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Reihe/Serie | Endspurt Vorklinik | Endspurt Vorklinik |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Studium ► 1. Studienabschnitt (Vorklinik) ► Histologie / Embryologie |
Schlagworte | 1. ÄP • Endspurt • Histologie • IMPP • Lernplaner • M1 • Medizinstudium • Physikum • Prüfungsvorbereitung • Skript |
ISBN-10 | 3-13-244582-7 / 3132445827 |
ISBN-13 | 978-3-13-244582-6 / 9783132445826 |
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