Autoimmunerkrankungen - Dirk-Rüdiger Noschinski

Autoimmunerkrankungen (eBook)

Fachbuch-Bestseller
Verstehen – Erkennen – Behandeln
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
656 Seiten
Haug Fachbuch (Verlag)
978-3-13-242492-0 (ISBN)
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<p>Immer häufiger wenden sich Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis, Rheuma, Fibromyalgie, chronischen Entzündungen etc. an einen Heilpraktiker. Der Leidensdruck der Betroffenen ist teilweise enorm, die Erkrankungen sind komplex und nicht einfach zu behandeln.</p> <p>Dirk-Rüdiger Noschinski behandelt seit vielen Jahren Patienten mit Autoimmunkrankheiten und beschreibt verständlich und konkret, wie man diesem breit gefächerten Feld an Krankheitsbildern wirksam begegnet. Nutzen Sie diesen Erfahrungsschatz, um Ihr Wissen und Ihre Behandlungskompetenz zu erweitern.</p> <ul> <li>Basis für eine erfolgreiche Behandlung: Die komplexen Zusammenhänge der Immunabwehr und die durch Autoimmunerkrankungen ausgelösten pathologischen Prozesse verstehen.</li> <li>Grundsätzliche Behandlungsstrategien: Wissen, welche Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt innerhalb des Entzündungsprozesses erfolgversprechend und sinnvoll sind.</li> <li>Konkrete Behandlungskonzepte für 18 Erkrankungen: Die Essenz aus der langjährigen Erfahrung des Autors – praxiserprobt und direkt umsetzbar.</li> </ul> <p> </p>

1 Aufbau und Funktion des Immunsystems


Was wir wissen, ist ein Tropfen. Was wir nicht wissen, ist ein Ozean.

Isaac Newton

Im menschlichen Abwehrsystem arbeiten viele unterschiedliche Akteure eng verzahnt miteinander, damit körperfremde Erreger zerstört, körpereigene Strukturen aber verschont werden. Um die komplexen Vorgänge autoimmuner Reaktionen zu verstehen, sind solide physiologische Kenntnisse eine wichtige Voraussetzung. Ihre Reise beginnt mit den immunologischen Grundlagen: Sie warten hier in diesem Kapitel auf Sie.

1.1 Die Entzündungsreaktion


1.1.1 Inflammation und ihre Varianten


In einem gesunden Abwehrsystem gehört die Entzündungsreaktion zu den normalen Überlebensmechanismen, die unseren Organismus vor Schädigungen durch Fremdeinwirkung, allen voran Mikroorganismen, schützt. Da auch die physiologische Entzündungsreaktion zu Schäden im Gewebe führt, verfügt der Körper sowohl über verschiedene Regulationsmechanismen, mit denen er die Heftigkeit und Dauer dieser Reaktion kontrollieren kann, als auch über Reparaturmechanismen für die Zeit nach der Infektion.

Man kann Entzündungen in 4 Kategorien einteilen:

  1. Die akute Entzündung richtet sich v.a. gegen Erreger, nach deren Vernichtung die Immunreaktion zurückgefahren wird und Lern- bzw. Reparaturprozesse in Gang gesetzt werden. In diesem Kontext ist die Entzündung das Universalheilmittel des Körpers bei allen extern bedingten Schädigungen.

  2. Bei der Allergie reagiert das Immunsystem ebenfalls gegen Antigene, die als „fremd“ und damit als „feindlich“ eingestuft werden. Auch dabei handelt es sich um eine akute Reaktion des Immunsystems, die sich aber nicht gegen „echte“ Feinde, wie z.B. Erreger und deren Toxine, richtet, sondern gegen im Grunde meist harmlose Substanzen wie Nahrungsmittel oder Pollen. Außerdem kann es hier zu einer überschießenden Reaktion des Abwehrsystems kommen, die sich dann in z.T. heftigen Reaktionen äußert, wie z.B. beim anaphylaktischen Schock.

  3. Eine chronische Entzündung entsteht, wenn sich die Ursache einer Entzündung nicht vollständig beseitigen lässt. Dabei kann sie für den Betroffenen symptomatisch spürbar verlaufen wie eine chronische Bronchitis oder chronische Gastritis. Es gibt aber auch sehr subtile Verläufe, z.B. bei der fettig-degenerativen Osteonekrose des Kieferknochens (FDOK), die für den Betroffenen in aller Regel lokal völlig symptomlos sind. Das Phänomen der unmerklichen chronischen Entzündungen, die sich aber trotzdem systemisch auswirken können, wird auch als „Silent Inflammation“ bezeichnet. Es wird diskutiert, inwieweit diese stummen Entzündungen an der Entstehung verschiedenster Krankheitsbilder beteiligt sind, z.B. Autoimmunerkrankungen, Krebs, Alzheimer, Herzinfarkt oder Depressionen.

  4. Bei der autoimmunen Entzündung richtet sich die Immunabwehr gegen körpereigene Zellen oder Gewebe, die irrtümlich als „fremd“ eingestuft und vernichtet werden.

1.1.2 Ablauf


Um Autoimmunerkrankungen zu verstehen, ist es zuerst notwendig, den Entzündungsprozess zu verstehen. Bakterien sind in die Wunde eines Menschen eingedrungen, als sich dieser z.B. während der Gartenarbeit an einem Rosendorn geritzt hat. Die Bakterien dringen nun von der Oberfläche immer tiefer in das Gewebe vor und genau das ruft das Immunsystem auf den Plan: Toll-like-Rezeptoren an der Außenmembran patrouillierender Immunzellen reagieren aufgrund ihrer Bindungsaffinität mit Bestandteilen der angreifenden Bakterien – das körpereigene Immunsystem beginnt damit, den Eindringling zu registrieren.

Dessen erstes Ziel ist es nun, diese Infektion lokal zu stoppen, damit sich die Bakterien nicht im gesamten Körper verbreiten. Die betroffenen Hautzellen beginnen, körpereigene Antibiotika zu produzieren, die als AMP (antimikrobielle Peptide, z.B. Cathelicidin) bezeichnet werden und neben ihrer keimtötenden Wirkung weitere Immunabwehrzellen an den Ort des Geschehens locken, was als Chemotaxis bezeichnet wird.

Die erste Phase der Entzündung wird initiale Ischämie genannt und tritt nur fakultativ auf. Ausgelöst wird sie durch einen kurzfristigen Spasmus der lokalen Arteriolen, der durch das in der Nebenniere produzierte Hormon Adrenalin ausgelöst wird. Sinn und Zweck ist, das weitere Ausbreiten der eingedrungenen Erreger zunächst lokal zu begrenzen und damit zu verhindern, dass diese die Blutbahn als weiteren Transitweg in den Körper benutzen. Diese lokale Minderdurchblutung dauert nur wenige Minuten und auf sie folgt dann das genaue Gegenteil: eine vermehrte Durchblutung, die von lokalen Gewebshormonen eingeleitet wird, den Kininen. Diese lösen den Spasmus der Arteriolen auf und führen gleichzeitig zu einer Verengung der Venolen im Entzündungsgebiet. Durch die vermehrte Durchblutung entsteht eine lokale Rötung (lat. rubor) und es kommt zu einem Anstieg der Temperatur (lat. calor). Der Grund für diese Umkehrreaktion ist, dass durch die Infektion und die dadurch entstandenen Immunbotenstoffe nun erste Abwehrzellen angelockt werden. Am schnellsten gelangen diejenigen Immunzellen an den Ort des Geschehens, die ihren Weg über die Blutgefäße nehmen. Andere müssen sich den Weg durch das Bindegewebe bahnen. Bildlich gesprochen, nehmen Erstere die Autobahn, Letztere den Feldweg. Damit die Abwehrzellen die Autobahn an der richtigen Ausfahrt verlassen können, muss der Blutfluss in den Gefäßen am Entzündungsort entsprechend gebremst werden. Andererseits wird eine verbesserte lokale Durchblutung benötigt, damit möglichst schnell möglichst viele Immunzellen im betroffenen Bereich ankommen. Für diese Quadratur des Kreises sorgt eine fein abgestimmte Interaktion von bestimmten Zellbotenstoffen und Gewebshormonen: Kinine, Histamin und verschiedene Prostaglandine, die von den unterschiedlichen Zellen im Entzündungsgebiet freigesetzt werden.

Im Einzelnen geschieht Folgendes: Vor Ort entsteht in den Kapillaren eine Abflussstörung, indem sowohl vermehrt Gerinnungsfaktoren gebildet als auch das Aneinanderhaften von Blutplättchen (Thrombozytenaggregation) gesteigert werden. Die in der Blutbahn befindlichen Immunzellen werden auf diese Weise „ausgebremst“ und gewinnen damit Zeit, um an der Gefäßwand anzuhaften. Dies wird Margination genannt. Dann durchdringen die Immunzellen das Gefäßendothel, um zum Entzündungsort vorzudringen, was als Emigration bezeichnet wird.

Zusätzlich sondern Bindegewebszellen (Fibroblasten) und Gefäßzellen (Endothelzellen) Immunbotenstoffe wie Interleukin-1 ab. Dadurch können die Endothelzellen spezielle Andockstellen (Rezeptoren) ausbilden, an die dann weitere Immunzellen binden. Alle diese Signale und Bindungsmöglichkeiten dienen als Wegweiser und Einfallstor, damit möglichst viele Abwehrzellen möglichst schnell den Weg in den betroffenen Bereich finden.

Durch die vermehrte lokale Durchblutung treffen vor Ort zuerst unspezifische Abwehrzellen ein, v.a. neutrophile Granulozyten. Diese gehören, genauso wie die Fresszellen (Makrophagen), zum angeborenen Immunsystem, das im Folgenden als inertes Immunsystem bezeichnet wird. Um eingedrungene Bakterien zu erkennen, verfügen sie an ihrer Zellhülle über spezielle Erkennungsproteine, die Membranrezeptoren genannt werden. Diese binden über physikalische Anziehungskräfte an typische unveränderliche Merkmale von Erregern, z.B. an das Flagellin im Geißelapparat der Bakterien. Bindet ein Granulozyt an ein Bakterium, dann beginnt er damit, dieses zu zerstören.

Mittlerweile sind auch diejenigen Abwehrzellen an den Entzündungsort gelangt, die den längeren Weg über das Bindegewebe genommen haben (Gewebsmakrophagen bzw. Histiozyten), außerdem kommen nun über die Blutbahn immer mehr Granulozyten und Makrophagen an den Ort des Geschehens. Dies führt dort zu einer lokalen Schwellung (lat. tumor), die vom Körper noch verstärkt wird, indem aus den Gefäßen Eiweiße und eiweißhaltiges Blutplasma austreten. Einerseits führt dies zu einem lokalen Verdünnungsprozess (je verdünnter, desto weniger toxisch sind die Stoffe, die von den Erregern gebildet werden), zusätzlich sorgt der dadurch entstehende Druck im Gewebe dafür, dass es wieder zu einer Hemmung der lokalen Durchblutung kommt, damit einzelne versprengte Erreger nicht doch noch entkommen und in den Körper weiter vordringen können. Man nennt diesen Teil der Entzündungsreaktion die Exsudationsphase (lat. exsudare = abfließen). Der Flüssigkeitsdruck im Gewebe und das Vorhandensein verschiedener chemischer Botenstoffe (wie Kinine und Prostaglandine) führen zu einer Nervenreizung und damit zu einem lokalen Schmerz (lat. dolor). Dadurch soll der Betroffene dazu animiert werden, den befallenen Körperbereich zu schonen und sich auszuruhen. Außerdem können die betroffenen Zellen und Gewebe ihrer eigentlichen physiologischen Aufgabe nicht oder nur eingeschränkt nachkommen, was zum fünften Entzündungszeichen führt: der Functio laesa.

Merke

Setzt ich das Immunsystem mit einem Erreger auseinander, dann geschieht dies grundsätzlich im Rahmen einer Entzündung. Dabei arbeiten das angeborene und das adaptive Immunsystem eng verzahnt zusammen. Im...

Erscheint lt. Verlag 4.8.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Naturheilkunde
Schlagworte Autoimmunerkrankungen • Autoimmunität • Chronische Entzündung • Hashimoto-Thyreoiditis • Immunreaktion • Morbus Bechterew • Multiple Sklerose • Rheuma • Umweltmedizin
ISBN-10 3-13-242492-7 / 3132424927
ISBN-13 978-3-13-242492-0 / 9783132424920
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